Tja. Weil Autofahrer ständig Unfälle bauen, kriegen Radfahrer vermehrt Fahrbahnverbote, nicht nur nördlich von Kaiserslautern. Nach dem Willen des LBM Kaiserslautern soll die Fahrbahn zwischen dem Gelterswoog und der Breitenau zukünftig Kraftfahrzeug-Nutzern vorbehalten sein. Die Pläne sehen darüber hinaus vor, die derzeitige L 502 von der Breitenau in Richtung Pirmasens zurückzubauen und den Verkehr insgesamt auf der B 270 zur gegenwärtigen Einmündung der K 6 (die zur L 502 hochgestuft wird) zu führen, wo ein neuer Kreisverkehr und eine neue Überführung für die Biebermühlbahn geplant sind. Ich persönlich halte davon gar nichts; vor allem deshalb, weil der Bau eines einseitigen Geh- und Radwegs nicht direkt mit dem eigentlichen Grund für die Baumaßnahme (der Unfallhäufungsstelle) in Einklang steht. Außerdem hätte diese darüber hinaus enorme Auswirkungen auf den Bahnverkehr in der Südwestpfalz.
Einwendungsfrist knapp versäumt
Obwohl ich seit geraumer Zeit ein relativ wachsames Auge auf die Planfeststellungsverfahren des LBM Rheinland-Pfalz werfe, ist mir die
Planfeststellung für die Beseitigung des Unfallschwerpunktes B 270/ L 502 an der Breitenau in den Gemarkungen Hohenecken, Stelzenberg und Krickenbach
warum auch immer entgangen. Ich kann es natürlich nur übersehen haben, andererseits hielte ich es durchaus nicht für unmöglich, dass man „vergessen“ hatte, das Projekt dort mit Beginn der Einwendungsfrist online zu stellen. Denn laut Bekanntmachungstext (pdf, 22 KB) endete jene Frist erst vor etwas mehr als einer Woche mit Ablauf des 12. Juli 2019! So hätte ich diesen Fall betreffend unheimlich gerne auch einmal formell Einwände erhoben. Das ist nun leider nicht mehr möglich. Meines Erachtens müsste die Einwendungsfrist für Planfeststellungsverfahren von einem auf drei Monate verlängert werden. Das ist (vor allem für Privatpersonen und anderweitig Betroffene) viel zu wenig Zeit, um davon überhaupt erst einmal Wind zu bekommen – und auf die teils umfangreichen Planungsunterlagen in angemessener Weise reagieren zu können.
Ist-Zustand / Unfälle
Eine Aufnahme vom 30. Mai 2020, die L 502 zweigt hier nach rechts ab:
Im Kapitel 1 des 56 Seiten (ohne Anlagen) umfassenden Erläuterungsberichts (pdf, 0,94 MB) beschreibt der LBM Kaiserslautern den gegenwärtigen, durchaus fragwürdigen Zustand. Die Einmündung der L 502 auf die B 270 ist sehr verwinkelt, eng – und auch äußerst unübersichtlich. Was zu regelmäßigen Unfällen führt, zwischen 2004 und 2011 gab es lt. Kapitel 2.4.3 87 Unfälle, darunter 21 und 35 vom Unfalltyp Abbiegen und Einbiegen. Im Jahr 2017 knallte es dort allerdings lt. Unfallatlas nur ein Mal.
Variantenwahl
Untersucht wurden drei Varianten (siehe Anhang I, pdf, 1,66 MB), von denen sich die meiner Ansicht nach für (vor allem benutzungspflichtige Geh- und Radwege hassende) Radfahrer nachteiligste durchgesetzt hat; siehe auch die Kapitel 1.3 und 3 des Erläuterungsberichts.
Zum Thema Radverkehr
Im Erläuterungsbericht findet man an vielen Stellen die üblichen Behauptungen, wie gefährlich es doch sei, auf der Fahrbahn zu fahren – und aus Sicherheitsgründen deshalb ein Geh- und Radweg unabdingbar wäre. Beispielsweise in Kapitel 1.1:
Zur Steigerung der Verkehrssicherheit im Plangebiet wird zwischen der Einmündung der L 472 von Queidersbach kommend in die B 270 und der geplanten Kreisverkehrsanlage sowie an der neuen Straßentrasse der L 502 in Richtung Ortslage Breitenau ein Rad- und Gehweg neu gebaut.
