Wenn man sich über Jahre mit nur mäßig interessierten, motivierten und kompetenten Politikern sowie Amtsträgern in radverkehrspolitischen und straßenverkehrsrechtlichen Angelegenheiten herumärgert, dann sammelt man von deren Seite so einiges an Unverschämtheiten. Oder gar Beleidigungen. Das, was ich anlässlich eines konstruktiven Gesprächsversuchs mit dem ehemaligen Ortsbürgermeister von Vinningen, Felix Kupper, erlebte, war allerdings von einer besonderen Qualität. Dabei wollte ich ihn nur darum bitten, doch endlich dafür zu sorgen, dass Radfahrer die HBR-Route zwischen Vinningen und Kröppen über einen asphaltierten Wirtschaftsweg legal benutzen dürfen.
Zum Thema HBR und Zeichen 250 StVO im Zuge von Feld- und Waldwegen möchte ich im Allgemeinen auch keine großen Worte mehr verlieren. Es ist auch schon wieder fast dreieinhalb Jahre(!) her, dass mich eine Stellungnahme des MWVLW sprachlos machte. Man teilte mir im November 2021 mit, dass das Land Rheinland-Pfalz nicht in der Lage wäre, untätige Dorfbehörden wie z. B. jene der Verbandsgemeinde Pirmasens-Land per ministeriellem Erlass anzuweisen, ALLE HBR-Routen in ihrem Zuständigkeitsgebiet straßenverkehrsrechtlich freizugeben. Was ja u. a. in den von diesen Dorfbehörden ebenfalls munter ignoriert werdenden HBR-Regularien steht.
Fünf Jahre, meinte man im Mainzer Ministerium, könne es schon dauern, ehe so eine (banale) Sache erledigt wäre. Ich kann es selbst jetzt, da ich diesen Beitrag verfasse, nicht glauben, was man mir damals geschrieben hatte. Demnach dürfte ich mir anlässlich meines Versuchs, für die „Legalisierung“ (eigentlich in diesem Zusammenhang auch ein ziemlich absurdes, gar regelrecht kafkaeskes Wort) der HBR-Route zwischen Vinningen und Kröppen zu sorgen, wohl nicht gänzlich unberechtigt vorwerfen lassen, ich sei zu „ungeduldig“? Schließlich läuft der Mainzer „5-Jahres-Plan“ ja erst Ende 2026 aus.
Jene Verbindung nutze ich relativ häufig, wenn ich aus Frankreich kommend noch über Pirmasens nach Hause fahre; dann muss ich nicht „untenrum“ über die L 483. Zudem hat man von dort oben auch eine schöne Aussicht. Allerdings habe ich diese (auch nur von Vinningen aus HBR-beschilderte) Route noch nie legal benutzt. Denn an jener stehen eben – wie vor allem im Bereich der VG Pirmasens-Land ganz allgemein – noch Zeichen 250 StVO.
Jene Route hatte ich hier im Blog sogar im April 2019 mal beiläufig dokumentiert. Immerhin hatte man (nachdem ich darauf hinwies, dass niemand legal den Sportplatz oder die Feuerwehr erreichen kann) das erste Zeichen 250 StVO irgendwann dann doch entfernt. Ohne aber am zweiten eine Freigabe des Radverkehrs anzuordnen oder das Zeichen 250 durch ein Zeichen 260 zu ersetzen.
Die schikanöse Schranke bei Vinningen hatte ich damals und auch insgesamt niemals fotografiert; warum auch immer. Ich hatte den Zustand und die Beschilderung jenes leider auch meistens ziemlich verdreckten Feldwegs einschließlich der Schranke am 4. Mai 2024 im Rahmen dieses Clips dokumentiert.
Etwas später, am 22. Juni 2024, schrieb ich dem Ortsbürgermeister eine (sachliche) e-mail, in welcher ich darauf hinwies, dass ich seit Jahren die zuständige Straßenverkehrsbehörde der VG Pirmasens-Land auf derartige Fehler hinweise, die jene allerdings beharrlich ignoriert. Am 30. Juni teilte mir Felix Kupper u. a. mit, dass er nur noch eine Woche Bürgermeister sei.
gegen die StVO zu verstossen ist kein Kunstwerk, auch als passionierter Radfahrer kann ich nichts negatives oder nachteiliges in unserer Region finden…
Nun denn. Es wird noch „besser“. Ich dokumentiere im Folgenden meine Antwort vom selben Abend (18:02 Uhr).
Hallo Herr Kupper,
Danke für die Antwort.
Über aktuelle Fotos verfüge ich nicht. Es geht um die Verbindung von der Bitscher Straße (Vinningen) zur Sportplatzstraße (Kröppen).
