Der ADFC und die Schotterpiste

Vorgestern stellte ich die illegale Umleitung bei Winzeln vor, im Rahmen derer die hiesige Stadtverwaltung Radfahrern das Befahren der einzigen asphaltierten Verbindung von zwei Vororten in die Stadt verbietet und jene auf eine unbefahr- und unzumutbare Schotterpiste verbannt. Wie auch beim Thema Corona ist anlässlich solch diskriminierender Unverschämtheiten nicht nur interessant, wer diese befürwortet oder sich hierzu positiv äußert. Nein, solche Fälle eignen sich besonders gut, gerade das Versagen in Form dröhnenden Schweigens jener „Institutionen“, die sich sehr gerne radverkehrsfeindlichen Verwaltungen und Politikern als Feigenblatt anbiedern, zu offenbaren. Wie eben auch des (sogenannten) „Fahrradclubs“.

In den Kreisen der kritischen Radverkehrsszene (quasi die „Radweg- und Helmleugner“) wird der ADFC auch sehr gerne als „Radel-TUI“ bezeichnet; weil viele (oftmals ehemalige Mitglieder) nicht viel mehr in ihm sehen können, als einen Radreiseveranstalter bzw. Versicherungsmakler. Bereits im Jahre 2019 zog ich auch einen persönlichen Schlussstrich in Sachen ADFC, nachdem dieser mir gerade zu meinem wichtigsten Thema – der Diskriminierung des Radverkehrs im Zuge der B 10 durch den Pfälzerwald – ein Messer nach dem anderen in den Rücken gestochen hatte. Und man es dort auch generell nicht für nötig hielt, mit mir überhaupt in irgendeiner Weise zu kommunizieren.

Ich bereute nie auch nur eine Sekunde, niemals in diesen Verein eingetreten zu sein. Denn ich bin mir ziemlich sicher, dass ich haushoch verloren hätte, wenn ich gegen den neuen Vorsitzenden des ADFC Südwestpfalz zur Wahl angetreten wäre. Es handelt sich dabei um Bernd Lohrum aus Zweibrücken; einem aus dem Dunstkreis von „Pro Fahrrad“ stammenden und ebenfalls über das Thema Radverkehr Bloggenden aus der Nachbarstadt. Wir gerieten innerhalb kürzester Zeit mehrmals aneinander; er warf mir gar „Besserwisserei und Provokation“ vor, als ich seine mangelhaft recherchierten Blogbeiträge, seine Ungenauigkeiten bei der Verwendung korrekter Termini, als auch seine ausbaufähigen rechtlichen Kenntnisse (sachlich) kritisierte.

Wer in seinen Blog hineinschaut, wird dort kaum Themen von Relevanz oder gar eine kritische Grundhaltung im Hinblick auf die systematische Benachteiligung von Radfahrern vorfinden. Lohrum vertritt schließlich den „grün“ angehauchten Mainstream, dessen einzige zentrale mantraartige Forderung „Mehr Radwege!“ und somit mehr Separation lautet. Dass diese Art von „Zwangsbeglückung“ durch die in aller Regel mit „Radwegen“ einhergehenden angeordneten Benutzungspflichten nicht allen Radfahrern schmecken will, interessiert diese Strömung schlicht nicht.

Auch die Netze sind ein Thema: Wir wollen erreichen, dass vergleichbar dem Straßennetz für Autofahrende auch für Radfahrende ein einheitliches, vollständiges Wegenetz gebildet wird.

Es gibt in der Tat zwei unterschiedliche Netze: Das eine besteht aus Autobahnen und Kraftfahrstraßen. Und dem großen Rest. Radfahrer dürfen – wenn nicht gerade wie an der B 10 oder auf einem Feldweg(!) zwischen Winzeln und Gersbach willkürlich Verbot für Radverkehr aufgestellt werden – das sonstige Straßennetz ohne Einschränkungen nutzen.

Für den ADFC benötigt aber grundsätzlich JEDE Straße (aus Prinzip) einen „Radweg“; u. a. (so las ich es neulich in einem Bericht der Pirmasenser Zeitung über das „Radverkehrskonzept“ des Kreises Südwestpfalz) auch die ruhige Route über die L 478 zwischen Eppenbrunn und Fischbach (die Eselsteige), auf welcher laut Verkehrsstärkenkarte 2015 des LBM nicht einmal 500 Kraftfahrzeuge am Tag unterwegs sind.

Wie irrationale Angstmache auch sprachlich funktioniert, dokumentierte ich bereits im Jahre 2019 anhand eines (auf dieser Route befindlichen) HBR-Hinweisschilds in Eppenbrunn, auf dem jene Landesstraße allen Ernstes als „Autostraße“ bezeichnet wird.

Gerade bei uns in der Südwestpfalz haben wir noch viele „weiße Flecken“ auf der Radkarte – viele Kommunen sind bisher überhaupt nicht über ein Radwegenetz erreichbar!

