Ich hoffe, mir sei mal wieder ein wenig Ablenkung von diesem faschistoiden Corona-Wahnsinn gestattet? Als ich am 4. September erstmals seit Einrichtung der Vollsperrung der L 478 zwischen Rumbach und Schönau (bzw. Fischbach) auf der L 487 zwischen dem Saarbacherhammer und Salzwoog unterwegs war, fühlte ich mich wieder mal mit einem Schildbürgerstreich konfrontiert. Der Volksmund bezeichnet diese Passstraße zwischen dem Schön- und dem Salzbachtal mit „über den Braunsberg“. Erstaunt nahm ich zur Kenntnis, dass dieser Abschnitt allen Ernstes mit Zeichen 253 StVO – – für Kraftfahrzeuge mit einer Masse > 3,5 Tonnen gesperrt wurde.
Doch dem nicht genug, denn man hatte auch noch an (fast) jedem in diese Landesstraße einmündenden Waldweg (und davon gibt es eine ganze Menge) eine Absperrschranke (Zeichen 600) aufgestellt. Doch das war wohl immer noch nicht absurd genug; denn als ich am 19. September die Strecke in Richtung Süden erneut befuhr, musste ich belustigt feststellen, dass der Schilderwald in der Zwischenzeit noch einmal angewachsen war.
Dokumentation
Am Abzweig L 478 – L 485 (bei Eppenbrunn) wird die dem Lkw-Verkehr vorbehaltene U 5 nach rechts geführt.
In der Gegenrichtung ist die Lkw-Umleitung an der Einmündung der L 487 in die L 478 am Saarbacherhammer mit U 7 beschildert.
Aus Richtung Fischbach kommend sprießt der Schilderwald ebenfalls.
Lkw-Fahrer werden auf den Umweg über die Eselsteige geschickt.
Geradeaus darf / soll man nicht? Oder doch? Was bedeutet hier das durchkreuzte auf der Trägertafel? Ist es wegen des davorstehenden
überhaupt gültig? Normalerweise ist man so einen Blödsinn ja nur als Radfahrer gewöhnt. Hier beginnt die L 487 durch das Faunertal in Richtung Salzwoog.
Bereits der erste von rechts einmündende Waldweg ist komplett zugestellt. Wie stellen die Planer es sich eigentlich vor, wie da ein Langholztransporter an dem Gerümpel vorbeifahren soll? Und reicht es eigentlich, bspw. um 18:10 Uhr loszufahren, um kein Knöllchen zu kriegen?
Am Stecheck ist dann schon sehr bald wieder Ende Gelände. Das dort einmündende Waldwegelchen ist eigentlich auch nicht gerade eins der stärker frequentierten. An der rechts erkennbaren Barrikade kommt man da auch mit einem großen Laster eh nicht vorbei.
Ein paar hundert Meter weiter am Taubenteich wird der Lkw-Verkehr hingegen nach rechts auf die L 487 geleitet.
Von der Landstraße runter muss er schon wieder an der Einmündung des Waldwegs ins Große Dielbachtal. Man kommt dann alternativ über den Eichertshals ins Storrbachtal und von da weiter in Richtung Salzwoog. Es würde mich nicht wundern, wenn man die anschließenden Waldwege nicht auch noch mit zig Umleitungsschildern zugestellt hätte.
Auf der Passhöhe an der Roten Hohl ist in Richtung Fischbach dann auch Feierabend. Man wird nach links auf die alte Militärstraße in Richtung Braunsberg ausgeleitet. Links erkennt man eine weitere Hinweistafel.
Sogar der Sackgassen-Forstweg auf der westlichen Seite des Passes hat seine eigene Infotafel gekriegt.
Das gilt auch für die Ausfahrt vom ehemaligen Militärlager (welches heute als Holzlagerplatz genutzt wird) am Großen Spießkopf.
Dazwischen bietet sich quasi an jeder Einmündung das gleiche Bild, so auch am Ende des Gefälles in der Dindel.
In der Nähe des kreuzenden „Gelben Balkens“.
Die abschließenden Fotos zeigen die Beschilderung von Salzwoog in Richtung Fischbach, vor dem Abzweig der L 487; Lkw nach rechts, Kraftwagen geradeaus. Und Radfahrer?
800 Meter dürfen die Brummi-Fahrer immerhin noch weiterfahren. Das durchkreuzte lässt einem aber auch hier rätseln, was nun gilt oder nicht.
Und abschließend die Beschilderung am ehemals bebläuten Salzwoog-Stummel.
Große und kleine Rundreise
Den Lkw-Verkehr schickt man wegen der Vollsperrung bei Rumbach also auf eine noch wesentlich längere (aber nicht unbedingt unproblematischere) Route durch das Stephanstal und über die „Eselsteige“. Eine an und für sich vollkommen absurde Regelung, da die (vor noch nicht allzu langer Zeit vollgesperrte) L 485 teils sehr schmal und die Eselsteige wegen ihrer ebenfalls sehr kurvigen Strecke auch nicht wesentlich besser oder schlechter für den Schwerlastverkehr geeignet ist.
