Schummel-Stummel-„Radwege“

Eine typische Erscheinungsform vor allem auch in der überwiegend radwegfreien Südwestpfalz sind gemeinsame Geh- und Radwege, die grade nicht durchgehend entlang der entsprechenden Landes- oder Kreisstraße gebaut werden, sondern meist irgendwo jenseits der Ortstafeln an einem von der Gemeinde etwas abgesetzten Punkt enden. Natürlich werden jene Wege dann trotzdem mit Gemeinsamer Geh- und Radweg beschildert und sind somit auch für den Radfahrer benutzungspflichtig, was aber nervig wird, wenn man wegen weniger hundert Meter auf weniger als 2 m schmale Wegelchen gezwungen wird. Und dabei auch noch zweimal die Fahrbahn queren muss, wenn der überflüssige Stummel auf der linken Fahrbahnseite liegt.

Diese Unsitte hat wohl Gründe, die vor allem im finanziellen Bereich liegen. Vor einiger Zeit hatte ich als Beispiel für diese Stummel-Wege den 350 m kurzen Gehweg mit beidseitiger Benutzungspflicht für Radfahrer am östlichen Ortsausgang von Leimen dokumentiert – der einzige Radweg-Abschnitt auf dem 17,6 km langen Abschnitt der L 496. Natürlich wurde der dort nur angelegt, weil die Route genau dort am gefährlichsten ist. 😉 Aber auch anhand der „Schikane“ bei Hauenstein kann man diese an Subventionsbetrug erinnernde Methode beobachten. Oder auch in Eppenbrunn (siehe unten). Bei Herschberg führt ein 280 m kurzer (untermaßiger) Stummel zum etwas vom Ortskern abgesetzten Sportplatz, ebenfalls bei Vinningen.

Damit verwandt sind Wege, die aus dem Ort herausführen, um nahezu ausschließlich den touristischen Radverkehr dann auf eigenständige Wege zu führen, die nicht benutzungspflichtig sind. Das ist beispielsweise zwischen Contwig und Niederauerbach der Fall oder auch an den Ortsausgängen von Waldfischbach-Burgalben über die L 501 in Richtung des Golfplatzes bzw. des nur geschotterten Schwarzbachtal-Radweges entlang der K 32. Das besonders abschreckende Konstrukt im Klappertal entlang der K 25 wurde von mir ja schon dokumentiert. Auch bei Thaleischweiler-Fröschen endet nach 600 m ein linksseitiger Gemeinsamer Geh- und Radweg im Nirgendwo (dazu auch noch vor einer Sperrfläche…), zur Anbindung eines hundsmiserablen touristischen Offroad-„Radwegs“ durch das Wallhalbtal.

In den meisten Fällen spielt der Baulastträger Land oder Kreis dann mit – und baut der Gemeinde den aus dem Ort herausführenden gem. Geh- und Radweg neben die Fahrbahn. Manchmal klappt das aber nicht – und der Baulastträger stellt sich quer, weil er einen Geh- und Radweg für überflüssig hält. So musste die VG Zweibrücken-Land damals ihren zwischen Horn- und Mauschbach parallel zur L 478 verlaufenden, aber nur geschotterten Weg selbst finanzieren und bauen. Auch auf Umwegen hätte man wohl auch gem. § 2 Nr. 1 e) LVFGKom dafür kein Geld vom Land bekommen.

Baulastträger

Wie verteilen sich eigentlich die Kosten, die bei einem Straßenausbau anfallen? In Rheinland-Pfalz ist dies im LStrG geregelt, bei Landes- und Kreisstraßen bestimmt insb. § 12 (9), wer die Gehwege und Radwege zu bezahlen hat:

Soweit dem Land oder den Landkreisen die Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten obliegt, hat die Gemeinde die Baulast für Gehwege, Plätze und Parkplätze. Für Radwege gilt Satz 1 insoweit, als diese nicht auf den anschließenden Strecken der Landes- oder Kreisstraßen vorhanden oder vorgesehen sind.

Diese Vorschrift trifft gem. § 12 (3) LStrG auf alle „kleineren“ Gemeinden mit unter 80.000 Einwohnern zu. Die Regelung bedeutet, dass eine Gemeinde erst einmal den Gehweg innerhalb der Ortsdurchfahrt selbst finanzieren müsste. Nicht wenige Gemeinden bürden diese Kosten dann einfach den betroffenen Grundstückseigentümern auf. Macht man jedoch aus einem Gehweg per Gemeinsamer Geh- und Radweg einen gemeinsamen Geh- und Radweg, der auch noch über die Ortsdurchfahrt hinaus angelegt wird, liegt die Baulast wieder beim Land oder dem Kreis; innerorts und außerorts. Die Gemeinde ist fein raus. Wie lang die „anschließenden Strecken“ sein müssen, ist ja nicht genauer definiert.