Ausrufezeichen! Schließlich ist doch bekannt, dass man mit dem Fahrrad nur auf „Radwegen“ fahren kann, oder? Über die „Nebenwirkungen“ wie schwere Unfälle im Zuge dieser ach so tollen „Radwege“ (wie z. B. jenem bei Fischbach im Jahre 2021) schweigen sich nicht nur die Verwaltungen, sondern auch Vereine wie der ADFC sehr gerne aus.

Belustigt musste ich im letzten Juli in Ixheim auch zur Kenntnis nehmen, dass Lohrum sich ebenfalls bei der Verwaltung über die zahlreichen kleinen Vorfahrt gewähren-Schilder im Zuge des neuen Zwangs-Geh-und-Radwegs am neuen Kreisel beschwert hatte. Lohrum hatte jedoch mit dem Benutzungszwang dieses Radfahrer systematisch ausbremsenden, schikanierenden und letztlich gefährdenden Blödsinns kein Problem; ihn störte nur, dass man Radfahrer dort willkürlich ihres Vorranges bzw. ihrer Vorfahrt beraubt. Leute wie Lohrum haben halt leider noch nicht verstanden, dass das kein Bug, sondern ein zentrales Feature von „Radwegen“ jeder Art ist.

Aber egal. Wie schon bei der Sperrung der Horstbrücke in Landau versagt der ADFC auch immer gerade dann völlig, wenn die größtmögliche Form der Diskriminierung – nämlich das nackte Verbot des Radverkehrs – zur Anwendung kommt. Man wird niemals erleben, dass der hiesige ADFC sich diese Unverschämtheit in klaren und deutlichen Worten verbitten oder gar dagegen klagen wird. Nein; denn dann könnte man ja auch nicht mehr auf seiner Internetseite Folgendes mit voller Stolz anmerken:

Gerne arbeiten wir daher auch bei der Erstellung und Umsetzung von Radverkehrskonzepten mit oder begleiten diese mit positiver Kritik. Im Kreis Südwestpfalz engagieren wir uns in der Lenkungsgruppe bei der Erstellung des Radverkehrskonzepts und bringen unsere Expertise, aber auch unsere Wünsche und Vorstellungen mit ein.

Es ist übrigens derselbe Landkreis, der das Radfahren auf der B 10 verboten hat, sich hierbei u. a. auf verständnisvolle Stellungnahmen des ADFC beruft – und sich auch in 10 Jahren nicht darum kümmern wird, dass Radfahrern im Winter endlich eine sichere und gleichwertige Verbindung angeboten wird.

Wie sieht der örtliche ADFC nun die Sache mit der illegalen Umleitung bei Winzeln? Laut eines Berichts der Rheinpfalz vom 13. April gibt sich Lohrum überrascht; er sei davon ausgegangen, dass der Radverkehr die asphaltierte Strecke benutzen dürfe, stattdessen werde dieser nun auf eine „Holperpiste“ verwiesen. Doch warum war Lohrum hierüber eigentlich überrascht? Hat er allen Ernstes geglaubt, sein sich auch in dieser harmlosen Kommentierung widerspiegelnder Schmusekurs mit einer radverkehrsfeindlichen Verwaltung würde von dieser in irgendeiner Weise honoriert?

Also versuchte ich noch einmal, über die Pressestelle des Landes-ADFC (der mich bereits Anfang 2018 in Sachen B 10 hinterrücks meuchelte) eine eigene Stellungnahme zu dieser absoluten Unverschämtheit zu erhalten. Nach einigen Tagen meldete sich Lohrum dann doch noch – und stellte hierbei klar, dass er mir gegenüber keine Stellungnahme abgeben würde. So ganz nach dem Motto: Wer ich denn überhaupt sei und woher ich mir anmaßen würde, so etwas von der selbsternannten regionalen „Radfahrer-Vertretung“ überhaupt einfordern zu dürfen?

Dass auch er durchaus in der Lage ist, deutliche Worte zu verwenden (allerdings eben nur gegenüber anderen engagierten Radfahrern – und nicht etwa Radfahrer hassenden Politikern und Bürokraten), lässt sich anhand der folgenden Aussage belegen:

Dabei versuchen wir allerdings, Lösungen im Konsens zu finden. Es nützt den Interessen des Radverkehrs nichts, wenn wir als ADFC als „lästige Querulanten“ dargestellt werden würden.

Ich entgegnete ihm, dass er mir keine größere Auszeichnung hätte verleihen können, als mich hier indirekt mit dem Prädikat „lästiger Querulant“ zu adeln. Genau darin liegt aber halt auch das Problem: Wenn mich (als ADFC) Verwaltungen wie jene, die aktuell den Bürgern zweier Vororte mindestens ein halbes Jahr lang faktisch verbietet, mit dem Rad noch in die Stadt und zurück zu verkehren, nicht als „Querulanten“, sondern bestenfalls als pflegeleichte, weiter den „Konsens“ suchende und daher sehr leicht zu besänftigende Quängler wahrnehmen.

