An dieser Stelle möchte ich anhand eines Beispiels quasi direkt vor meiner Haustür (ich befahre die Strecke quasi täglich in mind. einer Richtung) einmal ausführlich aufzeigen, welche allgemeinen Abgrenzungs-Problematiken durch das ausgelöst werden, was sich gemeinhin „Radweg“ schimpft. Vor allem basierend auf dem Fakt, dass das, was als „straßenbegleitender Radweg“ oft blau benutzungspflichtig beschildert wird, oft genau genommen kein Solcher ist, sondern ein eigenständiger Weg, der bspw. zwei unabhängige Straßen miteinander verbindet bzw. eine andere ursprüngliche Funktion hat(te). Um einen Solchen dreht es sich hier!
1. Gersbach – Winzeln
Die Kreisstraße 6 führt von der westlichen Stadtgrenze durch die eingemeindeten Stadtteile Windsberg, Gersbach (als Rothmühlstraße) und Winzeln (als Gersbacher Straße) in die Kernstadt, wo sie das westliche Stadtgebiet bis zum Beginn der B 270 durchquert. Sie weist (vor allem seit dem Bau der L 600, die quasi den gesamten Durchgangsverkehr abzog) ein nur unterdurchschnittliches Verkehrsaufkommen auf und wurde (glücklicherweise) etwa um 2010 herum gründlich saniert; zuvor war es eine berüchtigte Holperpiste. Vom Bau neuer Radwege (so auch im Hochwald zwischen Windsberg und Gersbach) hat man (wohl aus Kostengründen) abgesehen. Viel sinnvoller wäre es gar, dort bereits vorhandene Wirtschaftswege zu asphaltieren, sie für Radfahrer freizugeben und auf diesem Wege Alternativen zu eröffnen.
1.1 Einmündung Windsberger Straße
Bis zur Einmündung der Windsberger Straße in Gersbach wird man auch grundsätzlich von Radwegen und blauen Schildern verschont. Wie das folgende Foto zeigt, auch hier! Rechts geht es die (Vorfahrtstraße) K 6 weiter nach Winzeln, links in die Windsberger Straße. Weit und breit kein Blauschild oder Radweg zu sehen!

Oder etwa doch nicht? Ein flüchtiger Blick über die Schulter – war da etwa was Blaues…?

Nun steht das mit dem Pfeil nach rechts hier unzweifelhaft in einer anderen(!) Straße und zeigt woanders (Ortsmitte) hin – also kann es für einen auf der
K 6 fahrenden Radler schlicht nicht relevant sein! Der Radfahrer soll also hier offenbar die Seite wechseln. Nun ergibt das Schild dort so eigentlich aber überhaupt keinen Sinn (auf dem linken Gehweg hätte man eh nix verloren); denn wer von Winzeln kommt, dürfte das Schild eigentlich gar nicht zu Gesicht kriegen, da er wegen eines anderen Blauschilds die Fahrbahn ja gar nicht befahren dürfte (mehr dazu noch unten). Im Gegenteil suggeriert es wenn überhaupt, dass wer mit dem Rad von der K 6 nach links in die Windsberger Straße (Richtung Ortsmitte) einfährt, nun halt den Geh-Radweg auf der anderen Seite benutzen soll. Doch da ist (in diese Richtung) keiner! Nur ein
, welches dort links der Fahrbahn steht und in Richtung Winzeln zeigt. Und dieses ist folglich (wenn überhaupt) nur relevant für Radfahrer, die aus Gersbach (der Windsberger Straße) kommen. Aber das sind ja nur ein paar! „Mist!“ – wird sich der Verkehrsplaner evtl. gedacht haben…?
Das Pirmasenser Straßenverkehrsamt versucht also offenbar, das logische, geographisch-bauliche Problem zu lösen, Radfahrer auf einer durchgehenden Vorfahrtstraße irgendwie in eine andere(!) Straße zu lotsen, damit sie einen dort(!) beginnenden (linken) Geh-Radweg
benutzen (sollen). So sieht der Plan dann von oben aus. Gemeinhin bezeichnet man so etwas als klassische Schikane – im allgemeinen, aber auch motorsportlichen Sinne!

