B 10: 30 Jahre Radverkehrsdiskriminierung

B-10-Radwege im Winter

Am verregneten gestrigen Tage war ich beschäftigt. Verrichtete wieder mehrere Stunden unbezahlter und auch sonst nicht honorierter, gesellschaftlich wertvoller und notwendiger Arbeit. Ich vollendete eine Ausarbeitung anlässlich des sich am 21. März zum 30. Mal jährenden Ausschlusses des Radverkehrs von der Benutzung der B 10 im Pfälzerwald zwischen Hinterweidenthal und Wilgartswiesen. Seit 2016 engagiere ich mich hier in der Region gegen die Benachteiligung des Radverkehrs – und dieses Thema ist das dickste Brett von allen. Umso schmerzhafter war es, über all die Jahre im Endeffekt keinerlei Rückendeckung zu erhalten. Auch die „alternativen“ Medien in Gestalt der Nachdenkseiten hielten diesen Skandal nicht einmal einer Antwort wert.

Aufgrund der allgemeinen Hoffnungslosigkeit musste ich mich stark zusammenreißen, vor dem Stichtag 21. März zu diesem Thema doch noch einmal etwas zusammenzustellen, was ich heute Mittag per e-mail an alle Landtagsfraktionen, einzelne Abgeordnete, zahlreiche Behörden und Ministerien, einige regionale und überregionale Medien sowie einzelne Verbände versendet habe. Hätte zuletzt der SWR nicht ein grundsätzliches Interesse an dem Thema bekundet, hätte ich es wohl bleibenlassen.

Die abschließend verlinkten drei PDF-Dokumente liegen frei zugänglich auf meinem Server, wer sie in welcher Form auch immer teilen möchte, kann und darf dies (im Rahmen einer eigenen Zusammenfassung) gerne tun. Der Einfachheit halber möchte ich die Inhalte jener auch hier im (gegenwärtig nicht mehr öffentlichen) Blog in der gewohnten Form (ausgenommen die Hervorhebungen) darstellen.


30 Jahre Verbannung des Radverkehrs von der B 10

Übersichtskarte

Am 21. März 2024 „feiert“ der Landkreis Südwestpfalz ein großes Jubiläum: Die Verbannung des Radverkehrs von der B 10 auf ungewidmete „Wirtschaftswege“ jährt sich zum 30. Male.

Sachverhalt und jüngere Historie

Der Abschnitt der B 10 zwischen Höheischweiler und Siebeldingen ist rund 43 km lang und führt durch den gesamten südlichen Pfälzerwald. Aufgrund der recht anspruchsvollen Topographie dieses Mittelgebirges gibt es nördlich und südlich der B 10 keine oder nur teils sehr große Umwege beinhaltende Alternativen auf klassifizierten Straßen.

Auf dem westlichen und östlichen Abschnitt ist die B 10 als Kraftfahrstraße (Zeichen 331.1 StVO) ausgewiesen, im mittleren Abschnitt zwischen Hinterweidenthal und dem Knoten Wellbachtal (B 48) mit Zeichen 254 StVO gesperrt. Lediglich der letztgenannte Abschnitt ist in Richtung Wilgartswiesen mit Fahrrädern legal benutzbar, weil die Kreisverwaltung Südliche Weinstraße sich (noch) weigert, die Bundesstraße mangels ganzjährig sicherer Alternative zu sperren.

Auf drei Abschnitten wird der Radverkehr, teils auch der Mofa-, Motorrad- und Kraftfahrzeugverkehr (zulässige Höchstgeschwindigkeit < 60 km/h) über ungewidmete Wirtschaftswege und Gemeindestraßen geführt: Pirmasens – Münchweiler, Hinterweidenthal – Hauenstein und Wilgartswiesen – Knoten Wellbachtal (B 48). Der mittlere Abschnitt wurde erst um 2005 herum mit Geldern vom Bund ausdrücklich für Radverkehrszwecke asphaltiert; bis dahin mussten Radfahrer 10 Jahre lang über einen Schotter-Waldweg fahren.

Am 23. Juni 1993 erließ die damalige Kreisverwaltung Pirmasens (heute Südwestpfalz) eine verkehrsbehördliche Anordnung zur Sperrung der B 10 für den Radverkehr zwischen Hinterweidenthal und Wilgartswiesen. Man verwies (entgegen den Bestimmungen der StVO, die eine besondere örtliche Gefahrenlage voraussetzt) auf die „allgemeine Gefahr“, welche sich durch die bevorstehende bauliche Anlage eines dritten Fahrstreifens (statt eines „Radwegs“) erhöhen werde. Im September 1993 fiel der Behörde jedoch doch auf, dass der (vermeintliche) „Radweg“ aufgrund von Bauarbeiten in der Ortslage Hinterweidenthal gesperrt sei und man Radfahrer somit die Nutzung der B 10 gegenwärtig nicht vorenthalten könne.

In der Akte befand sich unter anderem die Kopie einer kurzen Meldung in der Pirmasenser Zeitung vom 10.03.1994, welche (passenderweise) mit „Radfahrer von B 10 verbannt“ überschrieben wurde. Darin heißt es, dass die B 10 mit Beginn der Osterferien (am 21. März 1994) für Radfahrer gesperrt werde. Diese müssten zukünftig den (in der Anordnung so bezeichneten) „Radweg“ benutzen.

