Reise in die Schweiz 2004

Ein verregneter Januar-Sonntag eignet sich gut für einen weiteren, kleinen Reisebericht aus dem Jahr 2004. Wie bereits im Bericht zu meiner Reise zur Tour de France angedeutet, war ich ein paar Wochen zuvor für drei Tage (erstmals überhaupt) in die Schweiz gefahren, um drei Alpenpässe zu bezwingen. So befuhr ich am 1. Tag den Furkapass (ab Wassen), am 2. Tag den Sankt-Gotthard-Pass (von Airolo) und am 3. Tag den Klausenpass (ab Altdorf).

Schon im Frühjahr konnte ich es (nach der tollen Reise zur Tour 2003) kaum abwarten, bis in der Zentralschweiz Anfang Juni endlich die höheren Alpenpässe geöffnet wurden, um bei einer passenden Schönwetterphase mit dem Auto spontan die rund 400 km runter ins Hochgebirge zu fahren. Für Reisen wie jene vermisse ich mein Auto dann doch; so unternahm ich zu dieser Zeit bspw. auch sehr viele Tagestrips am Wochenende in den Nordschwarzwald, die Vogesen oder auch den Hunsrück.

Dass die meisten Pässe erst wenige Tage zuvor nach gut halbjähriger Wintersperre geöffnet wurden, kann man auch an den Fotos erkennen, denn oberhalb von 2000 Metern war es zu dieser Zeit noch ziemlich weiß. Den Sustenpass, den ich dem Klausenpass vorgezogen hätte, war bspw. leider noch nicht befahrbar gemacht worden.

Tag 1: Furkapass (ab Göschenen)

Die Anreise in die Schweiz verlief völlig unkompliziert. Ich parkte mein Auto damals irgendwo zwischen Wassen und Göschenen an der N 2 und fuhr von dort mit dem Rad los in Richtung Furkapass. Zum „Aufwärmen“ geht es dann recht bald durch die äußerst spektakuläre Schöllenen-Schlucht zwischen Göschenen und Andermatt, die früher ein fast unüberwindbares Hindernis auf dem Weg in über den Gotthard – und somit die Alpen – war.

Schöllenen – damals, heute und morgen

Heutzutage windet sich eine moderne Straße in mehreren Kehren und Galerien die Felswände hinauf. Diese wird allerdings seit 2014 saniert und soll 2019 wieder vollständig befahrbar sein – allerdings nur für den Kfz-Verkehr! Sogar in den Alpen sorgt also der Separationswahn dafür, dass Radfahrer auch hier zukünftig auf eigene „Velowege“ verwiesen werden! So sollen Radfahrer zukünftig dort wohl überwiegend auf den Galeriedächern fahren – auf einem 1,80 m schmalen Wegelchen, gemeinsam mit Wanderern! Während Kraftfahrzeuge und deren Nutzer grade durch die Galerien vor nicht seltenen Steinschlägen geschützt werden, ist dies bei Radfahrern wohl nicht ganz so wichtig? Besonders skandalös ist, dass man die Schöllenen seit 2014 zwischen April und November (außer an Wochenenden) gar nicht mehr mit dem Rad berghoch befahren darf; man muss zwangsweise in den Bus steigen und dafür auch noch 5 Franken berappen!

Aber zurück zum Sportlichen: Für die 6,2 km mit 456 hm (7,4 %) durch die Schöllenenschlucht brauchte ich damals 25:45 Minuten. Das ergibt einen Schnitt von 14,4 km/h und eine Steiggeschwindigkeit von 1063 hm/h. Meine beiden Befahrungen hatten auch wegen der zukünftigen Verbannung des Radverkehrs somit historischen Charakter. Sicher – der motorisierte Verkehr ist dort nicht grade angenehm – aber ich würde das auch weiterhin einem 1,80 schmalen Zwei-Richtungs-Wegelchen(?) vorziehen – auf welchem einem dann zukünftig Radfahrer mit 70 km/h entgegenschießen werden.

Nun denn: Im romantischen Trogtal des Urseren angekommen, musste ich am Bahnübergang Zumdorf einem Zug (vermutlich war es der Glacier-Express) den Vortritt lassen und konnte nebenbei noch schnell ein Foto schießen. Da ich damals auch noch sehr auf meine Fahrzeiten geachtet habe, habe ich es bei meinen Reisen (fast) immer so gehandhabt, dass ich berghoch ohne Halt durchgefahren bin und nur in den Abfahrten fotografiert habe. Als Kamera diente immer noch die hp photosmart 720.

