Eigentlich wollte ich zu diesem Thema schon vor etwa einem Jahr etwas schreiben (es liest ja eh keiner). Zwischen Gersbach und dem Blümelstal bzw. Hengsberg und Petersberg verläuft eine alte Militärstraße, deren Asphaltbelag sich noch in einem überwiegend akzeptablen Zustand befindet. Diese „Altlast“ gehörte über viele Jahrzehnte (wie bspw. auch im Bereich des Neudahner Weihers) dem Bund, ehe sie offenkundig zumindest abschnittsweise inkl. einer Bunkeranlage an ein privates Unternehmen aus Baden-Württemberg verhökert wurde, welches dort wohl eine Art Server-Farm einrichten will. Dies hatte jedenfalls zur Folge, dass durch den neuen Eigentümer urplötzlich Schilder aufgestellt wurden, die die Benutzung dieser Straße einschränkten.
Ein klassischer Fall, wohin Privatisierung von öffentlichem Eigentum halt führt. Diese seltsamen Plastikschilder wurden – samt weißen Strichen auf dem Asphalt – von Gersbach aus kurz hinter der Pferdekoppel (die folgenden Fotos wurden im März 2022 aufgenommen) und unten im Tal im Bereich der Gersbachtalbrücke (L 600) aufgestellt.
Hier in Großaufnahme:
Datenschutzrechtlich äußerst bedenklich und auch für rechtswidrig halte ich die Kameraüberwachung im Bereich der Bunkeranlage; ggf. melde ich jene auch noch an den LfDI. Ich kann mich jedenfalls noch daran erinnern, dass ich damals bei meiner ersten Befahrung nach der Aufstellung dieser Schilder zufällig auf ein Ehepaar in einem Geländewagen traf, die ich darauf ansprach. Auch sie waren über diese Dinger alles andere als begeistert. Ein weiterer Anlieger war noch weniger amüsiert, denn jene Schilder waren zeitweise (samt Pfosten) verschwunden. Der Eigentümer ersetzte dann (nach dem Prinzip der ständigen Aufrüstung) die eher provisorisch wirkenden Holz- kurze Zeit später durch fest im Boden verankerte Metallpfosten.
Typische HBR-Route
Was in diesem Zusammenhang erwähnt werden muss, ist die Tatsache, dass diese Verbindung seit vielen Jahren Teil einer „typischen“ (also mangelhaften) HBR-Route ist. Also jenes Routensystem, welches von absolut keiner Behörde auch nur annähernd ernst genommen wird; da gilt einfach nur: „Schilder hinknallen!“ Und schon hat man einen Fake-„Radweg“. Jene Route wurde nämlich auch nur vom Blümelstal aus in Richtung Gersbach (und Winzeln) ausgewiesen, jedoch nicht in der Gegenrichtung. Das folgende Foto zeigt den Schilderpfosten im Zuge des „Dynamikum-Rad- bzw. Rundwegs“ unterhalb der Blümelsbachtalbrücke.
In der Gegenrichtung (also von Gersbach hinunter ins Blümelstal) verbot hingegen schon immer eines der unzähligen (rechtswidrigen) Zeichen 250 StVO die Nutzung dieser (auch schon lange vor dem Verkauf mit einem Plastikschild versehene) Privatstraße (des Bundes); die folgende Aufnahme wurde bereits im Mai 2020 aufgenommen.
Da ich (auf Zeichen 250 sowieso scheißender Radfahrer) diese Verbindung recht häufig benutze, wenn ich in nordöstliche Richtungen ausschwärme, wollte ich mir das so nicht bieten lassen. Also stellte ich eine Anfrage an die Pressestelle der Stadt Pirmasens. Und erhielt keine Antwort. Also fragte ich nach. Und erhielt wieder keine Antwort. Irgendwann reichte es mir – und so nahm ich einmal mehr die Dienste der Bürgerbeauftragten des rheinland-pfälzischen Landtages in Anspruch.
Zwischenzeitlich verschwanden diese Schilder dann auch wieder; ich kann aber nicht mehr genau sagen, wann. Es war etwa im Spätsommer / Herbst 2022; also zu der Zeit, zu der die Stadt sich nach über einem halben Jahr nach meiner ersten Anfrage (im März) dazu bequemte, der Bürgerbeauftragten ihre Antwort zu übermitteln. Leider ging dieser Brief jedoch offensichtlich auf dem Postwege verloren; diesen erhielt ich erst neulich (aufgrund einer Nachfrage) erneut zugesandt.