Kapitel 1.2 zur straßenbaulichen Beschreibung:
Rad- und Gehwege sind im Plangebiet momentan nicht vorhanden, Fußgänger und Radfahrer müssen die Fahrbahnflächen der Bundesstraße, der Landes- und Kreisstraße mitbenutzen. Der geplante Rad- und Gehweg im Zuge der B 270 bindet an den vorhandenen Radweg der L 472 von Queidersbach an und stellt die Verbindung zur Ortslage Breitenau mit den hier von der Stadt Kaiserslautern geplanten Rad- und Wanderwegen bzw. bereits vorhandenen Wegen her.
Dem ist so. Man findet allerdings im Erläuterungsbericht keine Anzeichen dafür, dass auf den Abschnitten, auf denen nun neue Geh- und Radwege angelegt werden sollen, Fußgänger und Radfahrer im Untersuchungszeitraum überhaupt in irgendwelche Unfälle verwickelt waren. Interessant ist der Verweis auf von der Stadt Kaiserslautern geplante „Rad- und Wanderwege“. Doch dazu später mehr.
Das Kapitel 2.6 ist betitelt mit „Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“. Darin findet sich u. a. diese Passage:
Die geplanten baulichen Maßnahmen für Fußgänger und Radfahrer stellen eine sinnvolle Ergänzung der bereits im Plangebiet vorhandenen Wegebeziehungen für diese Verkehrsarten dar und tragen ebenfalls zur Steigerung der Verkehrssicherheit und Qualität im Sinne des öffentlichen Interesses dar.
In der Übersichtskarte in Anlage 2 sind die vorhandenen und die geplanten Radwege und Radwanderwege im Plangebiet zur Verdeutlichung dargestellt.
Die Realisierung der vorgenannten Wege bewirkt eine Steigerung der Attraktivität als Naherholungsgebiet sowie des Tourismus im Plangebiet.
Schaut man in die genannte Übersichtskarte (pdf, 2,38 MB), findet man u. a. die Symbole zweier Radrouten, deren Hinweisschilder ich ganz selten mal hier und da gesehen habe – die aber keine wirkliche Relevanz zu haben scheinen. Man gibt hier aber auch relativ unumwunden zu, dass diese (Fahrbahnverbote bewirkenden) Wege auch deshalb angelegt werden, um den „Radtourismus“ zu fördern.
Lagepläne
Ich hätte dem Leser zur Illustration auch gerne Ausschnitte aus den (noch) herunterladbaren Lageplänen hier angeboten – aber da der LBM mir ja nicht sonderlich wohlgesonnen ist, will ich – obwohl ich eine derartige Verwendung zwecks sachlicher Kritik vom Zitatrecht gedeckt halte – diesem keinen Anlass bieten, mir in irgendeiner Weise juristisch „ans Bein zu pinkeln“. Daher bitte ich den interessierten Leser, die verlinkten Dokumente selbst herunterzuladen und sich selbst ein Bild zu machen bzw. meinen Beschreibungen auf diese Art und Weise zu folgen.
Eine gute Übersicht bietet der Lageplan 5 (pdf, 6,2 MB).
L 472 – B 270 – neue L 502
Immerhin gibt es ja noch OpenStreetMap – und die Pinselfunktion meiner Bildbearbeitungssoftware (siehe die OSM-Lizenzbedingungen).
So soll der neue, 2,50 m breite „Geh- und Radweg“ auf der Westseite der B 270 angelegt werden und im Abstand von 1,75 m zur Fahrbahn bis zum neuen Kreisverkehr führen. 450 Meter, die ich bislang immer sehr gerne und völlig unkompliziert auf der breiten Fahrbahn der B 270 absolviert habe. Doch nun soll man hinter einem dazwischenstehenden, 1,30 m hohen Geländer ganz effektiv weggesperrt werden. Auf der anderen Seite ist wegen der steilen Böschung nämlich ebenfalls eines geplant.
Interessant ist, dass im Lageplan 1 (pdf, 787 KB) kein allgemeiner Umbau der Einmündung an der L 472 erfolgen soll. Ich verweise hierzu auf ein im Mai angefertigtes Foto während der Vollsperrung der B 270 am Gelterswoog. Der Zustand des Wegelchens ist dort eh ziemlich miserabel und hat mich grade erst kürzlich wieder ziemlich auf die Palme gebracht. Es gibt dort jedenfalls gegenwärtig weder eine Furt, noch einen ausreichend breiten Übergang, noch eine linksseitige Beschilderung per :
Eine Solche Furt ist auch laut Planung nicht vorgesehen. Wahrscheinlich gibt es dann einfach wieder „kleine“ . In Richtung des neuen Kreisels sind dann auch zwei Grundstückszufahrten zu queren.
