Die Pressearbeit von Polizeibehörden

Blogger sind nervig. Vor allem dann, wenn sie ständig Rückfragen zu mehr Fragen als Antworten generierenden behördlichen Pressemeldungen stellen. Insbesondere bei vielen Polizeiinspektionen herrscht in dieser Hinsicht noch ein ziemlich „klassisches“ Verständnis von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit; hier lässt man sich nur äußerst ungern von dahergelaufenen, besserwisserischen Möchtegern-Journalisten sagen, dass die Qualität ihrer Pressearbeit mit „unbefriedigend“ noch äußerst wohlwollend umschrieben ist. Nicht nur, dass man sich sachliche Nachfragen zu Unfällen im öffentlichen Verkehrsraum generell konsequent verbittet und aus diesen ein regelrechtes Staatsgeheimnis macht. Man hat auch in vielen Fällen keinerlei Interesse daran, sachliche Kritik zu den Inhalten einzelner, konkreter Pressemeldungen anzunehmen. So erging es mir jetzt wieder mal mit der PI Zweibrücken.

Anlass hierfür war die Pressemeldung vom 20. Juni 2020:

Zweibrücken (ots). Am Freitagnachmittag gegen 15.30 Uhr stürzte ein Radfahrer mit seinem E-Bike im Europaring. Der 32-jährige Mann aus Zweibrücken befuhr einen abschüssigen Fußweg und war laut Zeugenaussagen mit hoher Geschwindigkeit unterwegs. In einer Rechtskurve verlor der Mann die Kontrolle über sein Fahrrad, kollidierte mit einem Geländer und stürzte anschließend ohne Fremdeinwirkung. Der Fußweg, den der Radfahrer befuhr, war ausreichend breit und es waren keine Fußgänger unterwegs. Der Mann wurde mit Verdacht einer Unterschenkelfraktur in das Universitätsklinikum des Saarlands nach Homburg verbracht. | pizw

Rückfragen bitte an:

Polizeiinspektion Zweibrücken

Nun denke ich, dass aufgrund des Inhalts dieser Pressemeldung jeder von uns so ziemlich das gleiche Bild vor Augen haben wird: Da war mal wieder einer illegal auf einem (straßenbegleitenden) Gehweg unterwegs und hat sich auf die Schnauze gelegt. Es irritierte mich aber sehr, dass die PI von einer ausreichenden Breite eines Fußweges schrieb und das Verhalten des Mannes nicht negativ wertete. Daher formulierte ich die folgende Rückfrage:


(…) ich betreibe einen Radverkehrsblog und möchte darin auch diese PM aufgreifen.

  • Warum weist die Polizei auf eine „ausreichende Breite“ eines Gehwegs hin und suggeriert damit indirekt, dass dies erlaubt wäre? Obwohl Radfahrer auf Gehwegen grundsätzlich nichts verloren haben? Erst Recht nicht mit überhöhter Geschwindigkeit.
  • Wenn ich mich nicht irre, ist der Europaring Teil einer Tempo-30-Zone und der Gehweg ist nicht per Z 239 und Zz 1022-10 freigegeben?
  • Handelte es sich um ein E-Pedelec oder ein S-Pedelec?
  • Warum wird diese Pressemeldung stattdessen nicht zum Anlass genommen, um darauf hinzuweisen, dass erwachsene Männer mit E-Bikes auf Gehwegen nichts verloren haben – und nach der zum 28. April in Kraft getretenen StVO-Novelle deshalb mindestens ein Bußgeld von 55 Euro – in diesem Falle sogar von 100 Euro – fällig wird?
  • Dürfte ich (auch im Hinblick auf die kürzlich erfolgte Kontrolle in der Fußgängerzone) fragen, in wie vielen Fällen die PI Zweibrücken in den Jahren 2018 und 2019 in Zweibrücken die verbotene Nutzung des Gehweges durch Radfahrer angezeigt hat?

Ich erhielt dann relativ schnell folgende Antwort:

Sehr geehrter Herr Schneble,

in der Pressemitteilung steht explizit „Fußweg“ und nicht, wie von Ihnen angeführt, dass es sich um einen Gehweg handelt. Dieser Fußweg ist lediglich eine Verbindungsstrecke zwischen zwei Wohnblöcken und nicht Teil des öffentlich-rechtlichen Verkehrsraums.

Sie gehen in Ihren Ausführungen von einem völlig anderen Sachverhalt aus. Selbstverständlich ist das Befahren eines Gehwegs für Erwachsene verboten. Aber da es sich hier um einen Fußweg handelt, sind Ihre Ausführungen nicht zutreffend.