Wichtig sind hier auch wegen § 12 (6) und (7) im Einzelfall noch die „OD-Grenzen“, die schon einmal Thema in einem anderen Fall waren. In Eppenbrunn liegt der bebläute Weg entlang der L 478 bspw. ja noch vollständig innerhalb der geschlossenen Ortschaft im straßenverkehrsrechtlichen Sinne. Die „OD-Steine“ liegen aber dazwischen, daher geht der „gemeinsame Geh- und Radweg“ hier (wenn auch nur ein paar Meter) über die Ortsdurchfahrt hinaus. Und folglich wurde der klassische Hochbordgehweg daher wohl auch vollständig vom Land finanziert.

Die Anlage von Gehwegen (oder eben auch Radwegen) ist außerorts nicht grundsätzlich vorgesehen und erfolgt sowieso meist völlig willkürlich; vermutlich dann, wenn zu viele Radfahrer den Autofahrern durch ihre etwas häufigere Anwesenheit auf die Nerven gehen. Oder wenn eben eine Gemeinde darauf beharrt, ein außerhalb der Ortslage gelegenes Ziel anzubinden.

Umfangreiche Hintergrundinformationen zu diesem Thema finden sich auch auf der Internetseite des „FUSS e.V.“ – einer Interessenvertretung für Fußgänger.

„Gefahrenlage“? Von wegen!

Darin könnte man ja auch einen allgemeinen, nicht unwesentlichen Widerspruch erkennen: Denn wäre vor allem ein Radweg immer aus Sicherheitsgründen wirklich unbedingt notwendig (und nichts anderes hat der Bundesrat bei der letzten StVO-Änderung ja behauptet…), müsste man ihn ja immer bauen. Konsequent durchgehend, von einer Ortschaft zur Nächsten. Und dann grade eben nicht nur bis zum Sportplatz, Zeltplatz oder zum Pferdehof, weil die Gemeinde das so will. Ich muss dann im Ergebnis als ernsthafter und nicht unter einer Fahrbahn-Phobie leidender Radfahrer meist untermaßige und miserabel gepflegte Stummelwege benutzen, obwohl der deutlich überwiegende Teil des klassifizierten Straßennetzes gar nicht mit derartigen Wegen ausgestattet ist.

Der wohl mit Abstand längste „Geh- und Radweg“ in der Region, der im Prinzip zur Anbindung eines von der Ortschaft deutlich abgesetzten Sportplatzes eingerichtet wurde, liegt inmitten des einsamen Pfälzerwaldes bei Schmalenberg im kurz vor der Grenze zum Landkreis Kaiserslautern. Dort führt ein 1,2 km langer, recht schmaler Weg entlang der K 29 und K 30 erst zum Friedhof und anschließend weiter zum abgelegenen Sportplatz. Auf den Fahrbahnen ist so gut wie überhaupt kein Verkehr. Von der Hauptstraße kommend wird der Radfahrer über einen unbeschilderten Weg zu jenem linksseitigen Geh- und Radweg geführt, der dann teils auf schmalem Hochbord in unübersichtlichen Kurvenbereichen mit stärkerem Gefälle verläuft. An den Wegweisern erkennt man, dass dieser Teil des HBR-Wegenetzes ist:

Schmalenberg

Hier der Blick in Richtung Friedhof / Sportplatz:

Schmalenberg

Der Weg im Vordergrund ist allerdings (erstaunlicherweise) mit Gehweg Radverkehr frei beschildert, das gilt in beide Richtungen entlang der K 29 und K 30 bis in den Ort Schmalenberg hinein:

Schmalenberg

Die Abzweigung der K 29 Richtung L 499 / Johanniskreuz wird dann quasi abgeschnitten. Hier müssen Radfahrer also mitten im Nirgendwo einen Gehweg benutzen, weil die Gemeinde einen Solchen zu ihrem Sportplatz haben wollte. Auch dieser Weg wurde also primär nicht deshalb angelegt, weil die Fahrbahn dieser Kreisstraße grade auf diesem Abschnitt zu „gefährlich“ für Radfahrer gewesen wäre. Zumindest aber auf jeden Fall nicht gefährlicher als die vorherigen oder folgenden Abschnitte ohne „gemeinsamen Geh- und Radweg“.

Insgesamt ein Thema (insb. die „aus der OD herausführenden Wege“), auf das der Landesrechnungshof hin und wieder mal ein wachsameres Auge werfen könnte. Ungeachtet dessen hat man ja auch am Potzberg etwas ähnliches geplant. Und bei Ruppertsweiler plant und plant man ebenfalls weiter an einem vollkommen überflüssigen straßenbegleitenden Wegelchen.

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