Gehwegparken in Pirmasens

Bislang habe ich mir (und meinen Nerven) aufgrund meiner langjährigen Erfahrungen in straßenbaurechtlicher Hinsicht die Einreichung von Fach- und Rechtsaufsichtsbeschwerden beim LBM (Landesbetrieb für Motorisierte) Rheinland-Pfalz erspart. Ich sah da keinen Sinn, mich bei dieser (nur den Kfz-Verkehr im Kopf habenden) Behörde über das rechtswidrige Handeln der rheinland-pfälzischen Straßenverkehrsbehörden zu beschweren. In Sachen Gehwegparken in Pirmasens war es mir (angesichts einer weiteren Ablehnung meiner Bitte, vor der Sparkasse in Winzeln endlich Poller aufzustellen, um dort das exzessive Gehwegparken zu beenden) die Sache dann aber doch mal wert. Der LBM wimmelte mich jedoch recht schnell ab und verwies in Sachen Zuständigkeit an die ADD Trier.

So meinte der seine e-mail auch sichtlich genervt verfassende Mitarbeiter des LBM Rheinland-Pfalz (ansässig in Speyer), dass es sich hier um ordnungsrechtliche (und nicht straßenverkehrsrechtliche) Fragen handele – und deshalb die ADD zuständig sei. Von diesem Mitarbeiter erhielt ich übrigens heute noch einmal eine (aberwitzige) e-mail zu einer anderen Fach- und Rechtsaufsichtsbeschwerde (zum Thema Zeichen 250), doch mehr hierzu ein andermal. Da heute die Eingangsbestätigung der ADD Trier zu meiner weitergereichten Beschwerde in Sachen Falsch- und Gehwegparken im Briefkasten lag, möchte ich jene auch hier im Blog dokumentieren:


Sehr geehrter Herr X,

ich erhebe hiermit als verkehrspolitisch tätiger Blogger Fach- und Rechtsaufsichtsbeschwerde gegen die kreisfreie Stadt Pirmasens wegen des Nichtvollzugs der Straßenverkehrsordnung (StVO), insbesondere der § 2 (1) und § 12 StVO, § 7 Nr. 1 und § 8 Nr. 3 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Straßenverkehrsrechts sowie den damit verbundenen lfd. Nummern 51 ff. der Anlage zur BKatV.

Sollten Sie hierfür nicht unmittelbar zuständig sein, leiten Sie diese Beschwerde bitte an die zuständige Stelle in Ihrem Hause weiter und informieren mich darüber durch Angabe im Cc.

Insbesondere das Ordnungsamt weigert sich, im Rahmen seiner gesetzlichen Kontroll- und Gefahrenabwehrpflichten, Fahrzeughalter zu verwarnen oder auch deren Fahrzeuge kostenpflichtig umzusetzen, die fern der Fahrbahn in behindernder oder auch gefährdender Weise auf Gehwegen, Radwegen, Schutzstreifen und auch auf Grünstreifen parken.

Der ehemalige Leiter als auch die aktuelle Leiterin der Straßenverkehrsbehörde vertraten in mehreren persönlichen Gesprächen die Auffassung, dass bei Kontrollen nur dann eingeschritten werden müsse, wenn insb. auf dem Gehweg weniger als ein Meter Platz verbliebe. Nach meinen langjährigen Erfahrungen schreitet die Behörde aber selbst dann nicht ein, wenn Fußgängern, Behinderten, Rentnern, Rollstuhlfahrern oder auch radfahrenden Kindern (unter 10 Jahren) noch weniger Raum verbleibt und – besonders gefährlich – die Sicht auf jene durch falsch geparkte Kraftfahrzeuge verdeckt wird.

Die Behörde hat in den letzten beiden Jahren laut einem Bericht der Rheinpfalz vom 14. Januar 2020 auch nur 18.100 (2019) bzw. 13.700 (2018) Strafzettel verteilt und kommt somit ihren gesetzlichen Pflichten als vor allem auch für den ruhenden Verkehr zuständige Ordnungsbehörde in keiner ausreichenden Weise mehr nach. Es besteht insbesondere beim Falschparken ein gewaltiges Vollzugsdefizit der StVO. Nach meinen Beobachtungen konzentrieren sich die seltenen Kontrollen in aller Regel überwiegend nur auf die von der Stadt bewirtschafteten Parkplätze.

