Schillerstraße: 27. März 2023

Es ist Montag, der 27. März 2023. Um 5:30 Uhr stehe ich auf, schaue zuallererst aus dem Fenster – und bin erst einmal erleichtert, denn die Straßen sind (weitestgehend) trocken. Das nasskalte und spätwinterliche Wetter hätte beinahe mein Vorhaben, zur mündlichen Verhandlung meiner Klage zur Öffnung der überhaupt ersten Einbahnstraße in Pirmasens für Radfahrer mit dem Rennrad anzureisen, durchkreuzt. Die Temperaturen knapp um den Gefrierpunkt sind mir als Ganzjahres-Radfahrer hingegen ziemlich egal. Ich futtere schnell drei Schinkenwurstbrote zum Frühstück, befülle meine Trinkflasche, schnappe meinen Abends zuvor gepackten Rucksack mit meiner Kamera und dem Ordner mit allen Unterlagen – und starte gegen 6 Uhr mit der allmählich anbrechenden Dämmerung los in Richtung Neustadt an der Weinstraße.

Den sich zart am östlichen, überwiegend noch bewölkten Horizont abzeichnenden Silberstreif wollte ich jedoch schon damals nicht als gutes Omen deuten. Zu sehr hatte der bisherige Verlauf des Verfahrens darauf hingedeutet, dass die dritte Kammer des VG Neustadt mich an diesem Tag dafür bestrafen würde, dass ich auf einer Entscheidung beharrte, anstatt der Stadtverwaltung noch einmal, ohne jede sachliche Begründung, weitere sieben(!) Monate Zeit (bis in den August hinein) zu geben, die Schillerstraße noch ein weiteres Mal zu „überprüfen“. Dies hatte das Gericht nämlich in seinem Schreiben vom 16. Januar „angeregt“, in welchem es die Ruhendstellung des Verfahrens ankündigte. Dieser Absicht widersprach ich mit Schreiben vom 25.01.2023. Für diese Unverfrorenheit sollte ich sprichwörtlich bezahlen.

Gesondert erwähnen muss ich im Hinblick darauf, dass das Gericht gerade keine unparteiische Instanz war, auch die etwas „seltsamen“ Brieflaufzeiten bzw. die schwierige Kommunikation mit diesem im Allgemeinen. Denn auch in der Verwaltungsgerichtsbarkeit herrscht inzwischen der Zwang zur Digitalisierung. Natürlich würde auch ich den unkomplizierteren Weg der elektronischen Kommunikation (per e-mail) bevorzugen, wenn dieser nicht an zusätzliche Bedingungen (zum Nachweis der „digitalen Identität“) geknüpft wäre.

Jedenfalls unterstelle ich dem Gericht im Nachhinein auch, dass es kein Zufall war, dass das Schreiben, gemäß dessen ich im Pirmasenser Amtsgericht Akteneinsicht nehmen könne, mich erst nach Ablauf der darin genannten Frist erreichte. Briefe brauchen auch aber selbst mit dem miesesten privatisierten Postdienstleister keine zwei Wochen von Neustadt nach Pirmasens. Sie brauchen nur so lange, wenn man sie einfach beim Postversand vorsätzlich zurückhält.

Die ca. 68 km lange Fahrt verlief weitestgehend reibungslos. Durch Pirmasens kam ich noch vor der morgendlichen Rush-Hour zügig durch in Richtung Lemberg und Ruppertsweiler; anschließend folgte ich im Wesentlichen der B 10. Mein Kumpel, der mir die Klage finanzierte, spielte in den Tagen zuvor mit dem Gedanken, mich mit dem Rennrad zu begleiten, traute sich die lange Strecke an einem Tag dann aber nicht zu. Außerdem ist er eine ziemliche Piense, was Radfahren bei kaltem Wetter betrifft. 😉

