Schutzstreifen-Ende Blocksbergstraße

Blocksbergstraße stadtauswärts

Als ich vor einer Weile die Pirmasenser „Moordstrookje“ thematisierte, erwähnte ich auch eine der Stadtverwaltung vorgeschlagene Änderung des gegenwärtigen Schutzstreifen-Endes in der Blocksbergstraße in Richtung Winzeln. Aufgrund der damals angeordneten Gehwegbenutzungspflicht für Radfahrer endet dieser Streifen direkt vor einem ständig beparkt werdenden Seitenstreifen und führt Radfahrer nach rechts auf den (freigegebenen) Gehweg. Wer jedoch auf der Fahrbahn weiterfahren will, hat das Problem, dass Autofahrer hiermit nicht unbedingt damit rechnen, dass man hier nach links zieht.

Gegenwärtig sieht das immer noch so aus wie im Beitragsbild vom vergangenen Dezember. Da man von Seiten der Stadt meinen skizzierten Entwurf für machbar hielt, war ich gespannt darauf, wie lange es mit der Umsetzung dauern würde.

Rechtliche Beurteilung des Zustands

Ich bin mir rein rechtlich betrachtet noch nicht einmal sicher, was hier eigentlich straßenverkehrsrechtlich vorliegt, wenn ich den „Schutzstreifen“ nach links verlasse, während von hinten ein Auto kommt oder mich grade überholt? „Schutzstreifen“ sind ja ausdrücklich Teil der Fahrbahn (im Gegensatz zu Radfahrstreifen). Deshalb wird man dort eben überholt. Also greift u. a. § 5 (4) StVO:

Wer zum Überholen ausscheren will, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist. Beim Überholen muss ein ausreichender Seitenabstand zu anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere zu den zu Fuß Gehenden und zu den Rad Fahrenden, eingehalten werden. Wer überholt, muss sich so bald wie möglich wieder nach rechts einordnen. Wer überholt, darf dabei denjenigen, der überholt wird, nicht behindern.

Fahrstreifen?

Auf einem Radfahrstreifen wird man ja nicht überholt, da ein Solcher nicht Teil der Fahrbahn ist. Da Schutzstreifen ja aber per abgrenzender Definition offenbar auch gar kein (Rad)“Fahrstreifen“ sind, muss man es dann überhaupt ankündigen, wenn man diesen nach links verlässt? In § 7 (1) S. 2 StVO findet man eine Legaldefinition eines „Fahrstreifens“:

Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der Fahrbahn benötigt.

„Schutzstreifen“ sind demnach keine Fahrstreifen im Sinne der StVO. Sie sind also einfach nur: Fahrbahn.

Reißverschlussverfahren?

Greift evtl. das Reißverschlussverfahren nach § 7 (4) StVO? Jener Paragraph zielt jedoch schon laut amtlicher Überschrift eigentlich nur auf Kraftfahrzeuge ab.

§ 7 Benutzung von Fahrstreifen durch Kraftfahrzeuge

(…) Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).

Meines Erachtens: Nein. Da Schutzstreifen keine Fahrstreifen sind. Auch Absatz 5 ist daher nicht anwendbar:

In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.

Demnach findet an einem derartigen Ende ein einfaches Überholen statt. Ich muss das Verlassen eines Schutzstreifens nicht einmal ankündigen. Der überholt Werdende darf nicht behindert (und natürlich auch nicht gefährdet) werden.

Anderer Straßenteil?

Es gibt da ja noch den § 10 S. 1 StVO:

Wer aus einem Grundstück, aus einer Fußgängerzone (Zeichen 242.1 und 242.2), aus einem verkehrsberuhigten Bereich (Zeichen 325.1 und 325.2) auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen.

Ein Schutzstreifen ist meiner Ansicht nach kein anderer Straßenteil, sondern bereits Teil der Fahrbahn. Von der Fahrbahn auf die Fahrbahn einfahren ist logischerweise gar nicht möglich. 😉

Überfahren von Leitlinien?

Die einzige Einschränkung in Sachen Verlassen eines derartigen „Schutzstreifens“ findet man in der Anlage 3 zur StVO, lfd. Nr. 22 zum Zeichen 340:

Wer ein Fahrzeug führt, darf Leitlinien nicht überfahren, wenn dadurch der Verkehr gefährdet wird.

Hier ist dann allerdings fraglich, wer in so einem Falle eigentlich wen gefährdet? Es fehlt auf jeden Fall die Antwort auf die Frage, ob die Regelung zum Zeichen 340 den § 5 gänzlich aushebelt und Autofahrer in diesem Falle einen generellen Vorrang genießen?

Als Fazit: „Radinfrastruktur“ verursacht wesentlich mehr Probleme, als ohne diese jemals existieren würden!


Update

Wen das Thema genauer interessiert: Die Dokumente zu Muecks Klage gegen die „Herrenalber Schutzstreifen“ bieten interessanten (wenn auch umfangreichen) Lesestoff.


Folgebeitrag

Neue Striche in der Blocksbergstraße

2 Gedanken zu „Schutzstreifen-Ende Blocksbergstraße“

  1. Sowas geht natürlich gar nicht. Da führt man Radfahrer absichtlich in die Falle. Wie sowas überhaupt genehmigt werden kann, ist mir ein Rätsel.

    Zu dem Thema, wer Vorrang hat bzw. Beurteilung wer Schuld hat, wenn es knall:
    Im Prinzip hast du hier zwei Fahrstreifen, wovon der eine vor parkenden Autos endet.
    Eine ähnliche Situation besteht, wenn rechts Autos parken, aber so wenige, dass Radfahrer immer wieder nach rechts wechseln, Autofahrer aber nicht.
    Da gibt es Meinungen, dass ein zweiter Fahrstreifen eröffnet wird, also dann derjenige, der wieder nach links ausschert (hier der Radfahrer) wartepflichtig wäre. Das hatte ich mal im Verkehrsportal gelesen.
    Das wäre noch so halbwegs einleuchtend für mich.
    So könnte man da auch bei den Schutzstreifen argumentieren. Wobei hier natürlich die Radfahrer quasi auf diesen Streifen gezwungen werden. Eigentlich müsste man schon weit vorher langsam immer weiter nach links ziehen.
    Wobei ich irgendwie im Kopf habe, dass es per Definition nur ein Fahrstreifen wäre, wenn dort ein mehrspuriges Fahrzeug fahren kann. Somit wäre der Schutzstreifen ja kein Fahrstreifen. Aber ich finde jetzt dazu nichts.

    1. Eigentlich müsste man schon weit vorher langsam immer weiter nach links ziehen.

      Das mache ich auch immer so. Wenn von hinten grade keiner kommt, zieh ich schon sehr früh nach links. Da man ja gegen „Schutzstreifen“ mangels Beschwer nicht mal klagen darf, weil die ja lt. Rechtsprechung auch vom Rechtsfahrgebot her nicht benutzungspflichtig seien.

      Somit wäre der Schutzstreifen ja kein Fahrstreifen. Aber ich finde jetzt dazu nichts.

      Ist er auch nicht; siehe den Abschnitt „Fahrstreifen?“. „Schutzstreifen“ sind eigentlich in jeder Hinsicht „Radfahrerverarschungsstreifen“.

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