Auf eine weitere (bebilderte) Nachfrage beim Landes-ADFC erhielt ich keine Antwort mehr. Mir ist auch nicht bekannt, dass der ADFC sich in den letzten Wochen in dieser Angelegenheit weiter engagiert hätte. Diesem ist es also (mit Verlaub!) nicht minder scheißegal, dass ich nun etwa ein halbes Jahr nicht mehr legal(!) und sicher (mit dem Rennrad) von meinem Vorort in die Stadt komme, wie der Verwaltung, die hierfür verantwortlich ist. Schließlich dürfe man alles – nur diesen nicht vorwerfen, dass sie evtl. unrechtmäßig handeln könnten:

Und zwar ohne unsere Gesprächspartner als Menschen zu bezeichnen, die permanent gegen Recht und Gesetz handeln.

Ja; denn das Wichtigste ist Lohrum, ja nur nicht als „Querulant“ zu gelten. Der ADFC ist und war eben noch nie etwas anderes, als kontrollierte Opposition. Einige wenige Ortsgruppen ausgenommen.


Folgebeitrag

Illegale Umleitung: Umfrage in Winzeln

2 Gedanken zu „Der ADFC und die Schotterpiste“

  1. Ich freue mich, hier wieder von Dir, Dennis, lesen zu können. Und dann noch so engagiert für eine oft diskriminierte Gruppe von Verkehrsteilnehmern.

    Ich frage mich schon seit längerem, warum sich Dir gerade in lokalen Angelegenheiten keine weiteren Radfahrer anschließen.

    In ähnlicher Lage mobilisierte ich vor bald zwanzig Jahren meine Nachbarschaft für eine Bürgerinitiative, die dann auch die Asphaltierung eines Waldweges für die Autofahrer verhinderte. Und aus dem beabsichtigten Neubau einer Auto- statt der vorhandenen Fußgängerbrücke vor allem zur Einsparung von Kosten für die Bundesbahn, die von Anfang an – im Hintergrund – dafür lobbyierte, wurde auch nichts.

    Nur den Neubau der Fußgänger- und Radfahrerbrücke zu Lasten der Stadt konnte gleiche BI dann Jahre später nicht verhindern, obwohl einziger Nutznießer des Neubaus eindeutig die Bahn war. Die alte, niedrige Brücke bedingte für sie eine Langsamfahrstelle, weil vor Durchfahrt musste der Stromabnehmer, der Oberleitungsbügel, jeweils abgesenkt werden. Die BI scheiterte gegen die Bahn aus Uneinigkeit, viele durchschauten die üble Kabale der Bahn nicht, ließen sich z.B. von sachlich falschen, technischen Gutachten beeinflussen, die vorgaben, die alte Brücke würde sich absenken.
    Das war dann schon nach dem großen 9/11-Hoax und viele hatten bereits zu dieser Zeit Angst vor der eigenen Courage, zogen da schon den Gehorsam vor. Es ist auch nicht schwer zu erraten, wer von meiner Nachbarschaft die ersten Gespritzten waren.

    Heute ist es also um vieles schwerer, die Menschen hinter dem Ofen vor- und vom Fernseher wegzulocken, haben wir aber eine andere Chance? Gerichte werden es nicht für uns regeln, auch das zeigte Corona deutlich.

    1. Danke für deinen Bericht.

      Ich frage mich schon seit längerem, warum sich Dir gerade in lokalen Angelegenheiten keine weiteren Radfahrer anschließen.

      Es gibt hier schlicht keine. Und die wenigen, die überhaupt (neben einem Auto) eins besitzen, benutzen es nur in der „Freizeit“. Demnächst berichte ich auch etwas ausführlicher über eine Umfrage bei den auf der Asphalt-Umleitung vor der roten Ampel wartenden Autofahrern. Einer davon war ein typischer „Auch-Radfahrer“, der seine Begeisterung darüber, dass diese Strecke für Radfahrer verboten wäre, kaum verbergen konnte. Ich musste ihm erst erklären, dass Fahrräder nicht nur Sportgeräte, sondern auch Verkehrsmittel sind.

      Außerdem greifen bei Radverkehrssachen die gleichen Cancel-Mechanismen wie bei Corona bzw. der Schlumpfung: Wer gewisse Dogmen auch nur ankratzt, wie z. B. die Notwendigkeit von „Radwegen“ bzw. von „Helmen“, wird einfach aus dem „Diskurs“ komplett ausgeschlossen. Der Zwang zum Konformismus hatte ja auch dazu geführt, dass ich im Frühjahr 2020 fast alle meine damaligen Leser und Kommentatoren verloren hatte; weil ich „Corona“ schon im April als das bezeichnet hatte, was es letzten Endes auch war: Der größte Beschiss aller Zeiten.

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