Nebenprodukt Fake-„Radweg“

Meine radfahrerhassende und mindestens sieben weitere Monate für die Prüfung einer Einbahnstraße benötigende Heimatstadt wird sich mit ziemlicher Sicherheit bald in den örtlichen Käseblättern dafür bejubeln lassen, den hier im Blog schon vor vielen Jahren dokumentierten Offroad-„Radweg“ zwischen der Elsässer Straße in Gersbach und „Am Stockwald“ in Winzeln asphaltiert zu haben. Schon seit meiner Jugend wünsche ich mir eine Alternative für die Nutzung der immer noch ohne jede Begründung blau-bemittelfingerten K 6, welche ich auch hin und wieder gerne mit dem Rennrad befahren würde. Im legendären Gespräch mit den obersten Radfahrerhassern im Rathaus kurz vorm Ausbruch der globalen Coronoia schlug ich gar vor, hier die erste Fahrradstraße der Stadt einzurichten.

Natürlich denkt man dort auch weiterhin nicht im Traum daran, auch nur eine einzige meiner Ideen oder meiner Forderungen und Ratschläge in die Tat umzusetzen. Das muss man mit aller Macht verhindern; man macht aus Prinzip stets das Gegenteil. So enthielt auch das als Ausrede für die fortwährende Faulheit der Verwaltung dienende „Radverkehrskonzept“ seltsamerweise keine einzige der von mir schon vor vielen Jahren vorgeschlagenen Alternativverbindungen über freigegebene Einbahnstraßen.

Jedenfalls fiel mir irgendwann im Spätherbst auf, dass auf besagtem (laut LStrG nicht dem öffentlichen Verkehr dienenden und auch mit Verbot für Kraftfahrzeuge bzw. Verbot für Fahrzeuge aller Art für Kfz gesperrten) Wirtschaftsweg die regelmäßig tief unter Wasser stehende Rinne in der Senke doch tatsächlich mit einem Rohr versehen und neu überschottert wurde; das folgende Foto stammt aus dem Jahre 2018.

Dies waren die ersten erkennbaren Anzeichen für das Vorhaben der sich generell für Recht und Gesetz nicht wirklich interessierenden Verwaltung, hier eine auch schon vor Jahren dokumentierte illegale Umleitung für den vom Rest-Ausbau der K 6 in Winzeln betroffenen Kfz-Durchgangsverkehr einzurichten. Was „Fach-“ und „Rechtsaufsicht“ im Bereich des Straßen- und Straßenverkehrsrechts in Rheinland-Pfalz bedeuten, wurde mir einmal mehr von einer unwilligen ADD mehr als unmissverständlich bestätigt.

Irgendwann gegen Mitte Januar fielen mir an den Wegrändern mit gelber Signalfarbe aufgesprühte Markierungen auf, die dem ausführenden Bauunternehmen anzeigen, bis zu welcher Breite der Weg asphaltiert und wie die Kreuzungen und Einmündungen (u. a. zur Stockwaldhütte des Pfälzerwaldvereins) gestaltet werden sollen. Einige Kanaldeckel müssen hierzu auch noch angehoben werden. Schon vor Beginn der winterlichen Episode gegen Ende Januar wurde hierzu in Winzeln (natürlich auf dem Gehweg) eine Teermaschine abgestellt. Das Beitragsbild stammt vom 23. Januar.

Nun könnte ich mich ja freuen, dass dieser Weg endlich, nach einer Wartezeit von etwa einem Vierteljahrhundert asphaltiert werden wird – und ich zukünftig nicht mehr mit dem MTB vor allem im Winter durch Matsch und Dreck fahren muss? Nein, verdammt! Ich könnte kotzen; darüber, dass man diesen Weg nicht für sich dies seit Jahrzehnten wünschende Radfahrer asphaltiert!

Nein, man asphaltiert diesen Weg (den man auch weiterhin nicht als öffentliche Straße im Sinne des LStrG zu widmen oder eben als Fahrradstraße auszuweisen gedenkt) einzig und allein deshalb, weil man es in allererster Linie dem Kfz-Verkehr nicht zumuten möchte, für die Dauer der Vollsperrung an der nördlichen Winzler Ortsgrenze eine Weile lang über eine Schotterpiste fahren zu müssen!

