Die B 10 zwischen Pirmasens und Landau ist das mit Abstand bedeutendste Verkehrspolitikum in der Südwestpfalz. Seit rund 20 Jahren wurde und wird ab der A 8 / A 62 bei Höheischweiler permanent Richtung Osten ausgebaut; seit 2016 ist die Straße bis Hinterweidenthal Vierspurig befahrbar. Dort entstand eine aufwändige neue Anschlussstelle an die B 427 (Richtung Dahn / Bad Bergzabern) bzw. L 487 (Richtung Salzwoog; beide nun auf einem Teil der ehemaligen B-10-Trasse). Nun ist die allgemeine Verkehrsunfallforschung ja meines Wissens nach zur Erkenntnis gelangt, dass es wesentlich sicherer ist, Radverkehr durch Kreisel zu führen, anstatt an diesen vorbei. Die Zahl der „Konfliktpunkte“ wurde durch die Anlage des verpflichtenden Geh-Radwegs dort jedenfalls vervielfacht! Besonders „spannend“ wird auch sein, ob es grade dort dann vermehrt Auffahrunfälle geben wird, weil es natürlich auch hin und wieder zuvorkommende (und mitleidende) Autofahrer gibt, die auf ihre Vorfahrt verzichten und den Radfahrer vorlassen.
Einen Überblick liefert Google Maps; das Satellitenbildmaterial ist leider nicht besonders aktuell. Beginnen wir mit einem Blick aus nordöstlicher Richtung vom „Bahnhofshang“ auf den südlichen Kreisel, mit rot eingezeichneter gesonderter Radverkehrsführung:
Unsere „lustige“ Rundreise startet bei der ersten Verschwenkung nach rechts in der linken Bildhälfte. Dort finden wir dann sogar eine „blaue Mauritius“ – ein „reines“ ; ein Solches findet man hier in der Region eigentlich nirgends! Man bekommt es meist nur dann mal zu Gesicht, wenn ein mit
beschilderter Geh-Radweg endet, in einen Fußweg übergeht und man dies mit einem
und Zusatzschild „Ende“ kennzeichnet. Jedenfalls: Wahnsinn – ein echter, reiner Radweg! Fast schon Schade, dass er kaum mehr als 5 Meter lang ist, denn man wird also auf der B 427 fahrend auf dem Weg Richtung Waschtal (Münchweiler), Salzwoog oder Ruppertsweiler nun verpflichtend nach Rechts in diese „Bucht“ geleitet, muss dann erst einmal alles vorbeilassen, was motorisiert neben und hinter einem her fuhr und darf eben nicht in den Kreisel einfahren.
Dort sieht man dann gegenüber das übliche . Die Odyssee hat begonnen; das kleine
„Vorfahrt gewähren“ werden wir nun noch öfter zu Gesicht bekommen. Immerhin ist eine Querungshilfe vorhanden; im ungünstigsten Fall heißt es dann aber auch, auf der Insel kurz zu halten. Und dies ist nicht unwahrscheinlich, da diese Kreiselausfahrt auf die B 427 die am stärksten frequentierte der gesamten Anschlussstelle ist. Bei einem „Erstversuch“ stand ich genau in dieser Bucht inkl. Inselaufenthalt bestimmt eine geschlagene Minute. Auch beim Fotografieren dauerte es eine ganze Weile, bis ich jeweils die Straße überqueren konnte.
Dabei könnte es doch soooo einfach sein: bei der Einfahrt in den Kreisel ein einziges Mal Vorfahrt gewähren, einmal schnell rum und bei der Ausfahrt L 487 wieder raus; es mündet zwei Mal von rechts (wartepflichtiger) Verkehr ein. Oder schnell die Unterführung durch und hinten rechts am zweiten Kreisel die Einfahrt zum Waschtal / Bahnhof raus – bei nur einer wartepflichtigen Einmündung.
Nun erreichen wir aber erst einmal die Einmündung der L 487. Diese Straße ist insgesamt nur schwach befahren, hat aber beim Ausbau (natürlich…) einen Geh-Radweg erhalten. Er führt derzeit bis zur Einmündung der neuen K 92 (Richtung Ruppertsweiler; das Ende dieses Weges hat auch seine speziellen Eigenheiten…). Aber zurück: Wieder müssen wir Vorfahrt gewähren. Es gibt zwar eine Querungshilfe – aber damit haben wir hier im ungünstigsten Fall dann schon vier Mal gestoppt, um den motorisierten Verkehr vorzulassen. Warum eigentlich…!?
Nun denn. Es geht weiter, nun erreicht auch die von Pirmasens kommende B-10-Ausfahrt den südlichen Kreisel – und wir sind (natürlich) wieder wartepflichtig:
Es steht die Querung der B-10-Auffahrt in Richtung Pirmasens an, auch hier muss man natürlich wieder Vorfahrt gewähren (also ggf. schon Halt Nr. 6).
Wir müssen dort dann noch einen nachrangigen (wow!) Forstweg queren und haben es dann – nachdem wir ggf. zum 7. Mal bspw. zum Bahnhof aus dem Kreisel ausfahrenden und rechts abbiegenden oder zum Parkplatz ins Waschtal fahrenden Autos Vorrang gewährt haben – endlich nach ca. 250 Metern geschafft und sind am Zugang zum Waschtal (oder Bahnhof) angekommen.
Die Fahrt auf der Fahrbahn wäre dagegen nur ca. 155 Meter lang (grob gemessen mit Google Maps).