Bahnübergang Zumdorf

Furkapass

Ab Realp hieß es dann wieder möglichst konstant und zügig hinauf zum Furkapass zu kurbeln. Das klappte auch wieder ganz gut: die 12,1 km mit 893 hm (7,4 %) schaffte ich in 55:31 Minuten, was einen Schnitt von 13 km/h bei 965 hm/h ergibt. Eine Besonderheit der Ostseite des Furkapasses ist, dass er nach dem Serpentinenabschnitt hinter Realp für sehr lange Zeit relativ geradlinig den Berg hinaufführt; den Pass hat man daher fast immer im Blick. Was je nach Verfassung gut oder schlecht für die Motivation sein kann. 😉

Auf der noch tiefwinterlich wirkenden, 2436 m über dem Meer gelegenen Passhöhe angekommen, entschied ich mich, noch bis zum Hotel Belvedere am Rhone-Gletscher hinunterzurollen, denn so wurde auch die Aussicht ins obere Rhone-Tal noch einmal deutlich besser (und brachte zusätzliche 160 Höhenmeter). Ich vermute mal, dass der Schnitt runter langsamer war, als berghoch – denn ich hielt ständig an, um Fotos zu schießen! 😉

Zuerst der phänomenale Blick ins Rhonetal mit der Passstraße zum Grimsel:

Oberes Rhonetal
Zoom über das Oberwallis zum Weißhorn

Und einige Ausblicke während der Abfahrt Richtung Realp:

Obere Serpentinen am Furkapass
Blick ins Urseren auf Realp

Und noch eine idyllische Stelle vor Andermatt:

Im Urseren, im Hintergrund die Passstraße des Oberalppasses

Tag 2: St.-Gotthard-Pass (von Airolo)

Da die Schweiz schon damals ein ziemlich teures Pflaster war und das mit dem Im-Auto-Übernachten bei der Tour de France im Vorjahr so gut geklappt hatte, sparte ich mir (damals sowieso nur ein armer Azubi, der im Jahr darauf noch sein Fachabi machen sollte) die Kohle und übernachtete wieder im Auto. 😉 Am nächsten Morgen ging es mit dem altem Opelchen durch den Gotthardtunnel bis nach Airolo, denn ich wollte die berühmte, überwiegend nur mit Kopfsteinpflaster befestigte Route durch das Val Tremola (also die alte Variante des Sankt-Gotthard-Passes) fahren.

Dies sollte aber leider wegen der noch winterlichen Verhältnisse im Hochgebirge nur im unteren Teil möglich sein, denn die Route durch das Val Tremola war noch nicht geräumt. Um es Positiv zu sehen: Dies bot eine der wenigen Gelegenheiten, die „neue“ Gotthardstraße mal mit dem Rad zu befahren, denn diese war ab der Anschlussstelle „Motto Bartola“ nicht mehr als Kraftfahrstraße beschildert.

Zum Aufwärmen rollte ich ein paar Kilometer das Tessin hinunter und drehte bei Piatto um. Schon von Weitem kann man den Verlauf der Passstraße erkennen:

Blick von Piotta zur Gotthard-Passstraße

Die Auffahrt machte auch trotz der leichten Enttäuschung über die Sperre der alten Straße viel Spaß. Die Daten waren zwar nicht überragend, aber noch okay: 15,1 km / 961 hm / 6,4 % / 1:09:49 h / 13 km/h / 826 hm/h. Diese wurden damals übrigens mittels meines Radcomputers „CM 414m“ von Ciclosport aufgezeichnet, damals einer der ersten Tachos mit Höhenmesser und Datenaufzeichnung.

Die anschließende Abfahrt wurde dann wieder von unzähligen Fotostops unterbrochen:

Blick auf das „Tal des Zitterns“
Schneewände am Gotthardpass
Blick auf Airolo und ins Tessin
Blick ins Val Bedretto (Richtung Nufenenpass)

Kehre mit Kopfsteinpflaster

Tag 3: Klausenpass

Am letzten Tag dieses Schweiz-Kurztrips musste ich wie bereits erwähnt wegen der weiterhin gesperrten Straße über den Sustenpass mit der Westseite des Klausenpass vorlieb nehmen. Das war allerdings im Nachhinein gar nicht mal so tragisch, denn landschaftlich und auch sportlich ist dieser nicht ganz so bedeutende Pass auf jeden Fall eine Befahrung wert! Ich hatte auf einem schönen Parkplatz an der Axenstraße am Urner See gepennt und bin auch von dort aus losgefahren. Auch dieser Pass hat nur sehr wenige Kehren.

Die Zeit hatte ich ab Unterschächen für die letzten 12,6 km mit 913 Höhenmetern (7,2 %) genommen. Ich benötigte – nicht am Limit fahrend – 1:03:52 h, was einem Schnitt von 11,8 km/h und 858 hm/h entspricht. Ich musste unweit des Passes auch für ein paar Minuten anhalten, weil Straßenarbeiter einige Steinschläge beseitigen mussten. Für den Abschluss war die Leistung ganz okay. Auf dem Rückweg kam erneut die Kamera zum Einsatz:

Blick in Richtung „Urner Boden“
Blick in die tiefe Schlucht auf der Westseite
Das Massiv der Großen Windgällen
Idylle pur
Da ging es hinauf

Fazit

Insgesamt absolvierte ich in diesen drei Tagen 197 km mit rund 4100 Höhenmetern. Rückblickend betrachtet hätte ich damals wohl auch locker das Doppelte (also bspw. die beidseitige Befahrung der Pässe) geschafft – aber das traute ich mir noch nicht zu. In die Schweiz ging es dann wieder im Jahr 2007. Im folgenden Jahr stand erstmals eine Reise nach Südtirol auf dem Programm.


Siehe auch

Schöllenen für Radfahrer gesperrt

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