Im Laufe der Woche erhielt ich dann auch endlich den förmlichen Bescheid zu meiner LTranspG-Anfrage an die Stadtverwaltung Pirmasens wegen der Sperrung der Kantstraße und „Am Wasserturm“ mit sowie der teils uralten blauen Schilder entlang der K 6 zwischen Pirmasens und Winzeln als auch Winzeln und Gersbach. Wie im letzten Beitrag zu diesem Thema bereits ausgeführt, kann die Stadt Pirmasens scheinbar für sehr viele Verkehrszeichen gar keine Anordnungen vorweisen. Besonders interessant ist in dieser Hinsicht die Begründung, warum dem so wäre.
So heißt es unter Punkt 1:
Seit dem Jahr 2000 werden die Verkehrsanordnungen in digitaler Form gespeichert und stehen daher für diesen Zeitraum zur Verfügung. Diese Dateien wurden auch durchsucht, enthielten jedoch keine Anordnungen zu den o. g. Themen.
Es stehen jedoch zwei Verkehrsanordnungen zur Verfügung, die zwar nicht die grundsätzliche Anordnung der Radwege betreffen, aber Veränderungen an diesen Radwegen.
Immerhin ja recht fortschrittlich, dass die Stadt wirklich schon seit dem Jahr 2000 ihre Anordnungen digitalisiert. Allerdings gibt es da ein Problem: Der Umbau der L 482 (heute K 6) mit der Anlage des Stummel-Wegelchens im Zuge des Neubaus der L 600 erfolgte definitiv erst nach dem Jahr 2000; die L 600 wurde nämlich im Jahr 2005 freigegeben. Das heißt, dass hier der LBM evtl. auch völlig eigenmächtig die angebracht haben könnte. Oder aber, die nach den Anordnungen Suchenden suchten im falschen Datensatz / Ordner, da die Herabstufung der L 482 meines Wissens auch erst einige Zeit später erfolgte.
Die noch vorhandenen „Veränderungen“ beziehen sich wahrscheinlich auf die Entfernung des linksseitigen in Richtung Pirmasens, der Furt am freilaufenden Rechtsabbieger inkl. des kleinen
sowie das seltsame, linksseitige
mit Pfeil nach rechts in der Windsberger Straße in Gersbach.
Was die zahlreichen Pirmasenser Anliegerstraßen betrifft, ahne ich bereits, dass auch für die anderen keine Anordnungen (mehr) vorliegen werden. Ergänzend habe ich hierzu auch beim Tiefbauamt eine Anfrage gestellt, bei wie vielen der mit (+ „Anlieger frei“) gesperrten Straßen überhaupt Widmungsbeschränkungen vorliegen. Ich vermute stark, dass es in dieser Angelegenheit auch straßenrechtlich ziemlich düster aussehen wird.
Als ich mich übrigens vor einer Weile in Zweibrücken durch dicke Ordner wühlen sollte / musste, hatte ich gefragt, wann denn in Rheinland-Pfalz mit der Einführung einer E-Akte zu rechnen sei? Der Behördenleiter winkte lachend ab… 😉
Zu Punkt 2:
Im Archiv der Straßenverkehrsbehörde sind darüber hinaus noch Ordner mit Verkehrsanordnungen in Papierform seit 1991 – mit Ausnahme der Jahre 1993/94 – vorhanden. Die Anordnungen darin sind chronologisch nach Datum und nicht nach Themen sortiert. Das Material wurde von einer Mitarbeiterin des Rechnungsprüfungsamtes unter großem Zeitaufwand durchsucht. Leider befinden sich die gesuchten Unterlagen nicht in den Ordnern. Der Ordnung halber weisen wir darauf hin, dass die Aufbewahrungsfrist laut KGSt-Gutachten (Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement) 10 Jahre beträgt, so dass die Unvollständigkeit der (noch) vorhandenen Ordner nicht zu beanstanden ist.