Man teilte mir auf meine Fragen hin u. a. mit, dass die Schilder inzwischen „einvernehmlich“ entfernt worden seien. Die Antwort auf Frage 8 offenbarte erneut, warum ich die örtliche Straßenverkehrsbehörde schlicht für unfähig halte bzw. dass sie (wie neulich hier dokumentiert) ihr „Ermessen“ in absolut freier Willkür ausübt – und sich hierbei vor allem im übergeordneten Kontext auch um keinerlei Logik oder Stringenz bemüht.
Auf meine Frage, warum diese HBR-Route schon vor vielen Jahren in Richtung Gersbach ausgewiesen wurde, obwohl man sie in der Gegenrichtung wegen des Zeichen 250 gar nicht befahren durfte, antwortete man mir allen Ernstes das Folgende:
Weil die Beschaffenheit des Weges aus Sicht der Straßenverkehrsbehörde nicht für die Benutzung durch Radfahrer geeignet ist.
Wow! Auf dem obigen Foto sieht man, dass ich diese Strecke hin und wieder auch mit dem Rennrad befahre. Das ist zwar nur bei trockener Witterung ratsam und insbesondere im Tal-Abschnitt bis zur Blümelsbachtalbrücke nicht gerade höchster Standard bzw. hat eher was von Parix-Roubaix – aber es geht; ich bin da – was Radrouten betrifft – um Welten Schlimmeres gewöhnt. Das hier zum Beispiel. Oder diesen schlechten Witz.
Ich habe derzeit keine aktuellen Fotos von den etwas problematischeren Abschnitten; es gibt auf einem ca. 200 m langen Abschnitt einige Risse im Asphalt mit durchbrechendem Schotter, teils auch sehr rauen / löchrigen Asphalt – und nach längerem Starkregen bilden sich aufgrund einer fehlenden bzw. über die Jahrzehnte nicht mehr gepflegten hangseitigen Entwässerung vor allem an zwei Stellen riesigere Matschpfützen. Wie gesagt; es ginge tatsächlich besser. Aber für Radfahrer (gänzlich) „ungeeignet“?
Schotter-Uphill vom Strecktal nach Gersbach
Das Argument mit der „Geeignetheit“ lässt mich auch deshalb fassungslos zurück, weil vom durch das Blümelstal verlaufenden, oben bereits erwähnten Dynamikum-Rundweg ebenfalls ausgangs des (in die Stadtmitte führenden) Strecktals links eine ebenfalls als HBR-Radroute ausgewiesene alternative Verbindung zwischen jenem Strecktal und Gersbach abzweigt. Die man allerdings (natürlich; zumindest da sind sie dann doch einigermaßen „konsequent“) aus Richtung Gersbach ebenfalls nicht legal benutzen darf (und die in Richtung Pirmasens ebenfalls nicht als HBR-Route ausgewiesen ist). Das folgende Foto (Mai 2020) zeigt die StVO-Beschilderung am Ende der Sangstraße in Gersbach; im Hintergrund erkennt man übrigens das liebreizende Profil der Fehrbacher Müllverbrennungsanlage.
Warum man diese extreme Steilstrecke vor vielen Jahren überhaupt als „Radroute“ ausgewiesen hatte, lies mich schon damals am Verstand derjenigen zweifeln, die so etwas planen. Eventuell war es auch ein Verkehrsplanungsbüro, welches der in Sachen Radverkehr nachweislich vollkommen ahnungslosen Stadtverwaltung nicht nur hier den absurdesten Mist verkauft hat?
Das Steilstück beginnt unten am Eingang des Großheimer Tales; die kurze Strecke im Tal über die „Alte Wehrmachtstraße“ bis zum Beginn des Anstiegs führt zudem über wirklich unzumutbare Asphalt-Überreste; Fotos habe ich davon derzeit aber leider keine. Dort geht es dann mit über 10 %, teilweise locker an die 20 % Steigung hinauf in Richtung Gersbach; zudem auch noch auf völlig losem Schotter, in welchem sogar grobstollige MTB-Reifen bei falsch dosiertem Kraftaufwand keine nennenswerte Traktion mehr bewerkstelligen können. Laut google Maps steigt man hier auf 500 Metern Strecke 58 Höhenmeter auf; was in etwa eine durchschnittliche Steigung von 11,6 % ergibt.