Ich selbst habe schon mehrfach Fahrzeuge des Ordnungsamts (als auch der Polizei) an fast vollständig auf Gehwegen, vor Fußgängerüberwegen oder in Einmündungsbereichen abgestellten Fahrzeugen (auch im Bereich von Grundschulen) vorbeifahren sehen, ohne, dass es die Person am Steuer interessiert hätte.

Aufgrund des Nichtvollzugs insbesondere der Parkvorschriften hat sich in Pirmasens daher über die Jahrzehnte eine Anarchie entwickelt, die eines Rechtsstaates unwürdig ist – jeder parkt und hält, wo er gerade Lust hat, denn er weiß, dass er eh nicht kontrolliert, verwarnt oder gar abgeschleppt wird. Ich verweise hierzu beispielsweise auf eine Pressemeldung der Polizeidirektion Pirmasens vom 10. Dezember 2019, als von der durch Bürgerbeschwerden herbeigerufenen Polizei innerhalb eines nur relativ kurzen Straßenabschnittes 36(!) Parkverstöße festgestellt wurden. Ebenfalls – am Rande angemerkt – nicht nachvollziehbar ist die Sanftmütigkeit gegenüber Autofahrern, die z. B. verbotenerweise durch die Fußgängerzone fahren; da verwarnt selbst einer der Beigeordneten (von Beruf Polizist) jene nur mündlich. Siehe hierzu die Rheinpfalz vom 3. September 2019.

Autofahrer blockieren aufgrund dieses permanenten Wegschauens der Stadtverwaltung völlig selbstverständlich, an allen Ecken und Enden der Stadt den kargen Rest an Verkehrsfläche, der vor allem den Fußgängern übrig geblieben ist – und missverstehen die Gehwege als (kostenlose) Parkflächen. Dies ist auf Dauer nicht mehr hinnehmbar!

Darüber hinaus weigert sich die Stadtverwaltung, an Stellen, an denen permanent und vorsätzlich falsch geparkt wird, bauliche Maßnahmen zu ergreifen oder Verkehrseinrichtungen im Sinne des § 43 (1) StVO (z. B. Sperrpfosten) anzuordnen, die das Falschparken effizient verhindern. Das betrifft insbesondere die Situation an der K 6 in Winzeln vor der Filiale der Sparkasse Südwestpfalz. Hier wird – obwohl ein Parkplatz direkt neben dem Gebäude liegt – ständig direkt vor der Eingangstür, komplett auf dem Gehweg geparkt – nicht selten auch entgegen der Fahrtrichtung. Dies erkennen Sie bezeichnenderweise auch auf den Luftbildern von google maps. Auch in der Gegenrichtung stehen ständig Kraftfahrzeuge halb oder überwiegend auf dem Gehweg. Als Radfahrer habe ich dort auch stets die Sorge, dass irgendwer ohne nach hinten zu schauen einfach die Autotür aufreißt.

Dasselbe gilt auch für die Höfelsgasse vor der Filiale der Sparda-Bank. Hier (direkt im Einmündungsbereich gem. § 12 Abs. 3 Nr. 1 StVO) halten und parken trotz ausgewiesener Parkflächen ein paar Meter weiter ständig Kraftfahrzeuge und behindern dabei auch Fußgänger.

Selbst bei eindeutig vorsätzlich und von sehr vielen Personen gleichzeitig begangenen Ordnungswidrigkeiten greift die Behörde nicht ein, sondern schaut weg. Ich verweise hierzu auf die Fotos im Anhang, die ich anlässlich des „Sommerfestes“ des Hugo-Ball-Gymnasiums am 14. Juni 2019 in der Lemberger Straße aufgenommen hatte. Der auf den Fotos zu sehende Streifen am rechten Fahrbahnrand soll lt. Auskunft der Stadtverwaltung übrigens ein „missglückter“ Schutzstreifen sein, der derzeit wohl am Ehesten als nicht benutzungspflichtiger Radweg zu deuten ist.

