Coronoia: Die Glocken

In meinen Beiträgen oder Kommentaren habe ich in den vergangenen Monaten hin und wieder auch Anspielungen auf Game of Thrones versteckt; wirklich thematisiert hatte ich wesentliche Elemente daraus bislang jedoch nur im Hinblick auf die rituelle Kindsopferung, die nicht nur die deutsche Ungesellschaft seit nunmehr eineinhalb Jahren begeht. Das Ende dieser HBO-Serie war in der Tat, vor allem im Hinblick auf die teils grottige Leistung der Autoren, handwerklich durchaus kritisierenswert. Aus einer soziologischen Perspektive heraus betrachtet, empfand ich jedoch einen nicht unerheblichen Teil des Shitstorms für unberechtigt; weil sehr viele Fans m. E. einfach nur mit der Auflösung der Geschichte nicht zurecht kamen; sie erkennen mussten, dass diejenige, die sie über acht Staffeln hinweg für eine „gute Königin“ hielten, sich als genozidale, wahnsinnige Massenmörderin entpuppt.

Die vorletzte Episode mit dem Titel „Die Glocken“ muss für „Team Daenerys„, so wie man sich heutzutage eben gerne in den „Sozialen Netzwerken“ positioniert (ich verortete mich, auch typbedingt, eher im „Team Jon Schnee“), vollkommen traumatisierend gewesen sein. Ähnlich traumatisierend wie (für die große Mehrheit in diesem Lande) die Vorstellung, dass die Regierungen sie in einem unfassbaren Ausmaß belügen und betrügen; sie gar als Versuchskaninchen (Zitat des kommenden Kanzlers Olaf Scholz) missbrauchen. Es ihnen nie um die „Gesundheit“, sondern um den Aufbau eines totalitären, orwell’schen Überwachungssystems ging. Sie verdrängen auch weiterhin, trotz aller, vor allem retrospektiv offenkundiger, einem förmlich ins Gesicht springender Belege, dass diese Eliten im wahrsten Sinne des Wortes abgrundtief böse sind; dass sie von Soziopathen und Psychopathen regiert werden, die für ihre egoistischen Zwecke über die Leichen unzähliger Menschen gehen.

Ich persönlich kann zumindest mit dem Ergebnis der Geschichte leben; denn ich sah schon früh, dass Daenerys Targaryen eben keine „gute“ Königin, kein „guter“ Mensch war; so sehr sie sich auch Mühe gab, den in ihr schlummernden Drachen, den in ihren Genen verwurzelten, totalitären, nach unbegrenzter Macht strebenden Wahnsinn zu verbergen.

Die Hälfte der Targaryens ist wahnsinnig geworden, oder nicht? Wie heißt es noch? Immer wenn ein Targaryen geboren wird, werfen die Götter eine Münze.

Cersei Lennister.

Zumal in der Serie eben auch unzählige Male auf das Schicksal ihres Vaters Aerys II. hingewiesen wurde, dem „Irren König“, der einst von Jaime Lennister, dem Lord Kommandanten der Königsgarde, hinterrücks gemeuchelt wurde. Aerys wollte, nachdem seine einstmaligen Verbündeten Königsmund belagerten, die Hauptstadt von Westeros, mit allen darin Lebenden komplett niederbrennen lassen. „Verbrennt sie alle!“ waren mit seine letzten Worte, ehe der „Königsmörder“ ihm das Schwert in den Rücken stieß.

Seine Tochter setzte seine Anordnung dann viele Jahre später in die Tat um; als sie die mit Königin Cersei getroffene Vereinbarung, das Läuten aller Glocken von Königsmund als Zeichen der Kapitulation zu betrachten, brach. Die Enttäuschung im Gesicht von Tyrion Lennister sprach Bände, als er realisierte, welch einem Monster er zur Macht verholfen hatte. Als Daenerys erneut, mit einem wahnsinnigen Grinsen im Gesicht, während des lauten Glockengeläuts ein weiteres Mal mit ihrem schwarzen Drachen in die Luft aufstieg – um anschließend nicht mehr nur die übrig gebliebenen Soldaten des Feindes bei lebendigem Leibe zu verbrennen, sondern auch Männer, Frauen, Alte und Kinder. Sie massakrierte die Bewohner einer Stadt, über die sie ihr ganzes Leben lang herrschen wollte, sie legte sie in Schutt und Asche. Die irre Königin erzeugte somit in ihrem Wahn eine wahrhaftige Tabula rasa, die sie in der letzten Episode auch fast wortwörtlich so beschrieb.