Warum hat man hier überhaupt eine Notwendigkeit gesehen, diese von den Verkehrsanteilen her sowieso nicht besonders stark vertretene Fahrzeugart von der Route über den Braunsberg auszuschließen und auf eine komplette Rundreise durch den südlichen Pfälzerwald zu schicken? Das ist weder ökonomisch, noch ökologisch sinnvoll. Und mit Sicherheit auch nicht sicherer.
Siehe auch die OSM-Lizenzbedingungen.
Sperrung wegen des Buslinienverkehrs?
Ein überraschenderweise sogar lesbarer Artikel in der Rheinpfalz vom 18. September verschafft wenigstens etwas mehr Klarheit. Der Leiter des LBM Kaiserslautern (mit dem ich mich übrigens auch schon einmal persönlich unterhalten hatte – und der höchstpersönlich viele meiner LTranspG-Anträge ignoriert) begründet die Sperrung damit, dass sich auf dieser Strecke möglichst keine Busse und Lkw begegnen sollen. Wegen der im Pfälzerwald relativ bedeutsamen Holztransporte habe man nun eine ziemlich komplexe Regelung getroffen, nach der zumindest forstwirtschaftlicher Verkehr (aber auch nur abschnittsweise) erlaubt ist, wenn keine Linienbusse fahren; also zwischen
- 9:30 bis 11:20 Uhr,
- 14:00 bis 15:10 Uhr,
- 16:30 bis 18:15 Uhr,
- 18:45 bis 5:15 Uhr,
- sowie samstags und sonntags.
Beim VRN findet man ebenfalls einen Artikel zu dieser Thematik. Die Linie 251 (Dahn – Ludwigswinkel) wird (wie der sonstige Verkehr) ebenfalls auf die „kleine“ Pfalz-Rundreise über den Braunsberg geschickt. Also wenn ich da unten im Schöntal wohnen würde und von Fischbach oder Schönau aus in Richtung Bundenthal oder Dahn muss, dann würde ich halt einfach mal das Fahrrad nehmen. Jedenfalls erwuchs wohl aus der Tatsache, dass nun der Buslinienverkehr über den Braunsberg geführt wird (dort verkehrt ansonsten keine Linie planmäßig), in den Augen des LBM Kaiserslautern, als auch der Kreisverwaltung Südwestpfalz eine „besondere örtliche Gefahrenlage“ (die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt) im Sinne des § 45 (9) S. 3 StVO, welche die Sperrung der L 487 über den Braunsberg für den Schwerlastverkehr begründen soll?
Laut der Verkehrsstärkenkarte 2015 des LBM Rheinland-Pfalz sind auf dem gegenwärtig vollgesperrten Abschnitt (bei Rumbach) 2.376 Kfz bei nur 3 % Schwerlastverkehrsanteil (also ca. 71 Lkw) am Tag unterwegs. Da viele der ortskundigen Pkw-Nutzer sehr wahrscheinlich über Frankreich (Nothweiler – Col du Schaufelshald) abkürzen, wird nur ein relativ geringer Anteil überhaupt die weiträumige Umleitung benutzen. Zumal die L 487 über den Braunsberg täglich auch nur von 1.034 Kfz mit 2 % Schwerlastverkehr (also sage und schreibe 21 Lkw / Busse) befahren wird. Bei meinen beiden Fahrten am 4. und 19. September bemerkte ich zwar auch ein etwas höheres Verkehrsaufkommen, jedoch auf sehr niedrigem Niveau; immer noch um Welten davon entfernt, in irgendeiner Weise problematisch oder gar gefährlich zu werden. Die Begründung, diese Landesstraße wegen der Busse zu sperren, ist in meinen Augen völlig übertrieben – schließlich begegnen sich dort auch sonst das ganze Jahr über hin und wieder auch mal Reisebusse und Holztransporter bzw. andere Arten von größeren und kleineren Lkw – ohne, dass dies in irgendeiner Form problematisch wäre.
Laut Baustellenfahrplan (pdf, 295 KB) verkehren täglich (wenn ich mich nicht verzählt habe) zwischen Dahn und den Gemeinden im Schöntal ganze 9 Linienbus-Paare. Was schon viel über die Quant- und Qualität des ÖPNV in der südwestpfälzischen Provinz aussagt. Nun könnte man theoretisch sogar ausrechnen, wie hoch überhaupt die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich ausgerechnet die 18 Linienbusse und die vielleicht 10 längeren Holztransporter oder Sattelauflieger am Tag auf dieser 12,4 km langen Strecke ausgerechnet an genau einer in irgendeiner Weise problematischen Stelle wie z. B. im Bereich der beiden, mit großzügigen Radien und Fahrbahnbreiten aufgeweiteten Serpentinen (das folgende Foto zeigt die untere) begegnen würden. Vermutlich etwa in dem Bereich, mit „Corona“ auf der Intensivstation zu landen (0,00028 %).
Nicht minder absurd macht die extrem umständliche Umleitung für den Lkw-Verkehr die Tatsache, dass über die teils sehr schmale L 485 zwischen Salzwoog, Langmühle und Glashütte (wenn auch spärlicher) Buslinienverkehr (Linie 256) stattfindet.
