Neues zum Vollpfosten-Kreisel

Ich muss meine Kritik revidieren bzw. meinen Groll über die schwachsinnige Beschilderung des neuen Kreisels in Winzeln an eine andere Abteilung der Stadt Pirmasens richten. Ich ließ mir nämlich zwischenzeitlich die verkehrsbehördliche Anordnung zur neuen Beschilderung übermitteln. Etwas, wozu ich generell jedem Verkehrsteilnehmer, der sich über irgendwelche Verkehrszeichen ärgert, rate. Aus dieser geht hervor, dass die Straßenverkehrsbehörde gar keine eine „Benutzungspflicht“ bewirkenden Gemeinsamer Geh- und Radweg, sondern eine Gehwegfreigabe per Gehweg Radverkehr frei angeordnet hat. Warum nun hat das Tiefbauamt hier die falschen Verkehrszeichen anbringen lassen? Beziehungsweise warum hat es dem ausführenden Bauunternehmen eine fehlerhaft beschilderte Straße abgenommen?

Die Anordnung vom 27. Juni 2022 ging an die Abteilung III/66.2. Dies verwundert, denn laut Dezernatsverteilungsplan gibt es eine solche derzeit gar nicht. Oder aber, es erfolgte zwischenzeitlich ein Wechsel jener Abteilung aus dem Dezernat III in II? Egal. Es war wohl die Abteilung II/66.2, „Straßenbau und Verkehrswesen“ im Tiefbauamt gemeint, die für die Anbringung der Verkehrszeichen zuständig ist.

In jener „Anordnung“ vermisste ich zu allererst die Benennung der „besonderen örtlichen Gefahrenlage“ im Sinne des § 45 (9) S. 3 StVO als wesentliche Rechtsgrundlage für ein Fahrbahnverbot. Erst später fiel mir beim Blick auf die Anlagen der Anordnung auf, dass insbesondere im Verkehrszeichenplan 5 eine andere Beschilderung dokumentiert ist, als nun am Ende angebracht wurde.

Das Ende der Gehwegfreigabe links fehlt (dazu würde auch ein einzelnes Gehweg ohne die beiden Zusatzzeichen reichen; § 39 StVO, Schilderwaldnovelle). Das Zeichen 283 Absolutes Halteverbot hätte man sich mit einer verlängerten durchgezogenen Mittellinie auch sparen können, da man in einem Kreisel eh nicht halten darf (Anlage 2 zur StVO, lfd. Nr. 8). Außerdem hätte man Geisterradlern auf diese Weise noch zusätzlich die Nutzung der Auffahrt verboten. Der Pfosten mit dem Gehweg Radverkehr frei wurde (wie bereits erwähnt, da rechts der Fahrbahn) auch in dieser Anordnung falsch positioniert.

Das kleine Vorfahrt gewähren vorne links ergibt weiterhin keinen Sinn, da Radfahrer hier schlicht nicht queren dürfen. Die zu weit hinten stehende Gehwegfreigabe (linke Bildhälfte) hatte ich im ursprünglichen Beitrag angesprochen. Auch rechts steht (wie bereits erwähnt) das Vorfahrt gewähren auf der falschen Seite; ungeachtet des Fehlens einer allgemeinen Rechtsgrundlage hierfür. Ebenfalls rätselhaft bleibt die Intention, die Gehwegfreigabe vor(!) der folgenden Querung einfach zu beenden.

Das Interessante an der dritten Grafik ist, dass offenkundig links (am westlichen Kreiselarm) tatsächlich nie eine Gehwegfreigabe vorgesehen war und obendrein im gesamten Bereich des Kreisels auch keine Piktogramme „angeordnet“ wurden. Man hat sich also offenkundig keinerlei Gedanken darüber gemacht, wie von Gersbach (über den parallelen Feldweg) kommende Radfahrer hier eigentlich weiter (jenseits der Fahrbahn) in Richtung Winzeln fahren sollen. Wozu dann der lächerliche „Beschleunigungsstreifen“? Gilt an dem eigentlich das Reißverschlussverfahren? Nein, § 7 StVO gilt ja (laut Überschrift) nur für Kraftfahrzeuge, auch wenn im Absatz 4 wiederum von „Fahrzeugen“ die Rede ist. Deshalb spart man sich derartigen Blödsinn – und bleibt auf der Fahrbahn.