Da ich keine wirkliche Ahnung hatte, wie so eine mündliche Verhandlung beim Verwaltungsgericht im Detail läuft, hatte ich mir im Kopf u. a. ein kleines „Eröffnungsplädoyer“ zusammengestellt, in welchem ich auch kurz auf die (rechtlichen) Zustände im Zuge dieses auch für den Radverkehr sehr wichtigen Verkehrswegs hingewiesen hätte. Schnee und Eis waren (trotz Temperaturen um den Gefrierpunkt) zum Glück kein Thema; andernfalls wäre ich über diese Route gar nicht raus an die Weinstraße gekommen. Er war halt gerade zwischen Hinterweidenthal und Hauenstein „nur“ teils übelst verdreckt und feucht. Wie das halt so ist, auf einem „Forstwirtschaftsweg“.

Es war auch ungewohnt, nach längerer Zeit mal wieder zu diesen Tageszeiten eine längere Tour mit dem Rad zu fahren; es war am Ende sogar die längste Tour seit Jahren. Und es hatte was für sich, mal wieder sprichwörtlich in den Sonnenaufgang zu reiten. Ich spulte ab Rinnthal das Programm auf den gewohnten Landstraßen ohne größere Probleme ab; auch wenn ich wieder merkte, dass ich mich über die Jahre doch ziemlich weit vom Tempo meiner wilden 20er entfernt habe. Damals hätte ich für die knapp 68 km vielleicht 2:15 Stunden benötigt.

Als ich die Deutsche Weinstraße bei Albersweiler und somit auch den Rheingraben erreichte, kam sogar richtig schön die Sonne raus. Ich fühlte mich auch an die Jahre 2008 und 2009 erinnert, als ich und meine Fahrgemeinschaftskollegin aus Dahn jeden Morgen über die engen Dörfer an der Weinstraße an die FH in Edenkoben fuhren. Diese (insgesamt schlimme) Zeit bildete ja auch die Grundlage für meine juristischen Kenntnisse und meinen Entschluss, mich auf dieser rechtlichen Ebene selbst fortzubilden. Das schöne Wetter hielt sich jedenfalls auch bis zum Gerichtsgebäude (Beitragsbild), welches ich ca. eine dreiviertel Stunde vor dem um 10 Uhr angesetzten Termin erreichte.

Ich kaufte mir zuvor im Lidl noch schnell zur rudimentären Verpflegung zwei Tafeln Schogetten (Haselnuss) und begab mich auf die Suche nach Radabstellmöglichkeiten. Mir war auch etwas unwohl dabei, mein teures Rennrad für eine etwas längere Zeit in einer Stadt abzustellen, in der das Rad kein gänzlich exotisches Verkehrsmittel (wie in Pirmasens) ist. Aber direkt vorm Eingang des Gerichts schien es relativ sicher zu sein. Die Felgenbrecher waren der übliche Schrott. Also schloss ich es mit einem schwereren Kettenschloss an einen Laternenmast an; das vordere Schnellspanner-Laufrad sicherte ich noch mit einem einfachen Schloss am Rahmen.

Ich meldete mich am Empfang bei den Justizbediensteten an; die verwiesen mich dann gleich zum entsprechenden Sitzungssaal. Jener war noch verschlossen; also setzte ich mich (nach einer kurzen Auffrischung im WC) in den großen Wartebereich, futterte meine Schogetten und ging nochmal meinen Ordner durch. Der Mann und die Frau, die hinzukamen, entpuppten sich wenig später als die ehrenamtlichen Richter der dritten Kammer. Etwas später kam dann ein größerer Tross, welcher die beiden auflas; man grüßte mich, schloss den Sitzungssaal auf und begab sich ins Nebenzimmer.

Ich packte meinen Krempel und nahm am Tisch für die Klägerseite platz. Insgeheim hatte ich ein wenig gehofft, dass die Stadt sich die Peinlichkeit sparen und erst gar nicht erscheinen würde. Dem war aber leider nicht so. Circa 5 Minuten vor 10 Uhr traten die Juristin, die meinen Widerspruch abschmetterte, als auch die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde ein. Schade. Ich brachte es gerade so fertig, das „Guten Morgen“ zu erwidern.

