LBM – Inbegriff behördlicher Arroganz

Legal? Illegal? Scheißegal! Was im Großen (Corona) gilt, gilt natürlich auch im Kleinen. In den letzten Wochen habe ich nicht nur mangels Interesse der Leserschaft gar keine Lust mehr, mich noch großartig über die alltäglichen Skandale im Rahmen meines eh schon zurückgefahrenen radverkehrspolitischen Engagements aufzuregen. Über Behörden, die sich selbst auf der untersten Ebene für Recht und Gesetz nicht interessieren, wenn jene Regelungen gerade nicht dem herrschenden Zeitgeist entsprechen. Die einfach An- und Nachfragen ignorieren, wenn es „unbequem“ wird. In weiser Voraussicht, dass Fach- und Rechtsaufsichtsbeschwerden beim LBM Rheinland-Pfalz sowieso auf völlig taube Ohren stoßen, hatte ich mich in diesem Falle mal an eine der Staatssekretärinnen des Ministeriums gewandt (also jenes, dessen Mitarbeiterinnen mir den I-Stempel verpasst haben).

Diese wurde dann an den LBM weitergeleitet. Dessen „Antwort“ bzgl. meiner Rechts- und Fachaufsichtsbeschwerde gegen die Stadt Pirmasens wegen einer meiner Ansicht nach klar gegen die StVO, die VwV zur StVO als auch das LStrG verstoßenden Vorfahrtregelung bestätigt mir jedenfalls einmal mehr, dass wir hier in keinem Rechtsstaat leben. Wo bereits im Großen seit über einem halben Jahr die nackte Willkür agiert, wäre es doch auch verwunderlich, wenn es im Kleinen großartig anders oder gar besser aussähe? Gerade auch noch in einem Land, in welchem über mehrere Monate täglich mehr Menschen im Straßenverkehr starben, als an – oder besser – mit Corona. Und trotzdem niemand einen Kfz-Lockdown forderte.

Nun, wie hat der LBM Rheinland-Pfalz (Speyer), welcher nebenbei auch lästige LTranspG-Anträge durch horrende Gebührenandrohungen sabotiert, die Angelegenheit und meine rechtlich stichhaltigen Begründungen bewertet?

Guten Tag Herr Schneble,

das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz hat uns gebeten, Ihre Fachaufsichtsbeschwerde bezüglich der genannten Maßnahme zu prüfen und Sie über das Ergebnis zu informieren.

Wir haben die eingeholte Stellungnahme der Stadtverwaltung geprüft. Die Entscheidung der Stadtverwaltung Pirmasens ist fachaufsichtlich nicht zu beanstanden.

Das war es. Kein sachliches oder fachliches Argument. Nichts. Keine Begründung, warum meine Sichtweise falsch und jene der Stadt Pirmasens richtig sei. Die Stadt Pirmasens habe Recht. Punkt. Ausrufezeichen! »Akzeptiere dein Schicksal, du unwürdiger Untertan! Deine Einwände interessieren uns nicht. Die machen uns nur Arbeit, auf die wir eh keine Lust haben. Du wirst hier nichts erreichen, weil wir dich nervigen Querulanten für einen Idioten halten und dir keine Erfolge gönnen! Wehret den Anfängen!«

Außerdem würde das auch dem regelrechten, kumpelhaften Klüngel schaden, der sich in Rheinland-Pfalz zwischen dem LBM, den Kreis- und Stadtverwaltungen, der Polizei und dem Ministerium über die Jahrzehnte entwickelt hat. Wo eine Krähe der anderen kein Auge aushackt.

Nun; das wollte ich so natürlich nicht stehenlassen. Der Mitarbeiter des LBM setzte dann nochmal einen obendrauf:

Sie sollten eigentlich wissen, dass Sie keinen Anspruch auf eine Begründung unserer fachaufsichtlichen Prüfung haben.

Sie haben lediglich den Anspruch, dass wir Ihre Fachaufsichtsbeschwerde prüfen.

Das haben wir getan und damit den Anspruch erfüllt.

Wenn Sie eine andere Meinung zu der abknickenden Vorfahrt haben, steht Ihnen das zu.

Dennoch ist die Entscheidung der Stadtverwaltung Pirmasens fachaufsichtlich nicht zu beanstanden.

Sie können auch gerne das Ministerium wieder mit der Angelegenheit beschäftigen.

Eine andere Antwort werden Sie dennoch nicht erhalten.

Okay. Ruhig bleiben. Nicht provozieren lassen! So ist das halt in einer repräsentativen, parlamentarischen Demokratie, in der sich laut Artikel 20 (3) GG auch die Exekutive an Recht und Gesetz zu halten hätte.

Eine Fachaufsichtsbehörde(!) fällt eine Entscheidung – und muss diese dem Souverän gegenüber doch nicht begründen. Das ist doch total normal und nachvollziehbar! Wo kämen wir denn da bitteschön ansonsten hin? Wär ja noch schöner, wenn man auf sachliche, sich auf relevante Rechtsvorschriften berufende Argumente eingehen müsste. Stattdessen spart man sich die Arbeit einfach – und lässt einfach alles so, wie es ist. Es lebe der Beamtendreisatz!

Das haben wir schon immer so gemacht.
Das können wir nicht anders machen.
Da könnte ja jeder kommen.

Ich muss dem Mann aber dankbar sein. Ich hätte mir trotz all meiner inzwischen äußerst umfangreichen, leidvollen Erfahrungen nicht vorstellen können, dass man es im Jahre 2020 noch schaffen würde, den Begriff „behördliche Arroganz“ in einer derart prägnanten und komprimierten Art und Weise darzustellen.

Ein herzliches Dankeschön, lieber Landesbetrieb für Motorisierte.

2 Gedanken zu „LBM – Inbegriff behördlicher Arroganz“

  1. Paßt doch eigentlich sehr gut in diese coronoide Zeit: die da oben machen, was sie für richtig halten. Und der Souverän Bürger blöde Depp da unten, hat sich an die Regeln zu halten. Nachfragen sind unerwünscht.
    2020, ick hör dir trapsen. Und zwar echt laut.

    1. Das Problem ist, dass diese Leute nicht verstehen, dass sie nur kleine Lichter sind; sich aber für eine Sonne halten. Im Grunde siehst du auch in diesem Rechtsbereich sehr gut, was passiert, wenn du den Bock zum Gärtner machst. Wenn die überwiegende Gruppe Autofahrer (eindeutiges) Recht nur noch nach deren Perspektive – und nur zu deren Gunsten – auslegt. Und das zieht sich dann quer durch alle Bereiche.

      Warum man sich gerade in diesem Fall so bockig zeigt, kann ich sowieso nicht nachvollziehen. Weil das eine allgemeine Regelung (Vorfahrt) ist, die für alle Verkehrsteilnehmer gilt. Meiner Ansicht nach steckt hier nichts anderes als der Beamtendreisatz dahinter. Das macht Arbeit – und die möchte man sich nicht machen.

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