Nun zeigt dieses regelrechte „Herumwinden“ schön auf, was mein allgemeines Problem mit vermeintlich „straßenbegleitenden“ Radwegen ist: Sie sind nämlich meist keine, zumindest nicht im eigentlichen Sinne. Sie sind in der Regel Wege, die mehr oder weniger zufällig, in mehr oder weniger großem räumlichen Abstand (horizontal und vertikal) zu ein oder mehreren(!) Straßen verlaufen – aber dann per Beschilderung zu (benutzungspflichtigen) Geh-Radwegen gemacht werden (sollen). Dabei handelt es sich hier offenkundig um einen eigenständigen, parallelen Landwirtschaftsweg. Dieser existiert schon seit ich denken kann – und wurde wohl ursprünglich dafür angelegt, damit die Landwirte mit ihren Traktoren problemlos auf die dortigen Felder und Wiesen auffahren können; dies geht östlich der Fahrbahn nämlich nicht, da jene auf einem künstlichen, circa drei Meter hohen Damm geführt wird. An diesem Weg zweigen im Verlauf zudem drei weitere Feldwege ab. Der parallele Weg ist zudem auch durchgehend per Zusatzzeichen für landwirtschaftlichen Verkehr freigegeben (was nebenbei der wesentliche Grund für seine überdurchschnittliche Breite ist). Mit der K 6 hat der Weg also aufgrund seines Beginns(!) in der Windsberger Straße (die er ein Stück weit begleitet und quasi fortführt) auf diesem Abschnitt eher wenig zu tun; er verläuft nur weitgehend parallel.
Wir gehen also relativ unstrittig davon aus, dass das Schild für uns (die K 6 befahrend) keine Bedeutung hat und fahren auf dieser weiter Richtung Winzeln. Die Ortstafel steht erst rund 300 Meter südlich der besprochenen Einmündung:

Mit dem MTB nutze ich übrigens meistens einen per
freigegebenen Feldweg etwas weiter westlich – dem man durchaus eine Asphaltierung gönnen könnte!
1.2 Besondere Gefahrenlage?
Ein kurzer Einschub zum Thema Ortstafel: Die beiden blauen Schilder stehen unstrittig innerhalb der geschlossenen Ortschaft von Gersbach! Innerorts ist die Anordnung von Verkehrszeichen wie dem aber nur dann zulässig, wenn gem. § 45 (9) S. 3 StVO eine „besondere Gefahrenlage“ vorliegt. Entscheidend ist der Standort des Schildes – nicht, wohin der Weg dann irgendwann mal führt. Eine solche „Gefahrenlage“ kann aufgrund der breiten und übersichtlichen Fahrbahn, dem geringen Verkehrsaufkommen (schätzungsweise 2.500 Kfz am Tag), quasi gar keinem Schwerlastverkehr , Tempo 50 auf rund 300 Metern bis zum Ortsschild mit anschließender Geschwindigkeitsbegrenzung auf
inkl.
eindeutig ausgeschlossen werden. Die Schilder dürfen also dort nicht aufgestellt werden. Dies gilt dann auch für das erste
am Ortsausgang von Winzeln in Fahrtrichtung Gersbach am Friedhof; siehe unten. Siehe auch einen gesonderten Beitrag zum Thema Ortstafeln.
1.3 Der erste Übergang
Nun denn – wir befahren die langgezogene Rechtskurve und kommen dann doch in die Sichtweite eines linksseitigen , welches uns nun unzweifelhaft direkt anspricht und uns auffordert, auf den linken (umfunktionierten) Landwirtschaftsweg zu wechseln. Der die Tage übrigens wieder ordentlich verdreckt ist; sauber macht ihn keiner…

Es bewirkt eben die 300 m kurze, anschließende linksseitige Feldwegbenutzungspflicht:

Nur ist diese Stelle denkbar schlecht für solche überflüssigen Fahrmanöver geeignet! In all den Jahren habe ich natürlich hin und wieder, je nach Lust und Laune, alle möglichen Kombinationen durchexerziert. Das Auffahren an dieser Stelle ist die unangenehmste aller Möglichkeiten, denn dort greifen die verkehrlichen und gefährlichen Probleme, die letzen Endes (nach langem Kampf…) zur Aufhebung der (kurzlebigen) Benutzungspflicht zwischen Winzeln und Pirmasens führten. Hier existiert zwar keine durchgezogene Mittellinie – aber es gilt allgemein (bei Überholverbot
, ausgenommen Traktoren) und man hat hin und wieder Verkehr neben sich, im Rücken oder auch aus der Gegenrichtung. Der parallel zur Fahrbahn verlaufende, nahtlose Übergang beginnt etwa 50 Meter Ausgangs der Rechtskurve. Dieser Übergang bietet zwar mit rund 50 Metern Länge einen gewissen Spielraum bei dem Vorhaben, im fließenden Verkehr nach links zu wechseln. Das reicht aber bei entsprechender Geschwindkeit von ca. 25 bis 30 km/h (also 7 bis 9 m/s mit dem Rennrad) bei Gegenverkehr auch nicht unbedingt aus; man ist dann also doch gezwungen, ggf. auf der Innenseite der Fahrbahn anzuhalten und den Gegenverkehr durchzulassen. Kurzum: Es verursacht viele Schulterblicke und ein gewaltiges Maß an unnötigem Stress. Linksabbiegen auf freier Landstraße, im fließenden Verkehr ohne Abbiegespur oder Querungshilfe, (wie sie die VwV ja vorschreibt) dürfte allgemein das unangenehmste und gefährlichste Fahrmanöver sein, welches man als Radfahrer hin und wieder zu meistern hat.
Da der kombinierte Geh-, Rad- und Landwirtschaftsweg jedoch ab hier gemessen in etwas mehr als 300 Metern am Ortseingang von Winzeln schon wieder endet, stünde ein Überwechseln (welches sich am Wegende dann auch wiederholen würde) sowieso in keinem nachvollziehbaren Verhältnis mehr. An dieser Stelle hätte man sich das Aufstellen eines (wiederholenden) Schildes also schlicht ersparen können.
1.4 Nördlicher Ortsrand von Winzeln
Der Weg endet dann (übrigens ohne Kennzeichnung, die meisten fahren dann einfach auf dem Gehweg weiter) am Friedhofsparkplatz von Winzeln und man muss dann dort wieder die Gegenfahrbahn queren; die dortige Querungshilfe wurde aber nur für Fußgänger angelegt, da dort von der anderen Straßenseite her ein Gehweg einmündet.
Aus all diesen Gründen ist dann meines Erachtens eben auch die gesamte linksseitige Benutzungspflicht in Richtung Winzeln aufzuheben; da es sie eigentlich schon aufgrund der baulichen Ausgangssituation in der Windsberger Straße (und der fehlenden „Gefahrenlage“ innerorts) gar nicht geben dürfte. Die beste Alternative wäre eine Beschilderung mit .
2. Winzeln – Gersbach
In der Gegenrichtung (nach Gersbach) ergeben sich dann auch schon am Beginn des Weges bauliche Probleme: Der (interessanterweise aus der Ortschaft herausfahrende…) Verkehr wird am Friedhof durch eine Verschwenkung mit Fußgänger-Querungshilfe-Insel nach rechts ein wenig ausgebremst. Durch die Krümmung der rechten Fahrbahn inkl. des abgesenkten und abgerundeten Bordsteines ergibt sich für den dort auf den mit einer uralten Variante (Zeichen 244 der StVO von vor 1992) eines beschilderten Weg auffahren wollenden / müssenden Radfahrer aber das Problem, dass der Winkel extrem spitz ist und somit grade mit schmalen Reifen oder auch bei Nässe Sturzgefahr besteht; man muss also vorher einen deutlichen Schwenk nach links machen, um den Winkel zu vergrößern (wie man es auch bei Eisen- oder Straßenbahnschienen tun sollte). Meiner Meinung nach müsste daher dort also auf einem Streifen ein niveaugleicher Übergang angelegt werden.

Tempo 50 gilt bis zur Ortstafel (siehe Punkt 1.2 „Besondere Gefahrenlage“) am „Einsiedlerhäuschen“. Dort ergibt sich hin und wieder mal ein Problem mit parkenden Gästen. Man könnte aber dort zum Schluss kommen, die Benutzungspflicht sei hier aufgehoben, da man dort kein Blauschild mehr sehen kann:

Es gibt aber eins. Wenn auch nur ein uraltes Zeichen 244 der StVO von vor 1992 (dessen Wirksamkeit man m. E. auch deshalb anzweifeln darf), welches gut versteckt ist. Es wäre dann das erste Blauschild außerorts – und aufgrund des „neuen“ § 45 (9) S. 4 Nr. 3 StVO (leider) wohl erst einmal rechtmäßig, da ein nun außerorts auch wieder ohne Nachweis einer „besonderen Gefahrenlage“ aufgestellt werden kann. Die letzte Änderung der StVO Ende 2016 wirft den Radfahrer in Sachen Recht auf Fahrbahnnutzung zurück ins dunkelste Mittelalter. Am rechten Rand sammelt sich dahinter übrigens mangels eines Abfluss oder Grabens nach Regenfällen das Wasser, die ca. 15 Meter lange „Pfütze“ überflutet fast die gesamte Wegbreite. Bei Wechsel- oder Nachtfrost kann es dann glatt werden.

