Schillerstraßen-Klage: Stadt will Geld

Ich hatte in den letzten Wochen nicht die Motivation, einen längeren Beitrag zur Farce, die sich am 27. März im Verwaltungsgericht Neustadt abspielte, zu verfassen. Jedenfalls flatterte mir heute nach längerer Zeit mal wieder ein Brief des Gerichts ins Haus. Nicht nur das Datum des Schreibens ist ein absolutes Ärgernis, sondern auch dessen Inhalt. Die Stadtverwaltung möchte nämlich von mir dafür, dass die Juristin des Rechtsausschusses und die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde zur mündlichen Verhandlung fuhren, Geld. Und zwar 52,50 Euro. Lustig daran ist, dass man sogar an der einfachen Addition gescheitert ist (20 Euro Kommunikationspauschale + 33,50 Euro Fahrtkosten).

Ob das überhaupt rechtmäßig ist? Ehrlich gesagt, habe ich aktuell nicht mal mehr Lust, mich hierüber zu informieren. Mich regt eigentlich vielmehr auf, dass dieses Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 16. Mai datiert. Es lag aber erst heute im Briefkasten. Etwas ähnliches hatte ich schon einmal zu Beginn des Jahres erlebt, als man mir kurz nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist per Brief mitteilte, dass ich im Amtsgericht Pirmasens Akteneinsicht nehmen könne. Diese klappte dann doch; aber nur, weil das Amtsgericht die Akte nicht fristgerecht zurückgeschickt hatte.

Und nun erhalte ich eben am 7. Juni ein Schreiben (Kostenfestsetzungsantrag) vom 16. Mai, in welchem mir eine zweiwöchige Frist zur Kenntnis- und Stellungnahme gegeben wird; die also (bei einer eigentlichen Bekanntgabe am 17. Mai) vor rund einer Woche auslief. Ich bin insbesondere aufgrund des gesamten völlig einseitig geführten Verfahrens nicht mehr geneigt, so etwas für Zufall zu halten. Dass Behörden Briefe sehr gerne zurückhalten, um Fristversäumnisse zu provozieren, erlebte ich damals selbst im Finanzamt – und fand es da schon widerlich. Ich kann nur immer wieder feststellen: Was ist das doch für ein geiler „Rechtsstaat“!

Der vorsitzende Richter „entschuldigte“ sich übrigens gegen Ende der Sitzung regelrecht bei den beiden Damen; dass die wegen so einem Spinner wie mir diesen weiten Weg auf sich nehmen mussten.

Dieses weitere Kapitel zu meiner Klage passt gut zu meiner gestern erwähnten Stellungnahme gegenüber der Pirmasenser Zeitung, die ich in Form eines Leserbriefs verfasst hatte und im Folgenden dokumentieren möchte.


Leserbrief an die PZ vom 25.05.2023

Dem Verwaltungsgericht Neustadt fehlte leider der Mut, meiner umfangreich begründeten Klage zur Öffnung der Schillerstraße für den Radverkehr stattzugeben; hätte jene bei Erfolg doch eine Signalwirkung für ähnliche Klagen anderer Verkehrsteilnehmer entfaltet. Insbesondere im Verlauf der mündlichen Verhandlung fungierte die dritte Kammer des VG leider eher als Anwalt der Beklagten, denn als unabhängiges Gericht. Es distanzierte sich hierbei teilweise von der eigenen Rechtsprechung (Urteil 3 K 272/18.NW vom 20.05.2019 gegen die Stadt Bad Dürkheim) und verwarf u. a. die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss 11 B 12.2671 vom 22.04.2013) zu Scheinverwaltungsakten. Die Verwaltung konnte nämlich auch dem Gericht gegenüber keine rechtswirksamen verkehrsbehördlichen Anordnungen zur Einbahnstraßenregelung in der Schillerstraße vorweisen. Ebenfalls ignorierte es meine verfassungsrechtliche Frage, ob eine Verwaltung Verbote, die teils vor Jahrzehnten angeordnet wurden, nicht von sich aus regelmäßig oder spätestens auf Antrag hin (im Sinne der geltenden Rechtslage) überprüfen müsse. Stattdessen stellte man (entgegen zahlreicher anderslautender Urteile) die Zulässigkeit der Klage in Frage und bewertete lediglich den (von der Verwaltung durch jahrelange Untätigkeit selbst verursachten) Status Quo, um die Klage abweisen zu können. Man hat damit quasi nebenbei bestätigt, dass in Pirmasens eher eine restriktiv-autokratische, denn eine freiheitlich-demokratische Grundordnung vorherrscht. Die Stadtverwaltung hat mit ihrer irrationalen Blockadehaltung (ich sprach das Thema Schillerstraße erstmals im Jahre 2018 an) auch in diesem Falle mehr als deutlich gezeigt, wie es um deren „Radverkehrsfreundlichkeit“ ganz allgemein bestellt ist. Bedauerlicherweise war es mir auch aus finanziellen Gründen nicht möglich, gegen dieses Fehlurteil Berufung einzulegen, was ich ansonsten getan hätte.


Folgebeitrag

Schillerstraße: 257,50 Euro

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