Mein Vater fuhr als Kraftfahrer lange Jahre für eine der zahlreichen Pirmasenser Speditionen. Was schon damals, vor der „Liberalisierung“ des EU-weiten Sklavenmarktes, schlecht bezahlt und auch anderweitig miserabel gewürdigt wurde. Im Zuge der Postprivatisierung und der massiven Ausweitung des Internethandels erreichten diese Zustände sehr bald auch das Personal in der Brief- und Paketzustellung. Der Marktführer Amazon stieg zudem (zumindest hier in der Region) in den letzten Jahren von einer Zustellung durch Post (DHL) und andere private Paketdienste um und fährt inzwischen den Großteil seiner Waren mit „eigenen“ Fahrzeugen aus. Im Endeffekt hätten die zuständigen Behörden dieser Praxis jedoch von Beginn an einen Riegel vorschieben müssen, da dieses Modell nur durch bewusstes Einkalkulieren eines vorsätzlich begangen werdenden massenhaften Rechtsbruchs realisierbar ist.
Ich denke, jeder von uns (ob nun als Auto-, Radfahrer oder Fußgänger) hat schon seine eigenen Erfahrungen mit den dunkelblauen Lieferfahrzeugen von Amazon (und von mir aus auch zahlreichen anderen Anbietern) gemacht. Für jene scheinen keinerlei Verkehrsregeln zu gelten. Wenn ich mich hier in Pirmasens als Radkurier selbständig machen würde, würde man sich auf dem Ordnungsamt im Rahmen der Gewerbeanmeldung höchstens fragen, wie das hier in dieser radfahrerhassenden Stadt überhaupt funktionieren soll?
Wie das bei Amazon funktioniert, fragen sie sich (in den zuständigen Behörden und Ministerien) allerdings auch nicht wirklich. Ich klammere hier auch die teils menschenunwürdigen Zustände in den Verteilzentren aus. Das ist halt mal wieder Kapitalismus in seiner reinsten Form, der von all jenen, die dieses Land und deren Regierungen bar jeglicher Realität „sozialistischer“ Umtriebe verdächtigen, nicht gesehen werden kann oder will.
Vermutlich, weil Amazon halt auch einfach so scheiß bequem – und billig ist. Ein wenig auf der Hirnkrücke rumwischen, bestellen – und am nächsten Tag hat man das Zeug schon daheim. Man sieht auch gerne großzügig drüber hinweg, dass bei der Lieferung regelmäßig falsch und behindernd geparkt wird – und mault stattdessen rum, wenn die Lieferung einen Tag oder gar nur ein paar Stunden länger dauert.
Man kann ja sogar Anweisungen geben, wo der Zusteller das Paket ablegen soll, wenn man nicht zuhause ist. Praktisch. Funktional. Und der Typ soll ja froh sein, dass er immerhin „Arbeit hat“! Ja, nee; is‘ klar. Es ist auch auffällig, dass Amazon sich gerade auch für die Auslieferung offenkundig vor allem aus jener gesellschaftlichen Schicht bedient, die sehr viele derer, die Amazon regelmäßig nutzen, am liebsten morgen wieder nach Hause schicken würden. Nämlich junge Männer mit Migrationshintergrund; teilweise kaum der deutschen Sprache mächtig. Und wohl auch in einigen Fällen gar nicht im Besitz einer (deutschen) Fahrerlaubnis?
Und denen macht ihr beschissener Job definitiv auch keinen Spaß. Denn sie werden fortwährend evaluiert. Wer keine Leistung bringt, fliegt raus. Und Leistung wird bei Amazon so definiert, eine vorgegebene Anzahl von Sendungen pro Tag zuzustellen. Schafft man das nicht, darf man bald beim Supervisor vortanzen. Ich persönlich hatte schon ernsthaft überlegt, mich einfach mal als Fahrer zu bewerben. Für eine Reportage im Sinne eines Wallraffs. So könnte ich anschließend darüber berichten, wie mich mein Vorgesetzter entgeistert anstarrte und abmahnte, weil ich ihm zu erklären versuchte, dass ich anstelle der 250 Pakete nur 50 zustellen konnte. Und zwar, weil ich nichts anderes getan habe, als mich penibelst an alle Vorschriften der StVO zu halten.