Neue L 502 – Breitenau
Den neuen Kreisverkehr findet man in Lageplan 2 (pdf, 1,44 MB). In diesem Dokument erkennt man, dass Radfahrer nicht einfach vor dem Kreisel direkt über die B 270 zur dann zurückgebauten, in einen Geh- und Radweg umgewandelten, ehemaligen K 6 geführt werden. Stattdessen müssen jene umständlich bis direkt vor den Kreisel fahren, beide Fahrbahnen queren und in einem weiten Bogen unter dem alten (aber ansehnlichen) Rundbogenviadukt hindurchfahren. Da wollte man sich wohl die Kosten für eine weitere Querungshilfe sparen, weshalb man Radfahrer dann halt im Zickzack ums Eck führt. Circa 100 Meter weiter trifft man an der Einmündung eines Waldwegs wieder auf die hochgestufte L 502, die man anschließend auf dem auf der Nordseite gelegenen Wegelchen begleitet. Dieser Schwenk vor der Brücke stellt für mich jedenfalls klar, dass das hier kein straßenbegleitender Geh- und Radweg ist.
Etwas mehr als 200 Meter weiter muss man gemäß Lageplan 3 (pdf, 1,04 MB) erneut beide Fahrbahnen queren. Das Wegelchen soll hier auf der linken, also der Hangseite verlaufen.
Der Brunnen, an dem ich mir immer gerne mal meine Flasche auffülle, wird dann wohl auch vernichtet werden?
Man wird an der Ecke der Einmündung zur dann zur Gemeindestraße herabgestuften ehemaligen L 502 herausgespuckt – und kann kucken, wie man weiterkommt. Hier der Blick in die Gegenrichtung, etwa in Höhe der Bushaltestelle wird man wieder quer über die Fahrbahn geschickt.
Über die (glücklicherweise gänzlich radwegfreie) L 502 geht es wie gewohnt nach Kaiserslautern – nur hat man allein an dem Eck dann unter Umständen schon vier Mal Vorfahrt gewähren müssen. Nach rechts (in Richtung Pirmasens) wird die gegenwärtige L 502 hinter der folgenden Einmündung nach links (zur Siedlung an der Breitenau) zu einem „kombinierten Geh-, Rad- und Wirtschaftsweg“ zurückgebaut.
Ergänzend noch der Blick aus der Gegenrichtung hinter der Einmündung des Maudensteigs:
Man landet in Richtung Pirmasens nach einigen hundert Metern vor dem gegenwärtig nur grob geschotterten, vielleicht irgendwann in ferner Zukunft mal asphaltiert werden sollenden Forstweg entlang des Walzweihers in Richtung des Walzwerks bzw. der L 500.
Im Lageplan 4 (pdf, 524 KB) wird dargestellt, wie die L 502 ab dem Abzweig des erwähnten Forstwegs auf der Ostseite des Walzweihers bis zur Einmündung in die B 270 völlig zurückgebaut werden soll.
Rad-, Geh- und Wirtschaftsweg
Interessant ist auch die Bezeichnung dieses dann 3 m breiten Weges. Mal gespannt, ob jener dann auch dementsprechend gewidmet wird. Siehe auch Kapitel 1.1 des Erläuterungsberichts:
Die Landesstraße 502 zwischen der Ortslage Breitenau und dem Überführungsbauwerk über die DB-Strecke im Bereich des Walzweihers wird gemäß Plandarstellung als kombinierter Rad-, Geh- und Wirtschaftsweg abgestuft und auf eine Breite von B=3,00 m zurückgebaut.
Oder auch den Widmungsplan (pdf, 2,54 MB). Hier wird angedeutet, dass der Forstweg entlang des Walzweihers in einem gesonderten Verfahren als Fortsetzung des Geh- und Radwegs in Richtung L 500 (Karlstal) ausgebaut werden soll. Das wird aber vermutlich noch dauern. Immerhin: Ein weiteres, zukünftiges Fahrbahnverbot auf der B 270 mittels straßenbegleitendem Wegelchen ist auf diesem Abschnitt damit wohl sehr unwahrscheinlich. Und genau das ist es auch, was mich immer wieder aufregt: Sobald der Radverkehr alternativ auf Wirtschaftswegen geführt werden kann, macht man das auch. Das ist ja an und für sich auch prima! Nur warum soll ich dann eben doch immer wieder so einen überflüssigen Käse wie denjenigen, der hier geplant wird, unbedingt benutzen müssen!?
