Ende Oktober thematisierte die Pirmasenser Zeitung die bereits seit über zwei Monaten fehlende Markierung in der neu asphaltierten Teichstraße, einer wichtigen innerstädtischen Verbindungsstraße zwischen der K 6 und der L 482. Der Grund hierfür war, dass laut Bürgermeister Maas in der Stadtverwaltung „kontrovers“ über die Anlage eines „Fahrradwegs“ diskutiert worden sei. Wie ich am 4. Dezember entsetzt feststellen musste, hatten meine am 23. Oktober gegenüber dem Bürgermeister per e-mail erhobenen Einwände mal wieder kein Gewicht – denn es wurde nun doch ein „Radweg“ aufgepinselt. In der Rheinpfalz erschien hierzu am 5. Dezember auch ein (sogar online lesbarer) Artikel.
Ich hatte ja mit einem weiteren „Schutzstreifen“ gerechnet. Aber nein, man markierte dort sogar einen Breitstrich und Piktogramme. Gegenwärtig soll das wohl ein „Anderer Radweg“ im Sinne des § 2 (4) S. 3 StVO sein, also einer ohne Benutzungspflicht. Ich könnte mir vorstellen, dass einige Autofahrer das Ding aber auch als Seitenstreifen interpretieren – und jenen zum Halten und Parken benutzen. Denn fehlen dort jedenfalls (noch). Die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde ist im Urlaub und die Pressestelle der Stadt Pirmasens antwortete mir nicht auf meine Anfrage; ein anderer Ansprechpartner in der Verwaltung wusste auch nicht, ob das noch ein benutzungspflichtiger Radfahrstreifen werden soll. In dem Fall müssten auch noch mindestens zwei Verkehrszeichenpfosten gesetzt werden.
Sollte dem so sein: noch einmal ein herzliches „Dankeschön“ an den Bundes-ADFC, der die Herausnahme auch von benutzungspflichtigen „Radfahrstreifen“ aus dem Regelungsgehalt des § 45 (9) S. 3 StVO bei der letzten Novelle auch noch regelrecht gefeiert hatte.
„Autofahrspur“
Der oben verlinkte Artikel ist mit „Eine Autofahrspur muss für Fahrradfahrer weichen“ überschrieben. Wie praktisch, dass ich erst kürzlich etwas zum Thema „Nenn mich nicht Radweg!“ geschrieben hatte.
Bislang gab es auf dieser Route zwei Fahrspuren für Autofahrer.
Das ist natürlich Nonsens, denn vorher waren das keine „Autofahrspuren“ oder „Fahrspuren für Autofahrer“, es waren zwei Fahrstreifen für Auto- und Radfahrer. Man suggeriert mal wieder, man hätte dort vorher überhaupt nicht Rad fahren können / dürfen. In der Teichstraße hatte ich aber (vor allem, was das Überholen betrifft) eigentlich nie irgendwelche nennenswerten Probleme – weil gerade wegen der beiden Fahrstreifen immer ausreichend Platz war. Im Artikel wird dann auch generell mal wieder munter alles durcheinandergeschmissen – und auch „Schutzstreifen“ als „Radwege“ bezeichnet.
Okay – der Streifen ist wohl überdurchschnittlich breit (lt. Artikel 2,30 m) und ermöglicht somit auch das Überholen langsamerer Radfahrer. Aber wegen nicht einmal 290 Metern so einen Streifen anzulegen, ist meines Erachtens doch ziemlich fragwürdig und überflüssig. Vor allem, da davor und dahinter wegen der komplexen Kreuzungssituationen meiner Ansicht nach auch keine logisch anknüpfende und vor allem keine sichere „Infrastruktur“ möglich sein wird. „Stetig“ ist meiner Ansicht nach auch was anderes.
