Gespräch mit der Stadtverwaltung

Wie im gestrigen Beitrag zur vom LBM mal wieder fantastisch geplanten Vollsperrung bei Mauschbach angedeutet, war ich gestern Abend ja ein wenig „angesäuert“. Um es mal euphemistisch auszudrücken. Denn das Gespräch mit der Stadtverwaltung, welches auch nur deshalb stattfand, weil das Stadtratsmitglied Frank Eschrich von der Fraktion „Die Linke – PARTEI“ sich noch einmal persönlich dafür eingesetzt hatte, war im Wesentlichen eine Farce; insbesondere die ersten 15 Minuten, als Bürgermeister Maas sogar angedroht hatte, das Gespräch abzubrechen. Der Grund war eine ziemlich eindeutige Provokation von Seiten des ehemaligen Leiters der Straßenverkehrsbehörde (StVB), der recht viele meiner Eingaben nie aufgegriffen hatte.

Zu Beginn ging es um das leidige Thema Verbot für Fahrzeuge aller Art in zahlreichen Pirmasenser Anliegerstraßen sowie vor Feld- und Waldwegen. Teils auch im Zuge von HBR-Routen oder des „Dynamikum-Radwegs„. Dem Bürgermeister musste ich erst erklären, was hier das eigentliche Problem ist. Ja, die Wahrscheinlichkeit, dass irgendein Radfahrer hier mal ein Bußgeld von 15 Euro zahlen muss, ist relativ gering. Die Gefahr lauert hier im Zivil- und Strafrecht. Denn spätestens dann, wenn es einen Unfall gibt, wird z. B. die gegnerische Haftpflichtversicherung eine Mitschuld des Radfahrers an dem Unfall geltend machen, weil er wo rumgefahren ist, wo er nicht hätte fahren dürfen. Leider unterließ ich es, den Bürgermeister darauf hinzuweisen, dass meiner Ansicht nach auch die Kommunen mithaften könnten, wenn jene Straßen und Gehwege per Wegweiser als „Radrouten“ ausgewiesen sind.

Nun hatte jedoch der ehemalige Leiter der StVB sich aus meinem vorab an die Teilnehmer versandten „Paper“ (pdf, 856 KB) eine bestimmte Straße (die Schlittgasse; siehe Beitragsbild) rausgesucht, die ich schon damals beim 1. Gespräch im Februar 2018 angesprochen hatte, um quasi mein gesamtes Anliegen zum Thema Verbot für Fahrzeuge aller Art zu diskreditieren! Er übersah dabei auch, dass ich hier eigentlich sogar eine Führung entgegen der unechten, also nur einseitig mit Verbot der Einfahrt beschilderten Einbahnstraße forderte. Jene Straße werde ich bei Gelegenheit hier noch dokumentieren; ich hatte vor dem Gespräch noch ein wenig Zeit, ein paar Fotos im Umfeld des Rathauses zu machen.

E-Mail an den Bürgermeister

Der Einfachheit halber zitiere ich hier meine heute Früh an Bürgermeister Maas versandte e-mail. Die Namen der Amtsträger habe ich hier durch deren Funktion ersetzt. Wen die Namen interessieren, kann ja selber recherchieren. 😉


Sehr geehrter Herr Maas,

ich bedanke mich für das Gespräch.

Jedoch möchte ich hierzu Folgendes anmerken:

Ich empfand das Gesprächsklima von Beginn an als wenig konstruktiv, latent ablehnend bis teils offen feindselig. Ich persönlich hätte erwartet, dass man – um das Eis zu brechen – wenigstens einige, aufgrund meiner Anregungen und Eingaben bereits erfolgte Verbesserungen anspricht oder ein paar positive Punkte aus meinem Dokument herausgreift und mir einfach mal für mein nicht auf Pirmasens beschränktes, viel Zeit (und Nerven) beanspruchendes Engagement dankt, um ein freundliches und konstruktives Gesprächsklima zu schaffen. Immerhin saß ich auch hier im Grunde – vom Stadtrat Eschrich abgesehen – allein gegenüber einem eingeschworenen Haufen von mindestens 10 Leuten aus der Verwaltung.

