Coronoia: Superhelden

Vor einer Weile wurde die 2. Staffel von „The Boys“ auf amazon Prime Video veröffentlicht. Jene – ziemlich splatterige – Serie basiert auf den gleichnamigen Comics und handelt im Wesentlichen von einer Gruppe, die im Untergrund gegen Superhelden kämpft. Superhelden, die in Wahrheit nur von ihrem guten, von einem Großkonzern geschaffenen und vermarkteten Ruf leben, in Wahrheit jedoch ständig aufgrund ihrer Arroganz, fehlender Empathie und ihren ganz „menschlichen“ Schwächen und perversen Gelüsten unzählige unschuldige Menschen töten – wovon jedoch die Öffentlichkeit nie etwas erfährt. Unsere großartige, nur um unsere Gesundheit besorgte Bundesregierung hat nun auch ein fantastisches filmisches Machwerk – Leni Riefenstahl wäre stolz – über zwei junge Superhelden produziert, denen so etwas nicht passieren kann. Denn deren Superkraft besteht darin, zu Hause zu bleiben, auf dem Bett zu fläzen, fettige Hähnchenschenkel zu fressen und Netflix zu glotzen.

Wobei – das ist so natürlich nicht korrekt. Denn auch diese beiden Superhelden verursachen durch ihre Passivität, ihre Ignoranz und ihre mangelnde Empathie gegenüber all jenen, die durch den „Lockdown“ in den finanziellen und sozialen Ruin getrieben werden, gewaltige Kollateralschäden. Die eigene Omma beispielsweise, die – das zeigt der Film nicht – gerade einsam und verlassen, isoliert vom Rest der Welt im Alters- oder Pflegeheim verreckt, interessiert diese beiden verzogenen Egomanen kein bisschen. Auch die Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Jahre 2020 hat Chicken-Wing-Man und Netflix-Binge-Girl offensichtlich nicht sonderlich interessiert. Dagegen gingen bekanntlich nur Nazis, Verschwörungstheoretiker und Schwurbler auf die Straße.

Aber mal im ernst, liebe junge Leute: Was läuft da bei euch eigentlich verkehrt? Was macht man mit euch in den Schulen? Warum seid ihr bereits mit 18 oder 22 innerlich älter als ich (Jahrgang 1982)? Sind es etwa die Handys, die euch zu vollkommen obrigkeitshörigen, von irgendwelchen (von der Industrie finanzierten) „Influencern“ gelenkten Zombies machen? Seid ihr so dermaßen satt, dass ihr keinerlei Gespür dafür habt, dass man Freiheit nicht umsonst bekommt, sondern ständig dafür kämpfen muss? Warum hat man euch nicht beigebracht, kritisch zu denken und Obrigkeiten zu hinterfragen? Streitet ihr euch überhaupt noch mit euren Eltern und Lehrern? Oder euren Freunden?

Oder seid ihr ob eurer Einsamkeit in einer vollkommen oberflächlichen, entsolidarisierten, durchökonomisierten Welt so dermaßen hungrig nach Liebe, Anerkennung und Gruppenzugehörigkeit, dass ihr sogar auf eine derart platte, jegliche Form von kognitiver und emotionaler Intelligenz beleidigende Propaganda wie jene der Bundesregierung reinfallt, wonach ihr #besonderehelden wärt, wenn ihr absolut nichts macht? Die Fresse haltet? Zuhause bleibt? Euch im wahrsten Sinne des Wortes entmündigen lässt? #MaskeAufHirnAus.

Im Grunde zeigt dieses Filmchen das Endstadium der neoliberalen Umwandlung von Menschen in zu bewirtschaftendes Nutzvieh. Die Kälbchen schließen sich sogar selbst in ihrem Stall ein, setzen sich Scheuklappen auf, fressen alles, was man ihnen vor die Schnauze schiebt – und verstehen den Begriff „Solidarität“ nur noch in einer vollkommen pervertierten Art und Weise.

Nein; ihr seid genauso wenig Superhelden wie A-Train, Homelander, The Deep, Stormfront oder der Rest der „Seven“. Die wahren Helden sind die im Untergrund kämpfenden, als Terroristen diffamierten „Boys“. All jene, die sich gegen die faschistischen Vorstellungen der Davoser Eliten aktiv auflehnen. Um das festzustellen, braucht man nicht einmal die Superkräfte von Captain Obvious.

Hoffentlich erstickt ihr Ignoranten zuhause auf eurem Bett – an einem verschluckten Hähnchenknochen!


Siehe auch

  • Steffi und Torsten reagieren auf #besonderehelden Videoaktion der Bundesregierung | Michael Hatzius.
  • Besondere Helden? | Von Bernhard Loyen | KenFM.

5 Gedanken zu „Coronoia: Superhelden“

  1. Hehe,
    das ist die schönste Rezension dieses Film-Pamphletes, die ich bislang gelesen habe.
    🙂

    Und was die Jugendlichen angeht, kann ich wieder nur Marie Louise Wolff zitieren:

    In den letzten 20 Jahren ist die Empathie von College-Studenten um 40 Prozent gefallen. Wissenschaftler führen diese Entwicklung auf die Präsenz digitaler Kommunikation zurück.

    Ich schenke mir den Rest und empfehle die Lektüre des gesamten Artikels, wenn nicht des kompletten Buches.

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