Das folgende Foto zeigt den Blick vom gegenüberliegenden Gehweg. Die Person im grauen Pkw (mit Wiesbadener Kennzeichen) hatte bereits beim Einbiegen den Breitstrich überfahren und bog dann auf den Netto-Parkplatz ab. Man erkennt, dass dort kein hängt und es sich gegenwärtig also um keinen Radfahrstreifen handelt. Auf einen „Radweg“ deutet nur das Piktogramm am Beginn des Streifens hin:
Querende Rechtsabbieger
Jedenfalls wurde damit (wie das vorherige Foto andeutet) nun auch in Pirmasens die Büchse der Rechtsabbiege-Pandora geöffnet; bislang gibt es sowas ja eigentlich nur am berüchtigten freilaufenden Rechtsabbieger an der K 6 – und dort hat man das ja per „kleinem“ mit dem üblichen Vorfahrtraub „gelöst“. Denn auf dem nicht einmal 300 m langen Abschnitt müssen Kfz-Nutzer nun eben den gem. § 9 (3) StVO bevorrechtigten Rad(fahr)streifen queren, wenn sie auf den Netto-Parkplatz auffahren möchten:
Rechtsabbieger dürften zumindest an der folgenden Einmündung der Poststraße wegen und
aber eigentlich keine folgen:
Hätte die Stadtverwaltung meine Wenigkeit nicht wieder mal über ein Jahr lang komplett ignoriert (von den Runden Tischen zum Verkehrsentwicklungsplan mal abgesehen) – und mich gemäß Rn. 28 der VwV zu § 2 StVO in irgendeiner Weise in dieser Sache beteiligt, hätte ich sie auch noch darauf hinweisen können, dass bspw. meiner Ansicht nach auch Radfahrern die Nutzung des Joseph-Krekeler-Platz vor der Alten Post ermöglicht werden sollte. Es gibt nämlich auch keine städtische Satzung, die das Befahren dieses Platzes mit Fahrrädern verbieten würde. Derzeit ist die Auffahrt aber wegen vorgeschriebener Fahrtrichtungen per und (aus der
Poststraße heraus)
nicht legal möglich.
Es folgt mit dem Parkplatz eines Telefondienstleisters die nächste Querungsstelle; im Gegensatz zum Netto-Parkplatz hat man hier den Breitstrich allerdings nicht unterbrochen. Ein Mitarbeiter der Stadt war so freundlich, mir zu zeigen, wie das aussieht, wenn ein Auto über den Streifen auf den Parkplatz abbiegt:
Vorher war das ja kein Problem; da blieben die Kfz-Nutzer einfach hinter einem und bogen dann ab. Pirmasenser Autofahrer sind aber „Radwege“ überhaupt nicht gewöhnt. Würde mich nicht wundern, wenn dort schon ziemlich bald der erste Radfahrer umgemäht werden würde.
Alternative Einbahnstraßenfreigabe
Außerdem wären meiner Ansicht nach auch die Post- und die
Schachenstraße für Radfahrer freizugeben. Gerade in der Letzteren hätte ein (echter) Radfahrstreifen auch einen wesentlich größeren Sinn gemacht, da er Radfahrern einen zusätzlichen (und aus einigen Richtungen auch direkteren) Verkehrsweg eröffnet hätte. Wie zur Bestätigung sah ich auch bei der Anfahrt an der Stadtwerke-Kreuzung einen Radfahrer, der die Fußgängerampel nutzend anschließend auf dem linken Gehweg entgegen der
Schachenstraße weiterfuhr.
Dann hätte man sich den relativ überflüssigen Strich in der Teichstraße auch sparen können. Aber auch zum Thema Einbahnstraßenfreigaben (auch auf dem Sommerwald) erhielt ich ja seit über einem Jahr keine Einladung für einen Ideenaustausch.
Das Ende ist nah
Wir nähern uns dann auch schon wieder dem Ende des Stummel-„Radwegs“; da ich in meinen Alltagserlebnissen schon von unzähligen -Überfahrern an dieser Kreuzung berichtete 😉 – so sieht das Eck übrigens aus:
Von links aus der Schützenstraße mündet hier die abknickende L 482 ein. Ich hatte auch befürchtet, dass man den Breitstrich bis zur Haltelinie durchziehen wird. Es ergibt jedoch wegen des auch gerne mal längeren Rückstaus vor der folgenden Ampel an der Rheinberger-Kreuzung durchaus Sinn, sich hier auch als Radfahrer möglichst noch vor der Einmündung der Schützenstraße frühzeitig nach links einzuordnen, um anschließend geradeaus in der Schäferstraße weiterzufahren (oder nach links in die Gärtnerstraße abzubiegen). Das wird nun auch deutlich schwieriger, weil man das erst hinter der Einmündung darf / soll.
