Da mir momentan in Sachen Corona eh nix Besseres einfällt (und sich die Besucherzahlen weiterhin der Nulllinie nähern), kann ich aus aktuellem Anlass ja mal wieder auf die Parallelen, die mein heroischer, jedoch kaum gewürdigter Freiheitskampf in Sachen Radverkehr zu jenem in Sachen Corona aufweist, hinweisen. Ich hatte ja im Oktober (erstmals) die Stadt Pirmasens verklagt, wonach sie endlich die erste Einbahnstraße für den Radverkehr freigeben zu hätte. Die Mainzer Anwältin Jessica Hamed berichtete schon recht früh darüber, dass ihr Kampf gegen eine der früheren bayerischen Corona-Verordnungen zur Erkenntnis führte, dass die bayrische Landesregierung hierzu keine Dokumente in Form von Verwaltungsakten vorweisen könne, um die Verhältnismäßigkeit ihrer „Maßnahmen“ in irgendeiner Weise zu belegen.
Nun bekam ich gestern Post vom Verwaltungsgericht Neustadt; man übermittelte mir die „Klageerwiderung“ der Stadtverwaltung. Die Stadt habe zwar, so teile mir das Gericht mit, die Verwaltungsakte an das Gericht übersandt (bei dieser Verwaltung übrigens alles andere als selbstverständlich), hielt es aber nicht für nötig, diese Zurückweisung mit mehr als fünfeinviertel Zeilen(!) auf meine immerhin siebenseitige Klage (zuzüglich zahlreicher Anlagen) hin zu „begründen“. Mir würde schlicht kein Recht zustehen, überhaupt einen derartigen Antrag zu stellen. „Was erlaubt sich dieser Untertan?“
Bislang habe ich mich bemüht, strikt sachlich und rechtlich zu argumentieren, nutzte jedoch die Gelegenheit, dem zuständigen Richter beim Verwaltungsgericht meine ehrliche Meinung über das Rechtsverständnis dieser Behörde mitzuteilen.
Sehr geehrter Richter X,
bzgl. des Antrags der Klagezurückweisung möchte ich persönlich Folgendes anmerken:
Die (erneut sehr kurze) Begründung spiegelt exakt jene Arroganz und Ignoranz wider, welche ich seit Jahren im Rahmen zahlreicher formloser Anträge und mehrerer Gespräche von der Beklagten gewöhnt bin. Sie hat keinerlei Interesse an einem konstruktiven Dialog, ignoriert sachliche und juristische Argumente – und dies m. E. vor allem aus der Selbstgewissheit heraus, dass sie allein bestimmt, welche Verkehrsregelungen (insb. auch Verbote wie z. B. Einbahnstraßenregelungen) wo angeordnet werden. Und angeordnet bleiben; sie letzten Endes an keinerlei Recht und Gesetz gebunden ist. Und der Bürger auch kein Recht habe, sie dazu zu bewegen; stattdessen einzig und allein von ihrer „Gnade“ abhängig sei.
Ich habe meine Klage auch deshalb eingereicht, damit das Verwaltungsgericht diese vor allem im Bereich des Straßenverkehrsrechts (wie die Stadt Bad Dürkheim im Rahmen des in meiner Klage zitierten Verfahrens vor dem VG Neustadt) wieder auf rechtsstaatlichen Boden zurückholt; ihr insb. den Regelungsgehalt des § 45 StVO, als auch die Bedeutung korrekter Ermessensausübung erläutert und in unmissverständlichen Worten klarstellt, dass es eben nicht von der (unbegründeten) Willkür der Beklagten abhängt, ob der Verkehr in öffentlichen Straßen verboten wird bzw. bleibt oder nicht, sondern dass sie sich bereits von Amts wegen, aber insbesondere im Rahmen begründeter Anträge, an das GG, die StVO, das LStrG, die Verwaltungsvorschriften zur StVO sowie die Rechtsprechung zu halten und unzeitgemäße, unrechtmäßige, als auch unverhältnismäßige Verbote aufzuheben hat.
Die in keinster Weise auf die Begründung meiner Klage eingehende Klagezurückweisung dokumentiert, dass die Beklagte m. M. n. grundsätzlich nichts vom Rechtsstaatsprinzip i. S. d. Artikels 20 (3) GG hält; was jene, nebenbei angemerkt, auch durch die jahrzehntelange ordnungs- und verkehrsbehördliche Duldung bzw. sogar aktive Förderung exzessiven Falschparkens im Gebiet der Stadt Pirmasens mehr als eindeutig belegt.
Ich verweise ansonsten (um Wiederholungen zu vermeiden) auf meine Klage, als auch deren Anlagen; die Beklagte hat kein Recht, begründete Anträge auf verkehrsregelnde Maßnahmen, insb. zur Aufhebung nicht mit § 45 (9) S. 3 (oder S. 1) StVO vereinbarer Verkehrsverbote, begründungslos zurückzuweisen.
Sie hingegen hat im Rahmen der Sachverhaltsermittlung des Gerichts zuallererst einmal nachzuweisen, dass in der Schillerstraße (noch) eine besondere örtliche Gefahrenlage oder eine zwingende Erforderlichkeit vorliegt, um an der bisher geltenden Regelung festzuhalten. Andernfalls reduziert sich ihr Ermessen grundsätzlich auf Null.
Ich möchte das Gericht daher auch bitten, vor einer mündlichen Verhandlung einen Ortstermin durchzuführen, um sich von der Örtlichkeit, als auch den für die Beklagte handelnden Personen ein eigenes Bild machen zu können.
Außerdem weise ich bereits jetzt darauf hin, dass ich, sofern die Beklagte im laufenden Verfahren die Schillerstraße doch für den Radverkehr freigeben sollte, meine Verpflichtungs- in eine Feststellungsklage umwandeln werde, da die Beklagte ihr Verhalten im Rahmen ähnlich gelagerter Fälle ohne ein wegweisendes Urteil ansonsten nicht ändern wird.
(…)
Mit freundlichen Grüßen
Es ist exakt dieselbe, sich jeglicher Rechtfertigungspflicht gegenüber dem Souverän entledigt habende Arroganz einer sich auch generell vollständig von jeglicher Rechtsstaatlichkeit entfernt habenden Exekutive, welche man auch in Sachen Corona erleben kann: „Wir können zwar nichts von dem, was wir dir verbieten, in irgendeiner Weise belegen oder begründen – aber das haben wir ja auch gar nicht nötig!“
Wenn den Richtern in Neustadt selbst diese (meiner Meinung nach auch gegenüber dem Gericht respektlose) Arbeitsverweigerung ausreicht, dann beerdige ich wirklich meinen Restglauben an das, was man uns hier als „Rechtsstaat“ verkauft.