Coronoia: Die Propaganda-Matrix

Im Rubikon-Verlag erschien unlängst das Buch des an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München lehrenden, als auch einen lesenswerten Blog betreibenden Professors Dr. Michael Meyen mit dem Titel „Die Propaganda-Matrix“. Dieser hat mir Anfang September aufgrund einer Anfrage freundlicherweise ein von ihm persönlich gewidmetes Exemplar übermittelt, wofür ich mich gerne mit einer kurzen Rezension in meinem Blog bedanken möchte.

Professor Meyen selbst fiel mir zum ersten Mal auf, als er in der 9. Sitzung des Corona-Ausschusses vom 13. August 2020 zu Gast war und sich darin vor allem zu den medienwissenschaftlichen Ursachen der medialen Panikmache äußerte. Zum ersten Mal direkt verlinkt hatte ich seinen Namen hier im Blog am 2. September 2020; als er sich zum gleichen Thema mit Flavio von Witzleben im Youtube-Kanal des Rubikons unterhielt. Was aus diesem Kanal geworden ist, dürfte inzwischen bekannt sein; man muss nur den Link anklicken und lernt, was (private) Medienmacht und Diskurshoheit im Wesentlichen bedeutet.

Der Autor führt in seinem 215-seitigen Buch den interessierten Leser in die Grundlagen der Medienwissenschaft ein; er stellt bedeutende Vordenker und ihre Erklärungsansätze sowie Modelle vor, nach denen nicht nur die Medien, sondern auch unsere Gesellschaften insgesamt funktionieren.

Meyen versucht, die uns und alles umgebende, mediale „Matrix“, die er im Wesentlichen als Analogie zum Diskurs-Begriff von Michel Foucault begreift, zu erklären. Wie bei Morpheus, der Neo während seines Sparring-Kampfs in der Matrix die Frage stellt, ob er glaubt, es seie Luft, die er gerade atme, bemüht Meyen sich, den Leser anzuleiten, seinen Geist selbst zu befreien. Und die Matrix eben als das zu sehen, was sie ist: Ein Gefängnis für unseren Verstand.


In unserer Welt gibt es keine Trennung zwischen hier und dort, zwischen einem Kunstprodukt, das die Wahrnehmung blendet, und einer ›Realität‹, wie düster es dort auch immer sein mag. Unsere Welt wird von der Propaganda-Matrix geformt. Wir sehen das, was wir im Elternhaus, in der Schule und im Beruf gelernt haben und was von Presse, Radio und Fernsehen pausenlos wiederholt wird, natürlich auch online.

Kapitel 1, Folge dem weißen Kaninchen, Seite 15.


Die Matrix-Anspielungen dienen im Wesentlichen als Metapher für den Ein- und Ausstieg in sein zwölf Kapitel umfassendes Buch. Meyen weist auch darauf hin, dass man in Sachen Corona von ihm vor allem keine neuen medizinischen Erkenntnisse über das Virus selbst oder neue politische, ökonomische oder ökologische Hintergründe erwarten dürfe. Es geht ihm vielmehr um die Offenlegung der propagandistischen Strukturen des Corona-Komplexes; welche Medien es gibt, wie sie organisiert und strukturiert sind, wie das Personal rekrutiert wird. Es dreht sich um die gesellschaftlichen, politischen und finanziellen Wechselwirkungen innerhalb und außerhalb des Medienbetriebs.

Das Buch ist im Wesentlichen in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil führt Meyen den Leser in die Grundlagen der Medienwissenschaft ein. Er verweist hierzu regelmäßig nicht nur auf Michel Foucault, sondern vor allem auch auf Niklas Luhmann, Walter Lippmann, Pierre Bourdieu, Noam Chomsky, Edward S. Herman, Edward Bernays, Jacques Ellul, Thomas Piketty und viele weitere Koryphäen der Sozial-, Kommunikations- und Medienwissenschaften, als auch des Journalismus. Meyen, aufgewachsen in der DDR, nutzt auch persönliche Erlebnisse, um dem Leser die Wirkmechanismen des modernen Medienbetriebs näherzubringen.