Halteverbot

Ebenfalls schon seit Jahren geduldet wird das Falschparken in der Blocksbergstraße in Höhe der Firma Ring und des Union-Bauzentrums. Insbesondere seit dem Umzug der Firma Ring stehen ständig Fahrzeuge teils hälftig auf dem (für Radverkehr freigegebenen) Gehweg, obwohl dort ein ausreichend breiter Seitenstreifen vorhanden ist. In der Gegenrichtung stehen die Autos auch auf den inzwischen niedergefahrenen Grünstreifen.

Auch sonst wird an allen Ecken und Enden in der Stadt (auch in den Vororten) hemmungslos und aus Gewohnheit falsch geparkt. Auch gegen notorische Schutzstreifenparker (Siehe die Anhänge) unternimmt die Stadt rein gar nichts. Eine am 11. November 2019 gestellte Anfrage der Stadtrats-Fraktion „Die Linke – PARTEI“ hauptsächlich zum Thema Falschparken in Pirmasens wurde bislang vom Oberbürgermeister noch nicht beantwortet.

Lemberger Straße

Winzler Straße

Ich möchte den LBM Rheinland-Pfalz daher bitten, im Rahmen seiner Rechts- und Fachaufsicht über die Straßenverkehrsbehörden der Kreise und kreisfreien Städte die Stadtverwaltung Pirmasens anzuweisen, zukünftig die Regelungen der StVO zu vollziehen. Jene Regelungen eröffnen der Behörde in keinster Weise irgendeine Art von Ermessen, das hier beschriebene Falschparken (weiterhin) zu dulden. Ich verweise hierzu auch auf das aktuellere Urteil 3 K 272/18.NW vom 20. Mai 2019 des Verwaltungsgerichts Neustadt a. d. Weinstraße.

Auch angesichts der derzeit geplanten deutlichen Erhöhung der Bußgelder auch für das Gehwegparken, hat die hoch verschuldete Stadt Pirmasens auch eine fiskalische Verpflichtung, das Fehlverhalten von Autofahrern zu sanktionieren. Darüber hinaus ist die dauerhafte personelle Unterausstattung des Ordnungsamts nicht weiter hinnehmbar und die Stadtverwaltung anzuweisen, eine ausreichende Zahl von Stellen in der Verkehrsüberwachung zu schaffen.

Nach Artikel 20 (3) GG ist auch die Pirmasenser Stadtverwaltung an Recht und Gesetz gebunden.


Gut möglich, dass die Stadt Pirmasens beim Bundesverkehrsministerium die Schaffung eines Verkehrszeichens wie jenes im obigen Beitragsbild beantragt? Man könnte sie dann am besten gleich direkt unter die Ortstafeln hängen.


Folgebeiträge

ADD segnet Falschparkerduldung ab

Ministerial abgesegnetes Falschparken

Legal? Illegal? Scheißegal!

2 Gedanken zu „Gehwegparken in Pirmasens“

  1. Im Wikipedia-Artikel zu Gehweg ist eine Petition des Landtages B-W zum Gehwegparken verlinkt.

    Essenz:
    – Die Duldung rechtswidrigen Parkens auf Gehwegen widerspricht der Straßenverkehrsordnung und findet weder eine Rechtfertigung im Gewohnheitsrecht, noch im „Ermessen“ der Ordnungsbehlörde.
    – Ein Ermessen steht nur für den Einzelfall zu, dies fordert jedoch stets eine entsprechende Abwägung.
    – Eine stillschweigende Duldung hingegen ist fehlerhaft.
    – Eine Legalisierung von Gehwegparken ist nur dann zulässig, wenn die verbleibende Restbreite auf dem Gehweg mindestens 1,50 m beträgt.

    1. Dies alles habe ich der ADD, als auch dem rheinland-pfälzischen Innenministerium mehrfach alles mitgeteilt; am 21.08.20 sogar noch mittels Übermittlung des Erlasses 4-38.51.1-00/1527 des baden-württembergischen Verkehrsministeriums. Doch auch dafür hat man sich – Siehe die Folgebeiträge – nicht interessiert.

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