Die vergessene Brücke am Einsiedlerhof

In einer gerechten Welt wäre ich Chefredakteur eines monatlich erscheinenden Magazins, welches Skandale in Bezug zur Diskriminierung des Radverkehrs aufgreift. Ich und mein kleines Team würden regelmäßig darüber berichten, wie Straßenbau- und -verkehrsbehörden in ganz Deutschland systematisch gegen geltendes Recht verstoßen. Der Fall Einsiedlerhof, welchen ich vorige Woche hier vorgestellt habe, steht sinnbildlich für all das, wogegen ich seit 2016 weitestgehend erfolglos kämpfe. Der LBM hat mir nun, nachdem er sich zuerst ein wenig quergestellt hat, den Planfeststellungsbeschluss zum Bau des Turbokreisels (nebst Anlagen) zugesandt. Als ich die Dokumente zum ersten Mal öffnete, konnte ich es nicht fassen: Der LBM hat hier (durch Unterlassen) gegen seinen eigenen Planfeststellungsbeschluss vom 15.12.2017 verstoßen.

Das Beitragsbild zeigt einen Auszug aus dem (im Dezember 2017) planfestgestellten Lageplan 1 (Unterlage 5) vom 02.10.2014. Ich habe mir wirklich verwundert die Augen gerieben, denn auf jenem Lageplan ist über dem östlichen Kreiselarm eine Geh- und Radwegbrücke in Richtung Rodenbach (über die K 5) eingezeichnet. Die der LBM am Ende aber einfach nicht gebaut hat. Jene direkte Verbindung über die K 5 soll nun über Jahre vollständig fehlen.

In der Zwischenzeit fiel dem LBM wohl ein, dass er ja noch einen „Geh- und Radweg“ an der L 369 in Richtung Mackenbach bauen will. Also ignorierte er seinen eigenen Planfeststellungsbeschluss, indem er (ohne Rechtsgrundlage) den Bau jener Brücke einfach unterließ. Stattdessen eröffnete er erst am 02.01.2024 ein eigenes Planfeststellungsverfahren zu diesem Vorhaben, welches mit der Planung aus 2017 wenig bis gar nichts (mehr) zu tun hat.

Meine im verlinkten Beitrag gestellten Fragen werden somit auch geklärt: Der LBM hatte ursprünglich gar nicht vor, einen „Geh- und Radweg“ an der L 369 in Richtung Mackenbach anzulegen. Wichtiger war ihm (in Bezug zum Radverkehr) die direkte Verbindung in Richtung Rodenbach. An keiner Stelle im Planfeststellungsbeschluss findet man eine Aussage darüber, dass der Turbokreisel für Radfahrer grundsätzlich ungeeignet sei.

In Abschnitt A, II. heißt es u. a., dass

der in Folge des Anschlussstellenausbaus im Verkehrssicherheitsinteresse gebotene Ausbau der L 369 und K 5 durch Anlegung eines unselbständigen Rad- und Gehweges aus der Ortslage Kaiserslautern-Einsiedlerhof in Richtung Rodenbach

insbesondere in die Planfeststellung mit eingeschlossen ist. In Abschnitt III heißt es zur Widmung:

Der neu entstehende (unselbständige) Rad- und Gehweg wird von der Einmündung der Von-Miller-Straße (Gemeindestraße) in Kaiserslautern-Einsiedlerhof bis auf Höhe der südlichen Einfahrt in die (südliche) Kreisverkehrsanlage als Teil der Kreisstraße (in der Baulast der Stadt Kaiserslautern) gem. § 36 Abs. 4 LStrG gewidmet.

In der Weiterführung wird der Rad- und Gehweg in Richtung Rodenbach bis zum Beginn der Baustrecke bei Bau-km ca. 0+50.000 gem. § 36 Abs. 4 LStrG als Landesstraße gewidmet. Die Widmung wird mit der Verkehrsübergabe wirksam.

Obwohl ich Geh- und Radwege auch außerorts grundsätzlich verachte, wäre diese Lösung gerade in Richtung Rodenbach fast schon akzeptabel gewesen, weil man dann kreuzungsfrei den Kreisel hätte umfahren können und somit nur bei der Wiederauffahrt auf die Fahrbahn (der K 5) einmal § 10 StVO hätte beachten müssen; man hätte also (als Radfahrer) keinen wirklichen Nachteil gehabt. In der Gegenrichtung (also linksseitig) sähe es aufgrund der mehrfachen Querungen der Fahrbahn (einschl. Ampel am Ende) allerdings schon wieder anders aus.

Die Planung aus dem Jahre 2017 belegt auch, dass der LBM sich schon damals keine Gedanken darüber gemacht hat, wie Radfahrer trotz des dann als benutzungspflichtig ausgewiesenen „Geh- und Radwegs“ in Richtung Rodenbach weiterhin über die L 369 in Richtung Mackenbach kommen sollen, ohne den Turbokreisel zu benutzen? Er sah darin nachweislich kein grundsätzliches Problem, denn er verweist im Beschluss auch nicht auf eine Folgeplanung eines weiteren „Geh- und Radwegs“ an der L 369 in Richtung Mackenbach.

