Ich persönlich halte ja so ziemlich jedwede Form von klassischer „Radinfrastruktur“ für überflüssig bis kontraproduktiv, weil allein deren Vorhandensein bereits suggeriert, das Radfahren sei grundsätzlich in irgendeiner Form „schutzbedürftig“ oder außergewöhnlich. Ob nun durch Aufmalen fragwürdiger (mitten in der Dooring-Zone verlaufender) „Schutzstreifen“ oder die Anlage gefährlicher Hochbord-„Radwege“: die öffentlichen Straßen gehören meiner Ansicht nach ALLEN Verkehrsteilnehmern gleichermaßen und sind auch problemlos von allen benutzbar! Ich halte eine rechtliche Privilegierung des Radverkehrs gegenüber dem motorisierten Verkehr für wesentlich sinnvoller. Beispielsweise durch die Öffnung von Einbahnstraßen (nur) für den Radverkehr.
So habe ich auch beim öffentlichen Auftakt zum neuen Verkehrsentwicklungsplan der Stadt Pirmasens im vergangenen Dezember darauf hingewiesen, dass auch die mit Abstand längsten Einbahnstraßen im Pirmasenser Stadtgebiet für den Radverkehr freigegeben gehören. Jene verlaufen im höchstgelegenen Stadtteil mit dem schönen Namen Sommerwald, wo sich zahlreiche idyllische Häuslein aneinanderreihen. Der Verkehr wird mittels kombinierter Einbahnstraßenregelung einmal komplett entgegen dem Uhrzeigersinn um die gesamte Siedlung geführt. Das betrifft vor allem die südöstliche Straße „Am Sommerwald“ und die parallel verlaufende nordwestliche Straße „Am Häusel“. Als Abkürzungen dienen die zwischen beiden Straßen gelegenen „Mittelwege„. Für Fußgänger gibt es noch weitere Verbindungen zwischen der Jakob-Schunk-Straße und „Am Häusel“ sowie zwischen „Am Sommerwald“ und „In den Eichen“ bzw. dem „Unteren Sommerwaldweg“. Ob jene auch für Radfahrer freigegeben sind, muss ich bei Gelegenheit noch überprüfen.
Für Ortsfremde ist das Ganze nicht so einfach zu durchschauen, insb. wie man dort wieder rauskommt. 😉 So kann man bis zur Einmündung „Krumme Steig“ von der Straße „Am Sommerwald“ rechts abbiegen und teilweise über die südlich gelegenen Straßen wieder in Richtung Stadtmitte umkehren. Außerdem gibt es noch im nordöstlichsten Teil eine weitere Einbahnstraßenregelung „In den Birken“ sowie eine „In den Buchen„. Auch per untersagt ist den (fahrenden) Verkehrsteilnehmern, die Jakob-Schunk-Straße in Richtung Rodalber Straße zu verlassen. Dort muss gewendet werden.
Natürlich regt die gegenwärtige Einbahnstraßenregelung auch zum in Pirmasens besonders weit verbreiteten (Geister-)Gehwegradeln förmlich sein.
Umwege
Tatsache ist, dass diese weitläufige, mindestens 3,7 km lange Einbahnstraßenregelung Umwege und somit eben auch ein Mehr an motorisiertem Verkehr verursacht; je nachdem, von wo aus man startet. Vor einigen Jahren las ich auch in der Zeitung, dass sich irgendjemand (ich meine, es wäre ein Verkehrsplaner gewesen) auch deshalb dafür aussprach, diese Regelung wieder abzuschaffen; natürlich für den gesamten (also auch motorisierten) Verkehr.
Etwas seltsam ist auch, dass der gesamte Bereich des Sommerwalds bis heute nicht als Tempo-30-Zone ausgewiesen ist, obwohl dieser Stadtteil fast ausschließlich nur Wohnzwecken dient und es keinen Durchgangsverkehr vergibt. Dies könnte noch ein Hindernis für eine Freigabe der dortigen Einbahnstraßen für den Radverkehr darstellen, denn Tempo 30 ist eine der nötigen Voraussetzungen. Lediglich die Kreisverwaltung Südwestpfalz ist dort (im Unteren Sommerwaldweg) als regional bedeutenderes Verkehrsziel ansässig.
