Radwandern in der Harzhütter Klamm

Ich bin mir ja relativ sicher, dass die Leiterin der Pirmasenser Straßenverkehrsbehörde viel Spaß an ihrer Arbeit hat. Besondere Freude bereitet es ihr, Radfahrer zu schikanieren, wo es nur irgendwie geht. Ende 2023 fiel mir erstmals die erneuerte und geänderte Beschilderung durch die Harzhütter Klamm auf. Die tief in den Sandstein eingegrabene Schlucht verläuft am Rande meines Heimatortes Windsberg in südöstlicher Richtung. An deren Hang führt von der unteren Serpentine der K 6 ein asphaltierter Forstweg in Richtung Gersbach bzw. Langenbergerhof.

Ich benutze jenen (wie auch viele andere Radfahrer, die Windsberg umfahren wollen) seit meiner Kindheit. Es muss irgendwann in meinen Teenager-Jahren gewesen sein, als die Stadt Poller aufstellte, um den Kfz-Verkehr zu verunmöglichen. Grund dafür war die natürliche Erosion, die stellenweise an der Fahrbahn knabberte.

Ich scheine übrigens mal wieder Glück im Unglück gehabt zu haben. Beim Anfertigen dieses Textes kam auch der rechte Mittelfinger (mein wichtigstes Körperteil im Straßenverkehr) wieder zu einem zaghaften Einsatz. Ist wohl nix gebrochen, insb. der kleine (blaue) Finger aber ordentlich verstaucht. Schon am Sonntag testete ich während einer kleinen Runde, ob ich den Lenker des MTB noch einigermaßen halten kann, um weiterhin einkaufen zu können.

Heute war dann auch schon wieder eine kleine 36-km-Tour entlang der Grenze möglich. Gegen Ende meiner Runde machte ich noch einen Schlenker, um den neuerlichen Bullshit zu dokumentieren, den ich bereits vorige Woche beim „Radverkehrsbeauftragten“ bemängelt habe.

Die ersten winterlichen Fotos stammen jedoch vom 16. Januar, als ich die Kamera mitgenommen hatte, um u. a. die Zustände in Ixheim zu dokumentieren. Sie zeigen den unteren Beginn der Klamm. Die ursprüngliche Beschilderung hatte ich (leider) nie fotografiert, obwohl sie schon damals widersprüchlich war (Freigabe zu einem Verbot für Fahrzeuge aller Art berghoch, fehlende Freigabe bergab). Auf dieser Aufnahme von Google Maps erkennt man jedoch einigermaßen, dass es im Juni 2023 noch anders beschildert war.

Als besonders provokativ empfinde ich das bescheuerte „Radfahrer absteigen“, einschließlich eines Piktogramms. Die hiesige Straßenverkehrsbehörde hält Radfahrer ja nicht nur für zu doof, links abzubiegen, sondern auch, überhaupt die Bedeutung von Verkehrszeichen zu kennen.

Okay, es mag auch vereinzelt Straßenverkehrsbehörden in Deutschland geben, die vor der dritten Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt bis auf die Knochen blamiert werden, indem der Kläger ein Foto aus der Blumenstraße hochhält und darauf verweist, dass hier schon seit mehreren Jahren(!) trotz mehrerer Hinweise(!) immer noch keine Freigabe angeordnet wurde, obwohl über dem verfickten, den Radverkehr mit verbietenden Verbot für Fahrzeuge aller Art ein noch verfickterer HBR-Wegweiser hängt. Aber der voreingenommene vorsitzende Richter hätte mir sicher ebenfalls mitgeteilt, dass mir auch hier eine Klagebefugnis fehlen würde. „Rechtsstaat“ mich am Arsch.

Das immerhin einigermaßen kreativ gestaltete Zusatzzeichen ist in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig, da nicht im Verkehrszeichenkatalog vorkommend. VwV zu § 39 StVO, Rn. 7:

Es dürfen nur die in der StVO abgebildeten Verkehrszeichen verwendet werden oder solche, die das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur nach Anhörung der zuständigen obersten Landesbehörden durch Verlautbarung im Verkehrsblatt zulässt. (…)

Und obendrein redundant; nach § 39 (1) StVO. Randnummern 1 und 2 der VwV zu § 39 StVO:

Die behördlichen Maßnahmen zur Regelung und Lenkung des Verkehrs durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sollen die allgemeinen Verkehrsvorschriften sinnvoll ergänzen. Dabei ist nach dem Grundsatz zu verfahren, so wenig Verkehrszeichen wie möglich anzuordnen. Bei der Straßenbaubehörde ist gegebenenfalls eine Prüfung anzuregen, ob an Stelle von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen vorrangig durch verkehrstechnische oder bauliche Maßnahmen eine Verbesserung der Situation erreicht werden kann.