Ich persönlich habe sehr wohl Probleme damit, wenn Radfahrer vor allem auch mittels touristischer Radroutenbeschilderungen zum Begehen von Ordnungswidrigkeiten angestiftet werden. Der genannte Feldweg ist bis zum heutigen Tage straßenverkehrsrechtlich nicht für Radfahrer freigegeben, weil in beiden Richtungen mit Zeichen 250 StVO beschildert; ohne Radverkehrsfreigabe.
Zudem ist die Schranke eine gefährliche Zumutung für jeden Radfahrer, nicht nur, weil es keine sichere Umfahrungsmöglichkeit gibt. Mit den HBR-Regularien ist auch dies nicht vereinbar. Angenommen, ein Radfahrer verunfallt beim Versuch, diese Schranke zu umfahren, wird man ihm den Vorwurf machen, dass er dort gar nicht hätte radfahren dürfen. So etwas ist nicht hinzunehmen. Die für straßenverkehrsrechtliche Beschilderungen zuständige VG Pirmasens-Land tut jedoch in dieser Angelegenheit überhaupt nichts und die Kreisverwaltung als Fachaufsicht verweigert ein Einschreiten gegen jene. Bis hinauf ins Ministerium und LBM ducken sich alle weg.
Sofern Sie an diesem Thema angesichts des Auslaufens Ihrer Amtszeit kein gesondertes Interesse haben sollten, würde ich bitten, mein Anliegen an Ihren Nachfolger oder Ihre Nachfolgerin weiterzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Dennis Schneble
Und nun folgt die bereits um 18:39 Uhr am mich versandte Antwort von Bürgermeister Kupper.
Hallo Herr Schneble,
Sie habe mich nicht verstanden, also hier in Klartext:
wenn ein Depp sich irgendwo bewegt, muss dieser mit Unwägbarkeiten rechnen…
d.h. in diesem Fall ist unser schöner Wald (Feldflur ebenso) schon genug beschildert,
also kaufen Sie sich einen Heimtrainer und gucken SWR Eisenbahnromantik…
Mein Postfach ist meinem Nachfolger freistehend, aber der wir auch keine Lust haben, jede Gefahr des Alltäglichens zu kontrollieren…
Sorry für meine Gereiztheit, ich habe Zahnschmerzen…
Wenden Sie sich an xxx@pirmasens-land.de falls es enrsthafte örtliche Mängel in unserer VG PS-Land gibt…
Sie erinnern mich momentan an die Flitzpiepen der AfD, die sich als Moppedfahrer disskriminiert fühlen, lasst doch alle mal die Kirche im Dorf…
Fühlen Sie sich frei und stellen Sie Schilder auf, wo Sie es für nötig befinden, schottern Sie Wege, wo Sie eine Schlaglochgefahr wittern…
Oder rufen Sie mich an, X, dann ziehen wir meine Zahnschmerzen…
Beste Grüße, der goldene Lenker für das Ehrenamt, ist Ihnen sicher…
Okay. Ich habe irgendwie ein schlechtes Gewissen, eine solche e-mail dann doch zu veröffentlichen. Vielleicht stand er ja wirklich unter dem Einfluss starker Betäubungsmittel? Aber Herr Kupper hatte in einer weiteren e-mail vom 2. Juli sogar ausdrücklich darum gebeten.
Hallo Herr Schneble,
können Sie einrahmen und auch gerne veröffentlichen, aber bitte unter meinem Namen und nicht der meines Nachfolgers… letztendlich brauchen wir Macher und keine Mauler… gesunden Menschverstand und keine § Reiter… anscheinend bin ich ein physischer Radfahrer im Gegensatz zu etlichen geistigen Radfahrern… ein Anruf hätte genüngt…
Nix für ungut und beste Grüße
Ich denke, ich muss das nicht weiter kommentieren. Die Dokumentation weiterer fragwürdiger Passagen unserer Konversation erübrigen sich ebenfalls. Ich muss eigentlich dankbar dafür sein, dass dieser (in mehrerlei Hinsicht) „ausscheidende“ pfälzische Ortsbürgermeister das dokumentiert hat, was so ziemlich alle Politiker und Beamte in der Region über mich und mein Engagement denken dürften. Am 4. Juli teilte er mir bzgl. der Schranke noch mit, dass eine neue Schranke auf dem Bauhof liege und in den kommenden Tagen auch eingebaut werde.
Sein Nachfolger Willy Diemert teilte mir am 13. Juli mit, dass er meinen Hinweis geprüft habe und meine Bedenken nachvollziehen könne.