Das Problem hierbei ist, dass es sich bei diesem „Radweg“ bis zum heutigen Tage rechtlich gesehen um keinen „Radweg“, sondern einen „Wirtschaftsweg“ handelt, für den keinerlei Verkehrssicherungspflichten gelten. Dies bedeutet vor allem im Winter, dass dieser Weg teilweise über Wochen unter Eis und Schneemassen verschwindet. Er wird das gesamte Jahr über auch selten bis gar nicht gereinigt. Sperrungen aufgrund von Forstarbeiten werden weder vorher angekündigt, noch (akzeptable und nutzbare) Umleitungen ausgeschildert.

Seit nun fast genau 30 Jahren wird der Radverkehr auf der wichtigsten überregionalen Verbindung im Kreis Südwestpfalz zwischen Pirmasens und Landau aufs Übelste diskriminiert. Und niemanden stört oder interessiert es; weder die unzähligen beteiligten Behörden, die Lokal- und Landespolitiker und leider auch nicht die lokale Presse.

Rechtsgrundlagen

  • Bundesfernstraßengesetz (FStrG)
  • Landesstraßengesetz Rheinland-Pfalz (LStrG)
  • Straßenverkehrsordnung (StVO)
  • Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrsordnung (VwV StVO)

Abschnitt Höheischweiler / Petersberg – Pirmasens

Mit der „Galeriestraße“ oberhalb des Fehrbachtunntels der B 10 besteht – aus der Sicht des „Langsamverkehrs“ – eine faktische Lücke im klassifizierten (also dem überörtlichen Verkehr dienenden) Straßennetz zwischen der K 15 (Landkreis Südwestpfalz) und der K 1 (Pirmasens), die auf der Karte magenta eingezeichnet ist.

Schauen wir zu Beginn in den 1. Abschnitt des Landesstraßengesetzes, welches vor allem die rechtlichen Eigenschaften öffentlicher Straßen in Rheinland-Pfalz regelt.

§ 1 LStrG:

Geltungsbereich

(1) Bau, Unterhaltung und Benutzung der öffentlichen Straßen bestimmen sich nach diesem Gesetz.

(2) Öffentliche Straßen im Sinne dieses Gesetzes sind die dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wege und Plätze.

(…)

§ 2 LStrG:

Funktion der öffentlichen Straßen

Die öffentlichen Straßen haben den Bedürfnissen des überregionalen, regionalen, flächenerschließenden und innerörtlichen Verkehrs zu entsprechen.

§ 3 LStrG:

Einteilung der öffentlichen Straßen

Die öffentlichen Straßen werden nach ihrer Verkehrsbedeutung, insbesondere unter Berücksichtigung ihrer raumordnerischen Funktion, in folgende Straßengruppen eingeteilt:

1. Landesstraßen (Landstraßen I. Ordnung); das sind Straßen, die innerhalb des Landesgebietes untereinander oder zusammen mit Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz bilden und dem Durchgangsverkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind,

2. Kreisstraßen (Landstraßen II. Ordnung); das sind Straßen, die dem Verkehr innerhalb eines Landkreises, dem Verkehr mit benachbarten Landkreisen oder kreisfreien Städten oder (…) dienen, (…)

3. Gemeindestraßen und sonstige Straßen:
a) Gemeindestraßen sind Straßen, die überwiegend dem örtlichen Verkehr dienen.
b) Sonstige Straßen sind:
aa) Geh- und Radwege, soweit sie nicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 zu einer Straße gehören (selbständige Geh- und Radwege), und
bb) (…)

Auch der Radverkehr (einschließlich des sonstigen sogenannten „Langsamverkehrs“), der von der Nutzung der B 10 (weitestgehend) ausgeschlossen ist, hat ein Verkehrsbedürfnis im Sinne des § 2, überörtlich auf einer der Verkehrsbedeutung entsprechend klassifizierten Straße zu verkehren.

Die „Galeriestraße“ zwischen dem Fehrbacher Wasserturm und dem Staffelhof dient eindeutig dem Verkehr zwischen dem benachbarten Landkreis Südwestpfalz und der kreisfreien Stadt Pirmasens, ist also überörtlicher Verkehr mindestens im Sinne des § 3 Nr. 2 LStrG.

Die gegenwärtige Klassifizierung als Gemeindestraße ist, da hier gerade kein örtlicher, sondern überörtlicher Verkehr i. S. d. Nr. 3 a) stattfindet, fehlerhaft. Die falsche Einteilung (bzw. Widmung) führt unter anderem zu eingeschränkten Verkehrssicherungspflichten (§§ 11 bis 17 LStrG) von Kreis und Stadt.

Abschnitt Pirmasens – Münchweiler

Auf diesem Abschnitt wird der Radverkehr zwischen dem Waldfriedhof Pirmasens und der Industriestraße in Münchweiler über Gemeindestraßen und einen nicht dem öffentlichen Verkehr dienenden Wirtschaftsweg i. S. des § 1 (5) LStrG geleitet, welcher im Eigentum des Forstamts Westrich steht.

§ 1 (5) LStrG ist eine der von rheinland-pfälzischen Behörden vor allem in Bezug zum Radverkehr am häufigsten missachteten Rechtsnormen:

Wege, die ausschließlich der Bewirtschaftung land- oder forstwirtschaftlicher Grundstücke dienen (Wirtschaftswege), sind nicht öffentliche Straßen.

