Abknickende Vorfahrt für die K 6

Eine Sache, die (nicht nur) mich auf meinen regelmäßigen Fahrten durch Winzeln nervt, ist das Vorfahrt gewähren am Ende der Gersbacher Straße an der Einmündung in die Bottenbacher Straße. Denn eigentlich ist das – wenn man die StVO und die dazugehörige Verwaltungsvorschrift hierzu durchliest – so nicht korrekt, denn bei der K 6 handelt es sich eben um eine Kreisstraße, beim westlichen Teil der Bottenbacher Straße jedoch nur um eine Gemeindestraße. Straßen des überörtlichen Verkehrs sollen jedoch in aller Regel auch als Vorfahrtstraße ausgewiesen werden. Und das kann in diesem Fall eben auch durch eine abknickende Vorfahrtstraße realisiert werden.

Vor der Freigabe der L 600 im Jahr 2005 sah das klassifizierte Straßennetz um Winzeln herum noch anders aus. Die K 6 begann erst an der besagten Abzweigung der Gersbacher Straße. Sie zweigte dort von der L 482 ab, die früher noch von der Eichelsbacher Mühle kommend durch ganz Winzeln und anschließend kreuz und quer (u. a. über die Winzler Straße und Schäferstraße) durch das Stadtgebiet weiter in Richtung Rodalben führte.

Die L 482 wurde dann später in die (während meiner Kindheit in Richtung Winzeln) verlängerte Blocksbergstraße „verlegt“. Auf der ehemaligen L 482 verläuft nun die K 6, die die westlich von Pirmasens gelegenen Stadtteile an die B 270 anbindet. Die westliche Bottenbacher Straße in Winzeln hat somit ihre Funktion für den Durchgangsverkehr verloren, ist jedoch immer noch durchgehend als Vorfahrtstraße ausgewiesen. Als es im Mai 2018 zu einem Brand eines Lkw auf der A 8 kam, wurde der eigentlich die L 600 benutzen wollende Verkehr an der AS Walshausen abgeleitet. In diesen Stunden fühlte man sich in den westlichen Pirmasenser Vororten in die Zeiten zurückversetzt, als es die L 600 noch nicht gab. Besonders problematisch war genau jene Kreuzung in Winzeln – denn der Verkehr staute sich wegen des Vorfahrt gewähren bis fast an den nördlichen Ortsausgang zurück.

Vorfahrtstraßen in der VwV

Die VwV zu den Zeichen 306 und 307 (Vorfahrtstraße und Ende der Vorfahrtstraße) regelt, wann und wo insbesondere abknickende Vorfahrtstraßen einzurichten sind. Gehen wir die für die Einrichtung solcher Vorfahrtstraßen maßgeblichen Randnummern der Reihe nach durch; beginnend mit Rn. 1:

Innerhalb geschlossener Ortschaften ist die Vorfahrt für alle Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) und weitere für den innerörtlichen Verkehr wesentliche Hauptverkehrsstraßen grundsätzlich unter Verwendung des Zeichens 306 anzuordnen (vgl. zu § 45 Absatz 1 bis 1e).

Dies trifft für die Kreisstraße 6 zu. Rn. 5 schränkt dies ein wenig ein:

Die abknickende Vorfahrt ist nur anzuordnen, wenn der Fahrzeugverkehr in dieser Richtung erheblich stärker ist als in der Geradeausrichtung. Der Verlauf der abknickenden Vorfahrt muss deutlich erkennbar sein (Markierungen, Vorwegweiser).

Nach meinen Beobachtungen ist an dieser Kreuzung der Verkehr in Richtung Gersbach und Winzeln bzw. Pirmasens erheblich stärker als der Geradeausverkehr in die und aus der westlichen Bottenbacher Straße heraus. Er reicht aber auf jeden Fall aus, um vor allem beim Linksabbiegen in Richtung Pirmasens aufgrund der Unübersichtlichkeit ständig anhalten oder auf ein sehr niedriges Tempo runterbremsen zu müssen. Daten zu städtischen Verkehrszählungen liegen mir nicht vor; laut der Verkehrsstärkenkarte 2015 des LBM Rheinland-Pfalz verkehren in der Gersbacher Straße 4.702 Kfz (2 % Schwerlastverkehr) am Tag. Deutlich mehr als in der westlichen Bottenbacher Straße.

Der Verlauf und die Erkennbarkeit gehören in diesem Falle natürlich dementsprechend angepasst. Da die Gersbacher Straße wohl im Jahr 2021 umfassender saniert und umgebaut werden soll, müsste dies auch in den Planungen berücksichtigt werden. Siehe auch den Abschnitt weiter unten.

Eine weitere bedeutsame Regelung zum Thema Vorfahrtstraßen findet man in der VwV zu § 45 StVO, Rn. 37:

Die Anordnung von Tempo 30-Zonen soll auf der Grundlage einer flächenhaften Verkehrsplanung der Gemeinde vorgenommen werden, in deren Rahmen zugleich das innerörtliche Vorfahrtstraßennetz (Zeichen 306) festgelegt werden soll. Dabei ist ein leistungsfähiges, auch den Bedürfnissen des öffentlichen Personennahverkehrs und des Wirtschaftsverkehrs entsprechendes Vorfahrtstraßennetz (Zeichen 306) sicher zu stellen. Der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (wie Rettungswesen, Katastrophenschutz, Feuerwehr) sowie der Verkehrssicherheit ist vorrangig Rechnung zu tragen.