Die Schranke wurde heute Morgen ausgetauscht und ein Zusatzschild „Radfahrer frei“ wird in den nächsten Tagen noch angebracht.
Jene konnte ich dann auch am 19. Juli dokumentieren.
Nun denn. Aber wenn man mir schon den „Goldenen Lenker fürs Ehrenamt“ verleiht, möchte ich umgekehrt ebenfalls mit der Verleihung von Preisen nicht knausern. Denn die HBR-Route blieb weiterhin illegal, da es in Kröppen und Vinningen weiterhin an der straßenverkehrsrechtlichen Freigabe fehlte.
Die Sache mit „in den nächsten Tagen“ zog sich dann nämlich doch noch „ein wenig“ hin. Das folgende Foto stammt vom 13. November 2024.
Am selben Abend fragte ich per e-mail, warum der Weg immer noch nicht freigegeben wäre? Und warum die Landwirte, die den Weg stark verschmutzt hatten, diesen nicht reinigen müssten? Der Weg war an diesem Tag richtig schmierig und rutschig. Man antwortete mir u. a. folgendermaßen.
Die Kennzeichnung wurde über die Verbandsgemeinde bestellt. Um die Beschilderung kostengünstig einkaufen zu können, wartet die Verbandsgemeinde in aller Regel bis genügend Schilder aus den einzelnen Ortsgemeinden zusammenkommen.
Was soll ich zu so einer Aussage bitteschön schreiben? Es passt wie Arsch auf Eimer zum bisherigen Verhalten als auch der allgemeinen Rechtsauffassung der VG Pirmasens-Land. Die sich einstmals von der Kreisverwaltung erklären lassen musste, für welche Verkehrszeichen sie sachlich und örtlich zuständig ist und u. a. meint, dass der Ortsgemeinderat darüber abzustimmen habe, ob Verkehrsregelungen erlassen werden oder nicht.
Dir wird als Radfahrer die (versprochene) Nutzung einer (bestimmt schon seit einem Jahrzehnt ausgewiesenen) Radroute weiterhin verweigert, weil die VG Mengenrabatte rausschlagen möchte. Sowas kannste dir echt nicht ausdenken! Ich bekam hinsichtlich meiner Kritik an den Verschmutzungen immerhin noch einen weiteren Beleg dafür, dass HBR-Routen ganz allgemein Radfahrerverarsche sind.
Bei diesem Radweg handelt es sich in erster Linie um einen Wirtschaftsweg, der durch Traktoren befahren wird. Das es hierbei zu Verunreinigungen kommen kann, ist dieser Tatsache geschuldet. (…)
Zu ihrer Auffassung von Verkehrssicherheit möchte ich folgendes bemerken. Auch ein Radfahrer sollte vorausschauend fahren.
Weitere Erinnerungen meinerseits seien nicht notwendig. Danke, aber das bestimme immer noch ich. Am 4. März hatte ich dann die Faxen dicke. Ich reichte eine Fach- und Rechtsaufsichtsbeschwerde bei der Kreisverwaltung Südwestpfalz ein und informierte darüber die VG und den Ortsbürgermeister in Kopie.
Am 9. März teilte mir der Bürgermeister mit, dass die Schilder erst jetzt geliefert worden seien und nächste Woche montiert werden würden. Ob das nur Zufall war oder die Kreisverwaltung vielleicht doch mal den Telefonhörer in die Hand nahm (was ich eher nicht glaube), kann ich nicht sagen.
Am 11. April ignorierte ich also mal wieder die Zeichen 250 in Kröppen und war gespannt, ob zumindest in Vinningen die nun endgültig versprochene Freigabe erfolgt wäre. Ob ihr es glaubt oder nicht: Ich habe das Zusatzzeichen 1022-10 erst daheim am Rechner bemerkt.
Vor Ort wäre ich niemals auf die Idee gekommen, jenes Zusatzzeichen am davor stehenden Pfosten mit den HBR-Wegweisern zu suchen! Das wurde von meinem Logik-Filter einfach komplett weggeblockt.
Ich möchte hiermit als Träger des „Goldenen Lenkers für das Ehrenamt“ meinerseits der Ortsgemeinde Vinningen den „Goldenen Vollpfosten“ in der Kategorie „HBR“ verleihen! Meine Kritik daran nahm der Bürgermeister zur Kenntnis. Für die (weiterhin fehlende) Beschilderung in Kröppen sei er ja nicht zuständig.
Kafkaesk. Was für ein Aufwand, auch in Gestalt dieses Beitrags. Aufgrund einer eigentlichen Selbstverständlichkeit.