Wenn jenes Gespräch jedoch gleich damit beginnt, dass ich mich (einmal mehr) vor versammelter Runde dafür rechtfertigen solle, warum ich den Termin im vergangenen Mai bei Herrn Oberbürgermeister Zwick abgesagt habe, weiß ich sofort, woran ich bin. Ich hatte bereits damals vorab darauf hingewiesen, dass ich bei besonders schlechtem Wetter um eine Verschiebung bitten werde. Und an diesem Tag war das Wetter mit ergiebigen Dauerregen sehr schlecht; ich wäre trotz Regenkleidung völlig durchnässt am Rathaus angekommen und hätte mein Rad noch nicht einmal im Trockenen abstellen können, weil die Stadt es ja nicht für nötig hält, bspw. die Tiefgarage für Radfahrer freizugeben. Vertritt die Stadtverwaltung etwa die Ansicht, dass man hier einmalige Audienzen erhält – und es als „Affront“ aufgefasst wird, einen solchen Termin wegen so etwas wie ergiebigem Dauerregen abzusagen?

Ebenfalls überflüssig war in dieser Hinsicht die Anmerkung der Leiterin der StVB, dass es mit der Akteneinsicht am 30. Dezember erst beim dritten vorgeschlagenen Termin geklappt hat. Ich werde im Gegensatz zu Ihnen und der StVB-Leiterin auch nicht dafür bezahlt, sondern mache das ehrenamtlich!

Die Art und Weise wie der ehemalige Leiter der StVB auf das Stichwort „Schlittgasse“ reagiert hat, ließ in mir die Vermutung aufsteigen, dass hier bewusst „eskaliert“ werden sollte? Die Schlittgasse ist mir persönlich relativ unwichtig; ein „nice-to-have“. Der Ex-StVB-Leiter hat sich aber aus meinem mehreren Seiten umfassenden Dokument genau jene herausgegriffen, um mein Anliegen, die unzähligen, immer noch mit Zeichen 250 beschilderten Straßen endlich für Radfahrer freizugeben, zu diskreditieren. Im Grunde hatte ich auch jene Straße in diesem Dokument noch einmal aufgeführt, um zu sehen, ob und wie darauf reagiert wird. Dessen ungeachtet ist diese zumindest von Ost nach West freizugeben; trotz durchgezogener Linie und Zeichen 297 werden dort auch die Anlieger linksabbiegen, um in jene Straße zu gelangen. Das Linksabbiegen aus der Schlossstraße in jene Gasse begründet auch dort keine besondere örtliche Gefahrenlage, die das Normalmaß in erheblicher Weise übersteigen würde. Aufgrund der Reaktion weiß ich nun aber, dass eine Freigabe in Gegenrichtung völlig utopisch ist. So werden diese Alternative vor allem in Richtung Osten weiterhin nur jene (in PS leider nicht ohne Grund zahlreich vertretenen) Gehwegradler nutzen, die sich um Verkehrsregeln generell nicht sonderlich scheren.

Ich möchte auch noch einmal feststellen, dass es sich beim Thema Zeichen 250 um keinen Sachverhalt handelt, der sachlich in irgendeiner Weise rechtlich uneindeutig wäre. Die Straßenverkehrsbehörde hat nach § 45 (9) S. 3 StVO diese Straßen für den Radverkehr, auch aufgrund der fehlenden straßenrechtlichen Grundlage (keine Beschränkung des Gemeingebrauchs), generell freizugeben! Und zwar innerhalb der von § 75 VwGO genannten Frist von 3 Monaten. Und nicht erst nach über 2 oder 3 Jahren! Das gilt zum Beispiel auch für das Thema Einbahnstraßen. Jene sind in den meisten Fällen freizugeben – und es handelt sich hier um kein Kann, sondern ein Muss. Und zwar zeitnah. Und nicht irgendwann, wenn die überlasteten Behörden die Zeit dafür finden. Wenn das Personal nicht ausreicht, muss eben mehr Personal eingestellt werden; alles andere ist ein Armutszeichen für eine Verwaltung eines reichen Industriestaates! Der alte Leiter und die neue Leiterin der StVB weigern sich jedoch bis heute, auch das Thema Einbahnstraßen endlich zu prüfen.

Was das Thema Zeit oder formelle Anträge betrifft: Auch hier hätte ich ohne den Druck von Seiten des LfDI bis heute keine Einsicht in das Wenige erhalten, was aber lt. der StVB-Leiterin weiterhin ausreichend sein soll, um entlang der K 6 uralte Radwegschilder weiterhin im öffentlichen Verkehrsraum hängen zu lassen, die gegenüber Dritten Haftungsansprüche begründen (Siehe den Unfall im vergangenen Sommer bei Gersbach). Vom kleinen „Vorfahrt gewähren“ am freilaufenden Rechtsabbieger vor der Zufahrt zur L 600 ganz zu schweigen. Hier wies ich den Leiter der StVB auf ein passendes Urteil hin, nachdem dieser mir lapidar mitgeteilt hatte, dass er hier „keinen weiteren Handlungsbedarf“ sähe. Aber ich muss mir im Gespräch sagen lassen, dass es „irgendwann dann mal gut sein“ müsse?