Dann machte es Dingdong und aus dem Nebenraum trat die dritte Kammer ein; mein Aufstehen konnte ich gleich aufgrund des „Bleiben Sie ruhig sitzen!“ des vorsitzenden Richters abbrechen. Ich war an diesem Tag leider allein in der Höhle der Löwen; ein Kumpel aus Karlsruhe wurde auch Opfer des an diesem Tag stattfindenden Bahnstreiks. Und der Journalist der Rheinpfalz, der über die Klage berichtete, ließ mich auch hängen. Eine Woche später log er mir, als ich ihn wegen der nächsten Unverschämtheit der Stadtverwaltung spontan in der Redaktion besuchte, frech ins Gesicht; er habe mir ja mitgeteilt, dass er Urlaub hätte. Hatte er eben nicht. Der VCD Neustadt, den ich vorab auf die Verhandlung hingewiesen hatte, war auch nicht da. Vielleicht hätte sich der vorsitzende Richter nicht ganz so arrogant verhalten, wenn Öffentlichkeit oder andere Zeugen zugegen gewesen wären.

Waren sie aber nicht. Leider ließ ich mich auch gleich zu Beginn vom vorsitzenden Richter ein wenig überrumpeln, indem ich mich von ihm dazu verleiten ließ, auf den Vortrag des Sachverhalts zu verzichten. Wussten die ehrenamtlichen Richter überhaupt im Detail, worum es ging? Schon nach dem ersten Satz des Richters wusste ich (und auch die beiden Damen von der Stadtverwaltung), dass das hier eine ganz miese Show werden würde. Natürlich beherrscht so ein Richter auch Kommunikationstechniken. Als er mich zu Beginn dafür lobte, dass ich mich für den Radverkehr engagiere und hierfür auch den Klageweg bestreite, wusste ich, dass ein dickes, fettes ABER folgen würde.

Von da an wird es juristisch – und daher wohl für die meisten Leser eher langweilig. Diese Farce ist jetzt etwas über 10 Monate her – und dennoch kann ich mich relativ gut an jene erinnern; auch an die einzelnen Punkte, über welche ich mit dem vorsitzenden Richter stritt. Es überraschte mich übrigens, dass ich, dem das (indirekte) geschriebene Wort deutlich besser liegt, als die (direkte) verbale Kommunikation, es durchaus mit dem vorsitzenden Richter argumentativ aufnehmen konnte, ohne mich auch aufgrund der Nervosität großartig zu verhaspeln. Er „kannte“ mich ja zumindest über meine Schriftsätze und wusste daher, dass da jetzt definitiv keiner hockt, der absolut keine Ahnung vom Straßenverkehrsrecht hat.

Dennoch fühlte ich mich phasenweise von ihm unterschätzt. Das begann schon mit der nach Schema F erfolgenden Prüfung einer Klage; bei der zuerst die Zulässigkeit gegeben sein muss. Man stellte jene in Abrede, obwohl ich in meinen Schriftsätzen zahlreiche andere Gerichtsentscheidungen zitierte, die alle eine Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage (gegen ein Verkehrsverbot, bspw. auch in Gestalt von Radwegbenutzungspflichten) bejahten, wenn die zuständige Behörde ihr Ermessen falsch oder (über Jahre) gar nicht ausgeübt hatte. Zudem eben gerade auch in weit weniger schwerwiegenden Fällen (einem Fahrbahnverbot im Vergleich zu einen vollständigen Verkehrsverbot).