Eine Ausschließlichkeit i. S. d. Vorschrift liegt auf diesem Abschnitt jedoch nachweislich nicht vor; der Radverkehr überwiegt dort (trotz der fehlenden Widmung) in erheblichem Umfange. Dieser Weg ist seit mindestens einem Jahrzehnt unter anderem als HBR-Route ausgewiesen.

Zudem verweist die amtliche („gelbe“) Umleitungs-Wegweisung im Sinne der StVO in Münchweiler (eingeschränkt) und in Pirmasens den „Langsamverkehr“ ausdrücklich auf jene nicht-öffentliche Straße, die im Winter nicht geräumt und gestreut wird.

Bereits im Planfeststellungsbeschluss vom 27.05.1997 zum vierstreifigen Ausbau jenes B-10-Abschnittes missachtet die Planfeststellungbehörde geltendes Recht und verweist (ohne ausdrücklich verfügte Teileinziehung oder Widmungsbeschränkung) den „minderwertigen“ Radverkehr auf den besagten „Wirtschaftsweg“, dessen Ausbau für den Eigentümer (das Forstamt Westrich) im Übrigen eine Subvention darstellte. Im Bauwerksverzeichnis heißt es u. a.:

Für land- und forstwirtschaftlichen Verkehr, sowie für Fußgänger und Radfahrer, wird der vorhandene Waldweg nördlich der B 10 bituminös befestigt.

Die Kosten für den Bau trägt die Bundesrepublik Deutschland – Bundesstraßenverwaltung -; die Unterhaltung verbleibt bei Forstverwaltung Rheinland-Pfalz.

Im Planfeststellungsbeschluss liest man unter anderem:

Bezüglich der Ausgestaltung der in einer Gesamtbreite von 4,50 m planfestgestellen Ersatzforstwege wird festgeschrieben, daß der nördlich der B 10 vorgesehene Ersatzforstweg bei einer Bankettbreite von jeweils 0,50 m in einer Breite von 3,50 m zu befestigen ist (…).

Die Ausweisung eines separaten Rad- und Gehwegs auf dem Forstweg nördlich der B 10 bleibt von der Planfeststellung ausgenommen, da eine Benutzung der zur Kraftfahrstraße ausgebauten B 10 durch Radfahrer und Fußgänger nicht zugelassen ist, so daß ein Rad- und Gehweg entlang der Planungsstrecke nicht als unselbständiger Bestandteil der Kraftfahrstraße einbezogen werden kann. Es wird jedoch in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß eine ordnungsgemäße Mitnutzung des Forstweges von Fußgängern und Radfahrern unter Berücksichtigung von § 11 Abs. 1 des Landesforstgesetzes sowie auch der bautechnischen Ausgestaltung des Weges dauerhaft sichergestellt ist. (…)

Bei den unter den lfd. Nrn. 2 und 3 des Bauwerksverzeichnisses angeführten parallel zur B 10 verlaufenden Wegeverbindungen handelt es sich aufgrund der ausschließlichen bzw. überwiegenden forstwirtschaftlichen Nutzung um Forstwege in der Unterhaltungslast der Landesforstverwaltung.

Die Vorgängerbehörde des LBM (Straßenbauamt Kaiserslautern) hat hier die Interessen der von der B 10 ausgeschlossenen Verkehrsarten (also des „Langsamverkehrs“) generell geringwertiger betrachtet als die Anlage eines „Ersatzforstweges“, der jedoch gerade nicht dem öffentlichen Verkehr dient. Die Planfeststellungsbehörde betrachtete u. a. den Radverkehr generell nicht als öffentlichen Verkehr im Sinne des LStrG, der daher einfach auf eine nicht-öffentliche Straße verbannt werden und die er (quasi nebenbei) „mitnutzen“ könne, auf welcher nicht einmal die Verkehrssicherung (vor allem in Gestalt eines Räum- und Streudienstes) gesetzlich geregelt ist. Vereinbarungen mit dem Bund wurden diesbezüglich keine getroffen.

Nach dem gegenwärtigen LStrG ist auch auf dieser Relation der gegenwärtige „Wirtschaftsweg“ mindestens zu einer in der Baulast der Stadt Pirmasens und des Kreises Südwestpfalz stehenden Kreisstraße hochzustufen (deren Widmung im Übrigen auch auf den Radverkehr beschränkt werden kann), da hier die Landkreisgrenzen überschreitender überörtlicher Verkehr mit Fahrrädern und „langsamen“ Kraftfahrzeugen stattfindet. Hier würde gar ein selbständiger Geh- und Radweg i. S. d. § 3 Nr. 3 b) aa) LStrG als Lösung für die motorisierten Langsamverkehre ausscheiden.

§ 38 LStrG:

Umstufung

(1) Hat sich die Verkehrsbedeutung einer Straße geändert, so ist die Straße in die entsprechende Straßengruppe umzustufen (Aufstufung, Abstufung). Das Gleiche gilt, wenn eine Straße nicht in die ihrer Verkehrsbedeutung entsprechende Straßenklasse eingestuft ist oder überwiegende Gründe des Gemeinwohls vorliegen. (…)

Zudem ist ganz allgemein die (bewusste) Führung von öffentlichem Verkehr über ungewidmete Wirtschaftswege i. S. d. § 1 (5) LStrG unzulässig und rechtswidrig; diese sind stets als öffentliche Straßen zu widmen. Dies haben zahlreiche Verwaltungsgerichte, Oberverwaltungsgerichte und auch das Bundesverwaltungsgericht bereits vor Jahrzehnten eindeutig festgestellt.