In diesem Zusammenhang halte ich es aus rechtsstaatlicher Sicht für ein wenig befremdlich, dass der Ex-StVB-Leiter ernsthaft die Ansicht vertritt, dass ich ein in einem persönlichen Gespräch mitgeteiltes „das machen wir nicht“ als ausreichende, rechtliche Begründung zu akzeptieren hätte. Also eine „Ordre du Mufti“ ausreiche. Ich hatte es in meiner e-mail vom 30. Dezember an die StVB-Leiterin bzgl. der Beschilderung der „Radwege“ entlang der K 6 auch noch einmal angesprochen: Der Ex-StVB-Leiter hatte mir versprochen, das Thema in den Verkehrsausschuss zu tragen und mich hierzu einzuladen. Das ist nicht geschehen. Darüber hinaus sagte er mir eine Freigabe der Husterhöh-Brücke über die B 10 mit Z 240 zu, ordnete dann aber Z 239 und Zz 1022-10 an, was für Radfahrer Schrittgeschwindigkeit bedeutet. Darüber hinaus enthielt der von ihm angelegte „Ordner“ noch eine Vielzahl an weiteren Eingaben meinerseits, die bis Heute nicht verfolgt oder erledigt wurden. Ich lasse mir von diesem Herren also nur sehr ungern Vorhaltungen machen; erst Recht nicht in diesem Ton!

Das gilt bspw. auch für den Leiter des Tiefbauamts, der meint, ich hätte Arbeit, die der Stadtverwaltung obliegt, kostenfrei zu erledigen. Wenn Ihre Verwaltung offensichtlich nicht einmal ein Verkehrszeichen-Kataster führt, sehe ich nicht ein, dieser eine Liste vorzulegen, damit sie endlich damit beginnt, nicht nur die Anliegerstraßen, sondern auch die Feld- und Waldwege straßenverkehrsrechtlich zu legalisieren.

Dass Sie dann auch noch von meiner Seite erhobene sachliche(!) Einwände gegen die vom Ex-StVB-Leiter geäußerten Ansichten als Anlass nehmen, mir damit zu drohen, nach nicht einmal 10 oder 15 Minuten das Gespräch abzubrechen, sprach Bände. Hätte Herr Eschrich sich nicht für mich eingesetzt, wäre ich wortlos aufgestanden und gegangen. Das ist keine Art und Weise, wie die Verwaltung einer kreisfreien Stadt mit sachlicher Kritik umzugehen hat, sondern ein Armutszeugnis!

Zum Thema Zeichen 250 werde ich daher demnächst eine Rechts- und Fachaufsichtsbeschwerde beim LBM Rheinland-Pfalz einreichen. Im Übrigen ignoriert die Stadtverwaltung hierzu ja offensichtlich auch ein Schreiben des MWVLW bzw. des LBM Rheinland-Pfalz zum Thema Zeichen 250 an HBR-Routen. Hierzu habe es laut Auskunft der Bürgerbeauftragten des rheinland-pfälzischen Landtages ein Gespräch gegeben bzw. sei noch eines ausstehend.

Der Rest des Gesprächs war aufgrund Ihrer Androhung des Gesprächsabbruchs daher auch nicht mehr sonderlich ergiebig. Ich hatte daher auch beim anschließenden runden Tisch keinerlei Interesse mehr daran, irgendetwas anzusprechen. Ich weiß nun, woran ich bei der Stadtverwaltung bin und wie jene mit Vorschlägen und Eingaben von Bürgern bzw. mit sachlicher Kritik umgeht.

Ich hatte schon vorab keine sonderlich hohen Erwartungen an dieses Gespräch. Dass es dann so ablaufen würde, wie es ablief, hätte ich mir trotz all meiner (desillusionierenden) radverkehrspolitischen Erfahrung so nicht vorstellen können.

Daher erwarte ich mir auch von der angebotenen Beteiligung meinerseits in Zukunft nicht wirklich viel. Ich sehe hier keinen ernsthaften Willen, die Belange des Radverkehrs zu berücksichtigen. Dem Primat des Pkw hat sich in Pirmasens auch in Zukunft weiterhin alles unterzuordnen.

Mit freundlichen Grüßen

Dennis Schneble


Radverkehrsförderung?

