In den letzten Tagen tauchten in meinem RSS-Feed der Pressemitteilungen des LBM Rheinland-Pfalz auch zwei weitergeleitete Nachrichten des MWVLW auf. Eine davon berichtete über die Planungen, zwischen Kaiserslautern und Landstuhl eine sogenannte „Pendlerradroute“ einzurichten. Ich schiebe dieses Thema schon länger vor mir her und habe es auch deshalb in meinem Blog nie thematisiert, weil ich diese hohle Propaganda-Hülse nicht dadurch aufwerten will, dass ich ihr meine Aufmerksamkeit widme und mich nicht als Multiplikator für diesen PR-Bullshit hergebe.
Ich wurde während meiner Zeit im Finanzamt nach juristischen Maßstäben ausgebildet. Und daher zählt für mich nur noch das, was rechtlich relevant ist; also in irgendeiner Rechtsnorm verankert ist. Und nicht nur in irgendwelchen unverbindlichen Broschüren einer in Wahrheit vollkommen radverkehrsfeindlichen Regierung eines Bundeslandes steht.
Die rheinland-pfälzische Landesregierung schaffte es sogar, den nicht minder inhaltsleeren, vor allem straßen- und straßenverkehrsrechtlich eigentlich vollkommen irrelevanten, vom BMVI geschaffenen Propaganda-Begriff der „Radschnellwege“ noch zu unterbieten. Man schuf hierfür eben die „Pendlerradrouten“. Das ist immerhin in der Form löblich, weil eine „Route“ ja grundsätzlich etwas völlig anderes ist, als ein „(Rad)Weg“. Vielleicht wird die Frage, ob in Rheinland-Pfalz als „Radwege“ ausgewiesene „Wirtschaftswege“ auch als „Radwege“ gewidmet werden müssen, bald im Rahmen eines Strafprozesses wegen eines Subventionsbetruges nach § 264 StGB geklärt? Es würde mich nicht wundern, wenn man die sogenannten „Pendlerradrouten“ nicht einmal als selbständige Geh- und Radwege im Sinne des § 3 LStrG widmen würde.
Jedenfalls heißt es zu den „Pendlerradrouten“ in einer Broschüre (1,4 MB) des LBM:
Radschnellwege stellen sichere, zügige und komfortable Radwegeverbindungen für die Nahmobilität gerade in verdichteten Räumen dar. Die Bezeichnung „Radschnellwege“ wird heute (2018) als Überbegriff für Radschnellverbindungen und Radvorrangrouten verwendet, letztere werden in Rheinland-Pfalz als Pendler-Radrouten für Stadt und Land bezeichnet.
Dass auch die vom BMVI gehypten „Radschnellwege“ auch verkehrsrechtlich eine Mogelpackung sind, wurde im Rahmen der letzten StVO-Novelle vom Bundesrat festgestellt. Denn man lehnte es ab, die von Scheuers Beamten entworfenen Verkehrszeichen als Verkehrszeichen mit Regelungsgehalt in die StVO aufzunehmen. In den Ausschussempfehlungen hieß es damals hierzu:
Für die Einführung des neuen Verkehrszeichens „Radschnellweg“ besteht kein sachlich nachvollziehbar beschriebener Bedarf. Der Begriff ist und wird zudem nicht definiert. Auch die in der Verordnung zum Ge- und Verbot erwähnten „Regeln für den Verkehr auf Radschnellwegen“ existieren (noch?) nicht. Die Neuerung ist nicht durchdacht.
Im Grunde dient der Begriff „Radschnellweg“ einzig und allein der finanziellen Förderung einzelner Bauvorhaben auf der Ebene der Länder und Kommunen (§ 5b FStrG). Der Bund hält sich ansonsten vollkommen bewusst aus der Sache raus, indem er vor allen Dingen niemals die Baulast derartiger Wege übernimmt. Denn im Fernstraßengesetz spielt jener Radverkehr rechtlich betrachtet bis zum heutigen Tage weiterhin keinerlei Rolle, es gibt ihn schlicht nicht. Das gibt der Bund bspw. auch in seinen (neulich aktualisierten) „Grundsätzen 2008“ relativ unverhohlen zu; dort werden Möglichkeiten aufgezeigt, den lästigen Radverkehr von Bundesstraßen auf unterklassige Straßen und Wege zu verbannen. Weshalb Leute wie ich sich schon über ein Jahrzehnt mit unzähligen Beteiligten darum abmühen müssen, dass solche Zustände entlang einer unumfahrbaren, für Radfahrer klar rechtswidrig gesperrten Bundesstraße irgendwann einmal der Vergangenheit angehören.
