Resiliente Sensibelchen

Gestern Abend war ich mal wieder so eitel, nach meinem Namen bzw. dem Titel meines Blogs zu googlen. Unter anderem fand ich einen Beitrag im ZG Blog, meines ehemaligen „Nachbarn“ Epikur in „Kleinbloggersdorf“. Er war, trotz unserer Meinungsverschiedenheiten, was sein eigenes Mitläufertum als „Masken-“ und „Testpflichten“ durchsetzender Erzieher in Sachen Corona betrifft, immerhin stets fair zu mir. Was ich von anderen Bloggern nicht behaupten kann. Einer davon wohnt gerade mal 1.600 m von mir entfernt. Ich hatte mich mit ihm im Jahr 2020 zwei Mal getroffen. Unsere sehr langen Gespräche verliefen eigentlich auch positiv; es gab, abgesehen von unserer grundsätzlichen Meinungsverschiedenheit in Sachen „direkter Demokratie“ (welche für ihn allerdings eine heilige Kuh darstellt), keine Differenzen.

Dachte ich. Eines schönen Tages wollte ich ihm wieder eine e-mail schicken. Und erhielt die Meldung, dass es die e-mail-Adresse (die er wohl auch speziell für diesen Kontakt eingerichtet hatte; was ich schon für ziemlich „speziell“ halte) nicht mehr gebe. Er knallte mir also sprichwörtlich die Tür vor der Nase zu. Wollte mir zu verstehen geben, dass er nicht mehr an einem persönlichen Austausch interessiert ist. Ich mich verpissen soll. Ohne jede Vorwarnung und ohne jede Möglichkeit, ein etwaiges Missverständnis einfach aus der Welt zu schaffen. Die maximale Dosis Ignoranz.

Dies fasste nun ich wiederum aufgrund meines besonders wunden Punkts entsprechend auf. Und dachte mir meinen Teil. Ich hatte vor 3,5 Jahren schon eine Vermutung, was ihn eventuell getriggert haben könnte; nämlich mein augenzwinkernder Vorwurf der Feigheit. Ich schlug ihm damals vor, aufgrund der „Maskenpflicht-Regelung“ in der damals gültigen Corona-Verordnung, welche nur für den öffentlichen, aber nicht privaten Raum (was z. B. Supermärkte sind) galt, einfach mal ohne Maulkorb einkaufen zu gehen. Das wollte er nicht, was ich als ziemlich enttäuschend empfand.

Jener (gar nicht einmal besonders ernst gemeinte) Vorwurf der Feigheit muss ihn aufgrund persönlicher Traumata wohl ordentlich getriggert haben? Wofür ich ja durchaus Verständnis gehabt hätte. Ich hätte ihm das auch gerne genauer erläutert – aber er hatte ja keine Lust mehr auf einen persönlichen Austausch. Helene war es, die mich damals darauf hingewiesen hatte, dass er in seinem Blog, und dies auch noch an einer relativ unpassenden Stelle, seine Gründe für den radikalen Kontaktabbruch darlegte.

Ich schrieb ihr, dass es mich nicht interessiert. Und las es über all die Jahre nicht. Ehe ich gestern Abend zufällig den erwähnten Beitrag im ZG Blog, als auch die Kommentare hierunter las. Einer davon stammte von mo; mit dem ich 2021 und 2022 auch ein paar e-mails ausgetauscht hatte, in denen es auch sprachlich etwas hitziger zu Sache ging. Dennoch war er einer der wenigen, denen meine erste Blogschließung vor ziemlich genau einem Jahr überhaupt auffiel.

Er kommentierte am 27. März 2023, während meiner langen Heimfahrt aus Neustadt, das Folgende:

@ all

ich mein‹, es passt unmittelbar zum thema…

es mag absehbar gewesen sein, auch notsignale wurden immer wieder gesandt:

es ist bedrückend, besorgniserregend und traurig, dass hier eine kantige, unbestechliche, hellwache, enorm mutige, grundehrliche — im umgang mit kritikern manchmal nach außen (auch sehr) harsche, im innern jedoch mit sicherheit zutiefst warmherzige — persönlichkeit resigniert, tief verzweifelt scheint, gar…

https://www.ds-pektiven.de

@ZG-»gemeinde«:

können / möchten wir uns solidarisch zeigen mit einem menschen, der viel riskiert hat, der immer wieder nach rückschlägen aufstand, um offenen visiers gegen unerbittlich zersetzend mahlende systemmühlen und eine ignorant-selbstzufriedene bräsigkeitsgesellschaft anrennend verzweifelnd versuchte, zu mahnen und wachzurütteln?

WAS können wir tun?
@epikur…bitte übernehmen. 😉

Das empfinde ich, auch zurückblickend, als rührend. Da hat sich jemand wirklich Sorgen um mich, den „emotionalen Erpresser“ gemacht. Mein Schaffen gewürdigt. Mein öffentliches Einstehen für Freiheit, Gerechtig- und Menschlichkeit honoriert. Er war dann aber auch im Kommentarbereich der einzige; nicht einmal Epikur ging darauf ein. Wer darauf einging, war orinoco; so nennt sich der Betreiber des wwwahnsinn-Blogs, den ich bis zu seinem Kontaktabbruch auch regelmäßig verlinkt hatte. Er wiederum verlinkte in seinem Kommentar auch seine öffentliche Erklärung, warum er das für angemessen hielt.