Rechtsgrundlage?
Ich würde behaupten, dass diese Sperrung aus mehreren Gründen komplett rechtswidrig ist. Denn hier liegt weder eine besondere örtliche Gefahrenlage im Sinne des § 45 (9) S. 3 StVO vor, noch wurde diese Sperrung von der eigentlich zuständigen Straßenverkehrsbehörde des Kreises Südwestpfalz, sondern vom LBM Kaiserslautern angeordnet. Das zumindest hat mir die Kreisverwaltung am 21. September mitgeteilt.
die verkehrsrechtliche Anordnung zur Sperrung der L 478 zwischen Rumbach und Einmündung L 488 sowie die Ausweisung der Umleitungsstrecke über die L 487 (Braunsberg) wurde vom LBM Kaiserslautern erlassen.
Doch kann der LBM überhaupt Landesstraßen sperren, die unmittelbar gar nichts mit einer von ihm betriebenen Baumaßnahme zu tun haben? Meines Erachtens kann er das nicht. Straßenbaubehörden können generell nur aufgrund des § 45 (2), Sätze 1 und 4 StVO Verkehrsverbote anordnen:
Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. (…) Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.
Das gilt meiner Ansicht nach nur für jene Straße (bzw. den Straßenabschnitt), die von der Baumaßnahme unmittelbar betroffen ist. Die Straßenbaubehörde kann den Verkehr zwar umleiten – aber nicht in der Weise, indem sie einfach auch noch andere Straßen für bestimmte Verkehrs- oder Fahrzeugarten sperrt. Denn für alles weitere ist – „vorbehaltlich anderer Maßnahmen“ – meiner Ansicht nach die jeweilige Straßenverkehrsbehörde (hier des Kreises Südwestpfalz) zuständig. Jene hat den Schilderwald an der L 487 jedoch nach eigenem Bekunden gar nicht angeordnet.
Man könnte auch noch darüber philosophieren, ob das ganze Gerümpel nach § 44 (2) Nr. 3 und (3) Nr. 1 VwVfG vielleicht sogar nichtig ist? Denn der LBM ist dort (an der L 487) meines Erachtens noch nicht einmal sachlich zuständig, geschweige denn, örtlich.
Kosten?
Ich habe die ganzen riesigen Infotafeln nicht gezählt, aber es dürften mindestens 30 Stück sein. Laut der Aufkleber auf jenen Tafeln wurde in diesem Fall wohl die Luther HL GmbH & Co. KG vom LBM mit der Aufstellung dieser Beschilderung beauftragt. Ich habe hierzu mal wieder einen Antrag nach § 11 LTranspG gestellt – rechne aber nicht wirklich damit, dass man mir überhaupt darauf antworten wird. Inklusive der wohl nur gemieteten Aufstellvorrichtungen und der nach Verwendung auf dem Schrottplatz landenden Infotafeln dürfte da wohl auf jeden Fall ein ordentliches Sümmchen zusammenkommen.
Verhältnismäßigkeit?
Nicht nur im Hinblick auf die finanziellen Gesichtspunkte muss man sich fragen, was dieser Irrsinn hier überhaupt soll? Da diese Tafeln vermutlich erst über 2 Wochen nach Anordnung der Sperrung aufgestellt wurden (siehe den oben verlinkten Rheinpfalz-Artikel vom 18. September), ist davon auszugehen, dass die Forstwirtschaft sich bei den Forstbehörden beschwert hat und jene Forstbehörden dann mehr oder weniger offizielle Einwendungen beim LBM bzw. der Kreisverwaltung erhoben haben. Ich hatte mich hierzu an die Zentralstelle der Forstverwaltung in Neustadt gewandt. Allerdings wollte man meinen Blog wieder mal nicht als „Presseerzeugnis“ betrachten und wich meinen eigentlichen Fragen aus. Man teilte mir u. a. mit, dass die Kreisverwaltung Südwestpfalz diese Sperrung, als auch die Ausnahmeregelungen angeordnet hätte. Was, wie wir ja inzwischen wissen, nicht stimmt.
Fazit
Schilderwald in Schilda. Was für ein Aufwand – wegen absolut nichts. Aber entlang der B 10 kriegen sie es seit 30 Jahren nicht hin, dem von dieser Bundesstraße in mehrfacher Hinsicht klar rechtswidrig ausgeschlossenen Radverkehr eine durchgehende, dauerhafte StVO-Umleitungsbeschilderung anzubieten. Und für einen Winterdienst haben sie angeblich kein Geld. Klar, das investiert man lieber in vollkommen überflüssige Verkehrszeichen. Eigentlich sollte irgendein Unternehmer aus dem Schön- bzw. Sauertal gegen den Blödsinn Widerspruch einlegen; er hätte damit – meine ich – große Erfolgsaussichten.
Sollte ich doch noch weitere Auskünfte erhalten, werde ich den Beitrag entsprechend aktualisieren oder ggf. auch einen neuen verfassen.