Wie gesagt; die Anzeichen dafür, dass auch Daenerys eine Soziopathin ist, waren für jeden, der diese sehen wollte, erkennbar. Nicht nur aufgrund ihres von Kindesbeinen an gepflegten Wahns, einen auf genetischer Vererbung gründenden Rechtsanspruch darauf zu besitzen, die Sieben Königslande zu regieren; welcher sich später – als Daenerys von Jon selbst die Wahrheit darüber erfuhr, wer tatsächlich dessen Vater (Prinz Rhaegar Targaryen) war – in Luft auflöste.

Natürlich; man könnte ihr zugute halten, dass sie es nicht leicht hatte; dass ihr gestörter Bruder Viserys sie wie eine Hure an Khal Drogo verkaufte. Ja, man verspürte durchaus auch eine gewisse Form von Genugtuung, als Drogo diesem aufgeblasenen Wichtigtuer seine goldene „Krone“ über den Kopf gießen ließ; was Daenerys regungslos zur Kenntnis nahm. Weitere Beispiele? Das Verbrennen der „Hexe“ Mirri Maz Duur bei lebendigem Leibe, die durchaus nachvollziehbare Gründe hatte, nach dem an ihrem Volk verübten Genozid durch die Dothraki Daenerys zu hintergehen, indem sie Drogo verhexte. Xaro Xhoan Daxos und Doreah wurden von ihr in einer Schatzkammer in Quarth eingesperrt, wo sie dann verendeten. Nicht vergessen sei die herzlose Verbannung ihres treuesten Beraters und Beschützers, Ser Jorah Mormont. Oder als sie auf ihrem Eroberungsfeldzug durch die Sklavenbucht die Kreuzigung der Sklavenmeister von Meeren anordnete. Die Hinrichtung ihres treuen Beraters Mossador in Meeren; der im Endeffekt auch nichts anderes tat, als seine Königin. Ebenfalls in Meeren warf sie einen Meister Rhaegal und Viserion zum Fraß vor. Das Verbrennen der Khals in Vaes Dothrak bei lebendigem Leibe. Die Auslöschung des Hauses Tarly, weil diese sich weigerten, sich impfen zu lassen, ähm, das Knie zu beugen. Das Todesurteil gegen Varys; der den Fehler, einer Irren gedient zu haben, mit seinem Leben bezahlte. Et cetera.

Nun gut; man könnte einwenden, dass diese lose Auswahl unfair sei; man jeden einzelnen Punkt ob des ihr angetanen Unrechts oder der Umstände diskutieren könne. Und dass man all ihre guten Taten einfach mal eben komplett ausblende. Vielleicht. In der Gesamtbetrachtung ergibt sich jedoch in meinen Augen ein vernichtendes Urteil; ein nicht unerheblicher Teil der naiven Zuseher hat über acht Staffeln lang einer Massenmörderin zugejubelt; all jene, auf den in ihr schlummernden Wahnsinn hindeutenden Anzeichen wurden von den Daenerys-Fans kategorisch ausgeblendet.

Meines Erachtens versuchte George R. R. Martin, dessen Büchern (die ich nicht gelesen habe) die Story der Serie vor allem in den ersten 5 bis 6 Staffeln im Wesentlichen folgte, meines Erachtens genau das; er wollte zumindest einen Teil seiner Leserschaft in eine Falle locken; vor allem, indem er Daenerys ihre Gräueltaten immer aus vermeintlich ethisch und moralisch, vielleicht auch kriegerisch oder militärisch „gerechtfertigten“ Zwecken begehen ließ. Martin verstand es, einen Teil seiner Leserschaft schleichend zu blinden, teils fanatischen Anhängern einer totalitären Irren zu machen; „Die Welle“ lässt einmal mehr schön grüßen.

So, wie das ein Großteil der Menschen heute, in der Realität, ebenfalls tut. Indem sie bspw. einer zu Empathie völlig unfähigen Menschenfeindin wie Angela Merkel, die während ihrer 16-jährigen Kanzlerschaft nicht nur das Gesundheitswesen weiter zusammensparte, ihre Gesundheit bedingungslos anvertrauen. Man glaubt einem Pharmalobbyisten Spahn, einem bei der Schweinegrippe versagt habenden Drosten; der Regierung insgesamt. Die profitgetriebene Pharmaindustrie ist – ob all derer Verbrechen in der Vergangenheit – genauso über jeden Zweifel erhaben, wie die Milliardäre, die vor allem über ihre Tech-Konzerne die Zensur und Überwachung immer weiter ausdehnen – und somit die Meinungsfreiheit immer weiter einengen. Oder die Medien erst; die würden uns doch niemals nie belügen oder manipulieren!

