Neulich schrieb mir Udo, der seit vielen Jahren eine der informativsten Seiten über das Thema Radwege und „Helme“ betreibt, es sei auch nötig, dass das Scheitern dokumentiert werde. Ich wusste nicht, wie ich darauf antworten sollte, ohne dass es wie üblich richtig tief ins Episch-Philosophische abgleiten würde. Liegt die Tragik eines Sisyphus wie mir nicht darin, dass die Grundlage seines Scheiterns das Scheitern anderer ist? Als ich gestern von der Stadt in Richtung meines Heimatortes fuhr, fragte ich mich einmal mehr, ob das, was man mir da in den Weg stellte, die pure, banale Bösartigkeit von Amtsträgern oder einfach nur die absolute Form der Inkompetenz behördlichen Handelns darstellt?
In meinen Beiträgen zu den blauen Mittelfingern, über den Schlussstrich und den sogenannten „Radverkehrsbeauftragten“ kam ich zu keinem eindeutigen Ergebnis. Das eine schließt meines Erachtens das andere auch nicht aus; im Gegenteil ergeben sich so erst solche „Synergieeffekte“, wie sie sich nun wieder in Gestalt einer verkehrsbehördlichen Anordnung der jeglicher Kompetenz unverdächtigen Pirmasenser Straßenverkehrsbehörde im Zuge der K 6 zwischen Pirmasens und Winzeln bzw. Gersbach manifestiert haben.
Auf die Details gehe ich hier nicht mehr großartig ein; wer möchte, kann sich ja die verlinkten Beiträge zu Gemüte führen. Ich nahm dann heute nach längerer Zeit mal wieder meine große Kamera mit, um diese absolute Unverschämtheit zu dokumentieren. Was also hat mich da nun so gewaltig aufgeregt, dass ich tatsächlich mal wieder meine Zeit damit vergeude, dies in diesem Blog zu dokumentieren?
Vollsperrung der OD Winzeln
Wir möchten uns allerdings zuerst zweier kleiner „Vorspeisen“ widmen, die ebenfalls mehr als deutlich belegen, dass in den (nennen wir es mal euphemistisch) „Überlegungen“ der Stadtverwaltung Pirmasens vor allem bei der Planung von Vollsperrungen und Umleitungen der Radverkehr schlicht keinerlei Rolle spielt; er ist nicht existent. Über die gegenwärtige Vollsperrung der Winzler Ortsdurchfahrt hatte ich bereits anlässlich der damaligen Planungen einer wohl auch noch gegen Ende der Sanierung eingerichtet werdenden illegalen Umleitung mal wieder sinnlos Pulver verschossen.
Die gegenwärtige Umleitung führt den Verkehr in einem weiten westlichen Bogen über die Breslauer Straße, Am Stockwald und die Bottenbacher Straße. Radfahrer könnten eigentlich in Richtung Stadt am Friedhof eine östliche Abkürzung über Am Knopp, die Mohrbrunner Straße, Am Hollerstock und die Großheimer Straße nutzen; auch wenn ein ca. 150 m langer Abschnitt nur geschottert ist. Nun war das bis zu meinem Gemecker auch anfangs nicht möglich, denn man hatte wie üblich mit -Kanonen auf Spatzen geballert.
Es überraschte mich völlig, dass man sich auf meine Kritik hin relativ zeitnah wenigstens bemüht hat, diese Route für Radfahrer freizugeben.
Das Bauunternehmen hat allerdings wohl einen schlecht gepflegten Verkehrszeichenbestand; man konnte nur ein einzelnes auftreiben, weshalb man auch erst verspätet einen Flatterzettel in der Verlängerung der Mohrbrunner Straße anbringen konnte. Dass die „Anlieger frei“ keine Verkehrszeichen im Sinne des RAL-Gütezeichens sind, versteht sich von selbst.