Ein paar Meter weiter in Richtung Gersbach und wir sind wieder dort angelangt, wo der Weg insgesamt seine bislang enge, (relativ) niveaugleiche und eher unstrittige Beziehung zur K 6 aufgibt, in der Folge unter die Fahrbahn abtaucht, andere Feldwege erschließt – und durch sein bauliches Ende in der Windsberger Straße meiner Meinung nach nicht mehr straßenbegleitend ist – und somit auf diesem Abschnitt keine Benutzungspflicht mehr für Radfahrer bewirkt, die in Richtung Windsberg unterwegs sind.

Befährt man den (offenkundig eigenständigen, von der K 6 unabhängigen) Weg bis zur Einmündung des Feldwegs in die Windsberger Straße, muss man am Ende des Weges (abgesenkter Bordstein) nach links wollend dem von der K 6 in jene Straße einmündenden Verkehr Vorrang als natürlich auch jenem aus der Gegenrichtung gewähren. Die Stelle am Gersbacher Ortseingang ist dort allerdings aufgrund von Bäumen etwas unübersichtlich, dazu wird dort trotz Verschwenkung regelmäßig ziemlich gerast, weshalb diese Stelle vor einigen Jahren auch baulich umgestaltet wurde. Ein Gefahrzeichen
sucht man hier in beide Richtungen übrigens vergebens; wie auch am Winzler Ortseingang.
Da man sich ja nun unzweifelhaft für ein kurzes Stück in der Windsberger Straße befindet, muss man auch wieder die Vorfahrt des von links kommenden, durchgehend die
K 6 befahrenden Verkehrs beachten, wenn man rechts in Richtung Windsberg abbiegen will. Man wurde so also nicht nur zu einer zusätzlichen Schleife von etwa 60 Metern genötigt, sondern musste auch noch drei Mal Vorfahrt gewähren, um überhaupt wieder auf die ursprüngliche Vorfahrtstraße zurückkehren zu können. Hier der Blick in Richtung Winzeln:

Fazit
Meines Erachtens wäre es dann auch in Richtung Windsberg die sinnvollste Lösung, die Benutzungspflicht gänzlich aufzuheben und durchgehend per zu beschildern; dann würde auch keine Schrittgeschwindigkeit gelten und Fußgänger hätten keine absolute Narrenfreiheit. Gefühlt 95 % der Radfahrer würden diesen Weg nämlich aufgrund der (von kleinauf indoktrinierten) Angst vorm Fahrbahnradeln so oder so nutzen. Oder eben den parallelen Feldweg etwas weiter westlich benutzen. Radverkehr in Pirmasens sieht nämlich in aller Regel so aus, dass er so gut wie nicht vorhanden ist. Und die wenigen, die auf dem Rad unterwegs sind, sieht man in aller Regel (in bestimmt 75 % der Fälle) ängstlich auf Gehwegen herumeiern.
Update
Dieser Beitrag wurde am 11. Juli 2019 inhaltlich geringfügig überarbeitet. Hauptsächlich wurden bislang fehlende Fotos eingefügt.
> ein Zeichen 240 StVO nun außerorts auch wieder ohne Nachweis einer „besonderen Gefahrenlage“ aufgestellt werden kann
Das ist natürlich nicht so, Grundgesetz. Och Mist, das gilt ja neuerdings nicht mehr.
Veraltete Schilder können nicht angeordnet werden, eine Benutzungspflicht kommt damit nicht zustande.
Prinzipiell hast du zwar recht, aber dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Sachen Blau jemals größere Beachtung gefunden hätte, kann ich nicht bestätigen. Ich versuche gerade in Zweibrücken so zu argumentieren; was die Behörde natürlich wieder völlig ignorieren wird.
Der aktuelle Stand dieses Falls (K 6) ist übrigens hier nachzulesen