Fahren wir nun zurück – und widmen uns bei der Gelegenheit auch der Trasse selbst etwas genauer. Zuerst die Situation am Ausgang des Waschtals! Am rechten Schilderbaum mit den weiß-grünen Hinweistafeln erkennt man, dass es sich beim eigenständigen Radweg durch das Waschtal Richtung Münchweiler um eine recht bedeutende Route (Anbindung ins Rodalbtal und von dort weiter ins Schwarzbachtal Richtung Zweibrücken) über eine relativ tief gelegene Wasserscheide hält, die aber leider im Winter oft wochenlang nicht befahrbar ist. Dieses Manko wurde zumindest durch die Freigabe der K 92 Richtung Ruppertsweiler und Lemberg ein wenig gelindert. Der nicht vorhandene Winterdienst an den der B 10 folgenden (eigenständigen) Radwegen ist und bleibt aber ein Skandal für sich!
Werfen wir von dort noch schnell einen Blick durch die Unterführung und erkennen eine sehr breite Einrichtungsfahrbahn(!) – und einen doch im Vergleich dazu recht schmalen Zweirichtungs-Geh-Radweg.
Zuerst müssen wir aber wieder die B-10-Auffahrt Richtung Pirmasens überqueren:
Es geht vor der Unterführung dann wieder nach links; man hat dort dann auch nur wenig Ahnung, was denn hinter der Sandsteinwand scharf rechts da kommen möge…? Der Winkel dürfte so in etwa um die 70 Grad betragen.
Es wird kurz düster – und am Ausgang geht es wieder nach rechts:
Blick von der Mittelinsel ums Eck:
Wir „dürfen“ dem von der B 10 kommenden Verkehr natürlich wieder Vorfahrt gewähren:
Und sehen – weiter nach Hinterweidenthal wollend – gleich wieder das nächste kleine ; auch hier dürfen wir ggf. wieder einen „Inselaufenthalt“ einplanen. Man erkennt auf dem Wegweiser übrigens auch die eigene Rad- und Traktor-Ausschilderung Richtung Pirmasens:
Sind wir nun ortsfremd und wissen nicht, was kommt, fahren wir mit unserem Renn- oder Tourenrad natürlich brav auf dem tollen Radweg nach links Richtung Hinterweidenthal. Und erkennen dann hinter der Kurve das hier:
Darüber kann dann auch die Aussicht auf leckere „Pfälzer Spezialitäten“ nicht hinwegtrösten: Dort endet urplötzlich der Asphalt – und geht in unbefestigten Schotter über, der fast schon Eisenbahnqualität vorweisen kann:
Und der traurige Abschluss dann die (touristische) Radverkehrsführung hinein in den dunklen Wald; hinten heißt es dann auch „Radfahrer Absteigen“. Quasi ein amtlicher Single-Trail!
Die „Umleitung“ des Radverkehrs in Hinterweidenthal war grade während der Hochphase der Bauarbeiten ein absoluter Skandal, der einen eigenen Beitrag wert wäre. Denn dort wurde kurzerhand der Abschnitt ab dem Bahnübergang der B 427 entlang der Tanke bis zum Anschluss Salzwoog oder ins Waschtal per für Radfahrer gesperrt – und man konnte dann ernsthaft legal nur noch über diesen Schotter- und Trampelpfad ins Wieslautertal gelangen (oder heraus). Für zig Millionen baut man eine Bundesstraße zur vierspurigen Kraftfahrstraße aus – aber hat kein Geld über, eine anständige Umleitung für den Radverkehr einzurichten!
Auch der Anschluss des parallel zur B 10 verlaufenden, Rad- und Forstwegs Richtung Hauenstein / Landau (das bedeutendste Nadelöhr im Pfälzerwald überhaupt) war somit nicht mehr auf Asphalt zu erreichen. Die Schilder standen selbst nach Verlagerung des Verkehrs auf die neue B 10 noch mehrere Wochen im Ort herum; Hinweise an die zuständige VG Hauenstein bewirkten: Nichts. Dabei stellt grade das Teilstück an der Tankstelle für Rennradfahrer ein ebenfalls kaum umfahrbares Nadelöhr im überregionalen Verkehrsnetz dar!
Folgebeitrag
Am 23. Oktober 2017, 10 Uhr fand dort eine Verkehrsschau statt; als zweiter von fünf Tagesordnungspunkten im Dahner Felsenland.
Tolle Sache das! 🙂
Na sowas, auf der Suche nach Broders Zitat treffe ich ein Blog nach meinem Geschmack. Radwege weg und Corona-Ungläubig, genau richtig.
Der Witz hier ist, das 237 im ersten Bild ist eine Verhaltensanweisung. Es bestimmt weder, was ein Radweg ist, noch wo er sein soll. Weil außerdem Gehweg eine höhere Priorität hat, bleibt der Stummel ein solcher.
Das 240er im vierten Bild ist nichtig, denn es steht in keiner Richtung, die man fahren könnte. Der dortige Weg bleibt also ebenfalls ein Gehweg.
In der Folge dürften sich für die Richtungen widersprechende Beschilderungen ergeben, was üblicherweise beide Schilder aufhebt.
Soweit die Meinung eines juristischen Laien.
Hallo Udo,
schön, dass du meinen Blog entdeckt hast. Habe deine höchst informative Seite schon quasi vom ersten Tag an in die Blogroll aufgenommen. Auch wenn ich in Sachen Blau einiges erreicht habe, passiert in Sachen B 10 weiterhin gar nichts. Dabei isses ein (exemplarisch für viele vergleichbare Fälle stehender) bundesverkehrspolitischer Skandal, der gerade (auch im Hinblick auf meine jahrelangen Recherchen) in der radwegkritischen Szene mehr Beachtung verdient gehabt hätte.
Würde mich jedenfalls freuen, dich als Kommentator zukünftig öfters begrüßen zu dürfen.