In den Untiefen der Kommentarstränge diverser Beiträge ging es mal kurz um die Anordnung von Tempo 30 in Ortsdurchfahrten auf Basis des Lärmschutzes. In der Hinterweidenthaler Ortsdurchfahrt (B 427) wurde im Oktober 2018 die zuvor nur Nachts geltende Regelung einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit per in Verbindung mit dem Zusatzzeichen 1012-36 („Lärmschutz“) ausgeweitet. Im Zuge der Umleitungsstrecke aufgrund der Vollsperrung der OD Busenberg wurde übrigens auch in den Ortsdurchfahrten von Bruchweiler-Bärenbach, Bundenthal, Niederschlettenbach und Erlenbach durchgehend
(allerdings ohne das Zusatzzeichen „Lärmschutz“) angeordnet. Eine Antwort auf die Frage, die ich mir schon länger stelle – ob nämlich in der Hinterweidenthaler OD auch Radfahrer höchstens 30 km/h fahren dürfen – habe ich zuletzt von der VG Hauenstein eher nicht erhalten.
Vorab möchte ich noch etwas ausführlicher auf die rechtliche Komponente zum Thema Geschwindigkeitsbegrenzungen in Ortsdurchfahrten bzw. im Zuge von Hauptverkehrsstraßen (meist als ausgewiesen) eingehen. Grundsätzlich wird die Anordnung streckenbezogener Geschwindigkeitsbegrenzungen durch den § 45 (9) S. 3 StVO eingeschränkt:
Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.
Diese Regelung erleichterte es insbesondere nach dem Urteil 3 C 42.09 des BVerwG vom 18.11.2010 auch Radfahrern, gegen oftmals vollkommen willkürlich angeordnete Fahrbahnverbote durch Radwegbenutzungspflichten rechtlich effektiver vorgehen zu können. Diese Vorschrift hätte nach dem Willen der Grünen im Zuge der StVO-Novelle 2020 nahezu komplett abgeschafft werden sollen. Wesentlicher Hintergedanke war, vor allem Geschwindigkeitsbegrenzungen auch im Zuge von Ortsdurchfahrten und Hauptverkehrsstraßen leichter von den jeweils zuständigen Behörden anordnen zu können.
Glücklicherweise ist es hierzu nicht gekommen. Auch wenn viele Behörden und leider auch Gerichte die Sache mit der „Gefahrenlage“ oftmals zu Lasten des Rad- und zu Gunsten des Kfz-Verkehrs auslegen, dient diese Vorschrift in erster Linie dazu, eine bundesweit einigermaßen einheitliche Anwendung der Basis-Regelungen der StVO durch die Straßenverkehrsbehörden sicherzustellen. Warum ich „einigermaßen“ schreibe, dürfte anhand der zahlreichen Blogbeiträge, in denen ich mich vorwiegend mit der totalen Willkür diverser Behörden befasse, sicher verständlich sein.
Warum man wegen der örtlichen Anordnung von zulässigen Höchstgeschwindigkeiten unterhalb der in § 3 (3) Nr. 1 StVO normierten 50 km/h innerorts ständig nach gesetzlichen Verschärfungen ruft, ist für mich allgemein nicht nachvollziehbar, denn eigentlich ist Tempo 30 hier bereits der Quasi-Regelfall.
Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auch unter günstigsten Umständen innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h,
Denn ich bin mit dem Rad in der sehr hügeligen Pfalz auch gerne mal mit mehr als 30 km/h unterwegs – und auch wenn die Regelung im § 3 dem Wortlaut nach nur für Kraftfahrzeuge gilt, halte ich (als jemand, der 15 Jahre lang auch Auto gefahren ist) nichts davon, die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerorts generell herabzusetzen.
Tempo-30-Zonen
Denn insbesondere der § 45 (1c) ermöglicht es bereits schon seit vielen Jahren, quasi überall Tempo-30-Zonen anordnen zu können.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.
