Innerorts oder Außerorts?

Ich hatte ja grade erst die „gewachsene“ Baustellenbeschilderung in der Weiherstraße in Eppenbrunn thematisiert. Schon am 10. Juli 2017 wurde die Kreisverwaltung Südwestpfalz von mir darauf hingewiesen, dass die Benutzungspflicht per Zeichen 240 StVO (dazu noch in beide Richtungen) hier meiner Ansicht nach nicht gerechtfertigt ist und bat um Überprüfung. Am 25. Juli teilte mir die Sachbearbeiterin mit, dass man das Anliegen zuständigkeitshalber an die Verbandsgemeinde Pirmasens-Land weitergeleitet hätte. Grund ist die Lage des Sonderweges innerhalb der geschlossenen Ortschaft von Eppenbrunn.

Am 14. November 2017 fragte ich dann mal bei der zuständigen Stelle nach, was denn nun mit den Schildern sei? Man antworte mir am 30. November u. a. Folgendes:

Auch die Beschilderung in Eppenbrunn liegt außerhalb der geschlossenen Ortschaft. Dabei ist hier nicht das Ortsschild maßgebend, sondern die sogenannte OD-Grenze. Diese befindet sich direkt an der Überfahrt Weiherdamm, also nach der bebauten Ortslage nach der nach rechts abgehenden Neudorfstraße.

Das überraschte mich nun, da ich inzwischen gelernt hatte, dass bei Radwegen innerhalb geschlossener Ortschaften die Verbandsgemeinden (oder Städte) zuständig seien. Immerhin stimmte mir der Sachbearbeiter zu, dass man hier auf eine Benutzungspflicht verzichten könne. Die Kommunikation war auch insgesamt ganz angenehm.

Da sich aber eben über den gesamten Winter nix tat und die Schilder am Sonntag immer noch standen, schrieb ich der VG PS-Land noch einmal eine e-mail. Doch erneut wurde die Zuständigkeit abgestritten. Ich setzte dann die Straßenverkehrsbehörde des Kreises Südwestpfalz ins Cc und bekam heute eine längere e-mail (dazu gibt es noch einen eigenen Beitrag), in der man am Ende noch kurz auf die Zuständigkeitsprobleme einging:

Die Zuständigkeit der einzelnen Straßenverkehrsbehörden bemisst sich alleinig nach dem Standort der Ortstafel (Zeichen 310) und nicht nach der OD Grenze. Letztere grenzt nach Straßenrecht lediglich die Baulastträgerschaft und die Unterhaltungspflicht ab. Wir haben dies zum Anlass genommen und die Örtlichkeit heute kurzfristig besichtigt. Die Ortstafel steht unmittelbar vor der Zufahrt des Sportplatzes aus Richtung Ludwigswinkel kommend und daher das Zeichen 240 eindeutig innerhalb der geschlossenen Ortschaft. Von daher können wir die Zuständigkeitsprobleme nicht nachvollziehen.

Man bestätigte so quasi 1:1 die von mir vorgetragenen Einwände (Maßgeblichkeit des Ortsschildes), warum ich die VG für zuständig erachtete. Was war damals an der Fachhochschule für Finanzen ein beliebter Running-Gag der Dozenten?

Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung.

Straßenverkehrsrechtlich

Dann tun wir das doch mal. 😉 Also – wer ist eigentlich in Sachen Beschilderung wo zuständig? Erste Anlaufstelle ist § 44 (1) StVO:

Zuständig zur Ausführung dieser Verordnung sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Straßenverkehrsbehörden. Nach Maßgabe des Landesrechts kann die Zuständigkeit der obersten Landesbehörden und der höheren Verwaltungsbehörden im Einzelfall oder allgemein auf eine andere Stelle übertragen werden.

Straßenverkehr ist gem. Artikel 74 (1) Nr. 22 Grundgesetz Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung (Artikel 72 GG), also primär Ländersache.

Das Land Rheinland-Pfalz regelt die Zuständigkeiten der Straßenverkehrsbehörden in der „Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Straßenverkehrsrechts (vom 12. März 1987)“.

§ 3 (1) Nr. 1 der StVRZustV RP lautet folgendermaßen:

Zuständige Behörde für die Aufgaben der Straßenverkehrsbehörde nach der Straßenverkehrs-Ordnung (§ 44 Abs. 1 Satz 1 StVO), soweit nicht nach § 1 Satz 1 Nr. 2 und § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 und Satz 2 und 3 andere Behörden zuständig sind, ist die Kreisverwaltung, in kreisfreien und großen kreisangehörigen Städten die Stadtverwaltung.