Zur Verdeutlichung hänge ich ein Foto des Fußwegs an diese Mail. Ich hoffe, dass hiermit die Unklarheiten und Ihre Bedenken ausgeräumt sind.

Mit freundlichen Grüßen,

Polizei Zweibrücken

Das Foto:

Diese erforderte natürlich eine weitere Antwort meinerseits:


(…) ich bedanke mich für die schnelle Antwort und das Foto. Könnten Sie mir auch noch bspw. einen Link zu google maps etc. anbieten?

Ein „Fußweg“ unterscheidet sich straßenverkehrsrechtlich nicht von einem „Gehweg“. Das gebietet schon die Logik, dass ein Fußweg nur Fußgängern zur Verfügung steht / stehen soll. Der Begriff „Fußweg“ taucht m. W. lediglich (und dies auch nur negativ abgrenzend) im LWaldG auf – und jenes ist im Europaring – meine ich – wohl eher nicht anwendbar.

Dieser Weg erscheint mir – wenn wohl auch auf (nicht eingezäuntem?) Privatgelände – auch eindeutig im öffentlichen Verkehrsraum im Sinne der VwV zu § 1 StVO (Rn. 2) und der ständigen Rechtsprechung zu liegen. Wollte der gestürzte Radfahrer hier vielleicht zwischen zwei Straßen abkürzen?

Vielleicht sollte die zuständige Straßenverkehrsbehörde hier klarstellende Z 239 StVO anordnen?

Sofern es sich hier also um einen eigenständigen Verkehrsweg handelt, wäre dieser folglich eine eigenständige Straße, die dann aber auch mit Kraftfahrzeugen (z. B. auch Motorrädern) befahren werden dürfte. In diesem Falle hätte der Radfahrer dann höchstens gegen den § 1 StVO verstoßen.


Was für eine Unverschämtheit! Darauf erhielt ich vorhin vom Leiter der PI dann die folgende, finale Abfuhr:

der Kollege ist im Wechselschichtdienst tätig und deshalb momentan nicht erreichbar, weshalb ich Ihnen auf Ihre Anfrage nun final antworte. Ich bin der Auffassung, dass die Polizei gut beraten ist, Unfälle ausschließlich mit den Unfallbeteiligten zu diskutieren und deshalb bitte ich um Verständnis, dass wir diese Angelegenheit nicht weiter im Dialog mit Ihnen vertiefen werden.

Echt jetzt? Man „diskutiert“ Unfälle (nur) mit Unfallbeteiligten? Meine „finale“ Antwort:


auch wenn die PI Zweibrücken und Sie ein scheinbar antiquiertes Verständnis von Medienarbeit zu haben scheinen: Ich betreibe ein journalistisches Angebot mit immerhin rund 10.000 Seitenzugriffen im Monat und habe daher nicht nur nach Artikel 5 (1) Grundgesetz einen Anspruch darauf, dass auch die Polizeiinspektionen Rückfragen zu Pressemeldungen beantworten.

Ihre Antwort ist an behördlicher Arroganz kaum mehr zu überbieten! Wie können Sie es sich bitte wagen, sich einer sachlichen Diskussion über die Punkte „Öffentlicher Verkehrsraum“ oder „Fußweg?“ einfach zu verweigern?

Kein Beamter lässt sich gerne von „dahergelaufenen Bürgern“ sagen, dass seine Arbeit mangelhaft ist. Sie sind aber wahrlich nicht die erste Behörde, die auf diese Weise reagiert. Insbesondere die Pressemeldungen der Polizeibehörden enthalten quasi ständig sachliche und fachliche Mängel, die das Geschehen oftmals in einer völlig unverständlichen Art und Weise darstellen. Wenn Rückfragen überhaupt notwendig werden, hat der Verfasser der PM nicht sorgfältig genug gearbeitet.

Ich werde daher in den kommenden Tagen eine Beschwerde beim Präsidium sowie der Bürgerbeauftragten des rheinland-pfälzischen Landtages über (nicht nur) Ihre Presse- und Öffentlichkeitsarbeit einreichen.

Wenn Sie die Ansicht vertreten, dass Unfälle nur mit den Beteiligten zu diskutieren sind, seien Sie dann auch konsequent und unterlassen es, zukünftig überhaupt noch Pressemeldungen zu Verkehrsunfällen zu veröffentlichen!


Hoffnungslos!

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