Illegale Umleitung: Umfrage in Winzeln

Bereits am 5. Mai führte ich (für etwa eine dreiviertel Stunde) eine kleine Umfrage bei einigen vor der roten Ampel an der Stockwaldhütte des Pfälzerwaldvereins in Winzeln wartenden Verkehrsteilnehmern durch. Wie sie es denn fänden, dass die Stadtverwaltung hier im Zuge ihrer illegalen Umleitung den Fuß- und Radverkehr verboten habe? Als ausgewiesener Misanthrop sind meine Erwartungen ja generell nicht gerade die allerhöchsten – doch muss ich sagen, dass ich dann doch ein wenig überrascht war. Ein gar nicht so unerheblicher Anteil der Kfz-Nutzer stimmte mir mehr oder weniger deutlich zu, dass diese (auch die Autofahrer nervende) Situation vor allem für Radfahrer nicht gerade optimal gelöst wäre. Am heutigen 15. Mai wiederholte ich diese Aktion (Dauer: 75 Minuten).

Bevor ich am 5. Mai meine erste Umfrage machte, traf ich zufällig an der Einfahrt zur Stockwaldhütte auf die Ehefrau des Pächters, welcher aufgrund wegfallender Parkmöglichkeiten ebenfalls Thema in der Lokalpresse war. Wir unterhielten uns etwa 10 Minuten lang über deren Beobachtungen. So würden nicht wenige Autofahrer illegal über deren Parkplatz abkürzen, obwohl es (wegen der Einbahnstraßenregelung) klar verboten sei. Insbesondere beim Umschalten auf Rot würden nicht wenige Autofahrer noch einmal richtig aufs Gaspedal treten. Ich erläuterte ihr noch einmal etwas näher, was ich bereits im Jahr 2020 zu verhindern versucht hatte – und wie klar die Stadt hier meiner Meinung nach gegen geltendes Recht verstößt.

Der Anteil derer, die während meiner Umfrage bedingungslos die Ansicht vertraten, dass Autofahrer hier quasi „wichtiger“ seien und die Radfahrer halt schauen können, wo sie bleiben, war glücklicherweise relativ gering; meist deutete schon die mangelnde Artikulationsfähigkeit bei dem ein oder anderen darauf hin, dass man mit sachlichen Argumenten generell nicht durchzudringen vermag.

Besonders amüsant war jener beifahrende Ehemann, der (nach meinem Hinweis auf die unbefahrbare Schotterpiste, auf die man Radfahrer zwingt) meinte, wie ich als Radfahrer denn überhaupt erwarten könne, dass man uns „wegen dieses halben Jahres jetzt extra eine Autobahn (sic!) baut“? Ja, diese Ironie ist schon besonders bitter; da baut die Stadt den Autofahrern tatsächlich auf einem viele Jahre als „Radweg“ gelabelten Feldweg eine regelrechte Autobahn(!) – und verbannt die Radfahrer auf eine Schotterpiste. Und dann hörst du solche Kommentare! Garantiert vierfach geboostert.

Dem überwiegenden Teil war es im Ergebnis relativ egal. Hauptsache, sie kommen da irgendwie (mit dem Auto) durch. Einige bemängelten gar, dass auf diesem Abschnitt trotz des Verbots schon mehrfach Radfahrer und Fußgänger (u. a. mit Kinderwagen) unterwegs gewesen seien. Und dies sei doch so gefährlich! Den meisten war auch nicht bekannt, wo die offizielle „Umleitung“ für den Radverkehr (für den Fußverkehr gibt es gar keine) überhaupt verläuft, in welchem Zustand sich jene befindet bzw. ob es eine solche überhaupt gibt.

Nicht fehlen durfte auch ein klassischer Vertreter der „Auch-Radfahrer“. Der zwar selber viel Rad fahren, aber dieses Verbot absolut unterstützen würde. Weil es ja zu gefährlich sei. Außerdem gäbe es da ja so eine tolle Umleitung – und Fahrräder seien ja quasi eh nur Sportgeräte. Der gute Mann ist garantiert Mitglied im örtlichen ADFC.

Am Interessantesten finde ich an der Bewertung der vermeintlichen Gefährdungssituation ja, dass viele Autofahrer selbst die anderen Autofahrer für dermaßen rücksichtslos halten, dass man in diesem Falle halt auch nicht anders könne, als diese Strecke für Radfahrer und Fußgänger zu verbieten. Einen sich in dieser Weise äußernden Autofahrer fragte ich allerdings, ob er also generell der Ansicht sei, dass Schutzhaft in unseren Breiten dann doch noch ein erstrebenswertes Konzept wäre? Was ist das denn überhaupt für eine orwell’sche Umkehrung – wonach man die Gefährder belohnt, indem man deren potenzielle Opfer einfach wegsperrt?

Zu jenen, die dieses Verbot für unbedingt notwendig und rechtmäßig halten, zählt u. a. die Ortsvorsteherin des (faktisch abgehängten) Stadtteils Windsberg (meinem Wohnort), die auch noch Fraktionsvorsitzende der CDU im Stadtrat ist. Welche wiederum den Oberbürgermeister stellt. Wie der Zufall so will, rauschte meine alte Sandkasten-Freundin heute mit ihrem feschen, regelrecht futuristisch klingenden E-Automobil just in jenem Moment an die Ampel heran, als diese auf Rot umgesprungen war! Jackpot!