Die dritte Kammer sah das hinsichtlich meiner Einbahnstraße aber halt anders. Ich halte nicht nur das, was man am Ende ins (wirklich grottenschlecht begründete) Urteil schrieb, sondern auch das, was man während der Verhandlung als Begründungen anführte, weshalb ich eigentlich nicht einmal rechtsschutzbedürftig sei, für unwürdig. Es war vorsätzliche Arbeitsverweigerung; man wollte den Fall vom Tisch haben und man wusste, dass die Gefahr einer Berufung vor dem OVG Koblenz äußerst gering ist. Daher äußerte man sich zur Begründetheit im Urteil auch nur noch „hilfsweise“.

Es wurde u. a. damit argumentiert, dass ich ja woanders fahren könne. Ja, das haben die ernsthaft gebracht. Solange man auf irgendeiner Relation woanders fahren kann, ist das Verbot der Normalfall und das gerade auch vom allgemeinen freiheitlich-demokratischen Rechtsstaatsgebot und § 45 (9) S. 1 und 3 StVO geforderte Maßhalten mit der Anordnung von Verboten die Ausnahme. Woher wollten die Richter wissen, dass die „Alternative“ nicht wegen eines Wasserrohrbruchs oder einer Baustelle morgen unbenutzbar wird? Hätte ich nur exakt in diesem Zeitfenster eine Befugnis, die Verwaltung aufzufordern, ein Verkehrsverbot in einer anderen Straße aufzuheben? Absurd.

Ebenfalls seltsam war der schon fast süffisante Verweis auf Verfahrensmodalitäten. Dass mir die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde mittels ihrer undurchsichtigen Zurückweisung meines Antrags ein Bein stellen wollte, um keine Untätigkeitsklage führen zu können, war bereits Thema vorm Rechtsausschuss. Der vorsitzende Richter merkte zudem an, dass man meine Klage bzw. Anträge auch nicht wohlwollend auslegen könne, da ich u. a. darauf verwiesen hatte, keine Anfechtungsklage führen zu können, weil die maßgeblichen Verkehrszeichen mit großer Wahrscheinlichkeit älter als ich selbst waren.

Ich fühlte mich generell wie im falschen Film. Ich hatte nicht das Gefühl, vor einem unparteiischen Gericht zu sitzen, sondern, dass die Anwälte der Gegenseite auf dem Podium Platz genommen hatten. Während der gesamten 45 Minuten musste sich die Verwaltung im Endeffekt kein einziges Mal äußern. Die einzige halbwegs kritische Äußerung, die dem vorsitzenden Richter entfleuchte, war eine sinngemäße Anmerkung, dass das, was die Verwaltung da hätte, schon relativ dürftig wäre. Ansonsten musste ich nicht gegen die Argumente der Verwaltung, sondern gegen jene des vorsitzenden Richters ankämpfen.

Es mutet auch seltsam an, wenn ein Gericht sich quasi von seiner eigenen Rechtsprechung distanziert. Ich hätte ja offenkundig nicht weiterverfolgt, wie die Sache weitergegangen wäre. Denn der Kläger war offenkundig genauso eine Nervensäge wie ich – und wollte anschließend noch mehr; was ihm die Kammer dann verweigerte. Ich entgegnete, dass das doch keine Rolle spiele; man gab ihm damals recht, indem man die Stadtverwaltung Bad Dürkheim (mittels eines für die Verwaltung sehr peinlichen Urteils) dazu verdonnerte, ihr Ermessen neu auszuüben und – welch Ironie! – eine (für Radfahrer freigegebene) Einbahnstraßenregelung zu verfügen. Das wäre aber nicht mit meinem Fall vergleichbar.

Auch von seiner feststehenden Rechtsauslegung zum Thema Scheinverwaltungsakte konnte ich ihn nicht abbringen. Ich verwies auf die ständige Rechtsprechung der Zivilgerichtsbarkeit, nach der Verkehrszeichen ohne Anordnungen keine Rechtswirkungen entfalten. Interessierte ihn genauso wenig, wie der Verweis auf seine Kollegen in Bayern. Ich hätte gerne deren Reaktion gesehen, als er deren Rechtsprechung mit einem lapidaren „das Verwaltungsgericht München irrt sich hier“ verwarf. Im Endeffekt negierte der vorsitzende Richter sogar die Rechtsprechung des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs; die ja immerhin eine Liga über seinem Gericht spielen. Um darauf zu verweisen, war ich damals vermutlich einfach nur zu sehr geschockt.

