Der 19. Oktober 2023 wird als historisches Datum in die Annalen der Stadt Pirmasens eingehen. An jenem Tage wurden mit der Schillerstraße und dem Schillerring die ersten Einbahnstraßen im Stadtgebiet im Sinne der Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrsordnung für den Radverkehr freigegeben. Im Zuge dieser Maßnahme wurde der Häuserblock um den Schillerplatz herum als Tempo-30-Zone ausgewiesen. Darauf wies mich heute Vormittag ein guter Kumpel vor unserer gemeinsamen MTB-Tour hin, als er mir die entsprechende Seite aus der Mittwochsausgabe der Pirmasenser Zeitung überreichte. Jene Meldung entsprach weitestgehend dem Wortlaut der auf der Internetseite der Stadt veröffentlichten Pressemitteilung.
In jener (passender- und fälschlicherweise mit einem Zeichen 274-30 illustrierten) Meldung heißt es:
Künftig gilt in diesem Bereich eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern und grundsätzlich die neue Vorfahrtsregelung Rechts vor Links. Die bestehenden Einbahnstraßen, die Schillerstraße und der Schillerring im Abschnitt von der Simter- zur Charlottenstraße, werden für den Radverkehr in Gegenrichtung freigegeben. Auf diese Veränderung wird mittels Beschilderung und Fahrbahnmarkierung hingewiesen. Für die Dauer von rund vier Wochen wird mit Warnhinweisen auf die geänderte Vorfahrtsregelung aufmerksam gemacht.
Die Stadtverwaltung folgte hier letzten Endes fast vollständig meinem aus dem Jahre 2018(!) stammenden Konzept, welches ich dieser unter anderem zu Beginn des Jahres 2020 noch einmal ausdrücklich vorgeschlagen hatte. In meinem vorab übermittelten Diskussionspapier verwendete ich u. a. die folgende Grafik.
Über die Zurückweisung des Widerspruchs zu meinem Antrag im September 2022 und meine anschließende (leider ob eines unwilligen Gerichts erfolglose) Klage habe ich in den vergangenen Beiträgen bereits alles nötige geschrieben; insbesondere auch noch einmal im Rahmen eines Beitrags über die Erprobung einer weiteren Einbahnstraßenregelung in der Zwingerstraße.
Ich möchte es im Rahmen dieses Beitrags im Wesentlichen bei der Dokumentation und Kommentierung der Beschilderung und Markierung belassen. Morgen werde ich noch einen Leserbrief verfassen und an die Pirmasenser Zeitung senden; allerdings gehe ich nicht davon aus, dass man jenen veröffentlichen wird.
Schillerring
Das folgende Foto zeigt die Freigabe des nördlichen Abschnitts des Schillerrings von der Kreuzung Lessing- / Charlottenstraße aus. Rechts hat man immerhin einen Strich markiert, um zu verhindern, dass Linksabbieger sich zu weit links einsortieren. Ich habe allerdings (begründete) Zweifel, dass das ausreichen wird. In meiner Klage bzw. meinem Antrag forderte ich (übergangsweise) Leitschwellen ein.
Das Zusatzzeichen unter dem wirkt ein wenig unbeholfen; es kommt in der StVO so auch nicht vor. Zugegebenermaßen sind solche Konstellationen in der Tat schwierig zu beschildern. Um an solchen Kreuzungen ausschließlich den Radverkehr geradeaus, aber dennoch nicht nach links (Einbahnstraße) freizugeben, wäre meiner Meinung nach nur die bereits im Edeka-Beitrag angedachte Lösung per zusätzlichem Zeichen 214
mit Zusatzzeichen 1010-52 korrekt.
Völliger Blödsinn ist natürlich das, was man von der Lessingstraße kommend gegenwärtig (temporär) aufgestellt hat.
Hier wäre ein Zusatzzeichen 1022-10 korrekt und ausreichend gewesen. Ich habe allerdings auch eine Vermutung, wo jenes gelandet sein könnte. Am Ende des Schillerrings am (nicht wirklich existierenden) Schillerplatz (dem Knotenpunkt mehrerer Straßen) hat man eine gesonderte Radverkehrsführung aufgemalt und temporär ein Zeichen 209 hingestellt.
Diese Lösung halte ich nicht nur aufgrund der aufgemalten Schrägparkflächen rechts für (zurückhaltend formuliert) nicht besonders sinnvoll; es ist auch zu vermuten, dass Autofahrer aus der von rechts kommenden Simter Straße jenen Streifen beim Linksabbiegen in den Schillerring schneiden werden. Ein Kreisel wäre hier meiner Meinung nach mittelfristig die generell sinnvollere und sicherere Lösung.
Es folgt abschließend noch der Blick zurück in die andere (also südliche) Richtung.
Simter Straße
Die Simter Straße ist und war bislang keine Einbahnstraße, dient allerdings nun (über die Wildstraße) als „Zubringer“ zur neuen Alternativroute durch die (westliche) Schillerstraße. An der Kreuzung Charlottenstraße sieht das nun so aus; neu ist dort in erster Linie nur die Tempo-30-Zonen-Beschilderung.
Interessanter wird die Beschilderung am folgenden Schillerplatz. Tatsächlich hat man hier das vorhandene Fahrtrichtungsgebot korrekt ergänzt. Wobei die Situation am Schillerplatz (wie bereits erwähnt) insgesamt relativ unübersichtlich ist. Links am Bildrand erkennt man die Freigabe der westlichen Schillerstraße.