Manche Städte schießen hierbei sogar über den geltenden rechtlichen Rahmen hinaus und ordnen solche Zonen im Zuge von ebenfalls rechtswidrig mit unzähligen beschilderten Kreisstraßen aus – wie im Kaiserslauterer Stadtteil Hohenecken. In Zweibrücken ordnet man solche Zonen sogar außerhalb der geschlossenen Ortschaft an. Beide Städte ignorieren jegliche Einwände diesbezüglich. Das gilt auch für meine Heimatstadt, die sich weigert, die Vorfahrtregelung einer geradeaus in eine Tempo-30-Zone führenden Straße zu ändern. In Winzeln führt ebenfalls seit Jahren eine
von der Kreisstraße 6 in eine verkehrlich unbedeutende Gemeindestraße.
Im Grunde ist es also bereits heute so, dass abseits von Hauptverkehrsstraßen und Ortsdurchfahrten (in aller Regel klassifizierten Straßen) quasi überall eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von weniger als 50 km/h angeordnet werden kann; durch die Zonenregelungen sogar in vereinfachter Form.
Tempo 30 in Hauptverkehrsstraßen
Und selbst im Zuge dieser Hauptverkehrsstraßen kann gemäß § 45 (9) S. 4 Nr. 6 StVO ebenfalls in vereinfachter Weise angeordnet werden.
Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
Davon wird von den Behörden auch in vielen Fällen Gebrauch gemacht. Wie z. B. vorm neuen Kindergarten im saarländischen Reinheim. 😉
Tempo 30 wegen Lärmschutz
Um in einer Ortsdurchfahrt generell Tempo 30 anzuordnen, reicht der Satz 4 des § 45 (9) nicht aus. Hierzu muss in den Satz 3 zurückgesprungen und eine „besondere örtliche Gefahrenlage“ festgestellt werden. Speziell im Bezug zum Thema Lärm kann hierbei auch ein Rückgriff auf den (1) S. 1 und S. 2 Nr. 3 erfolgen.
Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
Diese Regelung wird sogar im (1b) Nr. 5 im Wesentlichen noch einmal wiederholt.
Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Diese Regelungen stellen nebenbei die eigentliche Rechtsgrundlage dafür dar, warum vor allem im Zuge der Vollsperrung von Ortsdurchfahrten der (überörtliche) Verkehr meist weiträumig umgeleitet wird, anstatt ihn durch alternative, vorhandene Gemeindestraßen zu führen. Für den Radverkehr gilt hier dann leider in den allermeisten Fällen „Mitgefangen, mitgehangen„.
Eine weitere Rechtsgrundlage bietet in diesem Zusammenhang das Bundes-Immisionsschutzgesetz. Das Umweltbundesamt hat zu den rechtlichen Hintergründen von Geschwindigkeitsbegrenzungen auch auf Basis des Lärmschutzes eine 36-seitige Broschüre (Stand: 1. Juli 2017) zusammengestellt, die hier heruntergeladen werden kann. Auszüge hieraus:
Das Bundesverkehrsministerium hat „Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm“, kurz Lärmschutz-Richtlinien-StV (Stand November 2007) bekannt gegeben, die den Straßenverkehrsbehörden eine Orientierungshilfe bieten sollen. Die Rechtsprechung hat die dort angeführten Kriterien teils entwickelt, teils interpretiert.
(…)
In Luftreinhalte- und Lärmaktionsplänen nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) verbindlich festgesetzte Tempo-30-Anordnungen sind von den Straßenverkehrsbehörden umzusetzen (§§ 47 Abs. 6, 47d Abs. 6 BImSchG), ohne dass die soeben angeführten straßenverkehrsrechtlichen Voraussetzungen von der Straßenverkehrsbehörde noch zu prüfen sind. Die Prüfung erfolgt in diesem Fall in der Luftreinhalte- bzw. Lärmminderungsplanung.
Wer sich für weitere Details interessiert, kann sich ja im verlinkten Dokument insbesondere die Seiten 20 bis 27 durchlesen.