Nicht minder absurd war unsere Diskussion über die vorangegangen Ausreden der Verwaltung, insb. im Hinblick auf das für diese Rechtsfrage irrelevante Radverkehrskonzept. Auch hier offenbarte das Gericht eine mehr als seltsame Rechtsauffassung im Hinblick auf die Zuständigkeiten demokratischer Gremien wie einem Stadtrat. Es obliegt jedoch schlicht keinem Stadtrat, Beschlüsse zu irgendwelchen, von privaten Verkehrsplanungsbüros erarbeiteten „Konzepten“ zu fassen, um am Ende konkrete Einbahnstraßen für Radfahrer freizugeben. Dies hängt allein von den Regelungen der StVO ab. Selbst als ich auf die rechtswidrige Duldung des Gehwegparkens und die ominöse „1-Meter-Regel“ verwies, stellte der vorsitzende Richter es so dar, als wäre das am Ende doch in irgendeiner Form rechtmäßig.

Er ließ sich selbst auf meinen allgemeinen Verweis hin, wie viele Jahre diese Verwaltung selbst bei den offenkundigsten Missständen (wie HBR-Routen durch mit Verbot für Fahrzeuge aller Art gesperrte Straßen) untätig bleibt, nicht erweichen. Ich fragte zum Ende hin verzweifelt, was ich denn bitte sonst noch tun solle, um diese Verwaltung in irgendeiner Form zur Erledigung ihrer Pflichten anzutreiben? Ich erhielt von ihm keine Antwort, sondern nur ein Schulterzucken.

Stattdessen erhielt ich die Androhung weiterer Kosten für ein schriftliches Urteil. Als ich, von ihm auf diese Weise unter Druck gesetzt, meinte, man solle das Verfahren halt bis August aussetzen, wurde er regelrecht ungehalten. Und zeigte ganz deutlich, dass es hier nicht um die Sache ging, sondern um die Autorität seines Gerichts. Ich wollte ja eine Entscheidung, jetzt bekäme ich halt eine! Als man mir ein paar Minuten Zeit gab, um darüber nachzudenken, die Klage zurückzuziehen und dann auch einen Teil der Gerichtsgebühren zurückerstattet zu bekommen, konnte ich das hämische Grinsen der beiden Verwaltungsdamen förmlich spüren.

Das einzige, was ich von einem der beiden anderen professionellen Richter beim Rausgehen hörte war, dass man mir nicht genau sagen könne, was mich ein Urteil kosten würde. Ich wollte mich jedoch nicht auf diese Weise demütigen lassen – und am Ende ohne einen weiteren Beleg für die Verkommenheit unseres sogenannten „Rechtsstaats“ in den eigenen Händen zu halten. So klopfte ich nach 5 Minuten an die Tür und forderte mein (erwartbares) Urteil ein. Der vorsitzende Richter diktierte sich dies in sein Gerät und dankte mir abschließend noch einmal dafür, dass ich die ganze Zeit sachlich geblieben sei.

Ich verließ umgehend das Gerichtsgebäude. Und war innerlich tot. Musste mich erst einmal fangen. Denn es war vorbei. Mein Engagement. Ich scheiterte, wie ich auch sonst in allen wichtigen Kämpfen meines Lebens scheiterte. Es machte keinen Sinn mehr. Wenn man selbst mit so einer einfachen und glasklaren Sache nicht vor der ersten Instanz eines „Rechtsstaats“ Recht bekommt, kann man es einfach ganz bleiben lassen. Ich hatte ein schlechtes Gewissen; dass ich die Kohle meines Kumpels verbrannt hatte. Und er nochmal für das Urteil etwas drauflegen müsste.