Was sagt eigentlich das Bundesfernstraßengesetz?

§ 7 FStrG:

Gemeingebrauch

(1) Der Gebrauch der Bundesfernstraßen ist jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsbehördlichen Vorschriften zum Verkehr gestattet (Gemeingebrauch). Hierbei hat der fließende Verkehr den Vorrang vor dem ruhenden Verkehr. (…)

(2) Der Gemeingebrauch kann beschränkt werden, wenn dies wegen des baulichen Zustandes zur Vermeidung außerordentlicher Schäden an der Straße oder für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs notwendig ist. Die Beschränkungen sind durch Verkehrszeichen kenntlich zu machen.

(2a) Macht die dauernde Beschränkung des Gemeingebrauchs durch die Straßenbaubehörde (…) die Herstellung von Ersatzstraßen oder -wegen notwendig, so ist der Träger der Straßenbaulast der Bundesfernstraße zur Erstattung der Herstellungskosten verpflichtet, es sei denn, dass er die Herstellung auf Antrag des zuständigen Trägers der Straßenbaulast selbst übernimmt.

(…)

Hierzu ist grundsätzlich anzumerken, dass für die gesamte B 10 durch den Pfälzerwald über Jahrzehnte keine Teileinziehung bzw. Widmungsbeschränkung bzgl. des Radverkehrs und sonstigen „Langsamverkehrs“ vorlag. Auch in den Planfeststellungsbeschlüssen zum vierstreifigen Ausbau der B 10 wurde niemals der Benutzerkreis auf Verkehrsteilnehmer i. S. d. § 18 StVO ausdrücklich beschränkt.
Derartige straßenrechtliche Teileinziehungen holte der LBM erst für den östlichen Abschnitt (Wilgartswiesen – A 65 Landau) per Allgemeinverfügung vom 16.03.2022 (mit Wirkung zum 01.05.2022) und für den westlichen Abschnitt (Pirmasens – VG Hauenstein) vom 25.10.2022 (mit Wirkung zum 01.12.2022) „nach“.

Auszug aus dem Beschluss des BVerwG 3 B 58.16 vom 03.01.2018, Rn. 17:

Die Frage, inwieweit bei der Ausweisung einer Strecke als Kraftfahrstraße (§ 18 Abs. 1 StVO) ausreichende Ausweichmöglichkeiten für den von der Nutzung dieser Straße ausgeschlossenen langsam fahrenden Verkehr zur Verfügung stehen, ist von der für die Ausweisung zuständigen Straßenverkehrsbehörde im Rahmen der ihr nach § 45 Abs. 1 i.V.m. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO obliegenden Ermessensentscheidung (…) mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu prüfen. Auch nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) ist Voraussetzung für die Anordnung des Verkehrszeichens 331.1, dass für den Verkehr, der Kraftfahrstraßen nicht befahren darf, andere Straßen zur Verfügung stehen, deren Benutzung zumutbar ist.

Das BVerwG bezieht sich in seinem Beschluss zur Ausweisung der B 50 im Hunsrück als Kraftfahrstraße vor allem auf die VwV zu § 45 StVO, Rn. 45a:

Vor der Anordnung von Verkehrsverboten für bestimmte Verkehrsarten durch Verkehrszeichen, wie insbesondere durch Zeichen 242.1 und 244.1, ist mit der für das Straßen- und Wegerecht zuständigen Behörde zu klären, ob eine straßenrechtliche Teileinziehung erforderlich ist. Diese ist im Regelfall notwendig, wenn bestimmte Verkehrsarten auf Dauer vollständig oder weitestgehend von dem durch die Widmung der Verkehrsfläche festgelegten verkehrsüblichen Gemeingebrauch ausgeschlossen werden sollen. Durch Verkehrszeichen darf kein Verkehr zugelassen werden, der über den Widmungsinhalt hinausgeht.

Der straßenverkehrsrechtliche Ausschluss des Radverkehrs von der Benutzung der B 10 durch Anordnung von Zeichen 254 und 331.1 StVO war somit über Jahrzehnte rechtswidrig, da der Gemeingebrauch ohne vorherige Teileinziehung (oder Beschränkung des Gemeingebrauchs im Rahmen der Planfeststellungsverfahren) durch den Baulastträger eingeschränkt wurde. Eine solche „Nachholung“ im Falle der B 50 war auch der Grund, warum sich das BVerwG zu dieser Frage nicht weitergehend äußerte.

Abschnitt Hinterweidenthal – Hauenstein

Mein jahrelanges Engagement konzentrierte sich vor allem aufgrund dessen (alternativloser) Verkehrsbedeutung auf diesen Abschnitt. Wegen fehlender alternativer Landes- und Kreisstraßen stellt dieser ein Nadelöhr in West-Ost-Richtung dar. Die Umwege (über Dahn und Vorderweidenthal bzw. Leimen und das Wellbachtal) betragen teilweise über 23 Kilometer.

Die Bundestagsfraktion der Linken erhielt aufgrund einer im Wesentlichen von mir formulierten kleinen Anfrage per Bundestags-Drucksache 19/13895 am 10.10.2019 u. a. vom BMVI die folgenden Antworten, die sich vor allem auf die Situation an der B 10 zwischen Hinterweidenthal und Hauenstein bezogen:

Frage 9: Sind diese Wege auch ausdrücklich als unselbstständige Radwege im Zuge eines Bundesverkehrswegs straßenrechtlich, auch unter Verweis auf die §§ 1 bis 5 FStrG, entsprechend dem öffentlichen Verkehr zu widmen bzw. bestehende Widmungen zu erweitern (bitte begründen)?