Schlammbad
Immerhin; man hat wieder mal wenigstens ein klein wenig was bewirkt. Auf dem Weg in Richtung Stadt musste ich allerdings auch noch schnell die Zustände auf dem zu einem „Geh- und Radweg“ frisch umetikettierten Wirtschaftsweg an der K 6 zwischen Winzeln und Gersbach dokumentieren. Das zentrale Baulager für das mit der Sanierung der OD (die dann übrigens auch endlich eine abknickende Vorfahrt bekommen soll) beauftragte Unternehmen ist zwischen dem Einsiedlerhäuschen und dem Friedhof eingerichtet. Die Baustellen-LKW brettern an zwei Stellen über den umfunktionierten Grünstreifen. Für Radfahrer bedeutet das gerade zur gegenwärtig sehr nassen Witterung ein regelrechtes Schlammbad.
Natürlich ist auch so etwas wie reger Baustellenverkehr und ein total verdreckter Weg kein Grund, an der Bebläuung etwas zu ändern; wie der Blick in Richtung Gersbach belegt:
Benutzungspflichtige Sackgasse
Doch kommen wir nun zum absoluten Highlight! Den Zuständen an der K 6 zwischen Pirmasens und Winzeln, wo zu allem Überfluss auch noch das örtliche Chemieunternehmen sein Werksgelände erweitert und dort deshalb (zumindest vermute ich es) eine neue Zufahrt gebaut wird. Schauen wir uns zuerst den allseits bekannten, gemeingefährlichen Einmündungsbereich zur L 600 (in Richtung Winzeln) an:
Wie wir sehen, hat sich nichts verändert. Im Gegensatz zu meiner Tour mit dem „Radverkehrsbeauftragten“ vor ziemlich genau einem Jahr ist dort alles nur noch mehr zugewachsen. Und auch weiterhin hält dort mindestens jeder zweite Dosenlenker auf der Furt. Soweit üblich für das, was man gemeinhin unter „Radweg“ versteht.
Was ich allerdings bis gestern noch nicht wusste: Dieser mittels weiterhin (fern jeglicher Rationalität, als auch rechtlicher Begründung) als benutzungspflichtig ausgewiesene, vollkommen überflüssige Scheiß-Stummel endet in einer faktischen Sackgasse! Nachdem man mit Schwung durch die Mulde (welche man dem Kfz-Verkehr natürlich erspart) wieder Richtung Winzeln radelt, erkennt man eine Menge Absperrungen – und (ich kann es immer noch nicht wirklich fassen!) ein
mit dem Zusatzzeichen „Ende“ – und dahinter ein
!
Kommen Sie näher ran – und staunen Sie!
Was verbirgt sich denn hinter dieser Absperrwand?
Durch diese hohle Gasse muss er schieben!
Da wird also an einer Stelle, an der man nicht mehr zurück auf die Fahrbahn kann, diesem überflüssigen, aber benutzungpflichtigen Scheiß-Wegelchen ein Gehweg! Das heißt im Endeffekt: Radfahrer absteigen! Man hat also bereits vor dem Bereich des früheren Felsbrocken-Übergangs die Asphaltdecke weggefräst und baggert dahinter am neuen Einmündungsbereich. Den ich mir in seinen fürchterlichen Details gar nicht ausmalen möchte.
Die Scherben, die dort seit dem Winzler Dorffest vor fast einem Monat rumliegen, wurden übrigens (trotz mehrerer Hinweise) immer noch nicht weggekehrt.
Während ich fotografierte, sprach mich ein vielleicht um die 30 Jahre alter Bauarbeiter an. Ich vermute, dass er in der Rangordnung etwas weiter oben stand. Er fragte, was ich da denn fotografieren würde? Ich konnte mich kaum beherrschen und meinte, dass das hier doch eine absolute Unverschämtheit wäre? Im Endeffekt trat in unserer kurzen Konversation das übliche Unverständnis von nahezu ausschließlich automobil asozialisierten Menschen zu Tage.
Mein wesentliches Argument, wie Autofahrer reagieren würden, wenn man ihnen de facto ein „Aussteigen und Schieben“ vor die Nase knallen würde, konnte er nicht nachvollziehen. Als ich mich erkundigte, ob das Bauunternehmen selbst das hier so geplant und sich von der Behörde habe anordnen lassen, verwickelte er sich ein wenig in Widersprüche. Im Endeffekt ist es auch egal, ob das auf dem Mist der Stadt oder der Baufirma gewachsen ist. Letztere hat das so abgezeichnet – und trägt damit die Hauptverantwortung.
