Coronoia: Panikattacken

Letzten Donnerstag sprach mich auf der jährlich einem stetig wachsenden Brombeerbusch-Urwald weichenden Liegewiese am Schöntalweiher ein Ehepaar aus dem Alsenztal an. Der Mann erkundigte sich nach dem Badeverbot. Wie bitte? Da hatte ich ja noch nie von gehört! Ich schlüpfe mit meinem Bike immer durch die Hecken vor meiner privaten, dem Dschungel abgerungenen Bucht – und verpasste so tatsächlich über fast zwei Wochen die lustigen Schilder, die auf Veranlassung der Landrätin Ganster wohl so um den 23. Juni herum im Bereich des Kiosks, als auch an den offiziellen Zugängen ausgehängt wurden.

Nun; was steht denn da unter anderem auf diesem einlaminierten roten (allerdings nicht unterschriebenen) Wisch?

Am Schöntalweiher ist derzeit eine massenhafte Ausbreitung von Netzalgen festzustellen, die nahezu die gesamte Freiwasserfläche bedeckt. Insbesondere für ungeübte Schwimmer könnte dieser Zustand zu „Panikattacken“ o. ä. führen, was eine Gefahr für Leib und Leben darstellt.

Wow; das ist doch schon Kunst, oder? Man beachte die liebevollen Gänsefüßchen, mit denen man das Wort „Panikattacken“ eingerahmt hat; ein derart absurder Bullshit als Begründung für ein allgemeines Badeverbot war dem Verfasser wohl selbst peinlich? Aber auch das „o. ä.“ lädt den interessierten Leser dazu ein, seiner Phantasie freien Lauf zu lassen – und sich vorzustellen, was nach Ansicht der Landrätin (bzw. deren Lakaien in der Kreisverwaltung Südwestpfalz) wohl noch einer Panikattacke „ähnlich“ sein könnte?

Mir fiele da beispielsweise ein akuter Coronoia-Anfall ein, den besagte Landrätin höchstpersönlich im März 2020 befiel, als sie – umnebelt von Netzalgen-Äquivalenten in Gestalt tödlicher Coronavirus-Aerosolwolken – für den Kreis Südwestpfalz eine der bundesweit allerersten Ausgangssperren im Zuge des Corona-Faschismus verfügte. Welche keine drei Tage später auf Weisung des Landes wieder aufgehoben wurde. In manchen Orten fuhren in diesen Tagen gar Fahrzeuge der Feuerwehr durch die Dörfer – und verkündeten per drastischer Lautsprecher-Durchsagen den Beginn der Zombie-Apokalypse auch in der beschaulichen Pfalz. Strafrechtliche oder politische Konsequenzen hatte diese zigtausendfache Freiheitsberaubung auch für diese Landrätin natürlich nicht.

Ende April 2020 war übrigens der Besuch von Badeseen vollständig verboten.

Ende Mai 2020 rettete die Kreisverwaltung am Schöntalweiher ebenfalls unzähligen Kindern (und somit deren Großeltern; gemäß des Panik-Papiers aus dem Bundes-Innenministerium) das Leben, indem man die paar mit dem Zombie-Pfnüssel verseuchten Spielgeräte akribisch mit Flatterband einzäunte.

So, wie (nicht nur) diese großartige Frau uns schon damals vor unserer eigenen Unvernunft geschützt hat, „schützt“ sie uns unbelehrbaren und rechtsrechtsnazinaziradikalen Querschwimmer auch jetzt. Weil wir, die wir schon seit Jahren in dieser zunehmenden Pampe herumschwimmen, urplötzlich dann doch von einer „Panikattacke“ befallen werden könnten.

Man könnte obendrein fast eine Verschwörung mit dem Hitzeschutzstaffelminister Klabauterbach vermuten; schließlich könnte die eine Abkühlung im See verbietende Landrätin so auch noch viel leichter einen „Hitze“-Lockdown im Landkreis verfügen. Die „Begründung“ ist übrigens im Endeffekt dieselbe, mit der man mir seit über drei Monaten die Benutzung der einzigen asphaltierten Verbindung von der Stadt Pirmasens in meinen Vorort verbietet.

Am Montag wurden übrigens neue „Schwimmleinen“ über den See gespannt; die Ortsgemeinde (eigentlich nicht zuständig) wird dort wohl mit einem Bootchen (für das man extra einen Motor angeschafft hat) regelmäßig einen Teil der Algengrütze aus dem Wasser fischen. Ich sah mir diesen Blödsinn gemeinsam mit einem Ehepaar aus Ludwigswinkel vorne am Kiosk an; welche ebenfalls nur ungläubig mit dem Kopf schüttelten. Nicht nur, weil man mit der einen Leine den Zugang am Südufer „abgeschnitten“ hat. Die Frau zeigte mir auch Fotos von vor 30 Jahren, als die Uferbereiche noch richtig gepflegt waren. Weder die Ortsgemeinde, noch die Verbandsgemeinde würden sich in ihrem Dorf noch großartig um den Zustand der öffentlichen Infrastruktur kümmern; man würde auch dort alles verlottern lassen.

Lustigerweise erhielt ich auch erst am Samstag einen weiteren Brief der Bürgerbeauftragten des rheinland-pfälzischen Landtages. In welchem jene mir mitteilte, dass die Verbandsgemeindeverwaltung Dahner Felsenland (die für das Gelände zuständig ist) auch trotz Einschaltung der Kommunalaufsicht meine bereits letztes Jahr gestellte Anfrage auch weiterhin nicht zu beantworten gedenkt.

Am Montag beginnen hier in Rheinland-Pfalz die Sommerferien. Die sich überhaupt noch an diesen See verirrenden Touristen dürfte man jedenfalls schon jetzt für den Rest der Saison erfolgreich vergrault haben. Aber irgendwie scheint dies auch das langfristige Ziel der Behörden zu sein. Nicht nur die Kiosk-Pächter können einem leid tun.


Folgebeitrag

Das Brombeer-Massaker vom 24.09.23

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