Derzeit läuten wieder die Glocken. Eine vollkommen geistesgestörte Elite und ihre Helfershelfer auf der politischen Ebene brennen, aufgrund ihrer Panik, dass ihr bisheriges, kapitalistisches Herrschaftskonstrukt implodiert, seit 1,5 Jahren das bisherige Gesellschaftsmodell bis auf die Grundmauern nieder. Nur – und das ist der tragische Unterschied zum einst geschockten „Team Daenerys“ – jubelt dieser kriminellen Elite ein Großteil der Brandopfer (deren Herzen sich ob einer vollkommen überflüssigen „Impfung“ entzünden) auch noch begeistert zu.

Da wir hier ja bekanntlich in einer ach so großartigen „Demokratie“ leben, trägt für all den Terror und Wahnsinn für mich eben die all das legitmierende, faschistische Bevölkerung die Hauptverantwortung. Sie werden es, wenn überhaupt, erst dann merken, wenn wirklich alles niedergebrannt ist; sie selbst ein letztes Mal ins Maul des Drachen schauen, den sie selbst von der Kette ließen.

Sorry, dann heißt es auch für euch: Dracarys!

3 Gedanken zu „Coronoia: Die Glocken“

  1. Nun gut, dann oute ich mich mal als GoT-Fan, der das Ende ebenso schwach fand, wie die Online-Shitstorm-Community. 😉

    Ich glaube/vermute/denke, vielen ging es gar nicht darum, dass ihre geliebte Daenerys plötzlich so abgrundtief böse handelt – sondern um die schwachen Drehbücher, besonders in den letzten beiden Staffeln. Etliche Plotholes, Plotarmor’s, unglaubwürdige Charakterentscheidungen, Action statt gute Dialoge etc.

    David Benioff und D. B. Weiss hatten keinen Bock mehr! Sie hatten einen Mega-Deal bei Disney, wollten Star Wars -Filme drehen, die übrigens auch schon wieder ge-cancelt wurden. Sie wollten schnell fertig werden mit GoT. Das alles merkte man der Qualität der Serie extrem an. Die Figuren konnten sich plötzlich teleportieren, waren unsterblich oder sagten Dinge, die nicht zum Charakter passten. Außerdem gab es keine Buchvorlage mehr für die letzten Staffeln. Das merkte man auch.

    Daenerys Wandlung zur Massenmörderin war zu abrupt, das hätte durchaus noch ein paar Folgen zur Glaubwürdigkeit des Charakters vertragen können. Das Macht-Menschen auch grausam sein können und müssen, okay – aber dass sie unnötigerweise, obwohl der Sieg schon da ist, ohne Sinn, Verstand und (Kriegs-)Logik, Zivilisten abschlachtet, war in der Figurenzeichnung nicht nachvollziehbar. Ihre Grausamkeit war immer „zielgerichtet“ und „logisch nachvollziehbar“.

    Dennoch hast Du vollkommen Recht, dass man als Zuschauer begründete Brutalität scheinbar viel schneller akzeptiert, als emotional gesteuerte Grausamkeit.

    1. Ich stimm dir da im Großen und Ganzen zu; wobei es mich dann doch bis heute wundert, dass HBO das in dieser Form überhaupt mitgemacht hat; dass da zwei mäßig motivierte Typen mit Ansage einfach ihr Flaggschiff versenken? Für die letzten 13 Folgen brauchten die ja quasi drei Jahre. Wie du ja auch schriebst; die beiden hatten sichtlich keine große Lust mehr bzw. schlicht auch nicht die nötigen Fähigkeiten, diese Geschichte ohne Buchvorlage halbwegs logisch und stimmig zu Ende zu bringen; stattdessen teils völlig unlogische, cineastische Materialschlachten. Wo die Hauptcharaktere eine halbe Stunde lang von Eiszombie-Herden eingekreist sind – und trotzdem (fast alle) überleben.

      Natürlich, Daenerys charakterliche Wandelung kam sicherlich auch aufgrund der rapide zusammengestrichenen Episodenzahl relativ aprupt. Und klar, man kann es nicht wirklich quantifizieren; welcher Anteil mit dem Ausgang der Geschichte ein Problem hatte, weil man eben aufs falsche Pferd setzte – und das einfach auf die grottigen Autoren schiebt. Ich hatte damals halt auch recht viele Kommentare gelesen, die es schlicht nicht wahrhaben wollten; dass Daenerys sowas niemals getan hätte. Und die wohl immer noch darauf hoffen, dass Martin (lebt der eigentlich noch?) seine Bücher anders enden lässt.

      Wie dem auch sei: Ich hab hier ja schon öfters gemutmaßt, dass es vermutlich auch Benioff und Weiss sind, die man für dieses vollkommen beschissene Skript, welches uns seit 1,5 Jahren zugemutet wird, angeheuert hat.

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