Verkehrszeichen, die lediglich die gesetzliche Regelung wiedergeben, sind nicht anzuordnen. Dies gilt auch für die Anordnung von Verkehrszeichen einschließlich Markierungen, deren rechtliche Wirkung bereits durch ein anderes vorhandenes oder gleichzeitig angeordnetes Verkehrszeichen erreicht wird. Abweichungen bedürfen der Zustimmung der obersten Landesbehörde.

Ja, da war doch mal was; mit dieser ominösen „Schilderwaldnovelle“? Das Zusatzzeichen gibt einfach nur einen Regelungsgehalt (dazu später mehr) des Verbot für Fahrzeuge aller Art wieder; wer mit dem Rad dort durch will, muss sich in einen (ein Fahrzeug mit sich führenden) Fußgänger verwandeln.

Warum nun jedoch meiner geliebten Straßenverkehrsbehörde auf diesem auch nur schwach von Spaziergängern frequentierten Weg während ihrer sicherlich wieder mal vorbildlich durchgeführten und dokumentierten gewissenhaften Prüfung u. a. des Grundsatzes der Erforderlichkeit wirklich gar kein milderes Mittel eingefallen ist, als das Radfahren komplett zu verbieten und auch noch provokative Zusatzzeichen zu verwenden?

Vermutlich wird man, wenn man mir in drei Monaten oder so „antworten“ wird, auf die geringe Wegbreite im Bereich der Engstellen verweisen, die eine Begegnung zwischen Radfahrern oder Fußgängern verunmögliche. Fahren wir den mit ca. 8 bis 10 % ansteigenden, insgesamt knapp 360 m langen Abschnitt also einfach mal rauf und wieder runter.

Hinter der im vorherigen Foto gezeigten Engstelle gleich zu Beginn folgen noch zwei weitere, hier die erste.

Und dahinter die zweite, etwas längere (ca. 30 m).

Immerhin haben sie sogar daran gedacht, reflektierende Warnbaken dranzunageln. Jaha, sogar die Poller am anderen Ende reflektieren.

Wie gesagt, bergab fehlte lange Zeit die Freigabe. Fahren wir wieder runter. Erste Engstelle. Man kann Anfang und Ende jederzeit überblicken. Und halt einfach kurz warten, wenn da gerade eine Mutter mit einem Kinderwagen läuft.

Zweite Engstelle.

Und die letzte am Ende des Abschnitts.

Auf jenem Foto ist übrigens ein kanz pöhser Pursche erkennbar, der das liebevoll gestaltete Piktogramm einfach missachtete. Als er an mir vorbeifuhr, rief ich ihm in lachender Weise zu, dass das illegal sei und er gefälligst abzusteigen hätte. Leider tat er das, was auch sonst alle machen: Mich ignorieren.

Egal. Wisst ihr übrigens, dass das hier immer noch eine (wenn auch etwas in die Jahre gekommene) Radroute ist? Okay, den Wegweiser unten erkennt man nicht mehr so richtig.

Aber der oben hat sich doch ganz gut gehalten?

Jetzt weiß ich auch endlich, was „Radwandern“ bedeutet; das war für mich bislang nämlich immer ein mehr als mysteriöses Oxymoron.

Ich könnte hier jetzt abschließend wieder einen langen Aufsatz über das Thema Ermessensfehlgebrauch schreiben. Ich lasse es. Stattdessen zitiere ich einfach mal das, was in der lfd. Nr. 28 der Anlage 2 zur StVO (zum Verbot für Fahrzeuge aller Art) steht:

Ge- oder Verbot
1. Verbot für Fahrzeuge aller Art. Das Zeichen gilt nicht für Handfahrzeuge, abweichend von § 28 Absatz 2 auch nicht für Reiter, Führer von Pferden sowie Treiber und Führer von Vieh.
2. Krafträder und Fahrräder dürfen geschoben werden.

Ja, echt geil! Durch diese hohlen, angeblich zu gefährlichen Gassen darfst du zwar nicht (hierbei auf einzelne Spaziergänger Rücksicht nehmend) radeln, aber u. a. weiter mit deinem breiten Ackergaul reiten und deine Rinder- und Schafherde treiben. Wie das halt im wilden Westen so üblich ist. Und nein, das ist nicht irrelevant, denn es gibt in unserem Dorf einen Reiterhof. Ein Gehweg hinstellen wollten sie allerdings auch nicht; denn dann wären sie verkehrssicherungspflichtig – und somit haftbar.

Auch dieser neuerliche Radfahrerhass passt zu dieser in jeder Hinsicht verkommenen Stadt. In welcher man u. a. auch (immer noch!) Routen des Mountainbikeparks durch städtische Grünanlagen führt, in denen man jedoch nicht mal ein Rad (schiebend) mit sich führen darf. Und wisst ihr, was das geilste ist? Diese Pappnasen haben es sich nach der Nummer mit der illegalen Umleitung allen ernstes gewagt, auch noch der „Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Kommunen (AGFFK)“ beizutreten.

Krieg ist Frieden. Freiheit ist Sklaverei. Unwissenheit ist Stärke.

Schreibe einen Kommentar