Ich würde dann zum Beispiel auch nicht, wie dieser Amazon-Fahrer im aktuellen Video von DashcamDriversGermany, hinter einem Sattelzug drängeln und später im Überholverbot überholen; während wiederum ein Amazon-Kollege zuvor mich selbst und den vor mir fahrenden Lkw riskant überholt. Außerdem müsste ich mich dann auch nicht von so klugscheißerischen Radfahrern belästigen lassen, die es doch tatsächlich monieren, dass ich größtenteils einen „Schutzstreifen“ (samt Gehweg daneben) blockiere.
Jener junge, offenkundig dem orientalischen Kulturkreis zugehörige Mann, der exakt das am 7. September 2023 in einer auch noch kackdreisten Weise direkt vor meiner Nase in der Lemberger Straße tat, ignorierte meine (erstmal freundliche) Bitte, wegzufahren. Dabei verwirklichte er hier gleich mehrere OWi-Tabestände auf einmal (Absolutes Halteverbot, Parken auf Schutzstreifen, Gehweg und obendrein noch im Bereich einer Bushaltestelle). Stattdessen fing er hinter der Scheibe an, mich in einer mir unbekannten Sprache zu beleidigen. Nachdem er ausgestiegen war, wiederholte er sein zuvor angedeutetes Spucken in meine Richtung. Vor ein paar Tagen schrieb ich, dass ich eigentlich überhaupt nichts anzeige. Bei ihm machte ich eine Ausnahme; diese hatte aber natürlich keinerlei Konsequenzen für ihn; obwohl eigentlich eine MPU gerechtfertigt gewesen wäre. Vielleicht frage ich die Tage mal nach, was aus meiner Anzeige wurde.
Weniger tragisch war jene zur illegalen Benutzung der Offroad-Schotterpiste bei Winzeln (Missachtung des ) durch ein Amazon-Fahrzeug, welche ich am 17. August einfach mal „probehalber“ bei Ordnungsamt und Polizei einreichte. Die Tatsache, dass ich von Seiten der Behörden diesbezüglich nie wieder etwas vernommen habe, lässt ebenfalls darauf schließen, dass der Fahrer nicht einmal einen Bußgeldbescheid (i. H. v. 50 Euro) erhielt. Zumal ich in beiden Fällen leider weder ein Foto des Fahrzeugs, noch des Fahrers hatte.
Wie gesagt; das sind auch nur die Symptome eines in sich kriminellen Geschäftsmodells; in welchem Mitarbeiter, die sich einfach nur an die geltenden Gesetze halten, aber daher nicht genug „Leistung“ erbringen, umgehend gefeuert werden. In den Kommentaren zum oben verlinkten Youtube-Video schreibt Nutzer @cokefridger Folgendes zu einer Anmerkung eines anderen, so etwas doch mal dem Chef (also Amazon) mitzuteilen:
Nein, der wäre nicht begeistert.
Er hätte den ersten Fahrer nämlich gefragt warum er so lange hinterm Lkw war und nicht direkt überholt hat…
Exakt. Hier in Pirmasens werden sich jedenfalls auch Amazon-Fahrer ein Vorbild bei der Polizei nehmen – und so parken, wie es auf dem Beitragsbild dokumentiert wurde; auch im Bereich von Zebrastreifen. Würde nun ein vom Transporter verdecktes, den Zebrastreifen „unvermittelt“ benutzendes Kind überfahren, weil es „übersehen“ wurde, würde die verständnisvolle Polizei es sicher wieder in einer ähnlichen Weise framen, wie das bei der berüchtigten Polizeidirektion Landau leider alltäglich ist. Den falsch parkenden Zusteller würde man wahrscheinlich nicht einmal erwähnen.
Das erste Problem ist, dass so ein Geschäftsmodell nicht grundsätzlich untersagt wird. Und das zweite, daraus folgende, dass auch die unzähligen Verstöße durch die Fahrer in den allermeisten Fällen nicht geahndet werden. Auch wenn es hierbei wiederum gegen jene Ausgebeuteten selbst geht, deren Traumjob es sicher auch nicht war, für die Eigner dieses Multimilliardenkonzerns und undankbare Kunden tagtäglich (überwiegend mit unnützem Konsumschrott gefüllte) Pakete durch die Gegend zu fahren.
Kein Job ist aber immer noch besser als irgendein Scheißjob.