Abschließend noch der Blick in Richtung Pirmasens. Etwas verräterisch ist, dass man es tatsächlich mal geschafft hat, die Freigabe zu entfernen und das bisherige (falsch positionierte) und „Ende“ zu verhüllen.
Ich habe der Leiterin der Straßenverkehrsbehörde noch einmal bzgl. dieses Gipfels an unverfrorener Radverkehrsfeindlichkeit die Meinung gegeigt und sie aufgefordert, die Zeichen 240 an der K 6 binnen zwei Tagen vollständig entfernen zu lassen. Dies hat jene mir gerade eben geschrieben:
seitens der Straßenverkehrsbehörde wird eine Änderung der Regelung für Radfahrer während der Baustellenmaßnahme nicht für notwendig erachtet.
Die Nutzung des benutzungspflichtpflichtigen Radweges bis vor die Baustelle und das Passieren der Baustelle durch den dafür eingerichteten Notweg wird als sicherer erachtet als den Radverkehr auf der Straße weiterzuführen.
Es ist ja nur zu eurer Sicherheit!
Wohl gemerkt: Es besteht nur in Richtung Winzeln eine (rechtsseitige) Benutzungspflicht! Meine Drohung mit einem Eilantrag vor dem zuständigen Verwaltungsgericht wurde in der üblichen behördlichen Arroganz ignoriert. Laut Auskunft des Bauarbeiters solle dieser Zustand mindestens drei Wochen lang andauern. Dies bedeutet eben auch hier (wie bei den Corona-Verbrechen), dass von einem „effektiven Rechtsschutz“ nicht mal annähernd die Rede sein kann.
Nachtrag (24.09.23)
Die folgende Aufnahme von Google Streetview zeigt wohl den Zustand, als das Gehege gerade eingerichtet wurde. Unter dem Zeichen 239 hängt noch ein Zz 1022-10 („Radverkehr frei“).
Was ich nicht verstehe: auf Fotos 4 und 5 (ohne Überschriftsfoto) stehen an dem straßenbegleitenden Weg jeweils sowohl ein blaues Schild, das einen gemeinsamen Fuß-/Radweg (Zeichen 240?) ausweist sowie zusätzlich ein Radfahrer-Frei Schild (Zusatzzeichen 1022-10?).
Nun gibt es aber für die Fuß-/Radwege allgemein keine Geschwindigkeitsbegrenzung (außer, daß man auf Fußgänger aufpassen und ggf. die Geschwindigkeit anpassen muß), beim Radfahrer-Frei-Schild hingegen ist Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben.
Wie soll das zusammenpassen?!
Sorry, ist schwer zu erkennen. Das, was da darunter hängt, ist ein (falsches) Zusatzzeichen (eigentlich 1000-31, das hier verwendete hing früher in freigegebenen Einbahnstraßen), welches darauf hinweisen soll, dass du da mit Geisterradlern zu rechnen hast. 240er bzw. „Radwege“ im Allgemeinen werden für Geschwindigkeiten von um die 15 km/h ausgelegt.
Ah, okay. Hab‘ mal versucht, die Grafik zu vergrößern und das jetzt gerade so erkennen können.
Danke für die Aufklärung.
Hm, ja, die Geschwindigkeit, das ist auch so ein Problem. In manchen Orten bauen sie ja gerade den Verkehr augenscheinlich zum Vorteil der Fahrradfahrer um, aber da sie dort gleichzeitig an anderen Stellen eher so drauf sind wie an den von Dir beschriebenen Ecken, sind das wohl eher Feigenblätter (die noch dazu z. T. die Autofahrer wirklich blöd und unnötig verärgern). Wenn man nämlich mit dem Rad wirklich schnell unterwegs ist – und damit meine ich nur die von mir ohne Mühe erreichten 15-25 km/h, die ich so in aller Regel fahre, gar nicht mal mehr –, dann sind weder Wege, noch Ampeln, noch sonst irgendwas auf diese Geschwindigkeiten ausgelegt.