Ich empfand und empfinde gerade diese Form der öffentlichen Diskreditierung als übergriffig. Wenn ich ein persönliches Problem mit jemandem habe, dann kläre ich das zuallererst privat. Und zerre ihn bzw. den Konflikt nicht in die Öffentlichkeit, wo er meines Erachtens auch erst einmal nichts verloren hat. Genau das hat dieser Typ jedoch getan. Das kann man irgendwann tun, wenn jede persönliche Klärung gescheitert ist. Aber nicht nach einem persönlichen Kontaktabbruch, der (entgegen dessen Behauptungen) wirklich aus dem Nichts kam. Er verlinkte jedoch selbst nach über 2,5 Jahren, anlässlich eines Aufrufs, mit mir solidarisch zu sein, noch einmal diesen Angriff auf meine Person. Geht es noch schäbiger?

Nach über 3,5 Jahren habe ich gestern auf seine Vorwürfe geantwortet. Es ist mir auch egal, ober er meinen Kommentar veröffentlicht oder nicht. Zu Zwecken der Dokumentation veröffentliche ich ihn auch hier.


Gut 3,5 Jahre später: Ja, ich habe das hier nie gelesen. Weil ich den gleichen Weg gegangen bin, den du damals mir gegenüber gewählt hattest: Mir auf eine unfassbar arrogante und herabsetzende(!) Weise die Tür vor der Nase zuzuknallen. Aus heiterem Himmel. Ohne jede Vorwarnung oder Andeutung.

Hättest du mir geschrieben, dass du den Vorwurf der „Feigheit“ für unangemessen, unverschämt oder verletzend hältst, hätte ich mich dafür entschuldigt. Zumindest der Form halber; ich hielt es dennoch genau für das: unheimlich Feige. Nicht mit mir gemeinsam ohne Gessler-Maulkorb einkaufen(!) zu gehen. Unter Verweis auf die damals gültige „Rechtslage“, die das Tragen dieser Scheißdinger nur im öffentlichen Raum einforderte. Aber egal. Ist ja lange her. Ich wollte dich nicht unter Druck setzen. Und der Zwinkerkopp war wirklich ernst gemeint; weil man da, wo ich herkomme, halt so redet. Sollte jemand, der angeblich auch soziologisch gebildet ist, wenn schon nicht individuell gutheißen, aber wenigstens nachvollziehen können.

Ich hatte dir (meine ich) auch erzählt bzw. geschrieben, dass ich einem anderen Milieu entspringe; in welchem man auch verbal eine direktere und ehrlichere Wortwahl bevorzugt. Das habe ich in den Folgejahren auch im Blog immer wieder ausformuliert. Wenn dich das (als Kind besserer Kreise und wohl erzogener, akademischer Bildungsbürger) in welcher Weise auch immer „anwidert“: Gerne. Jeder braucht so seine Abgrenzung nach unten. Spiel nicht mit dem Schmuddelkind. Böse Worte gegen Coronazis sind okay; nur nicht gegen einen selbst.

Die Art und Weise, wie du auch in den folgenden Jahren mit mir (vor allem in andeutender Weise in anderen Blogs) umgegangen bist, halte ich für wesentlich verachtenswerter wie das, was du mir hier zum Vorwurf machtest.

Ich bin die e-mails von damals auch noch einmal durchgegangen. Wenn das für dich schon zu „hart“ war, dann frage ich mich, wie du ernsthaft in dieser Gesellschaft in einem Diskurs bestehen willst; mit Leuten, die dir (im Gegensatz zu mir damals) in keinster Weise wohlgesonnen sind?

Tja, war dann nichts. Gruß aus dem Ghetto; vom ehemaligen Hauptschüler.


Es ist wirklich erstaunlich, wie sensibel manche Menschen auf die kleinsten Meinungsverschiedenheiten oder eben auch auf einen anderen, vor allem auch soziologisch bedingten Duktus reagieren. Auf dem Schulhof des Kirchbergs der 90er Jahre hätte diese Pussy jedenfalls keine 10 Minuten überlebt.

In meinem Beitrag zum Thema Beleidigung bin ich darauf auch etwas ausführlicher eingegangen; wie Herrschaft, Snobismus und Klassismus sich auch auf sprachlicher Ebene manifestieren. Und wie elitär und arrogant sich manche Menschen verhalten, die meinen, nur, weil sie die verbalen und nonverbalen Codes der Bourgeoisie verinnerlicht haben, zu der vor allem eine „höfliche“ Ausdrucksweise zählt, hätten sie das Recht, andere Menschen, die eine ehrlichere Sprache sprechen, herabzuwürdigen oder gar vollständig zu ignorieren. „Höflichkeit“ bedeutet vor allem, sich den Ausdrucks- und Verhaltensweisen des Adels („vom Hofe“) zu unterwerfen.

Auch Epikur zeigt als Akademiker immer wieder mal Anwandlungen, sich von einem einfachen Arbeiterkind wie ich es bin, in einer elitären Weise abzuheben, wenn es die geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze der verbalen und nonverbalen Kommunikation betrifft. Ja, vor allem gerade auch sein Vorwurf, anlässlich der mir angetanen automobilen Gewalt, verbal zu sehr zu „eskalieren“, war mit schuld daran, dass ich meinen Blog am 26. März 2023 geschlossen hatte.

Am Vorwurf der Feigheit hätte ich jedenfalls auch gegenüber orinoco festgehalten, wenn er mir die Chance gegeben hätte, diesen ihm gegenüber genauer zu begründen. Ich hätte ihm aber auch die Möglichkeit gegeben, mir zu erklären, warum ihn dieser Vorwurf so sehr verletzt hat. Und hätte ihm dabei geholfen, dieses Trauma zu verarbeiten. Das jedoch hielt er gar nicht erst für nötig. Er wollte viel lieber schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit waschen.

Auf solche Leute kann ich verzichten. Ich bin selbst ein sensibler, vermutlich hypersensibler Mensch, den falsch gewählte Begriffe und Worte massiv triggern können. Dennoch gebe ich jedem mehr als genügend Chancen, es sich mit mir wirklich nachhaltig zu versauen.

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