Bahnverkehr
Das Thema Bahnverkehr wird vom LBM in seinem Erläuterungsbericht völlig ignoriert. Und ich hoffe, dass auch genau zu diesem Problem mehrere Einwendungen, insbesondere von Seiten des ZSPNV Süd und DB Regio Mitte, aber auch einzelnen Bahnpendlern, erhoben wurden. Denn würden diese Pläne umgesetzt, würde der Bahnverkehr wegen des Neubaus der notwendigen Bahnüberführung zwischen Pirmasens und Kaiserslautern sehr wahrscheinlich über Monate zum Stillstand kommen! Das ist betrieblich vor allem deshalb problematisch, weil die Diesel-Triebwagen von DB Regio Mitte, die auf den Bahnstrecken von und nach Pirmasens eingesetzt werden, überwiegend in den Werkstätten in Kaiserslautern gewartet werden. Ist die Zuführung über die Biebermühlbahn nicht mehr möglich, müsste die Bahn über Saarbrücken oder Landau und Neustadt ausweichen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass man ein derartiges, vollkommen neues Überführungsbauwerk in weniger als 2 Monaten errichten kann. Somit müsste zwischen Kaiserslautern Hauptbahnhof und Schopp ein zeitraubender Schienenersatzverkehr eingerichtet werden, der sehr viele Pendler effektiv von der Nutzung der Bahn abhalten dürfte; ich würde mir das jedenfalls nicht antun. Es ist für mich sowieso nicht nachvollziehbar, warum Bahnkunden aufgrund von Straßenbaumaßnahmen überhaupt derartige Nachteile erleiden sollten!?
Fazit
Ich persönlich halte diese Planung nicht nur wegen des Bahn- und Radweg-Problems für mehr als fragwürdig. So kann ich schon überhaupt nicht verstehen, warum eine Tieferlegung der Fahrbahn der K 6 nicht möglich sein soll? Es wäre darüber hinaus durchaus möglich, das Überführungsbauwerk zur B 270 (vorerst) bestehen zu lassen, um Radfahrern weiterhin eine Möglichkeit zu geben, von der B 270 direkt in Richtung Kaiserslautern fahren zu können. Gegebenenfalls könnte man zur Ausfahrt auch eine Bedarfsampel einrichten. So würde das dort nun für Radfahrer in der Tat unangenehmer, weil nun der gesamte (auch der früher die L 502 benutzende) Verkehr die B 270 bis zum neuen Kreisel befahren wird. Laut der Grafik in Kapitel 2.4.2 kommen zu den 9.700 Kfz auf der B 270 dort halt noch die 6.200 auf der L 502 hinzu. Seltsamerweise ist aber eben auf dieser Relation dann doch kein straßenbegleitendes Wegelchen nötig, weil ja irgendwann mal der Forstweg am Walzweiher asphaltiert werden könnte.
Weitere Einwendungen könnten übrigens auch von den Anglern erhoben worden sein, denen man ebenfalls ihren geliebten Parkplatz im Bereich vor der gegenwärtigen Einmündung der L 502 wegnehmen will.
Anmerkung
Dieser Beitrag wurde am 18. Mai und 4. Juni 2020 geringfügig überarbeitet. Hauptsächlich wurden bislang fehlende Fotos ergänzt.
Ich werde dem LBM natürlich noch meine Einwände mitteilen. Mittels formellem Widerspruch hätte er sich allerdings intensiver damit auseinandersetzen müssen; nun kann er es zur Kenntnis nehmen und ggf. einfach ignorieren. Vom Bau dieser Wegelchen würden sie sich so oder so nicht abhalten lassen. Selbst wenn einem der Widerspruch in Sachen „Verkehrssicherheit“ mit dem Abriss des Stücks zur B 270 bei nicht absehbarem Ausbau des Weges auf der Ostseite des Walzweihers förmlich ins Auge springt. Bleibt für mich vor allem die Hoffnung, dass die Planung insb. im Hinblick auf den Bahnverkehr in Gänze scheitert.
Der Fall hier zeigt nebenbei, dass auch heutzutage hier und da verkehrlich sinnvolle Straßen einfach abgerissen werden. Folgt man der Logik vieler Verkehrswende-Prediger („mehr Straßen erzeugen mehr Verkehr“) müsste in diesem Bereich ja der Verkehr nun abnehmen…!?
Auf Twitter wurde mir geschrieben (https://twitter.com/defaultname/status/1160336669297524736 ), dass du dich mit Straßenrecht auskennen könntest.
Kannst du etwas dazu sagen, ob ein Rückbau eines Teils der Wegbreite eine Einziehung erfordert? Habe das hier schon diskutiert: http://www.verkehrsportal.de/board/index.php?showtopic=126751 , aber es ist nichts wirklich Definitives rausgekommen …
Naja, „auskennen“ würd ich es nicht nennen. Das Thema Widmung ist alles andere als leichte und schmackhafte Kost. 😉 Ich hab dir jedenfalls im VP mal meine Sicht der Dinge mitgeteilt.