Die Abkürzung KGSt sagte mir bislang nichts. Siehe auch den Artikel bei Wikipedia. Aus meinem Steuerrechtsstudium sind mir natürlich noch die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen vor allem für Unternehmer bekannt, die in aller Regel 6 oder 10 Jahre betragen. Dabei habe ich mir nie Gedanken gemacht, welche gesetzlichen Fristen eigentlich für Behördenakten gelten? Scheinbar keine.
Hier kommt es natürlich vor allem darauf an, ob es sich um Verwaltungsakte(n) mit Dauerwirkung / „Dauerwert“ (siehe den Abschnitt in der Wikipedia) handelt – was vor allem bei (Anordnungen zu) Verkehrszeichen (Allgemeinverfügungen) der Fall ist. Natürlich könnte eine Behörde (wie es die KGSt scheinbar empfiehlt) nach 10 Jahren alles in den Reißwolf schmeißen. Allerdings steht sie dann halt bei einem Widerspruch oder einer Klage vor einem Verwaltungsgericht mit heruntergelassener Hose da.
Scheinverwaltungsakte?
Zum Thema Scheinverwaltungsakte enthielt das zuletzt im Zuge des Beitrags zu den Orwell’schen Sicherheitsräumen auf der Atzel erwähnte Urteil 6 A 64 /11 des VG Braunschweig auch eine Passage zum Thema „Verkehrszeichen ohne Anordnungen“. Hierzu Randnummer 41:
Nicht statthaft ist hingegen eine Feststellungsklage im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO, gerichtet auf die Feststellung der Unwirksamkeit einer mit den Verkehrszeichen Nr. 241 verbundenen Aussage zur Radwegebenutzungspflicht im Bereich des Altewiek- und des Hagenrings. Denn der Kläger dringt nicht mit dem Einwand durch, bei den verkehrsrechtlichen Anordnungen der Verkehrszeichen Nr. 241, gegen die er sich wendet, handele es sich um bloße „Schein-Verwaltungsakte“ ohne wirksame Regelung. Indem die Beklagte die Verkehrszeichen über das Jahr 1997 hinaus im Straßenverkehr belassen hat, ist die mit den Verkehrszeichen seitdem einhergehende Anordnung der Radwegebenutzungspflicht vom Willen der Beklagten umfasst und den Verkehrsteilnehmern gegenüber bekannt gemacht, sodass alle Voraussetzungen des § 35 VwVfG für einen wirksamen Verwaltungsakt erfüllt sind (vgl. auch VG Ansbach, U. v. 18.06.2012 – AN 10 K 11.01571 –, juris Rn. 34).
Der Kläger argumentierte (siehe Rn. 12) damit, dass die Verkehrszeichen auch vor dem Jahr 1997 aufgestellt worden sein könnten. Vor dem Jahr 1997 galt jedoch noch die allgemeine Radwegbenutzungspflicht – weshalb diese Verkehrszeichen nur einen deklaratorischen Inhalt – und damit auch keinen eigenen Regelungsgehalt gehabt hätten.
Die Sichtweise des Gerichts kann ich aus rechtssystematischer Sicht nicht nachvollziehen. Das bloße Hängenlassen von Schildern im öffentlichen Verkehrsraum reicht meiner Ansicht nach nicht mal annähernd aus, um daraus einen „ordentlichen“ VerwaltungsAKT zu machen. Deren Entfernung erfordert einen eigenen Verwaltungsakt – nur kann man eigentlich nichts aufheben, was nie existierte. So ist die Entfernung eines klar rechtswidrig z. B. von Privatpersonen aufgestellten Verkehrszeichens ja auch kein Verwaltungsakt.
Zumal es ja der Baulastträger ist, der in aller Regel die angeordneten Verkehrszeichen anbringt (oder auch entfernt). So ist es ja hin und wieder durchaus möglich, dass ein Baulastträger eigenmächtig Schilder aufstellt – wie es im Rahmen der Blauschild-Posse in Bad Bergzabern durchaus der Fall gewesen sein könnte. Oder eben auch an der K 6 zwischen Winzeln und Pirmasens.
Mal gespannt, wann man mir endlich einen Termin vorschlagen wird, damit ich mir das Bisschen, was überhaupt vorhanden ist, auch mal anschauen kann.