Im zweiten Teil des Buches erläutert Meyen sein Arenen-Modell. Der Kampf um freie Medien, um die Propaganda-Matrix, finde im Wesentlichen innerhalb von vier Arenen statt, denen jeweils ein eigenes Kapitel gewidmet ist: Diskursordnung (Arena 1, Kapitel 7), Medienlogik (Arena 2, Kapitel 8), Medialisierung (Arena 3, Kapitel 9) und Journalistisches Feld (Arena 4, Kapitel 10).

Meyen verweist abschließend darauf, dass er nicht Morpheus sei. Dass auch dieser Film letzten Endes Teil der uns umgebenden Propaganda-Matrix ist. Entscheidender sei vielmehr die rote Kapsel bzw. die rote Pille. Das Wissen über die Matrix; dass es sie gibt, wie sie funktioniert – und wie man sie vielleicht, wenn nicht zum Einsturz, doch zumindest nach und nach ändern könne.

Diesen Beitrag, an welchem ich schon seit einigen Tagen, auch ob der allgemeinen Aussichtslosigkeit demotiviert, kraft- und hoffnungslos herumsaß, gerade just an jenem Tag nach der Bundestagswahl zu veröffentlichen, bei welcher die einzige Anti-Corona-Diktatur-Partei „dieBasis“ 1,4 % der Zweitstimmen erhielt, zeugt von einer besonders bitteren Form der Ironie. Diese Wahl war ja im Prinzip, gerade nach 1,5 Jahren eines noch nie dagewesenen Ausnahmezustands, der mit unfassbaren Grundrechtseinschränkungen einherging, einmal mehr eine vereinfachte Form der Wahl zwischen der roten Pille (Wissen und Freiheit) und der blauen Pille (Unwissenheit und Sklaverei).

Dieses Buch vermittelt viel an wertvollem Wissen. Meyen selbst nimmt in seinem Werk auch Bezug auf Cypher; den Verräter, der sich wieder in die Matrix einklinken lassen will, um dort ein schönes Scheinleben zu führen; weil er die triste Realität und die vielen leeren Versprechungen von Morpheus nicht mehr ertragen kann. Wissen kann in einer dystopischen, von und durch Massenverblödung beherrschten Welt tatsächlich eine Bürde sein, die nur wenige in der Lage sind, mit sich herumzuschleppen. Wie viel einfacher wäre hingegen ein Leben; wie viel einfacher fiele einem dann auch eine Wahlentscheidung, wenn man nicht nur über Corona, sondern auch über die Funktionsweise der Medien wenig bis überhaupt nichts wüsste?

Jedoch, um abschließend auf Orwell Bezug zu nehmen: Unwissenheit ist meines Erachtens eben nicht Stärke. Wissen ist die Grundlage dafür, dass vielleicht irgendwann einmal überhaupt jemals wieder so etwas wie eine „freie Gesellschaft“ existieren könnte.

2 Gedanken zu „Coronoia: Die Propaganda-Matrix“

  1. Der Meyen ist ein cooler Typ. Hab ihn in diversen Interviews schon gesehen. Schade ist, dass Buch-Besprechungen in Blogs meist wenig Resonanz erhalten, obwohl sie mitunter die meiste Arbeit verursachen. Ich kenne das auch. 😉

    In diesem Sinne: Danke für die Rezension! 🙂

    1. Ja, im C-Ausschuss damals war er mir mit seiner Art gleich sympathisch. Und dass er mir ein Rezensionsexemplar geschickt hat, fand ich äußerst nett. Wer weiß, in einem anderen Leben hätte ich vielleicht sogar bei ihm studiert.

      Das Problem ist halt, dass man, um mitzureden, das jeweilige Buch auch gelesen haben sollte. Was den Kommentatorenkreis gerade bei neueren Büchern natürlich einschränkt. 😉 Ich wollte eigentlich auch etwas mehr über einzelne Inhalte des Buches schreiben; aber momentan liegen die Finger einfach bleischwer auf der Tastatur.

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