Lärmschutz und Elektroautos
In diesem Zusammenhang ist es ganz amüsant, dass das in der Nachbarstadt residierende OLG Zweibrücken sich in seinem Beschluss vom 5. November 2018 im Rahmen eines zuvor beim Pirmasenser Amtsgericht verhandelten Bußgeldverfahrens zur Frage, ob (durchaus leisere) Elektroautos von derartigen Streckenverboten ausgenommen seien, relativ kurz und knapp so äußerte:
Die Begründung des subjektiven Tatbestandes ist frei von durchgreifenden Rechtsfehlern. Auch bei einem Elektrofahrzeug, wie hier vom Betroffenen verwendet, steigen mit zunehmender Geschwindigkeit Art und Umfang der Fahr(außen)geräusche sowie der durch das Abrollen der Räder bewirkten Fahrzeugvibrationen; auch ist für den Fahrer das Maß der gefahrenen Geschwindigkeit anhand der schneller vorbeiziehenden Umgebung erkennbar. Die Tatrichterin musste in ihren Ausführungen zur Begründung des Tatvorsatzes auch mit Blick auf das Ausmaß des Verstoßes (Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit von 100 km/h um 74 km/h auf einer Bundesstraße) daher nicht ausdrücklich den Umstand erörtert, dass die antriebsbedingten Fahrgeräusche und Vibrationen bei einem Elektrofahrzeug deutlich geringer sind als bei einem PKW mit Verbrennungsmotor.
Okay, 174 km/h sind mit einem E-Auto schon eine stolze Leistung. Das Gericht erkennt zumindest an, dass zwischen dem (leiseren) Motorengeräusch auf der einen und Fahrtwind- sowie Abrollgeräuschen auf der anderen Seite Unterschiede bestehen, die bei zunehmenden Geschwindigkeiten jedoch in der Summe den „Vorteil“ des leiseren Motors marginalisieren. In Sachen Auswirkungen auf den Radverkehr kann man hier allerdings auch aufgrund der sehr hohen Geschwindigkeit nur relativ wenig Honig saugen. Auch wenn ein Fahrrad selbst mit 174 km/h wohl noch relativ leise abrollen dürfte. In einem heise-Artikel wird auch noch auf den Beschluss 3 Ws (B) 296/18, 3 Ws (B) 296/18 – 162 Ss 133/18 des Berliner Kammergerichts vom 13. Dezember 2018 verwiesen. Hierzu aus Randnummer 4:
Möchte der Betroffene schneller fahren dürfen als andere Verkehrsteilnehmer, so muss er dies dadurch erreichen, dass dem Zeichen 274 ein Zusatzzeichen hinzugefügt wird, das Elektrofahrzeuge vom Streckenverbot ausnimmt. Ein solches Verwaltungsverfahren wäre auch der Ort, an dem die Gefährlichkeit des Mitzieheffekts – hier wäre der Begriff der Normbeachtungserosion passender – erörtert werden könnte. Hier wäre gegebenenfalls auch die in der Rechtsmittelschrift aufgestellte Behauptung zu wiederholen, ein Elektrofahrzeug fahre – unabhängig von der Geschwindigkeit – stets „geräuschlos“.
Der Verkehrsteilnehmer solle also bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde die Anbringung des entsprechenden Zusatzzeichens 1024-30 beantragen. Auch hier kann man nur vermuten, ob das Gericht die Geräusch- oder Lautlosigkeit von Fahrrädern einfach so, ohne Gutachten, als Gegeben voraussetzen würde.
Erklärbär-Zusatzzeichen?
