Rennrad-Sackgasse Taubensuhl

Ich habe irgendwie ein großartiges Talent, immer zur richtigen falschen Zeit am richtigen falschen Ort zu sein. Da schlummerte die alte, ehemalige Landesstraße 505 vom Taubensuhl in Richtung der B 48 mehr schlecht als recht, aber eben noch überwiegend asphaltiert, über viele Jahre einsam und unberührt im allertiefsten Pfälzerwald vor sich hin. Und dann suche ich mir für meine erste durchgehende Befahrung mit dem Rennrad seit rund 10 Jahren genau den Tag aus, an dem dort ein sogenannter Grader unterwegs ist, um die Überreste der Asphaltstraße völlig zu vernichten und mit Schotter zu überziehen. Bei quaeldich wurde sich auch hin und wieder nach dem Zustand erkundigt; ab jetzt braucht man aber definitiv mindestens ein Gravelbike, wenn man nicht mit 10 – 15 km/h über losen Schotter rumpeln und eine Reifenpanne riskieren möchte.

Zuerst dachte ich, als ich (alter StVO-Anarchist…) wie so oft hinter dem bekannten Forsthaus ein Verbot für Fahrzeuge aller Art ignorierte, dass die Straße vielleicht sogar vor einer Weile durchgängig neu asphaltiert worden sein könnte, denn der Belag schien noch nicht so alt zu sein. Doch ab dem Abzweig des nur geschotterten Forstwegs runter zum Fassenteich (den ich in den letzten Jahren hin und wieder mit dem MTB befuhr) wechselte sich plötzlich feinerer mit gröberem Schotter ab. Es schien auch alles ganz „frisch“ zu sein. Naja; was willste machen mitten im tiefsten Urwald…? Umkehren ist da (mit dem Rennrad) halt leider keine echte Alternative. Immerhin war das Ganze – im Gegensatz zum Hermersbergerhof zuletzt – doch noch einigermaßen befahrbar. Kurze Zeit später kam mir dann ein Förster in einem Geländewagen entgegen, der mir aufgrund meines schmalbereiften Rennrades empfahl, besser umzukehren oder über den erwähnten Forstweg runter ins Wellbachtal zum Fassenteich zu fahren. Nach einem kurzen Plausch auch darüber, dass das hier ja sogar mal eine Landesstraße war, setzte ich meinen Weg wie geplant fort; nur eben deutlich langsamer und vorsichtiger.

Schwierige Einziehung

Das Thema Einziehung und Abstufung von Straßen betreffend, ist die L 505 nämlich sogar ein ziemlich interessanter Verkehrsweg. Denn jene Landesstraße wurde im nördlichen Teil baulich nie bis zur B 48 durchgebunden – obwohl dies in grauer Vorzeit scheinbar mal genau so vorgesehen war. Es hätte dann in Nordwest-Richtung eine Alternative zur Strecke durch das Wellbachtal (B 48) bestanden. Stattdessen endete die Ausbaustrecke am Forsthaus Taubensuhl – und der dahinter wohl zum Ausbau vorgesehene Forstweg wurde (leider) nie landesstraßentypisch ausgebaut. Stattdessen durfte diese als Solche klassifizierte(!) Landesstraße über Jahrzehnte nur von der Forstwirtschaft befahren werden.

Landesrechnungshof 2010

Dies widerspricht natürlich schon enorm dem Sinn und Zweck einer öffentlichen Landesstraße – wenn auf dieser ja kein öffentlicher Verkehr stattfinden darf. Ein Schelm könnte aber natürlich auch fragen, was hier Ursache und was Wirkung ist…!? Jedenfalls: Auch aufgrund des Jahresberichts 2010 (pdf, 624 KB) des Landesrechnungshofs versuchte der LBM Rheinland-Pfalz mehrmals, diese einzuziehen. In Kapitel 2.2 des verlinkten Berichts heißt es hierzu:

Unzutreffende Einstufung von Straßen

Die öffentlichen Straßen werden gemäß ihrer Verkehrsbedeutung nach dem Träger der Straßenbaulast in Bundes-, Landes- und Kreisstraßen sowie Gemeindestraßen und sonstige Straßen eingeteilt (§ 1 FStrG).