Also wäre hier erst einmal grundsätzlich die Kreisverwaltung Südwestpfalz zuständig. § 1 S. 1 Nr. 2 (StVO-Recht auf Autobahnen) greift hier nicht. Wie sieht es mit § 5 (1) S. 1 Nr. 1 sowie S. 2 und 3 aus? Der dreht das ganze erst einmal auf den Kopf:

Zuständige Behörde für die Bestimmung, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, die Beschränkung der Benutzung von Straßen und die sonstigen Aufgaben der Straßenverkehrsbehörde nach § 45 StVO, ist die Gemeindeverwaltung der verbandsfreien Gemeinde und die Verbandsgemeindeverwaltung. Bei Bundes-, Landes- und Kreisstraßen beschränkt sich die Zuständigkeit nach Satz 1 Nr. 1 auf die Strecken innerhalb der geschlossenen Ortschaften. Bei Landes- und Kreisstraßen außerhalb der geschlossenen Ortschaften ist die Verwaltung der in Anlage 1 aufgeführten verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden zuständige Behörde nach Satz 1 Nr. 1.

S. 3 greift nicht. Da es sich bei der Weiherstraße um eine Landesstraße (L 478) handelt, ist hier nach S. 1 und 2 zweifelsfrei die Straßenverkehrsbehörde der Verbandsgemeinde Pirmasens-Land zuständig!

Anlage 3 zu § 42 (2) StVO, lfd. Nummer 5 und 6 besagt schließlich:

Ab der Ortstafel gelten jeweils die für den Verkehr innerhalb oder außerhalb geschlossener Ortschaften bestehenden Vorschriften.

Die Ortstafel (Zeichen 310) bestimmt: Hier beginnt eine geschlossene Ortschaft.

Straßenrecht

Nun beharrt die VG ja auf dem Standpunkt, die Zuständigkeit hinge vom Straßenrecht ab. Die KV teilt meine Rechtsauffassung. Im Landesstraßengesetz von Rheinland-Pfalz finden sich jedenfalls auch keine Anzeichen dafür, dass die straßenverkehrsrechtliche Zuständigkeit von der Straßenbaulast (§§ 11 ff.) abhinge. Der Begriff „Verkehrszeichen“ taucht in dem gesamten Gesetz auch nur einmal in § 1 (3) Nr. 4 auf:

Zu den öffentlichen Straßen gehören (…) der Bewuchs und das Zubehör, das sind Verkehrszeichen, Verkehrseinrichtungen und Verkehrsanlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen.

Nach meinem Verständnis ergibt sich aus der Baulastträgerschaft der Landstraße (§ 12 Abs. 1) nur, dass neue Schilder (Zeichen 239 StVO ) dann wohl das Land bezahlen müsste. Der Sachbearbeiter der VG wird jedenfalls aber nicht um die Arbeit herumkommen, die Schilder abordnen zu lassen. Die „OD-Grenzen“ sind dafür nämlich nicht maßgeblich, sondern allein das Zeichen 310!

Das Thema ist insb. durch die Änderung des § 45 (9) StVO recht „spannend“ geworden. Denn was gilt nun eigentlich, wenn ein Zeichen 240 StVO innerhalb einer geschlossenen Ortschaft angeordnet wird, der Weg aber über das Ortsschild hinausreicht? Oder umgekehrt? Ansatzweise hatte ich das ja schon einmal in diesem Beitrag angeschnitten und werde die Thematik demnächst hier noch etwas genauer betrachten.

4 Gedanken zu „Innerorts oder Außerorts?“

  1. Das Ortsschild müsste in dem Fall im Sinne der VwV korrekt aufgestellt worden sein; im verlinkten Fall steht es (seit Jahren) hingegen wohl zu weit von der eigentlichen Bebauung entfernt.

    Indem nichts anderes angeordnet wird, schließt sich die dann zuständige Behörde durch konkludentes Handeln der Entscheidung der anderen Behörde an.

    Das reicht m. E. aber nicht; wenn der Abschnitt innerorts beginnt und an dieser Stelle keine „Gefahrenlage“ vorliegt, ist dem Wortlaut nach das Z 240 von der (innerorts zuständigen) Behörde (VG) abzuordnen. Eine Aufstellung von Seiten der außerorts zuständigen Behörde (Kreis) kommt erst hinter dem Ortsschild in Betracht; wenn dort (z. B. topographisch) keine sichere Möglichkeit besteht, eine bauliche Auffahrt (inkl. gem. VwV notwendiger Querungshilfen) auf den Weg anzulegen, gibt es halt dort (erst einmal) keinen benutzungspflichtigen Sonderweg mehr.

    Aber das diskutieren wir dann im speziellen Beitrag. 😉

  2. Heute gab es in RLP auch ein Urteil zur Zuständigkeit auf Ortsdurchfahrten von klassifizierten Straßen. Hier ging es um die Zuständigkeit zur Pflicht der Reinigung. Die Zuständigkeit der Gemeinde innerorts wurde in dem Urteil festgestellt. Das müsste ja (meiner laienhaften Meinung nach) auch auf Deinen Fall übertragbar sein.

    1. Haste einen Link? Das würde dann aber eher die Straßenbaulast (und die von der VG genannten „OD-Grenzen“) betreffen; also die, worauf es bei der Zuständigkeit von Verkehrszeichen grade nicht ankommt; da hängt es von den Ortstafeln ab, wer wofür zuständig ist.

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