Perfekt gepasst hat jedenfalls, dass dort zwei Altpapier-Mülleimer abgestellt wurden. Fußgänger sollen hier derzeit wohl auch den „Radweg“ benutzen?
Ich weiß jedenfalls, was ich dort auf jeden Fall immer wieder sehen werde: Nicht nur Mülleimer, sondern auch falschgeparkte Autos. Denn gerade das hat in Pirmasens ja Tradition. Ganz witzig war, dass ich während ich die Fotos machte, von einem Mann angesprochen wurde, der selber Rad fährt und mit dem ich unterwegs wohl mal geplaudert hatte; ich konnte mich aber (wie bei mir üblich) nicht an sein Gesicht erinnern. Er hatte sein Auto jedenfalls auch nicht so ganz astrein geparkt. Vielleicht hat er meinen Blog inzwischen ja gefunden? 😉
Die für Pirmasens typischen Einbahnstraßen-, Gehweg- und Geisterradler wird das Ding nun ziemlich sicher auch auf blöde Ideen bringen.
Auf jeden Fall bin ich mal gespannt, ob dieser „Radweg“ doch noch bebläut wird oder nicht. Und ebenfalls spannend wird sein, wie die Autofahrer reagieren, wenn ich links davon fahren werde. 😉
Folgebeiträge
Anekdoten
Ich werde hier in diesem Beitrag fortlaufend einige Erlebnisse in der Teichstraße dokumentieren, die ich auch in meinen Alltagserlebnissen erwähnt habe.
Fahrt Nr. 2 am 16. Dezember 2019
Da es sich in der Rush-Hour (gegen 16 Uhr) auf dem einen, verbliebenen Fahrstreifen staute, hätte ein sehr junger, rechts aus der Poststraße kommender Fahrer eines weißen BMW-Panzers (vermutlich von Papa gesponsert) ja nun eigentlich an der Haltelinie des anhalten – und warten müssen. Hielt er aber nicht für nötig, er rollte einfach langsam über den neuen Radstreifen hinweg und blockierte jenen nun wartend. Er schaute vermutlich auch aus Scham in die andere Richtung – und reagierte erst, als ich laut „Ääääääeeeeey!“ blökte. Dann wollte mir der arme Mann mittels seiner verzweifelten Gesten wohl zu verstehen geben, dass er ja wegen der Autos da vorne nicht weiterkäme. Dann fährt man vielleicht einfach nicht so weit raus, du Pappnase!? Ich fuhr – mich weiterhin künstlich empörend; ich will dann ja auch ein wenig Spaß haben – kopfschüttelnd vor seiner Motorhaube vorbei.
Fahrt Nr. 4 am 2. Januar 2020
In der Zwischenzeit wurden noch einige -Piktogramme auf die Fahrbahn gemalt. Gegen 16:30 Uhr stand an der Einmündung hinter der Einmündung Poststraße ein Pkw mitten auf dem Streifen, mit eingeschalteter Warnblinkanlage. Ein hinter mir fahrender Autofahrer ließ mich vor ihm auf die Fahrbahn wechseln.
Ein Stück weiter, kurz vor dem Ende des Streifens stand gleich noch ein weißer Transporter, ebenfalls mit eingeschalteter Warnblinkanlage. 👿 Konnte ja keiner ahnen. Und habe diesen Weg bislang nur 4 mal benutzt.
Vorbeifahrt am 15. Januar 2020
An diesem Vormittag war ich von der Streckbrücke kommend unterwegs in Richtung B 270 und warf bei der Vorbeifahrt mal wieder einen Blick in Richtung Teichstraße. Und siehe da: es stand schon wieder jemand mit eingeschaltetem Warnblinker auf dem Streifen. Wenn ich es richtig erkannt habe, war es ein gelber Caddy der Deutschen Post.