Landesstraßen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie innerhalb des Landes untereinander oder zusammen mit Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz bilden und dem Durchgangsverkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind.

Die unzutreffende Einstufung einer Straße als Landesstraße hat finanzielle Folgen, da die Straßenbaulast des Landes alle den Bau, die Unterhaltung, die Erneuerung oder die Wiederherstellung der Landesstraße betreffenden Aufgaben einschließlich der Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung umfasst (§ 11 LStrG).

In mehreren Fällen rechtfertigt die Verkehrsbedeutung von Strecken nicht die Einstufung als Landesstraße. Beispiele:

L 505 bei Eußerthal (Landkreis Südliche Weinstraße)

Die L 505 verläuft von Annweiler über Eußerthal und das Ausflugsziel „Taubensuhl“ bis zur Bundesstraße (B) 48. Ein 10 km langer Streckenabschnitt zwischen der Einmündung der L 506 und dem Taubensuhl ist vier bis fünf Meter breit. Der restliche Abschnitt von 8 km Länge weist nur noch eine Breite von drei bis vier Metern auf. Ab dem Taubensuhl ist die Strecke, die einem Wirtschaftsweg gleicht, lediglich für den forstwirtschaftlichen Verkehr freigegeben.

Doch so eine Abstufung und Einziehung hat eben einen gewaltigen Haken: Das Land kann (trotz aller neoliberaler Subsidiarität) nicht einfach die Baulast für eine Landesstraße anderen aufzwingen, die diese gar nicht haben möchten. In der Praxis läuft das dann aber (leider) meist so ab, dass hier wie auf einem orientalischen Basar gefeilscht wird. Stimmt der „Preis“, lassen sich einzelne Kreise, Städte oder Gemeinden dann eben doch die Baulast für ehemalige Landesstraßen aufs Auge drücken – so, wie dies eben damals in Albersweiler geschah, weshalb dort eben nun eine Lücke im Landesstraßennetz klafft, die vor allem den Verkehr betrifft, der die Kraftfahrstraße B 10 nicht benutzen darf. Zwischen Fehrbach, dem Staffelhof und Petersberg existiert bspw. auch seit der Herabstufung der ehemaligen Kreisstraße aus Pirmasens heraus auch gar keine Verbindung mehr auf einer klassifizierten Straße jenseits der Kraftfahrstraße B 10.

1. Versuch 2011

Der erste Versuch einer Einziehung der L 505 im Jahre 2011 scheiterte aber offensichtlich, weil gar niemand ein Interesse hatte, die Baulast für diese Straße zu übernehmen. Was auch an der von vielen Wald-Exklaven geprägten Gebietstruktur vor allem im östlichen Teil des Pfälzerwaldes liegt. Das Forsthaus Taubensuhl liegt bspw. auf dem Gebiet der (weit entfernten) Stadt Landau. Im Internetangebot dieser Stadt findet sich auch noch eine amtliche Bekanntmachung aus dem Jahre 2011 (pdf, 1,19 MB), in der der LBM die Absicht der Einziehung der L 505 bekanntgibt. So eine Absichtserklärung hätte übrigens auch damals erfolgen müssen, bevor man die B 10 für Radfahrer sperrte.

2. Versuch 2016

Dass der erste Versuch, die L 505 einzuziehen scheiterte, wird auch durch einen Rheinpfalz-Artikel vom 6. Mai 2016 bestätigt. Vor allem die Stadt Landau befürchtete, dass ihre Exklave und vor allem ihr Forsthaus bei einer kompletten Einziehung gar nicht mehr auf einer klassifizierten Straße erreichbar wäre. Die Stadt Landau gab dann jedoch ihren Widerstand gegen die Einziehung zumindest des nördlichen Teilstücks offenkundig auf. Seitdem endet die L 505 in amtlichen Karten am Taubensuhl. Dem LBM ist es also aber auch bis heute nicht gelungen, die Baulast für den südlichen Teil der Landesstraße 505 dem Kreis Südliche Weinstraße oder den Gemeinden aufzunötigen. Obwohl diese ja nun (aufgrund des eingezogenen nördlichen Teils) erst Recht keine durchgängige Verbindung mehr darstellt, sondern eben in einer Sackgasse im Nirgendwo endet. Ob nun gegenwärtig die Stadt Landau die Baulast für den eingezogenen nördlichen Teil trägt oder ob die Straße dann an den Forst verkauft wurde, versuche ich noch herauszufinden.