Antwort: Ersatzstraßen oder -wege im Sinne von § 7 Absatz 2a des Bundesfemstraßengesetzes müssen geeignet sein, das Verkehrsbedürfnis zu befriedigen‚ für das die Bundesstraße nicht zur Verfügung steht. Die Benutzung der Straße oder des Weges durch den Radverkehr muss von der Widmung erfasst sein. Die Widmung dieser Straßen und Wege bestimmt sich nach den Landesstraßengesetzen.

Das BMVI bestätigt hier das eigentlich selbstverständliche, dass der Radverkehr generell auf einer gewidmeten (öffentlichen) Straße geführt werden muss. Dies ist auf den drei hier näher beschriebenen Abschnitten im Zuge der B 10 bis heute nicht der Fall.

Frage 11: Wie können nach Ansicht der Bundesregierung Radfahrende ihre Rechte wahrnehmen, wenn sich eine Vielzahl von Beteiligten (Landesstraßenbaubehörden, Kreis, Stadt, Verbandsgemeinde, Gemeinde, öffentliche und nichtöffentliche Eigentümer) nicht auf eine in den „Grundsätzen 2008“ genannte Vereinbarung insbesondere zur Durchführung und Finanzierung von Winterdiensten einigen?

Antwort: Die Winterdienstaufgaben des Straßenbaulastträgers bzw. des Wegeverantwortlichen kann von der gesetzlichen Straßenaufsicht gewährleistet, nicht aber von den Straßenbenutzern durchgesetzt werden.

Das BMVI stellt fest, dass es grundsätzlich Winterdienstaufgaben gibt, die individuell jedoch nur schwer durchsetzbar sind. Die hier genannten „Grundsätze 2008“ wurden inzwischen zu den „Grundsätzen 2020“ weiterentwickelt, die als Verwaltungsvorschrift betrachtet werden können.

Eine derartige „Vereinbarung“ wurde unter anderem auf dem Abschnitt Hinterweidenthal – Hauenstein im Jahre 2004 abgeschlossen. Diese beinhaltete jedoch keine Regelungen zur Verkehrssicherung, insb. keine zum Winterdienst. Ein Antrag der VG Hauenstein vom 19.10.2020 gegenüber dem BMVI unter Bezug auf die „Grundsätze 2008“ wurde vom BMVI unter der (damals) schlicht vollkommen falschen Behauptung, die B 10 sei auf dem maßgeblichen Abschnitt eine Kraftfahrstraße und der Radverkehr gehöre nicht zu den (straßenrechtlich) zulässigen Verkehrsarten, zurückgewiesen. Die VG Hauenstein nahm diese mangelhafte Zurückweisung einfach so hin und wies, anstatt zukünftig Winterdienst zu leisten, stattdessen mit Schildern auf den fehlenden Winterdienst hin.

Die VG Hauenstein bezog sich bei ihrem Antrag u. a. auf die Antworten des MWVLW in der Landtags-Drucksache 17/12374, in welcher jenes Ministerium die angeblichen „Wirtschaftswege“ plötzlich doch wieder als „Radwege“ bezeichnete und den Kommunen die Verantwortung für die „Baulast“ und den Winterdienst zuwies. Im Rahmen meiner Eingaben bestritt man von Seiten des Ministeriums zuvor mehrfach und ausdrücklich, dass es sich hier (weder) um einen (rechtlich selbständigen, noch unselbständigen) „Radweg“ handele.

In Abschnitt 4.4 jener „Grundsätze 2020“ geht es um Ablösezahlungen für die (zukünftig von den Eigentümern der Wege zu leistende) Verkehrssicherung:

Die Mehrkosten für Unterhaltung, Erneuerung und Betrieb (einschließlich Winterdienst) des Weges, die aus der kombinierten Nutzung mit dem Radverkehr entstehen, sind gegenüber dem Träger der Straßenbaulast bzw. dem Wegeeigentümer in entsprechender Anwendung der Ablösungsbeträge-Berechnungsverordnung (ABBV) abzulösen. Gegenüber privaten bzw. insolvenzfähigen Wegeeigentümern werden die entsprechenden Mehrkosten grundsätzlich jährlich erstattet. Eine Ablösung erfolgt nur gegen angemessene Sicherheitsleistung.

Die VG Hauenstein wollte, dass der Bund sich (nachträglich) mittels Ablösezahlung an den Kosten für einen zukünftig zu leistenden Winterdienst auf dem sogenannten „Radweg“ beteiligt. Der Bund hatte damals ja nur die Asphaltierung (ausdrücklich für Radverkehrszwecke) bezuschusst. Die Zurückweisung des VG-Antrags durch den Bund ist auch im Hinblick auf den wesentlichen Zweck der vom Bund erlassenen „Grundsätze 2020“ völlig absurd, denn jene dienen generell der sogenannten „Entflechtung“ der Verkehrsarten.