Hast Du dazu eigentlich schon mal was geschrieben? Daß es ein himmelweiter Unterschied ist, ob Omma Erna mit 7-10 km/h irgendwo langgondelt oder Leute wie Du und ich drei- bis viermal so schnell düsen? Und daß sich das auch in der Anlage von Radwegen bzw. der Entscheidung, uns auf den Straßen fahren zu lassen, niederschlagen sollte? (Wobei ich damit aufgewachsen bin, daß auch Omma Erna auf der Straße fährt, und das war damals für keinen ein Problem…)
Das mit der Geschwindigkeit juckt keinen. Wenn, dann hast du dich dem Langsamsten anzupassen (was für Kfz natürlich niemals akzeptiert werden würde; da bekommen „Langsamfahrer“ ja ggf. auch ein Bußgeld). Der ADFC-Bundesvorsitzende hat sich vor einer Weile gar in der Weise entblödet, Radfahrer, die ein Interesse an zügigem Vorankommen haben (was auf „Radwegen“ halt nicht geht), als rücksichtslose Rüpel hinzustellen. Damit sei zu diesem Thema quasi alles gesagt.
Es geht übrigens noch dreister. Als ich vorhin vorbeigefahren bin, waren die beiden Enden vor der inzw. asphaltierten Einmündung jeweils komplett verbarrikadiert. Also eine tatsächliche (und nicht nur rechtliche) Sackgasse; in welcher Fußgänger und Radfahrer wie Vieh eingegattert werden.
„dass die Grundlage seines Scheiterns das Scheitern anderer ist“
Sie scheitern nicht, wollen sie doch den Kfz-Verkehr fördern, das anscheinend überall vorherrschende Ziel. Gegen eine monolithische Staatsmacht kann man auch nicht gewinnen, insofern ist jede Dokumentation ein Gewinn. So sehe ich das für meine Webseite, die ja auch 3 fast erfolglose Klagen enthält.
„als den Radverkehr auf der Straße weiterzuführen“
dessen Verkehr auf 30km/h beschränkt und beampelt ist. Wie man sieht, ist denen nichts zu doof, und der Fußgänger auf Rädern frißt alles, worauf ja der ADFC baut.
Diese Frau lässt sich (aus Gründen) auch auf keine sachliche Argumentation ein. Dass sie durch die Anlage dieser Baustelle sogar den Fahrbahnopho-Bikern die Möglichkeit des linksseitigen Gehwegradelns genommen haben (und sie somit auf die lebensgefährliche Fahrbahn zwingen), ist nur die Kirsche auf der Sahnetorte absoluter Unfähigkeit und Inkonsistenz.
Nicht besser ist die örtliche Presse; denn die findet diese Unverfrorenheit auch nicht artikelwürdig. Ich befasse mich damit wohl im Laufe der Woche; morgen habe ich nämlich einen Termin im Rathaus bzgl. dieser Angelegenheit.
Dem örtlichen Radel-TUI hab ich übrigens eine e-mail mit einer Bitte um Stellungnahme geschickt. Ich werde wieder keine Antwort erhalten.
Woran mache ich eigentlich fest, ob es sich um einen „Gehweg“ oder um einen „gemeinsamen Geh- und Radweg“ handelt?
Das blaue VZ240 zeigt nur die Benutzungspflicht an. Wenn es sich aber gar nicht um einen „gemeinsamen Geh- und Radweg“ sondern um einen stinknormalen „Gehweg“ handelt, ist eben auch die Benutzungspflicht nichtig. Richtig oder falsch?
Im Umkehrschluss muss also ein „gemeinsamer Geh- und Radweg“ auch ohne das blaue VZ240 eindeutig erkennbar sein. Aber jeder mag sowieso was anderes erkennen. Manche erkennen vielleicht auch einen Parkplatz. Ich erkenne jedenfalls regelmäßig nur stinknormale „Gehwege“ und muss daher das blaue Schild rechts liegen lassen.
Zu dem Thema habe ich mich ja im Rahmen meiner Strafanzeige in epischer Weise ausgelassen.
In diesem Falle arbeiten sie ja sogar (linksseitig) mit den bekackten Piktogrammen.