Auf jeden Fall muss die Straßenverkehrsbehörde hier auch das Mainzer Ministerium für Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr und Weinbau beteiligen, siehe die Rn. 3 und 4:

Die Straßenverkehrsbehörde bedarf der Zustimmung der obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle zur Anbringung und Entfernung folgender Verkehrszeichen:

auf allen Straßen der Zeichen 201, 261, 269, 275, 279, 290.1, 290.2, 330.1, 330.2, 331.1, 331.2, 363, 460 sowie des Zusatzzeichens „abknickende Vorfahrt“ (Zusatzzeichen zu Zeichen 306),

Umbau im Jahr 2021

Im Laufe dieser Woche erschien in der Pirmasenser Zeitung auch ein Artikel zum Thema Gersbacher Straße. Die Stadtverwaltung hatte die Ausbaupläne kürzlich Winzler Bürgern vorgestellt. Leider erfuhr ich im Vorfeld davon wieder mal nichts, ansonsten hätte ich mir das auch mal vor Ort angeschaut. Im Steinzeit-Internetangebot der Stadt findet man hierzu natürlich auch nichts.

Gegenüber dem ehemaligen Leiter der Straßenverkehrsbehörde hatte ich das Thema „Abknickende Vorfahrt“ für die K 6 im Jahr 2018 angesprochen. Die VwV interessierte ihn aber nicht sonderlich; man wolle dort nichts ändern.

Ein interessanter Punkt in jenem Artikel ist übrigens eine Ankündigung des Bürgermeisters, dass man aufgrund der dann notwendig werdenden Vollsperrung vor allem in Richtung Gersbach und Windsberg bei der Nutzung von Feldwegen „die Kontrolldichte“ nicht erhöhe, damit „Anlieger“ keine Knöllchen bekämen. Nein, dies ist definitiv nicht mit mir zu machen. Der „Offroad-Radweg“ zwischen Winzeln und Gersbach bleibt ein Solcher – das wäre doch ein prima Anlass, die Leute zum Radfahren zu animieren! Ich habe nämlich noch die teils absurden Szenen im Kopf, die sich damals während der Sanierung der K 6 zwischen Winzeln und Windsberg abspielten. Man hätte in dem Bereich damals meinen können, hier würde die Querfeldein-Rallye-WM stattfinden…

Problem Geradeausverkehr

Den Verkehrsfluss betreffend entsteht durch die abknickende Vorfahrt in westlicher Richtung jedoch ein nicht zu vernachlässigendes Problem: Der Geradausverkehr muss den bevorrechtigten Verkehr von rechts abwarten – und blockiert damit die Rechtsabbieger in Richtung Gersbach. Dieses Problem könnte man dadurch lösen, indem man einen kurzen Streifen für den Geradeausverkehr anlegt und die Rechtsabbieger daran vorbeiführt. Allerdings müsste man einem Grundstücksbesitzer hierzu wohl seinen Vorgarten wegnehmen.

Die bessere Lösung wäre meiner Meinung nach, den westlichen Teil der Bottenbacher Straße einfach (bis zur Flurstraße) als Verbot der Einfahrt auszuweisen – und vor der Kreuzung in Richtung Gersbach / Windsberg ein Vorgeschriebene Fahrtrichtung Rechts anzuordnen. Für die Anliegerverkehre stünde dann die parallele Oskar-Metz-Straße zur Verfügung. Oder natürlich bereits eine vorzeitige und großräumigere Umfahrung über die L 482 und die südlichen Winzler Nebenstraßen.

Der aus der Einbahnstraße Bottenbacher Straße ausfahrende Verkehr kriegt so oder so wegen der Unübersichtlichkeit ein Stop-Schild.

Vermutlich wird aber auch dieser Vorschlag bei der Stadtverwaltung auf taube Ohren stoßen. Ich bin jedenfalls mal gespannt, ob ich überhaupt nochmal zum 4. Runden Tisch zum neuen Verkehrsentwicklungsplan eingeladen werde.

Abschließend noch die Lizenzbedingungen von openstreetmap.de zum Beitragsbild.


Siehe auch

Abknickende Vorfahrt in Fehrbach

Folgebeitrag

Verkehrsfreigabe der OD Winzeln

2 Gedanken zu „Abknickende Vorfahrt für die K 6“

  1. Hast du nicht auch den Fußgängerverkehr vergessen ? Wenn du nicht durch bauliche Maßnahmen verhinderst, das der Fußgängerverkehr auf der Nordseite der Bolttenbacherstr. die Gersbacherstr. überqueren kann, hat dieser nach §9(3) StVO Vorrang vor dem nach rechts abzweigenden Fahrbahnverkehr aus der Bootenbacherstr. .

    1. Ich kann ja nicht immer an alles denken… 😉

      Der Einmündungsbereich ist für Rechtsabbieger bereits relativ großzügig „abgerundet“, sodass Fußgänger hier in aller Regel gar nicht die Fahrbahn queren; die weichen vorher auf den Gehweg auf der Südseite aus. Hab da auch noch nie einen geradeaus wollenden Fußgänger gesehen. Das Eck könnte / müsste man natürlich noch durch Poller mit Ketten absichern. Vor dem Lebensmittelmarkt und auf der Ostseite der Bottenbacher Straße könnte man weitere Zebras einrichten. Leider weiß ich halt nicht, wie die Planungen genau aussehen; die Fahrbahn soll lt. Artikel drei Mal verschwenkt werden; wahrscheinlich dann mit einer ganzen Menge von kostenlosen Parkplätzen. Derzeit ist dort in Richtung Gersbach aufgesetztes Parken erlaubt – nur hält sich keiner dran; die Autos stehen immer völlig auf dem Gehweg. In beiden Richtungen…

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