Der Bund versucht mit diesen Maßgaben, den Radverkehr im Zuge von Bundesstraßen auf äußerst kostengünstige Weise loszuwerden, indem er die Führung jenes Radverkehrs auf nicht in seiner Baulast (und sonstigen Verantwortung) stehenden Pseudo-„Radwegen“ finanziell fördert – und (wie an der B 10) irgendwann Teileinziehungen und somit dauerhafte Verkehrsverbote verfügt.

Im Ergebnis wurden und werden jedoch auch die tendenziell sinnvollen Regelungen im Rahmen der „Grundsätze 2020“ vom BMVI im Falle der B 10 komplett ignoriert; der Bund (heute vertreten durch das von Volker Wissing geführte BMDV) fühlt sich aufgrund der (unlängst verfügten) Teileinziehungen (deren wesentlicher Zweck wohl der tatsächliche Ausschluss der Anwendung der „Grundsätze 2020“ war) nun generell nicht mehr für den Radverkehr im Zuge der B 10 zuständig.

Dass der LBM (als für den Bund handelnde Landesbehörde, dessen Agieren bei mir starke Zweifel an der Gewaltenteilung weckt) Teileinziehungen zur Umwandlung der B 10 in eine Kraftfahrstraße jedoch auch gerade dann gar nicht erst verfügen darf, wenn für die ausgeschlossenen Verkehrsarten keine zumutbare Alternative vorliegt, habe ich unter Verweis auf die VwV und die Rechtsprechung des BVerwG weiter oben belegt. Der Bund definiert in jenen „Grundsätzen 2020“, als auch in den Antworten auf die kleine Bundestags-Anfrage, ziemlich genau, was vorliegen muss, bevor überhaupt eine Teileinziehung infrage kommt.

Der LBM hat in jenen Teileinziehungen allerdings auch gar keine konkreten anderen öffentlichen Straßen angegeben, über welche der „Langsamverkehr“ zukünftig fließen solle. Es ist ihm (wie bisher) einfach vollkommen egal. Eine Ausübung pflichtgemäßen Ermessens vor allem in Form einer Abwägung ist ebenfalls nicht einmal in Ansätzen zu erkennen.

Abschnitt Wilgartswiesen – Rinnthal

Am deutlichsten wird die absurde Situation des Radverkehrs im Zuge der B 10 durch den Pfälzerwald auf dem einzigen (kurzen) Abschnitt, auf welchem Radfahrer die B 10 noch benutzen dürfen, nämlich zwischen dem Knoten Wellbachtal (L 490 / B 48) bei Rinnthal und Wilgartswiesen.

An der Auffahrt zur B 10 in Richtung Pirmasens findet man weder ein Zeichen 331.1, noch ein Zeichen 254. Der Grund hierfür ist, dass hier nicht die Kreisverwaltung Südwestpfalz, sondern die Kreisverwaltung Südliche Weinstraße für die Anordnung von Verkehrszeichen sachlich und örtlich zuständig ist.

Letztere verweigert seit der vor 30 Jahren vom damaligen Landkreis Pirmasens verfügten Sperrung der B 10 zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal die Sperrung des in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Abschnitts für den Radverkehr mit der (rechtlich korrekten) Begründung, dass dem Radverkehr hier keine ganzjährig sichere Alternative angeboten werden könne. Auch nach der vom LBM verfügten Teileinziehung wurden von dieser bislang keine Zeichen 331.1 StVO (Kraftfahrstraße) angeordnet.

Auf dem vereisten Abschnitt des sogenannten „Queichtal-Radwegs“, welchen Radfahrer von Wilgartswiesen in Richtung Rinnthal als Alternative faktisch benutzen müssen, stürzte am 31.01.2019 ein Radfahrer schwer und wurde erst nach einer Stunde zufällig von einem Autofahrer gefunden; andernfalls wäre er ggf. sogar erfroren. Meine Strafanzeige anlässlich dieses Unfalls gegen Unbekannt wegen fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassen einer Widmung und notwendiger Verkehrssicherung wurde von der Staatsanwaltschaft sowie der Generalstaatsanwaltschaft Zweibrücken pauschal zurückgewiesen, unter anderem verwies man hierbei auf die am Wegesrand aufgestellten Plastikschilder, nach welchen dies ein „Wirtschaftsweg“ sei, auf dem Radfahrer nur auf eigene Gefahr unterwegs seien. Das Verkehrsverbot auf der B 10 spielte für die Strafverfolgungsbehörden keine Rolle.

In der Ortslage Wilgartswiesen weisen zudem entgegen der Bestimmungen der Verwaltungsvorschriften zu § 41 StVO, Rn. 2 bis zum heutigen Tage keine amtlichen Verkehrszeichen auf die Sperrung der B 10 für Radfahrer hin, dies erkennt man erst unmittelbar an den Zufahrten (man muss dann halt umkehren und sich seinen eigenen Weg suchen). Ebenfalls fehlt eine amtlich ausgewiesene Umleitung über jenen (nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmeten) „Wirtschaftsweg“ / „Queichtal-Radweg“ in Richtung Rinnthal.

Von Wilgartswiesen ausgehend fehlt in Richtung Hauenstein bis zum heutigen Tage auch generell eine Ersatzstraße i. S. d. § 7 (2a) FStrG, welche an den Bahnhaltepunkt Hauenstein Mitte anknüpfen würde. Radfahrern bleibt hier seit Jahrzehnten nur die einen deutlichen Umweg beinhaltende Benutzung der Kreisstraße 38.