Im weiteren Verlauf des Gesprächs wurde ich dann immerhin doch noch gefragt, wie ich persönlich mir Radverkehrsförderung in Pirmasens vorstellen würde. Ich schnaufte tief durch und erläuterte, dass solche Sachen wie der seltsame Rad(fahr)streifen in der Teichstraße meiner Ansicht nach genau der falsche Weg sind. Ich halte von Streifen und Radwegen generell wenig bis gar nichts. Und insbesondere hier ergibt dieser vollkommen isolierte Stummel überhaupt keinen Sinn, denn aufgrund der komplexen und verwinkelten Kreuzungssituationen kann man vor und hinter jenem Streifen meiner Ansicht nach sowieso keine sichere „Radinfrastruktur“ anschließen. Es bleibt also zusammenhangloses, sinnfreies Stückwerk. Außerdem suggeriert man damit automatisch, dass Radfahren ohne solche Streifen ja sonst nicht ginge. Ich befahre diese Straße seit zig Jahren – und hatte hier noch nie nennenswerte Probleme. Die haben eigentlich erst mit Anlage des Streifens angefangen; siehe hierzu die Anekdoten im verlinkten Beitrag.

Ich sprach mich einmal mehr vehement für die Öffnung vieler Einbahnstraßen aus. Radverkehrsförderung sieht für mich so aus, den Radverkehr zu privilegieren; man muss mit dem Rad mehr dürfen und einfacher an seine Ziele kommen, als mit dem Auto.

Die Alten und Schwachen

Ich meinte, man fängt in Pirmasens doch eh bei Null an. Warum kann man denn nicht einfach die (unverdorbenen) Leute aufklären, dass sie auf der Fahrbahn am sichersten unterwegs sind? Warum bedient man sich stattdessen argumentativ „alten Leuten“, die sich anders nicht trauen würden? Tja, dann ist es vielleicht auch besser so, wenn sie nicht Radfahren. Besser, als wenn sie von einem Rechtsabbieger zu Tode zermatscht werden. So gab es gerade erst zum Jahresbeginn in Berlin (2), Hamburg und Iffezheim bereits vier durch rechtsabbiegende Fahrzeuge getötete Radfahrer und -innen im Zuge von sich sicher „anfühlenden“ Radwegen; siehe hierzu die aktuelle Übersicht von Thomas Schlüter.

Wollen wir damit in Pirmasens auch anfangen? In einer Stadt, in der ich persönlich mich an keinen einzigen im Straßenverkehr getöteten Radfahrer erinnern kann?

Feigenblatt ADFC

Ebenfalls bezeichnend war, dass von Seiten der Verwaltung wieder auf den ADFC verwiesen wurde. Mir persönlich würde es ja die Schamesröte ins Gesicht treiben, wenn gerade die Verwaltung einer total autoverrückten Stadt auf die Mitwirkung meiner (angeblichen) Radfahrer-Interessensvertretung verweist, wenn es darum geht, fragwürdige Entscheidungen wie die absurden Schutzstreifen, die damalige linksseitige Benutzungspflicht von Winzeln nach Pirmasens oder auch den neuen Streifen in der Teichstraße dadurch zu legitimieren, dass das ja auch „von den Radfahrern“ gewollt werden würde.

4. Runder Tisch

Der anschließende letzte Runde Tisch tagte wieder in nichtöffentlicher Sitzung; daher gibt es von mir hierzu auch keine Details. Ich hatte aber (wie weiter oben angemerkt) auch keine Lust mehr, mich dort aktiv einzubringen; so hatte ich bereits bei den beiden anderen Terminen alles gesagt, was ich zu sagen hatte. Die Stadtverwaltung wird ziemlich sicher das meiste ignorieren, was von den Verkehrsplanern vorgeschlagen wird. Insbesondere die auch von mir mehrfach geforderte Temporeduktion z. B. durch die Ausweitung von Tempo-30-Zonen.

Fazit

Im Ergebnis war das Ganze Zeitverschwendung. Man versteht mich nicht. Weil man mich nicht verstehen will bzw. in einer ganz anderen Welt lebt. Es ist für mich vollkommen unverständlich, wie man sich wegen solcher Selbstverständlichkeiten wie dem Thema Zeichen 250 derart anstellen kann?

Nun denn; vielleicht schafft es ja der LBM bzw. die ADD, der Stadtverwaltung die StVO zu erklären, denn ich habe mich mittels zweier Fach- und Rechtsaufsichtsbeschwerden zum Thema behördlich geduldetes Gehwegparken und Zeichen 250 an jene gewandt.

Folgebeiträge

Die Blumenstraße in Pirmasens

Die Schlittgasse in Pirmasens

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