Inzwischen, nach nun fast zwei Monaten, ist die Schotterstrecke des Grauens im Rahmen der illegalen Umleitung bei Winzeln bereits zur „neuen Normalität“ geworden. Schon viele Male nötigte mich die Stadtverwaltung dazu, ein Bußgeld von 25 Euro zu riskieren, um einfach nur weiterhin mit dem Rennrad von meinem Vorort in Richtung Stadt oder von dort zurück zu gelangen. Heute Vormittag traf ich mich mit dem Radverkehrsbeauftragten der Stadt, der auch in diesem neuerlichen Drama eine ziemlich tragische Rolle einnehmen muss. Eine der ersten Fragen, die ich ihm stellte, war jene, wie er es finden würde, dass ihn diejenigen, die für diese Unverschämtheit unmittelbar verantwortlich sind, an die „Front“ vorschicken?
Er teilt halt eben das Schicksal, von dem im Endeffekt alle der Lohnsklaverei unterworfenen Bürger betroffen sind. Er kann sich nur in einer extrem vorsichtigen Weise äußern. Er gab aber auch schon direkt zu Beginn relativ unumwunden zu, dass er (als Verkehrsplaner) hier ja eigentlich wirklich nicht die zuständige Person sei; denn angeordnet habe das so nun einmal die Straßenverkehrsbehörde. Nur ist deren Leiterin halt leider zu feige, sich direkt mit mir vor Ort mit dem, was sie nicht nur mir seit mehreren Wochen zumutet, unmittelbar konfrontieren zu lassen.
Und diese Dame hat ihn – den Radverkehrsbeauftragten – auch im Falle dieser Umleitung nicht etwa vorab um eine Stellungnahme gebeten, wie er die Sache sehen würde. Sondern ihn quasi unmittelbar vor dem Aufstellen der Schilder einfach nur „in Kenntnis gesetzt“. Dieses Vorgehen von Seiten der Straßenverkehrsbehörde hat sich auch im Laufe der letzten beiden Jahre, nachdem wir uns das erste Mal trafen und ich ihm schon einmal genau diese Frage stellte, nicht geändert. Man ignoriert ihn im Endeffekt im Rahmen des alltäglichen Handelns in der gleichen Weise wie mich; beteiligt ihn nicht an Entscheidungsprozessen. Seine Stelle dient in der Tat in erster Linie nur dazu, die radverkehrsfeindliche Politik dieser Verwaltung in irgendeiner Weise zu kaschieren bzw. die Kritik an jener zu kanalisieren.
Zu Beginn unseres Gesprächs redeten wir auch noch einmal ausgiebiger über meine gescheiterte Einbahnstraßen-Klage. Und wie bedauerlich und persönlich enttäuschend ich es damals gefunden hatte, dass ausgerechnet er vor dem Rechtsausschuss, aber eben auch im Rahmen mehrerer Stellungnahmen gegenüber dem Gericht, quasi als „Kronzeuge“ dafür herhalten musste, dass mir auch in dieser Angelegenheit jeglicher Erfolg verwehrt blieb.
Er selbst sagte und schrieb mir ja mehrfach, dass er grundsätzlich keine Probleme sähe, diese Einbahnstraße für Radfahrer zu öffnen. Er musste es aber halt auf Weisung so darstellen, dass hierfür unbedingt noch die „Konzepte“ notwendig seien. Leider interessierte sich auch das Gericht nicht für meine Argumentation, dass er (und da sind wir uns ja sogar beide einig) gar nicht für diese rechtlichen Dinge zuständig gewesen sei – und die Stadt auch daher meines Erachtens ermessensfehlerhaft gehandelt hat, indem sie ihn auch hier vorgeschickt hat.