Abschnitt Queichhambach – Albersweiler

In den Auswirkungen zwar nicht besonders schwerwiegend, jedoch straßenrechtlich unzulässig waren im Übrigen auch die Herabstufungen der beiden ehemaligen Landesstraßen zwischen Queichhambach und Albersweiler im Landkreis Südliche Weinstraße (Hauptstraße, Eußerthaler Straße und Am Bahnhof). Auch hier besteht (wie zu Beginn über den Abschnitt Höheischweiler – Pirmasens ausgeführt) für das Verkehrsbedürfnis des Rad- und sonstigen Langsamverkehrs keine entsprechende durchgehende Verbindung auf einer im Sinne des LStrG eingeteilten klassifizierten Landes- oder Kreisstraße, da die OD Albersweiler zwischen L 505 und L 507 nur noch als Gemeindestraße eingestuft ist. Dies kann im Zweifelsfall gerade im Winter zu eingeschränkten Winterdiensten führen.

Die Praxis vor allem von Seiten des Landes, den Landkreisen und Ortsgemeinden im Rahmen von Ausbauten anschließend per mehr als zweifelshaften „Deals“ die Baulasten von Landesstraßen aufzudrücken, halte ich im Übrigen in den meisten Fällen für rechtlich äußerst fragwürdig. Abstufungen dürfen nicht aus finanziellen Gründen verfügt werden, sondern ausschließlich aufgrund geänderter Verkehrsverhältnisse.

Fazit

Im Jahr 2009 wurde ich im Rahmen einer winterlichen Tour mit dem Rennrad das erste Mal mit den Zuständen an der B 10 zwischen Hauenstein und Hinterweidenthal persönlich konfrontiert, als ich (bei in der Sonne schon weitestgehend weggetauten Schneeresten) über Dahn und Vorderweidenthal eine Runde über trockene Landstraßen fuhr. Ich strandete jedoch völlig unerwartet am Ende der Alten Bundesstraße in Hauenstein und stand vor einem im ewigen Schatten liegenden und auch daher mit einem dicken Eispanzer überzogenen „Radweg“ in Richtung Hinterweidenthal. Mein Rennrad musste ich dann fast die gesamten vier Kilometer schieben, um nicht zu stürzen. In diesem Jahr ging auch meine erste Beschwerde an die VG Hauenstein raus.

Bis zum heutigen Tage hat sich in dieser Angelegenheit nichts getan; trotz seit 2016 unzähliger gestellter Eingaben, formeller Fach- und Rechtsaufsichtsbeschwerden gegenüber der Kreisverwaltung Südwestpfalz und den Landes- und Bundesverkehrsministerien, gestellter Strafanzeigen und gescheiterter Versuche, die lokale Politik und die lokalen Medien auf diesen Skandal, dem eine bundesverkehrspolitische Tragweite innewohnt, aufmerksam zu machen.

Die vorsätzliche und wissentliche Missachtung selbst der eindeutigsten Rechtsgrundlagen, das Verdrehen und Leugnen von Tatsachen und die Verweigerung jeglichen sachlichen Dialogs vor allem von Seiten der Ministerien und des LBM ist hierbei nicht einmal das Schlimmste. Die Situation im Zuge der B 10 spiegelt seit 30 Jahren einfach nur ganz allgemein den Stellenwert des Radverkehrs (fern der Großstädte) auf der Bundes- und Landesebene wider; vor allem im Zuge einer Bundesstraße, deren vierstreifiger Ausbau gerade im Raum Pirmasens ein regelrechtes Heiligtum darstellt. Wo und auf welchen Wegen Radfahrer am Ende landen, ist hingegen allen egal. Wer fährt denn hier, in dieser autoverrückten Region, denn bitteschön Rad? Und dann auch noch im Winter?

Ich verfolge regelmäßig die Pressemeldungen des LBM und des MWVLW, wenn sich deren Pressestellen wieder einmal aufgrund irgendwelcher symbolischer Anlässe propagandistisch gar als Förderer des Radverkehrs auch auf dem Land darstellen und fleißig (ebenfalls sehr zweifelhafte, oft die Grenze zum Subventionsbetrug überschreitende) Förderbescheide verteilen.

Das Landesverkehrsministerium (dessen Mitarbeiterinnen mich u. a. schon als „I…“ beleidigten) beantwortet mir, wie auch der LBM, schon seit geraumer Zeit keine kritischen An- und Nachfragen mehr. Ohne die regelmäßige Einschaltung der Bürgerbeauftragten des Landes oder des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit kommt überhaupt kein „Dialog“ mehr zustande. Weil die Ministerien meines Erachtens ganz genau wissen, dass die Situation des Radverkehrs im Zuge der B 10 rechtlich unhaltbar ist. Aber man (auch im Hinblick auf andere rechtlich fragwürdige Themen) keinerlei eigenes Interesse daran hat, daran etwas zu ändern. Ein Kartenhaus würde ansonsten einstürzen.