Letzten Endes muss dieses noch gar nicht so alte Zusatzzeichen 1012-36 (auch im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz) meines Erachtens ja aber auch irgendeinen rechtlich relevanten Sinn verkörpern, der über die bloße Information, warum diese Geschwindigkeitsbegrenzung hier angeordnet wurde, hinausgeht. Wenn es hier also generell keine Ausnahme vom Grundsatz gäbe, könnte / müsste man sich dieses derartige „Interpretationsspielräume“ erst eröffnende Zusatzzeichen nicht nur im Hinblick auf § 45 (9) Satz 1, sondern auch auf § 39 (1) StVO eigentlich schenken.
Auf der rechtlich sicheren Seite wäre man hier eigentlich nur, wenn man unter das Lärmschutz-Zusatzzeichen noch ein hängt – oder umgekehrt die Zusatzzeichen 1010-50 und 1010-62 drunterschraubt.
Gilt Tempo 30 auch für den Radverkehr?
Langer Rede, kurzer Sinn: Muss ich mich als (weitestgehend lautloser) Radfahrer nun in der Hinterweidenthaler Ortsdurchfahrt auch an die durch das Zusatzzeichen „Lärmschutz“ ergänzten halten? Bin ich als (vor allem im Sinne des BImSchG) lautloser Verkehrsteilnehmer überhaupt Adressat dieser Regelung? Gehöre ich also zum „bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis„, an den die Behörde sich mit ihrer Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 S. 2 VwVfG hier richtet?
Die zuständige Straßenverkehrsbehörde der VG Hauenstein hatte mir zuerst Folgendes mitgeteilt:
nach Rücksprache mit der Polizeiinspektion Dahn teilen wir Ihnen mit, dass Fahrräder von den allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzungen der StVO nach § 3 Abs. 3 StVO nicht betroffen sind.
Diese Regelungen gelten nur für Kraftfahrzeuge. Sie müssen allerdings – wie jeder andere Fahrzeugführer auch – ihr Fahrzeug jederzeit sicher beherrschen und die Geschwindigkeit der Verkehrssituation, der Witterung und den Sichtverhältnissen anpassen.
Für Radfahrer gilt nach § 3 Abs. 1 StVO, dass sie nur so schnell fahren dürfen, dass sie innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten können.
Och Menno. Thema verfehlt. Setzen, Sechs! Anschließend wollte die Verbandsgemeindeverwaltung die Last der Beantwortung dieser Frage auf die örtliche Polizeiinspektion abwälzen – was einmal mehr viel darüber aussagt, mit was für einem Selbstverständnis Behörden (interpretierbare) Anordnungen erlassen, ohne den dieser zugrunde liegenden Regelungswillen selbst auf konkrete Nachfrage hin erläutern bzw. begründen zu können. Ich bat dann darum, mir die verkehrsbehördliche Anordnung zu dieser Geschwindigkeitsbegrenzung zukommen zu lassen.
Fazit
Letzten Endes gehe ich persönlich für mich davon aus, dass Radfahrer die angeordneten ignorieren dürfen, weil sie keinen Lärm verursachen. Ich werde auf jeden Fall mein Bestes geben, um in Hinterweidenthal vielleicht irgendwann mal geblitzt zu werden. 😉
Update 19. Juni (Abend)
Ich hatte heute noch einen Brief der VG Hauenstein im Briefkasten. Ich hatte dieser auf die o. g. Auskunft folgendermaßen geantwortet:
Ihre Antwort geht leider am Thema und meiner Anfrage vorbei, denn § 3 (3) Nr. 1 StVO greift aufgrund der Anordnung mehrerer Zeichen 274-30 aufgrund des § 39 (2) S. 1 StVO eben nicht mehr.
Zeichen 274 StVO sind grundsätzlich auch innerorts vom Radverkehr zu beachten. Siehe die Anlage 2 zur StVO, lfd. Nr. 49, Ge- oder Verbot Nr. 1.
Daher noch einmal die Frage: gilt die konkret mit dem Zusatzzeichen „Lärmschutz“ verknüpfte Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h auch für den (lautlosen) Radverkehr – oder nicht?