Das oben angesprochene fehlende ist evtl. am Rande der Simter Straße vor dem Schillerplatz gelandet; es ergibt dort so jedenfalls keinen Sinn, hier gehört das (viel zu oft falsch verwendete) Zusatzzeichen 1000-32
drunter.
Nordöstliche Schillerstraße
In meinem damaligen Konzept wies ich auch darauf hin, dass der nordöstliche Teil der Schillerstraße gerade in Fortsetzung zum Schillerring eine gute Alternative in Richtung Innenstadt wäre. Die nun erfolgte Freigabe ist ja auch prinzipiell erst einmal gut und schön.
Erst auf den zweiten Blick erkennt man im Hintergrund, was mich an der nun angeordneten Lösung stört. Denn man hat an deren Ende (warum auch immer) Radfahrern per (kleinem) das Linksabbiegen in die Landauer Straße verboten.
Was bei großräumiger Betrachtung bedeutet, dass Radfahrern vor allem aus Richtung Niedersimten (bzw. Simter Straße) kommend weiterhin (über die Charlottenstraße) nur die „große Hafenrundfahrt“ um das Dreieck Volksgartenstraße – Landauer Straße – Lemberger Straße bleibt. Die folgende Aufnahme zeigt den Blick aus der Gegenrichtung (Landauer Straße).
Auch hier versucht man mittels eines links aufgemalten Streifens, das Parken und Schneiden beim Abbiegen zu verhindern. Daneben hat man in allen freigegebenen Straßen auch noch Piktogramme auf die Fahrbahn gemalt, die Autofahrer zusätzlich auf (legalen) Rad-Gegenverkehr hinweisen sollen. Diese sind so in der VwV allerdings nicht vorgesehen.
Auch wenn ein rechtsseitiges Halteverbot besteht, halte ich die übrige Fahrbahnbreite nicht wirklich für einen sicheren Begegnungsverkehr geeignet. Das Gericht ging im Rahmen der mündlichen Verhandlung leider auch nicht auf dieses Thema ein. Es wird sich in der nächsten Zeit zeigen, wie die Pirmasenser Autofahrer mit dieser für sie „neuen“ Situation umgehen werden. Ich werde hierzu auch mal demnächst an einem Tag für mehrere Stunden jene Straßen probeweise befahren.
Lessingstraße
Der nördliche Teil der (recht kurzen) Lessingstraße mündet in den freigegebenen westlichen Teil der Schillerstraße ein. Das Fotografieren der Abbiegefreigabe war aufgrund der üblichen (und teils sehr großen) Stehzeuge allerdings nicht so einfach.
Die Beschilderung, anhand derer ich meine bisherigen Beiträge zur Schillerstraße bebildert hatte, wurde ebenfalls ergänzt.
Westliche Schillerstraße
Nun fehlt nur noch jener Straßenabschnitt, für dessen Freigabe ich mich seit 2018 politisch und rechtlich engagiert habe – und hierfür leider auch eine Menge Geld, welches ich nicht habe, als auch meinen Restglauben an die Verwaltungsgerichtsbarkeit, verbrennen musste. Aber wie gesagt, in diesem Beitrag soll es eher um die reine Dokumentation gehen. Es folgt der Blick vom Schillerplatz aus in Richtung Westen.
Am Ende in Richtung Bitscher Straße hat man immerhin keine Abbiegeverbote, sondern nur ein (kleines) angeordnet.
Man erkennt allerdings auch, dass das aufgrund der auf beiden Seiten mit totem und unnützem Blech zugestellten Fahrbahn mit dem Begegnungsverkehr in aller Regel eher eine engere Kiste werden wird. Ebenso hätte ich mir gerade am mit Sicherheit übelst geschnitten werdenden Einmündungsbereich mehr gewünscht, als nur einen weißen Strich.
Das hier ist also das völlig unscheinbare Resultat eines mehr als fünf Jahre währenden radverkehrspolitischen Engagements.
Auch wenn die Verwaltung es niemals zugeben wird: Ohne meine Klage hätte es noch Jahre gedauert, bis diese beiden Straßen für den Radverkehr freigegeben worden wären. Leider verwehrte und missgönnte mir die dritte Kammer des VG Neustadt am 27. März einen vollständigen Triumph. Stattdessen belohnte es die absolut unwürdige und unnötige Zeitschinderei einer zu einem konstruktiven Dialog gänzlich unfähigen Verwaltung mit einem grottenschlecht begründeten Urteil.
Glückwunsch Dennis, Deine Beharrlichkeit hat Erfolge gezeitigt. Freue Dich über Erreichtes, schöpfe auch daraus weitere Kraft! Teile Deine Freude mit Deinen Mitmenschen, Nachbarn, Fahrradfreunden, dadurch wird sie verstärkt. Selbst Deine Ausgaben fürs VG waren somit nicht umsonst. Du darfst Dich neben der Vernunft zu den Siegern zählen. Deine Widersacher erfahren mutmaßlich große Schmach.
Und gegen welche Übermacht hast Du bestanden! David gegen Goliath. Ich freue mich über Deinen Mut, Deine erkämpften Erfolge, die hoffentlich Beispiel geben über Radfahrerrechte hinaus. Viele trauen sich noch nicht so wie Du zu opponieren. Denen kannst auch Du Vorbild sein.
Toi, toi, toi! Nochmals herzlichen Glückwunsch dem Aufrechten von Pirmasens!