So ergab sich, nach einem bereits etwas hitzigeren Austausch per e-mail, eine kleine, auch etwas lautere Diskussion darüber, was die Stadtverwaltung sich hier (nämlich die nackteste Diskriminierung des Radverkehrs) eigentlich erlauben – und man sich auch noch obendrein gänzlich einem (demokratischen) Diskurs hierüber vollkommen verweigern würde! Der (an der Problematik nahezu gänzlich uninteressierten) Lokalpolitik möchte ich mich jedoch ebenfalls noch in einem gesonderten Beitrag widmen, weshalb ich es erst einmal bei dieser kurzen Anekdote belasse.

Einige „Klassiker“, die ich von Seiten der Autofahrer immer wieder hörte, durften nicht fehlen. Also vor allem, dass Radfahrer hier „den Verkehr“ aufhalten würden, weshalb sie halt irgendwie weg müssten. Nebenbei erzählten mir einige, dass die Ampelschaltung offenkundig tatsächlich derart eng getaktet ist, dass jemand, der die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h einhält, am Ende der Umleitung mit Gegenverkehr konfrontiert wird. Dazu zählen übrigens natürlich auch Traktoren, auf 25 km/h begrenzte Kleinkrafträder, Motorroller und Mofas. Die diese Strecke (im Gegensatz zu E-Scooter-Fahrern oder E-Bikern) ja benutzen dürfen, obwohl bei jenen das „Überhol-Argument“ der Verwaltung ebenfalls greifen müsste. Lustig war auch der Ratschlag eines Stadtbus-Fahrers, dass ich „doch einfach fahren solle“. Ja, klar – mache ich ja regelmäßig; weil ich ja gar keine andere Wahl habe. Es ist aber halt auch keine (dauerhafte) Lösung.

Ziemlich viele waren jedoch meinen Argumenten gegenüber mehr oder weniger aufgeschlossen und stimmten mir zu, dass das, was die Stadt da mache, im Endeffekt so nicht richtig oder gerecht sei. Ausdrücklich zustimmende Reaktionen gab es auch; einer bezeichnete es z. B. als „grenzwertig“, was die Stadt da veranstalte. Mit einem Motorradfahrer-Pärchen aus dem Bliesgau unterhielt ich mich ebenfalls blendend; welche mir in dieser Sache auch noch viel Glück wünschten. Eine weitere positive Rückmeldung bekam ich von einem einheimischen Ehepaar aus einem Wohnmobil heraus; die Stadt zeige hier wieder mal ihre völlige Unfähigkeit. „Eine ganz große Scheiße“ würde die Stadt hier vollführen – meinte u. a. ein Mitarbeiter des städtischen(!) Friedhofsamts. Und ich erwischte sogar noch einen anderen, mir bislang unbekannten Schwurbler, der von sich aus beim etwas weiteren Ausholen das Thema Corona anschnitt; dass die letzten drei Jahre quasi die Generalprobe für weitere Einschränkungen in der Zukunft gewesen seien.

Als meine Umfrage heute eigentlich gerade vorüber war, hatte ich noch ein „besonderes“ Erlebnis. Ein Fahrer eines langen Sattelzugs(!) bretterte mit 10 cm Abstand an mir vorbei – und hätte mich beinahe mit dem ausscherenden Auflieger abgeräumt. Die darauf folgende Reaktion einer Autofahrerin war nicht minder absurd; sie hielt an und rief mir irgendwas zu – ob es nun positiv oder negativ gemeint war, kann ich nicht sagen. Über ihr plötzliches Abbremsen und Anhalten regte sich wiederum der nächste (ältere) Autofahrer auf und betätigte die Hupe. Wenn die Leute doch nicht immer so im Stress wären.

In der Summe überwogen jedenfalls die tendenziell eher verständnisvollen Äußerungen; was ich tatsächlich so nicht erwartet hätte.

Weitere Beobachtungen, die ich an diesen beiden Tagen gemacht habe:

  • Die Landwirte ignorieren die Absperrungen des Feldweges in Richtung der K 6 in der gleichen Weise, wie die Fußgänger (ich sah einen). Zwei Landwirte kreuzten die Stelle direkt vor der Ampel (illegal) von rechts.
  • Radfahrer sah ich auf der „verbotenen Strecke“ je einen; einer kam aus Gersbach, der andere aus Winzeln.
  • Heute waren auf der Strecke ein Mofa-Fahrer, ein Traktor sowie sechs Busse bzw. LKW unterwegs.
  • Ein Autofahrer missachtete die Einbahnstraßenregelung und befuhr vom Parkplatz der Stockwaldhütte aus den direkten Weg in Richtung Sportplatz.
  • Knallhart über die inzwischen tiefrote Ampel rasten ein SUV-Fahrer und eine Kleinwagenfahrerin mit Neunkirchener Kennzeichen.

Derartige Aktionen werde ich regelmäßig wiederholen. Wenn ich endlich mal ein paar Mitstreiter finden würde, wäre die Anmeldung einer Demo ebenfalls eine weitere Option.


Folgebeitrag

Legal, illegal, scheißegale Umleitung!

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