Darauf erhielt ich heute die folgende Antwort:
wie wir ihnen bereits mitgeteilt haben, gilt die Geschwindigkeitsbegrenzung in der Hauptstraße in Hinterweidenthal nicht für Fahrradfahrer.
Nun denn – dann nehme ich die VG mal beim Wort! Auch wenn die vorherige Begründung sich ja gerade nicht auf die (strittigen) Verkehrszeichen, sondern ganz allgemein auf § 3 StVO bezog.
Man hat mir auch noch – wie gewünscht – Kopien der beiden Anordnungen zugesandt. Jene sind relativ dünn begründet; hoffentlich kommt da nicht mal einer auf die Idee, dagegen zu klagen.
Je nach Wahl der Reifen (Spikereifen oder MTB-/Fatbike-Geländereifen mit viel Profil) gibt es auch bei einem Fahrrad ein ganz erhebliches Abrollgeräusch, das natürlich auch von der Geschwindigkeit abhängt (und ja, auch mit so einem Fahrrad kann man schneller als 30 km/h fahren). Da kann ich durchaus nachvollziehen, dass die Lärmschutz-Begrenzung auch gilt. Und eine Unterscheidung nach Reifentyp halte ich nicht für praktikabel, im Verkehrszeichenkatalog gibt es auf jeden Fall kein Schild für „Fahrräder ohne Spikes bis 5mm Profiltiefe frei“. Und selbst wenn man so ein Schild erfindet, dann fordern als nächstes Fahrer von S-Pedelecs eine Ausnahme – Willkommen im Schilderwald. Ach ja eine pauschale Ausnahme für E-Fahrzeuge ist auch alles andere als trivial, Plug-in-Hybride haben auch ein E-Kennzeichen und der Verbrenner kann sich (ohne zutun des Fahrers) jederzeit während der Fahrt einschalten, wenn der Bordcomputer das für richtig hält (und auf einem Blitzerfoto sieht man nicht, ob der Verbrenner gerade an war). Und bei E-SUVs mit Geländereifen hat man auch wieder das Abrollgeräusch.
Das Risiko dass man tatsächlich ein Bußgeld zahlen muss hält sich auch sehr in Grenzen. Ich wurde in den letzten 15 Jahren (in Berlin) zwei mal mit dem Fahrrad geblitzt (beide male wohl etwas schneller als die erlaubten 30 km/h) aber nicht vor Ort angehalten und dementsprechend auch keinen unschönen Brief bekommen. Und wenn doch, dann kann man immer noch die Frage stellen, ob denn das Messgerät überhaupt für die Messung von Fahrrädern zugelassen ist (oder nur für KFZ). Ist am Ende doch sehr unwahrscheinlich, dass man tatsächlich ein Bußgeld zahlen muss (und im Fall der Fälle: Bis 10 km/h zu viel + Messtoleranz kostet es auch nach der letzten Erhöhung nur 30 Euro). Ich würde die Resourcen eher dafür einsetzen, dass die Hauptverkehrsstraßen (wo man ja meist noch 50 fahren darf) legal und ohne benutzungspflichtige Schrottradwege befahrbar bleiben.
Das stimmt, es gibt durchaus schon relativ laute MTB-Reifen. Ich müsste evtl. mal genauer nachschauen, wo da die Grenzwerte liegen, kann mir aber nicht vorstellen, dass man da selbst mit einem besonders grobstolligen Exemplar auch nur in den „kritischen“ Bereich käme. Hin und wieder gibt es ja auch noch Laufräder mit richtig laut ratternden Sperrklinken. 😉 Danke auch für den Hinweis. An die S-Pedelecs hatte ich gar nicht gedacht; gerade für deren Nutzer dürfte das ja auch eine sehr interessante Frage sein.
Mich interessiert primär viel weniger das mögliche Bußgeld, sondern eine mögliche zivilrechtliche Mithaftung, wenn man z. B. als Rennradfahrer mit 40 km/h die Vorfahrt genommen bekommt, gedoort wird oder einem ein Fußgänger ins Rad rennt.