Lustig ist ebenfalls, dass das Tiefbauamt die bereits fehlerhafte Anordnung durch das immerhin im Verkehrszeichenkatalog zu findende, aber eben falsche Zusatzzeichen 1000-32 (gilt nur für Einbahnstraßen) in Bezug zum eigentlich korrekten Zusatzzeichen 1000-31 gleich „doppelt“ falsch angebracht hat.

Die gegenwärtig dort aufgestellten Gemeinsamer Geh- und Radweg sind, da die Straßenverkehrsbehörde keinen diesbezüglichen Regelungswillen hatte, Scheinverwaltungsakte. Radfahrer müssen den Blödsinn also nicht benutzen. Leider wollte das VG Neustadt am 27. März ja nicht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu Scheinverwaltungsakten in Gestalt von Verkehrszeichen folgen, sonst hätte die Stadt Pirmasens ja tatsächlich mal etwas lernen können.

Was mir ebenfalls noch aufgefallen ist: Der Tabellenwegweiser an der neuen abknickenden Vorfahrt muss aktualisiert werden, da es allgemein nicht zulässig ist, den überörtlichen Verkehr (unten gelb; eine seit circa 15 Jahren nicht mehr bestehende Landesstraße in Richtung Bitche / Bottenbach suggerierend) durch eine Tempo-30-Zone zu führen. Hier kommt dann eine weitere Unsitte der Stadt Pirmasens zum Tragen, ihr Kreisstraßennetz nicht den Bestimmungen des LStrG, der StVO und Verwaltungsvorschriften gemäß zu konzipieren (worüber ich mich ebenfalls nach der Verkehrsfreigabe mit dem Leiter des LBM Kaiserslautern unterhielt).

Ich habe eine weitere Anfrage an den Radverkehrsbeauftragten gestellt und bin gespannt, wie man diesen Dilettantismus zu begründen versuchen wird. Vermutlich griff man im städtischen Bauhof einfach in die Kiste mit den Verkehrszeichen. Hauptsache, da ist irgendwie ein Fahrrad drauf. Wird schon passen!


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Vollpfosten-Kreisel: Baufirma schuld?

2 Gedanken zu „Neues zum Vollpfosten-Kreisel“

  1. Wow, bei diesen Zuständen sollte man ja jedes Schild hinterfragen…

    Ich ließ mir nämlich zwischenzeitlich die verkehrsbehördliche Anordnung zur neuen Beschilderung übermitteln. Etwas, wozu ich generell jedem Verkehrsteilnehmer, der sich über irgendwelche Verkehrszeichen ärgert, rate.

    Danke, vermutlich würde ich es laienhaft hinkriegen, die Anfrage an die womöglich richtige Stelle (Straßenverkehrsbehörde) zu formulieren. Eleganter wäre eine herunterladebare odt-Vorlage. 🙂
    Was meinst du?

    1. Naja, ein großer Akt ist das eigentlich nicht. Auf der Webseite der jeweils zuständigen (von landesrechtlichen Verordnungen abhängend) Gebietskörperschaft die Straßenverkehrsbehörde suchen und einfach eine e-mail hinschicken. Mit klarer Benennung der betroffenen Verkehrszeichen und Straßenabschnitt. Sollte man auf die formlose Anfrage nicht antworten, ggf. auf die jeweiligen Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetze verweisen. Wobei der Einblick in verkehrsbehördliche Anordnungen (zu Verkehrszeichen, Allgemeinverfügungen) meiner Meinung nach stets auf Basis des VwVfG in Form einer Akteneinsicht (kostenfrei) gewährt werden muss.

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