Die Rückfahrt verlief daher auch ein wenig wie in Trance. Ich nahm für den Rückweg die schönere und bergigere Route über das (leider auch zunehmend verzwangsradwegt werdende) Neustädter und Elmsteiner Tal, Helmbachweiher, Iggelbach, Leimen und Münchweiler. Zu Beginn schien noch die Sonne, der Himmel zog sich jedoch, meiner Stimmung entsprechend, zunehmend zu. Bei Merzalben erwischte mich noch ein Graupelschauer, den ich weitestgehend an einer Bushaltestelle abwarten konnte. Das Rad war anschließend halt dennoch ziemlich verdreckt.

Die gesamte Rückfahrt über grübelte ich ganz allgemein über den Sinn des Lebens; meiner jämmerlichen Existenz. Und darüber, mit welchen Worten ich auf diese Schmach dem Gericht zumindest noch ein letztes Contra entgegenschleudern würde; was ich dann auch ziemlich direkt nach meiner Ankunft von dieser 137,6 km langen Odyssee getan habe. Jene e-mail hatte ich bereits hier dokumentiert.

Das (jämmerliche) Urteil, welches zudem kaum etwas von dem, was bei der mündlichen Verhandlung diskutiert wurde, enthält, möchte ich in diesem Beitrag noch nicht besprechen. Dass das Gericht sich für jenes offenkundig selbst schämt, war vermutlich auch der Grund dafür, warum ich entgegen der mehrfachen Androhung während der mündlichen Verhandlung, hierfür keinen Gebührenbescheid mehr erhielt. Es war also „umsonst“. In mehrfacher Hinsicht.

Wenigstens scheiterte der Versuch der Stadt, mir anschließend auch noch einmal maßlos überhöhte Gebühren für das Widerspruchsverfahren aufs Auge zu drücken. Der Kostenbescheid kam übrigens schneller, als man das diesem trägen Haufen, der vom Gericht mal eben weitere 7 Monate für die Überprüfung einer (angeblich) bereits mehrfach überprüften Straße einforderte, zutrauen würde.

In Sachen Berufung wollte mir hinterher auch keiner helfen; auch nicht aus dem kleinen Rest der (mich seit Corona massiv ausgrenzenden und leugnenden) Radbubble. Das Magazin Fahrradzukunft um Bernd Sluka bekundete zwar grundsätzliches Interesse, wollte mir aber auch in Sachen Vermittlung von Kontakten nicht helfen. Weshalb ich auch keine Lust mehr hatte, für jenes Magazin einen Beitrag zu verfassen. Bis zum heutigen Tage hat niemand(!) ein Interesse an meinen Erfahrungen bei der mündlichen Verhandlung und dem Urteil bekundet. Die Arbeit, die ich in diese Klage investiert habe, war für den Rest der Welt (einmal mehr) wertlos.

Das Urteil erhielt ich am Ostersamstag. Einen kleineren Tritt in die Weichteile gab es anschließend noch von Jessica Hamed; der ich hin und wieder per e-mail Hinweise zukommen ließ. Auf meine Übermittlung jenes Urteils hin fiel ihr auch nicht mehr ein, als das zu tun, was ihre Kollegen in Sachen Corona auch massenweise getan haben: Ohne Detailkenntnisse in diesem Rechtsgebiet oder meine Schriftsätze gelesen zu haben, einfach nach einem kurzen Querlesen dem Gericht zustimmen. Denn sie hielt meine Klage auch für unzulässig. Juristen halt.

Ende Oktober wurde die Schillerstraße für Radfahrer geöffnet. Verwaltung, Lokalpolitik, Presse und Öffentlichkeit verweigerten mir bislang jegliche Würdigung meines Engagements. Ignoranz ist Stärke.


Siehe auch

Schillerstraße: Die Klage

 

Schreibe einen Kommentar