Nur für Radfahrer allein hätte man diesen Weg auch in 20 Jahren nicht asphaltiert! Das wird unter anderem auch daran deutlich, wenn man doch eh schon einmal dabei ist, nicht auch gleich den folgenden, ebenfalls nur geschotterten Abschnitt in Richtung Gersbacher Sportplatz und Windsberg zu asphaltieren. Diese Dreckpiste bleibt auch für die nächsten 20 Jahre vor allem bei nasser Witterung quasi unbenutzbar.

Dieser weitere Fake-„Radweg“ wird auch in den kommenden Wintern so aussehen wie in diesem. Es ist dann halt am Ende doch nur (wie an der B 10 oder auch im Wallhalbtal) ein „Wirtschaftsweg„, der von der Stadt weder geräumt, noch gestreut werden wird. Räumen und streuen wird man ihn erst dann, falls in der Zukunft erneut eine Vollsperrung der K 6 notwendig werden und der einzig relevante Kfz-Verkehr hierüber geführt werden sollte.

Wenn für den Radverkehr in dieser Stadt überhaupt jemals irgendeine „Verbesserung“ herausspringt, dann stets quasi ausschließlich als Abfall- oder Nebenprodukt der intensiven Bemühungen, dem Kfz-Verkehr irgendwelche Nachteile (wie z. B. eine Umwege verursachende amtliche Umleitung über Bärenhütte, Höheischweiler und Fehrbach) zu ersparen. Legal? Illegal? Scheißegal! Wegen dieser illegalen Umleitung darf ich dort dann auch bald mehrere Minuten täglich vor einer roten Ampel im giftigen Mief stinkender Kfz herumstehen. Und die Räumzeiten werden gerade auch für langsamere Radfahrer garantiert auch (wieder) nicht ausreichen.

Eigentlich müsste und könnte ich in jeder einzelnen Woche mindestens eine Klage an das zuständige Verwaltungsgericht schicken. Aber das würde mich jedes Mal um die 500 Euro Vorkasse kosten. Wir haben einfach den besten „Rechtsstaat“ – den man sich für Geld kaufen kann.


Folgebeitrag

Die illegale Umleitung bei Winzeln

4 Gedanken zu „Nebenprodukt Fake-„Radweg““

  1. schlug ich gar vor, hier die erste Fahrradstraße der Stadt einzurichten.

    Das wundert mich jetzt aber. Ich dachte, Du wärest gegen Radwege jeder Art? Eine Fahrradstraße ist auch nicht groß was anderes (und in aller Regel aufs Ganze gesehen ein ziemlich nerviges Unding, wie ich nun wieder finde…).
    Warst Du nicht immer für ein komplettes Miteinander auf den Straßen? Nicht, daß Du Dich jetzt noch zu einem Anti-Auto-Wesen entwickelst?

    1. Eine Fahrradstraße ist kein Radweg. Es handelt sich dabei zwar auch nur weitestgehend um ein Propagandakonstrukt; aber um eines der am wenigsten schädlichen Elemente, mit denen man den Radverkehr wenn nicht wirklich fördern, doch zumindest nicht noch zusätzlich behindern kann. Ein völlig ausbleibender Winterdienst wäre auf einer Fahrradstraße bspw. auch schwerer zu begründen.

      Und bzgl. des „Miteinanders“: Du hast das, was ich auch mit diesem Beitrag sagen wollte, wieder vorsätzlich falschverstanden. Die Stadt hat hier zwei Möglichkeiten: Sie widmet das Ding hier als eine öffentliche Straße. Oder sie sagt den Autofahrern, dass sie dort (wie bisher) nicht fahren dürfen. Und sie haben dort m. E. aufgrund der K 6 auch schlicht nichts verloren. Ich jedenfalls sehe nicht ein, mich dort jetzt über Wochen an eine beschissene Baustellenampel zu stellen, weil nicht nur dieser Verwaltung geltendes Recht scheißegal ist, wenn es darum geht, „pragmatische“ Lösungen für die gerade hier (Siehe das Thema Falschparken) sowieso totalverhätschelten Autofahrer zu finden. Und ihnen stattdessen wieder mal den Puderzucker in den Arsch zu pusten.

Schreibe einen Kommentar