Nun würde meines Erachtens insb. für die Einwohner des Sommerwalds das Rad durchaus an Attraktivität gewinnen, wenn man eben nicht mehr (wie mit dem Auto) in einem weiten Bogen den Sommerwald umständlich umrunden müsste, sondern einfach mit dem Rad entgegen der Einbahnstraße schnell in Richtung Innenstadt oder eben auch zurück zum Wohnhaus fahren könnte.
Nehmen wir zum Beispiel jemanden, der „Am Sommerwald“ kurz hinter der Einmündung „In den Buchen“ (in der Nähe der Markuskirche) lebt. Jener muss nun regelmäßig in einem weiten Bogen entweder über den 2. Mittelweg und „Am Häusel“ fahren. Oder alternativ über die „Krumme Steig“ und den „Unteren Sommerwaldweg“. Jemand, der in etwa auf gleicher Höhe ein Stück weiter nördlich „Am Häusel“ lebt, muss auf dem Rückweg aus der Stadt auch auf jeden Fall einen weiten Bogen über jenen 2. Mittelweg oder alternativ die Jakob-Schunk-Straße fahren. Letztere wiederum kann man ja generell nur besonders umständlich verlassen. Wären die Einbahnstraßen dort freigegeben, könnte man einfach mit dem Rad die direktere und deutlich kürzere Strecke fahren.
Umwandlungen
Von der Breite der Fahrbahn her bestehen dort überhaupt keine Probleme, jene beträgt „Am Sommerwald“ laut google maps ca. 9 Meter. Ein Problem könnten die regelmäßig an beiden Fahrbahnrändern abgestellten Fahrzeuge sein. Weshalb ich ein ergänzendes auf der linken Seite für angebracht hielte. Ggf. wäre es sicher alternativ auch möglich, auf der rechten Straßenseite einige Schrägparkplätze einzurichten. Insbesondere am Ende der Straße „Am Häusel“ müsste noch die Linksabbiegespur entfernt werden, ggf. baulich abgesichert. Der Gehweg entlang der Zufahrt zur Jakob-Schunk-Straße wird gegenwärtig mittels verketteter Absperrpfosten von der Fahrbahn abgetrennt. Jener Weg wäre ggf. auf die Nordseite der (schmalen) Straße zu verlegen, zu verbreitern und in einen „guten“
umzuwandeln. Ansonsten sehe ich dort nur wenig sicherheitsrelevante Probleme.
Konservative Verwaltung
Am Ende des zweiten Gesprächs mit dem (ausscheidenden) Leiter der städtischen Straßenverkehrsbehörde sowie dem des Tiefbauamts konnte ich ja eine erste, reflexartige Reaktion im Stile des „Beamten-Dreisatzes“ beobachten:
„Das haben wir schon immer so gemacht!“,
„Das haben wir noch nie gemacht!“,
„Da könnte ja jeder kommen!“
Ja, in einer Stadt wie Pirmasens, in der der Radverkehr auch straßenverkehrsrechtlich bislang ein völliges Schattendasein fristen musste, ist die erste Reaktion auf „Neues“ natürlich: Ablehnung. So kam man bis heute auch nicht meinem Wunsch nach, einen Termin für ein drittes Gespräch speziell zum Thema Einbahnstraßen anzusetzen. Außerdem muss ich es der Stadtverwaltung auch übel nehmen, dass jene mich auch zur letzten Verkehrsschau im vergangenen September trotz Wunsches meinerseits erneut nicht eingeladen hatte.
Aber mal schauen. Ich bin auf jeden Fall gespannt auf den 3. Runden Tisch zum neuen Verkehrsentwicklungsplan. Denn darin soll es auch um derartige „Details“ gehen.
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