Nun hätte es sich hier meiner Ansicht nach aber durchaus angeboten, die L 505 auch im nördlichen Teil weiterhin als Solche gewidmet zu lassen, denn sie hat zumindest für den Radverkehr zwischen Landau und Kaiserslautern eben weiterhin eine Netzwirkung. Und diese auf Kosten des Landes auszubauen – und daraus eine echte „Fahrradstraße“ zu machen. Wenn es auf der einen Seite möglich ist, Straßen herabzustufen, weil es in der Nähe eine Kraftfahrstraße gibt, kann es umgekehrt ja eigentlich auch kein Argument sein, dass eine Landesstraße unbedingt auch dem Kraftfahrzeugverkehr dienen müsse. 😉 Offenbar handelt es sich bei diesem Abschnitt nämlich bereits um eine bedeutende Verbindung.

Hauptroute des Radverkehrs?

Ganz erstaunt war ich, als mich zuletzt ein Kollege auf eine (meinen älteren Rechner ziemlich in die Knie zwingende…) Karte im „Radwanderland-Fachportal“ hinwies (siehe unter „Allgemeines“ / „Großräumiges Radwegenetz“). Obwohl mir dort auch heute wieder keinerlei HBR-Wegweiser aufgefallen sind, handelt es sich bei der eingezogenen, ehemaligen Landesstraße offenbar um eine „Hauptroute des Radverkehrs“!

Das gilt auch für die „Hochstraße“ zwischen dem Forsthaus Heldenstein und dem eigentlichen Pass „Am Essig“ vorm Taubensuhl. Jene auf dem Kamm verlaufende Hochstraße war bei meiner letzten Befahrung vor ein paar Jahren mit dem MTB wegen frisch aufgetragenem „Eisenbahnschotter“ selbst mit dem Geländerad kaum noch zu befahren. Aber auch im Angebot „Radwanderland“ sind jene Routen als Teil des Radverkehrsnetzes eingezeichnet.

Dann sind wir mal gespannt, was auf diesen beiden Verbindungen in den kommenden Jahren geschehen wird – und ob man vielleicht in der Zukunft auch mit dem Rennrad wieder von Eußerthal auf Asphalt in Richtung Johanniskreuz fahren kann?

3 Gedanken zu „Rennrad-Sackgasse Taubensuhl“

  1. Vielleicht ist die Sackgasse am Taubensuhl gar nicht so doof? So ist´s wenigstens relativ ruhig dort. Aber ein asphaltiertes Radwegelchen nach Johanniskreuz wär schon fein. Die Wellbachtalstraße ist mir bisher zu gefährlich.

    1. Klar, was den Umweltaspekt betrifft, hätte diese Landesstraße auf den Kfz-Verkehr eine unheimlich starke Anziehungskraft ausgeübt, wenn man sie denn durchgebunden hätte. Das hier war evtl. der „kleine Bruder“ der verhinderten A 8 durch den Wasgau. Aber ich hätte es hier durchaus auch mal für ein echtes Zeichen gehalten, wenn man diese Landesstraße eben nicht eingezogen, sondern eben primär für den Radverkehr (vielleicht noch Mofas, Kleinkrafträder und E-Autos?) ausgebaut hätte. So wird es – wenn diese Strecke überhaupt jemals wieder asphaltiert werden sollte – dann halt wieder nur ein „Wirtschaftsweg“, den Radfahrer gnädigerweise mitbenutzen dürfen.

      Ich könnte mir nebenbei auch vorstellen, dass während der Vollsperrung im Wellbachtal dort ziemlich viele auch mit Kfz unterwegs waren. Die B 48 befahre ich eigentlich recht gerne; der Verkehr ist trotzdem relativ überschaubar. Wenn überhaupt, nerven mich dort immer wieder mal einzelne, besonders geistesgestörte Motorradfahrer.

      1. Ich wusste gar nicht, dass man da mit dem Auto durchkommt. Früher war da eine Schranke, ziemlich weit im Wald. Und der ein oder andere musste dann kurz vorm Ziel umkehren, auch mal mein alter Mathelehrer?.

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