Im Endeffekt kann man an der B 10 exemplarisch darlegen, was geschieht, wenn eine Verkehrsart (willkürlich) vom Gemeingebrauch einer Bundesstraße ausgeschlossen wird. Es erfolgt faktisch ein nahtloser Abstieg von der Bundes- in die Oberliga. Obwohl ich gerade auch auf meinen längeren Fahrten (u. a. auch zu Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht in Neustadt zur Öffnung von Einbahnstraßen in Pirmasens) zwischen Pirmasens und dem Rheingraben einem der ältesten und bedeutsamsten bundesdeutschen Verkehrswege folge, bin ich (nicht nur rechtlich gesehen) auf einem regelrechten Flickenteppich unterwegs, auf welchem sich die Zuständigkeiten alle paar Kilometer ändern. Ich muss mir meine Wege in Richtung Vorderpfalz nicht nur mangels amtlicher Wegweisung selbst suchen. Und wenn irgendwo mal wieder irgendetwas nicht in Ordnung ist, mit unzähligen Beteiligten herumärgern; wenn ich denn herausfinde, wem der betroffene Weg überhaupt gehört.

Der Radverkehr ist in den Augen von Bund, Land, Landkreis, Verbands- und Ortsgemeinden sowie Forstämtern nun einmal kein „echter“ Verkehr, auf den man auch ganz selbstverständlich die grundlegendsten Vorschriften des Bundesfern- oder Landesstraßengesetzes anwenden müsse. Er ist – im Sinne des LStrG – nach deren Ansicht oftmals nicht einmal „überörtlich“, obwohl er (wie die Trasse der B 10) den natürlichen Verbindungen über die Täler von Lamsbach, Rodalb, Walmers-, Salz-, Hirtenbach und Queich folgt.

Man gönnt dem Radverkehr nicht einmal die Nutzung öffentlicher Straßen, sondern schickt diesen ungeniert über nicht für den öffentlichen Verkehr bestimmte Waldwege, auf denen im Falle eines Unfalls (beispielsweise durch Astbruch, Verschmutzungen, Bodenwellen oder eben auch Vereisung) auch niemand jemals irgendeine Form von Haftung übernehmen wird.

Um die nervenden, den wichtigen und einzig relevanten Kfz-Verkehr einbremsenden Radfahrer zwischen Hinterweidenthal und Hauenstein (bzw. Wilgartswiesen) von der B 10 zu bekommen, bezeichnete man im Jahre 1993 die damals sogar nur geschotterte Piste durch den Wald als „Radweg“. Man nahm rund 10 Jahre später sogar vom Bund dankend finanzielle Mittel an, um jenen „Forstwirtschaftsweg“ um 2005 herum wenigstens zu asphaltieren. Doch als „Radweg“ oder als andere öffentliche Straße widmen wollte diesen Weg bis zum heutigen Tage niemand.

Das Bundesverkehrsministerium unter Volker Wissing (den ich im Jahre 2019 auch persönlich bei einer Verkehrsfreigabe bei Waldfischbach-Burgalben auf die Situation ansprach) hat mittels seiner vom LBM verfügten Teileinziehungen im Jahr 2022 auch eindeutig klargestellt, dass es sich für den Radverkehr im Zuge der B 10 überhaupt nicht mehr zuständig fühlt.

Dies eint ihn unter anderem mit der Landrätin des Landkreises Südwestpfalz oder dem Leiter des LBM Kaiserslautern, der ebenfalls jegliche Lösung der Problematik von oben herab scheut. Die B 10 bleibt für Radfahrer gesperrt – und wird sehr bald aufgrund der Teileinziehung auch nicht mehr dem sonstigen „Langsamverkehr“ (wie Traktoren und Leichtkrafträdern) zur Verfügung stehen. Der wird dann, wie bereits zwischen Münchweiler und Pirmasens, auch auf den beiden anderen Abschnitten auf die untermaßigen und ungepflegten, nicht einmal als öffentlichen Straßen gewidmeten Pisten geschickt. Die Radfahrer wird es freuen.

Ende Januar verstarb mein Blogger-Kollege Natenom bei Pforzheim bei einem tödlichen Unfall. Er gehörte zu den wenigen bundesdeutschen Radverkehrsaktivisten, die sich in erster Linie gegen die behördliche Diskriminierung des Radverkehrs auf dem Land wehrten. Er erhielt erst dann eine größere Aufmerksamkeit, als er seine alltgäglichen, per Video dokumentierten Erlebnisse mit rücksichtslosen Autofahrern bei reichweitenstarken Plattformen wie Twitter veröffentlichte. Die Strafverfolgsbehörden fielen ebenfalls nicht dadurch auf, an der Durchsetzung des geltenden Rechts besonders interessiert zu sein. Seit 2016 investierte auch ich unfassbar viel Zeit und Energie, um mich gegen die politische und rechtliche Diskriminierung des Radverkehrs in einer hoffnungslos dem Auto verfallenen Region zu wenden. Es interessierte über all die Jahre absolut niemanden; nicht einmal den sogenannten „ADFC“.

Was hinsichtlich der Bedürfnisse des Radverkehrs im Zuge der B 10 seit nunmehr 30 Jahren geschieht, ist ein Skandal. Es wäre wünschenswert, wenn er endlich die ihm angemessene Aufmerksamkeit erhielte.

Als Anlagen finden Sie zu dieser Ausarbeitung ein weiteres Dokument mit zahlreichen, in den letzten Jahren angefertigten Fotos der drei ungewidmeten Abschnitte und eine grafische Darstellung der Radfahrern aufgenötigten Umwege.
Die Links zu diesen Dokumenten dürfen auch gerne geteilt werden.

Über Rückmeldungen würde ich mich freuen.

Dennis Schneble
Hochwaldstraße 12
66954 Pirmasens

dennis@ps-radler.de


Übersicht

Radwege an der B 10


Siehe auch

B 10: Die Jubiläums-Fahrt

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