Als ich am 24. April vor dem Stadtrat meinen kleinen kritischen Vortrag in Frageform hielt, bezeichnete ich jenes „Radverkehrskonzept“ eines privaten Verkehrsplanungsbüros aus Darmstadt als hohle Propaganda; etwas, von dem einzig diejenigen profitierten, die es der Stadt verkauft hätten. Eigentlich habe ich mir vorgenommen, dieses Konzept hier im Blog zu gegebener Zeit mal völlig auseinanderzunehmen. Wobei mich die Unverhältnismäßigkeit des Aufwands in Relation zum (faktisch nicht vorhandenen) Interesse eher davon abhalten wird.
Jedenfalls monierte ich auch, dass ca. 80 % dieses Konzepts aus Beschilderungsmängeln bestünden. Etwas, was zu übernehmen ich der Stadtverwaltung schon vor mehr als drei Jahren angeboten hatte. Nun hat man halt das zigfache dafür bezahlt, einen Großteil der Verkehrszeichen (vor allem auch ), die ich schon vor mehreren Jahren einzeln moniert hatte, in dieses „Konzept“ hineinzubekommen. Hat sich ja gelohnt! Ich bin mir aber auch sicher, dass 90 % dieser (rechtswidrigen) Schilder auch in 5 Jahren noch hängen werden.
Nun ja, egal. Es könne meines Erachtens keinen größeren und deutlicheren Gegensatz zur mittels des Radverkehrskonzepts dargestellten rosaroten Propaganda – und der tristen bleigrauen Realität geben, die sich hier seit ca. 2 Monaten in Gestalt dieser schlicht unzumut- und unbefahrbaren Schotterstrecke (und dem willkürlichen Verkehrsverbot) manifestiert. Für die Stadtverwaltung sind Radfahrer schlicht minderwertiges Gesocks, welchem man alles zumuten – und ihnen im Endeffekt gar für ein halbes Jahr den Weg zum Einkaufen „verbieten“ kann!
Es dauerte jedenfalls eine ganze Weile, ehe wir (er auf seinem Pedelec) losrollten. Nachdem wir über den noch einigermaßen befahrbaren Schotterabschnitt (in langsamer Fahrt) den Friedhof erreichten, sprach mich just jener Mitarbeiter des Friedhofsamts an, der mir ein paar Tage zuvor bei einer meiner Umfragen ein wunderbares Zitat über das Handeln der Stadtverwaltung bescherte. Er wohne ebenfalls in Winzeln und hält das alles weiterhin für eine Zumutung.
Obendrein durfte ich ihm auch noch ausdrücklich zustimmen, als er die bescheuerten „Schutzstreifen“ in der Stadt auch deshalb kritisierte, weil er Radfahrer auf diesen legal gar nicht überholen könne. Das sei ja aber von der Stadt so gewollt (meinte ich ironisch) – und davon abbringen ließ sie sich auch von meiner Kritik nicht; stattdessen will man auch gemäß des neuen „Konzepts“ noch mehr hirnloses Gestrichels und Geradweges. Nur über meine Leiche!
Ebenfalls lustig und bezeichnend war, dass an der (illegalen) Ausfahrt am Friedhof gerade Bodo mit dem Bagger unterwegs war und den dort beginnenden besonders groben Schotterabschnitt durch sein Rangieren noch zusätzlich „durchmischte“. An dieser Stelle stieg ich dann auch von meinem Rennrad ab; der Radverkehrsbeauftragte stimmte mir auch zu, dass das hier so nicht wirklich gehe.
Nichts könnte die Situation abschließend besser beschreiben, als seine Antwort auf meine Frage, was er denn tun würde, wenn er diese Strecke täglich befahren müsste? Er gab unumwunden zu, dass er das Auto nehmen oder sich andere Alternativen suchen würde. Keine weiteren Fragen, euer Ehren! Ich hoffe jedenfalls, dass er die Rückfahrt ohne mich irgendwie überlebt hat.
Des Pudels Schotterkern
Faust:
Bemerkst du, wie die grobe Schotterpiste
uns schikanierte Radler plagt?
Und irr ich nicht, so zieht ein derart’ges Gerumpel
massig Platten hintendrein.
Wagner:
Ich sehe nichts als einen schwarzen Pudel;
Es mag bei Euch wohl Augentäuschung sein.