Der „Geh- und Radweg“ spielt auch noch einmal eine Rolle in Abschnitt E, IV.:

Weiterhin ist im Ausbaubereich ein Geh- und Radweg vorgesehen. Dieser beginnt im Zuge des nördlichen Abschnittes der K 5, wird über eine Rad- und Gehwegbrücke über den Anbindungsast des Turbokreisels geführt und verläuft entlang der L 369 über das neue Brückenbauwerk über die A 6 und endet an der Einmündung K 5 / Von-Miller-Straße im Ortseingangsbereich von Kaiserslautern-Einsiedlerhof.

Schmankerl auch hierbei: Am nördlichen Beginn hat man, trotz linksseitiger Führung, keine (gem. VwV und ERA 2010 nötige) Querungshilfe eingeplant. Besonders interessant im Hinblick auf die Aufteilung der Planfeststellung ist der folgende Auszug aus Abschnitt E, VIII. 1.3, in welchem der LBM auf Wünsche der VG Weilerbach, an der K 5 und K 25 ebenfalls einen „Geh- und Radweg“ anzulegen, eingeht:

1.3 Verbandsgemeinde Weilerbach, Ortsgemeinde Weilerbach, Ortsgemeinde Rodenbach

Soweit die Gemeinden eine über den vorliegenden Anschlussstellenbereich hinausgehenden Ausbau der Kreisstraßen K 5 und K 25 mit straßenbegleitendem Radweg im Rahmen des vorliegenden Verfahrens fordern, kann diesem Vorbringen nicht entsprochen werden. Eine Planung zum Ausbau der K 5 und K 25 ist keine notwendige Folgemaßnahme der vorliegenden Ausbauplanung der Anschlussstelle Kaiserslautern-Einsiedlerhof und kann somit auch nicht in diesem Planfeststellungsverfahren berücksichtigt werden. Der Ausbau der Kreisstraßen würde eine eigenständige Maßnahme darstellen und ein gesondertes Baurechtsverfahren erfordern.

Der LBM wiederholt dies auch noch einmal zu einem gleichlautenden Wunsch der VG und Stadt Ramstein-Miesenbach.

Der Leiter des LBM Kaiserslautern, welcher überwiegend für die Planungen verantwortlich war und ist, betont mir gegenüber den „engen Zusammenhang“ des aktuellen Planfeststellungsverfahrens mit jenem des Turbokreisels. Das erklärt allerdings nicht, warum der LBM seine festgestellten(!) Planungen in Bezug zum „Geh- und Radweg“ im Zuge der L 369 / K 5 am Turbokreisel einfach über den Haufen geschmissen hat?

Hier ist nämlich das Planfeststellungsverfahren zum Bau des „Geh- und Radwegs“ an der L 369 exakt so eine „eigenständige Maßnahme“, wie sie u. a. gegenüber der VG Weilerbach dargelegt wurde. Man hat einfach (rechtswidrig) die räumlich unzweifelhaft zum Bereich des Turbokreisels gehörende Anlage eines „Geh- und Radwegs“ unterlassen.

Stattdessen packt man nun die Radverkehrsführungen im Zuge dieses Kreisels einfach in ein anderes (mit diesem Verkehrsknoten nichts zu tun habendes) Verfahren – und verbietet (im engen Zusammenspiel mit der radverkehrsfeindlichen Stadt Kaiserslautern) Radfahrern über Jahre die Nutzung des Turbokreisels bzw. der direkten Verbindung über die K 5 in Richtung Weiler- und Rodenbach.

Man hat hier Radfahrer meines Erachtens vorsätzlich und gezielt (um einen planfestgestellten „Geh- und Radweg“) betrogen. Es bedarf gerade angesichts dessen auch noch einer besonderen Chuzpe, jenen Radfahrern nun die Nutzung des Turbokreisels einfach zu verbieten, obwohl man auch hierüber (meines Erachtens bewusst und vorsätzlich) im vorherigen Planfeststellungsverfahren keinerlei Aussagen tätigte.

Dass der LBM gerne mal Brücken für Radfahrer und Fußgänger im Bereich von Turbokreiseln „vergisst“, ist mir übrigens auch im Rahmen meiner Akteneinsicht in Zweibrücken aufgefallen. Denn auch am Outlet-Turbokreisel hätte es eine solche Brücke geben sollen. Sie wurde (bis zum heutigen Tage) niemals gebaut. Wie Autofahrer reagieren, wenn man in dessen Umfeld nicht straßenbegleitende Wegelchen nicht benutzt, sieht man hier.

Es ist auf so vielen Ebenen einfach nur ein unfassbarer Skandal. Den jedoch außer mir wieder absolut niemand zur Kenntnis nehmen wird.


Folgebeitrag

Einsiedlerhof: Die Anordnung

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