Es ist gut fünfeinhalb Jahre her, da stellte ich in einem Beitrag die Tempo-30-Zone im Bereich des Zweibrücker Fashion Outlets vor. Dass die Stadt Zweibrücken zuvor noch größeren Bockmist gebaut hatte, indem sie eine „Tempo-50-Zone“ erfand und die damalige Leiterin der Straßenverkehrsbehörde noch nicht einmal wusste, dass sie für jene „Verkehrszeichen“ örtlich und sachlich zuständig ist, wird ebenfalls erwähnt und verlinkt. Da die Stadt Zweibrücken weiterhin nicht daran denkt, einen Großteil ihrer gemeingefährlichen Radfahrerschikanierungsanlagen von ihren Benutzungspflichten zu befreien, wollte ich ihr einfach mal eins auswischen. Und reichte beim LBM Rheinland-Pfalz eine Fach- und Rechtsaufsichtsbeschwerde wegen der illegalen Tempo-30-Zone ein.
Wie nicht anders erwartbar, unterstreicht der LBM auch in dieser Angelegenheit seine roten Linien. Der LBM Rheinland-Pfalz wird niemals gegen von mir beanstandete Rechtsverstöße anderer Behörden vorgehen. Selbst wenn sie noch so eindeutig und offenkundig sind.
Der LBM Rheinland-Pfalz ist in Rheinland-Pfalz nicht nur Straßenbau-, sondern auch obere Straßenverkehrsbehörde. Auf seiner Internetseite beschreibt er seine Aufgaben u. a. folgendermaßen:
Dem LBM RP obliegt als obere Verkehrs- und höhere Verwaltungsbehörde nach den Bestimmungen der StVO die Fachaufsicht über die Kreisverwaltungen sowie die Stadtverwaltungen in kreisfreien und großen kreisangehörigen Städten in Rheinland-Pfalz. Wir wachen hier u.a. über die landeseinheitliche Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen und beraten die Kommunen bei entsprechendem Bedarf.
Wie sieht es hier nun aus, mit der „Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen“ am Zweibrücker Outlet? Sehr schlecht. Warum die Tempo-30-Zone am Outlet rechtswidrig ist, habe ich bereits im eingangs verlinkten Beitrag dargelegt und muss das hier nicht wiederholen. Daran hat sich auch bis heute nichts geändert. Ich zitiere lediglich noch einmal den § 45 (1c) S. 1 StVO:
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an.
In meine Beschwerde packte ich ergänzend noch die beiden Fußgängerüberwege im Londoner Bogen und jenen in der Wiener Straße mit rein, denn jene sind außerorts gemäß der VwV zu § 26 Rn. 1 ebenfalls unzulässig. Zudem fehlen am östlichen Überweg im Londoner Bogen die Zeichen 350 (Rn. 14), an beiden sowie an jenem in der Wiener Straße die Beleuchtung i. S. d. R-FGÜ (Rn. 15).
Die Sache ist eindeutiger, wie sie es kaum noch sein kann. Hätte ich damals nicht Steuer-, sondern Straßenverkehrsrecht studiert, wäre diese Sache in der Klausur sehr einfach gewesen. Man hätte mir einen roten Strich an den Rand gesetzt, wenn ich die Rechtsfolgen des subsumierten Sachverhalts in der Weise bewertet hätte, wie das der LBM Rheinland-Pfalz nun getan hat. In seiner Ablehnung schreibt der Mitarbeiter u. a. das Folgende:
Ihre Aussage ist korrekt. Tempo 30-Zonen und Fußgängerüberwege dürfen gemäß der Straßenverkehrsordnung nur innerhalb geschlossener Ortschaften angeordnet werden. Im Regelfall haben solche Maßnahmen auf einer normalen Straße außerhalb geschlossener Ortschaften nichts verloren.
Das DOZ liegt nicht innerhalb einer geschlossenen Ortschaft. Daher dürften die genannten Verkehrszeichen auch grundsätzlich nicht aufgestellt werden.
Ortstafeln gemäß Zeichen 310 StVO dürfen aber auch nicht aufgestellt werden, da diese Zeichen aussagen dass hier eine geschlossene Ortschaft beginnt. Dies trifft hier aber auch eindeutig nicht zu und wäre ebenfalls rechtswidrig, denn es gibt keine Gebäude, lediglich Parkplätze.
(…)
Nach Abwägung aller Aspekte kommen wir letztendlich zu dem Ergebnis, dass die Maßnahmen auf dem Parkplatz des DOZ nicht beanstandet werden, da sie zum Schutz der Fußgänger und anderer Verkehrsteilnehmer zwingend geboten sind, sich nur auf den begrenzten Bereich des Parkplatzes und der kurzen Zufahrten auswirken und diese Örtlichkeit nicht mit einer normalen Außerortsstraße gleichgesetzt werden kann.
Unfassbar! Er erwähnt übrigens auch noch, dass er dort regelmäßig einkauft. Ihm ist über die Jahre aber auch nicht aufgefallen, dass das DOZ schon seit einer Ewigkeit nicht mehr DOZ (Designer Outlet Zweibrücken) heißt. Egal.
Es ist für einen Menschen, der drei Jahre seines Lebens zwischen 2008 und 2011 in Edenkoben und Neustadt durch eine juristische Höllen-Wurstmaschine gedreht wurde, um am Ende mit völlig leeren Händen dazustehen, unbegreiflich, wie eine obere Behörde zu so einem Schluss kommen kann. Es geht hier noch nicht einmal um die Auslegung irgendeiner Vorschrift bzgl. eines bestimmten Sachverhalts, über die man im Zweifelsfall in der Tat unterschiedliche Ansichten vertreten kann.
Nein, es geht hier schlicht und ergreifend um die Leugnung der Gesetze an sich! Man subsumiert den Sachverhalt und stellt fest, dass die von mir beanstandete Verkehrsregelung gegen die vom Verordnungsgeber erlassene Regelung im § 45 (1c) S. 1 StVO verstößt. Die Stadt Zweibrücken hat diese Tempo-30-Zone (und die Fußgängerwege) ganz bewusst entgegen der Rechtslage angeordnet – und der LBM, der dafür zuständig ist, die kreisfreien Städte hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zu kontrollieren meint, dass das schon so okay ist.
Was hat das bitteschön noch mit einem „Rechtsstaat“ zu tun? Wie kann so ein Staat vom Bürger die Einhaltung von Gesetzen einfordern, wenn er hierzu selbst nicht in der Lage und willens ist? Weil die alternative Anordnung von ein paar Zeichen 274 für die Behörde zu viel Aufwand bedeuten würde?
Auch in dieser Angelegenheit werde ich also den Artikel 84 (3) Grundgesetz bemühen und mich ans Bundesverkehrsministerium wenden.