Ja, das ist tatsächlich laut weiß-grünem Wegweiser am Strommast eine HBR-Route!
Nach ca. 200 m grobem Geläuf folgt eine etwas erträglichere Passage auf älterem Asphalt; das folgende Foto zeigt den steilsten Abschnitt.
Hinter dem Rechtsschwenk folgt dann leider schon wieder grober Schotter; immer noch bei um die 10 % Steigung.
Doch dem nicht genug; jener Dynamikum-Rundweg war auf dem um den Eischberg herumführenden Abschnitt (vermutlich aufgrund von Forstarbeiten) über längere Zeit gesperrt. Während dieser Zeit wurde der touristische Radverkehr allen Ernstes über die hier dokumentierte Route offiziell „umgeleitet“; also einmal steil den Berg hoch in Richtung des Sattels zwischen dem Eischberg und Gersbach (an der L 600) – und wieder steil runter (bzw. umgekehrt). Bei OpenTopoMap ist jene mit „DR“ auch momentan noch so eingezeichnet. Damals hingen auch irgendwelche Zettel an den HBR-Wegweisern; was genau darauf stand, kann ich nicht mehr sagen, es ging aber wieder in die Richtung „Absteigen und Schieben“.
Wie „gut“ oder „sicher“ man gerade mit einem klassischen City- oder Tourenrad so eine Piste vor allem bergab befahren kann, brauch ich sicher niemandem gesondert erklären. Aber „glücklicherweise“ wurde diese Route ja auch nie (offiziell) in Richtung Pirmasens als solche ausgewiesen.
Neuentdeckte Qualitätsanforderungen?
Wirklich, ich kann mich über diese Verwaltung nur noch kaputtlachen. Vor allem ob der Tatsache, dass diese also neuerdings „Qualitätsanforderungen“ an ihre „Radrouten“ bzw. Fake-Radwege stellt. Neulich hatte ich ja erst die Asphaltierung jener Schotterpiste zwischen Gersbach und Winzeln erwähnt, die ich mir seit meiner Jugend gewünscht hatte; die aber jetzt nur deshalb umgesetzt wurde, weil man den Autofahrern eine illegale Umleitung anbieten will. In jenem Beitrag hatte ich ebenfalls kritisiert, dass man den anderen Schotter-Abschnitt in Richtung Gersbacher Sportplatz nicht asphaltiert hat.
Ja, selbst am einstmals groß gefeierten (und leider halt auch nur geschotterten) „Dynamikum-Rundweg“ kann man erneut, wie von mir auch schon vor Jahren prognostiziert, vor allem im Bereich nördlich von Windsberg wieder eine zunehmende Zerfallsdynamik beobachten. Inzwischen ist stellenweise jeder Rest des feineren oberen Belages (übrigens auch durch den Einsatz einer Kehrmaschine) heruntergeschabt bzw. anderweitig erodiert wurden, weshalb an vielen Stellen unzählige grobe Schottersteine herumliegen. Bei Gelegenheit mache ich mal wieder ein paar Fotos.
Wie sehr der Stadt der Radverkehr und dessen Komfort und Sicherheit allgemein am Herzen liegt, zeigt sich zudem auch in jedem Winter im Zuge des ebenfalls als (bedeutsame) HBR-Route ausgewiesenen „Wirtschaftswegs“ an der B 10 in Richtung Münchweiler. Obwohl ich das Thema unzählige Male angesprochen habe, kam von dieser Seite Null Interesse, diese Diskriminierung endlich irgendwie zu beenden.
Wie dem auch sei; es ist in jeglicher Hinsicht bezeichnend für die allgemeine „Ernsthaftigkeit“, mit der diese Stadtverwaltung das Thema Radverkehr handhabt. Anstatt irgendeine Lösung zu finden (wie z. B. einen Erwerb durch die Stadt), um diese auch verkehrlich sehr bedeutsame Alternativroute am Kern der Stadt vorbei zu erhalten oder gar in einen akzeptablen Zustand zu versetzen, gibt man jene (eh niemals wirklich ernstgenommene) Route (und die damit verbundenen Möglichkeiten) einfach auf. Vermutlich auch deshalb, weil es Arbeit machen würde. Und das kann man ja jetzt auch hängenlassen; weil „ungeeignet“.
Ich hoffe sooooo sehr, dass diese Verwaltung sich am 27. März für all ihren Unwillen und ihren blanken Radfahrerhass endlich mal eine ordentliche Backpfeife einfängt.