Wie Scheuers Ministerium mit gut begründeten Fach- und Rechtsaufsichtsbeschwerden bzgl. wichtiger Verbindungen im Zuge der B 10 im Pfälzerwald umgeht, wurde mir erst vor einer Weile erneut bestätigt.
Nun denn. In der Pressemeldung des MWVLW vom 26.01.21 wird der Staatssekretär Andy Becht folgendermaßen zitiert:
Wir wollen mehr Räder auf die Straße bringen. Deshalb investieren wir in den Ausbau unserer Radwege. Immer mehr Pendler haben den Wunsch, ihren Arbeitsweg mit dem Rad zurückzulegen, dazu müssen gute und schnelle Verbindungen her“, sagte Verkehrsstaatssekretär Andy Becht. „Mit der Kooperationsvereinbarung steigen wir gemeinsam in die konkreten Planungen zur Pendlerradroute ein und wollen anhand einer Machbarkeitsstudie die am besten geeignete Strecke ausfindig machen.
Warum man jetzt ausgerechnet im Zuge der ehemaligen Kaiserstraße B 40 (heute L 395) eine „Pendlerradroute“ trassieren will, lässt mich schon stark am Verstand aller Beteiligten zweifeln. Denn eigentlich können auch Menschen mit Fahrbahnparanoia diese Strecke – von den Ortsdurchfahrten abgesehen – komplett auf „Radwegen“ mit dem Rad benutzen. Im vergangenen Jahr hat man sogar die letzte „Lücke“ geschlossen, indem man auch zwischen Kindsbach und Einsiedlerhof einen einseitigen Zweirichtungs-Schrott in die Landschaft gebaut hat. Ohne den Radfahrern zu erklären, wie sie eigentlich während der Bauarbeiten noch von Kindsbach nach Einsiedlerhof kommen sollen, ohne die kilometerlange, stark befahrene „offizielle“ Umleitung zu benutzen? Offenkundig will man nun aber noch eine parallele, zusätzliche „Infrastruktur“ errichten?
Ziel ist es, gemeinsam mit den beteiligten Kommunen die Realisierbarkeit einer Trasse für die Pendler-Radroute zwischen Kaiserslautern und Landstuhl zu untersuchen. Hierfür ist die Beauftragung einer Machbarkeitsstudie an ein geeignetes Planungsbüro vorgesehen. Das Land Rheinland-Pfalz fördert die Kosten der Studie mit 80 Prozent.
Ein Schelm würde nun einwenden, dass es vielleicht auch darum geht, solche „Studienersteller“ über Wasser zu halten? Ich habe das Ministerium mal gebeten, mir die in der Pressemeldung erwähnte Vereinbarung zu übermitteln. Das ganze Elend würde dann wohl am westlichen Ortsausgang von Kaiserslautern beginnen. Am wahrscheinlichsten wäre hier wohl eine der KBS 670 folgende Trasse.
Bei sowas habe ich ja auch oft das Gefühl, daß diejenigen, die solche Sachen planen, den Weg selber definitiv nicht regelmäßig mit dem Rad zurücklegen. Falls sie es überhaupt jemals gemacht haben sollten.
Da wird dann ohne Ende Geld verplempert, aber den Radlern bringt es irgendwie nicht gar so viel. Und das ist schade für die Fahrradfahrer und ums Geld.
Das Geld ist ja nicht weg. Es hat dann nur ein anderer. Um mehr geht es hier m. E. auch nicht. Man sollte die Regierungen meines Erachtens stets daran messen, wozu sie selbst keine Pressemitteilungen verfassen. So eine Propaganda empfinde ich angesichts dessen, was mir beide Ministerien in den letzten Jahren alles vor den Latz geknallt haben, als puren Hohn.
Nun, vielleicht ist das Geld nicht »weg«. Es wurde dann aber offiziell für Fahrradfahrer ausgegeben, die nur leider nichts – oder nicht so sonderlich viel – davon haben. Und daß man soundsoviel für sie ausgegeben hat, das dürfen sie sich dann wahrscheinlich noch jahrelang sagen lassen dürfen, wenn sie mal wieder irgendwas bitter benötigen, das, nunja: Geld kostet.
Und diese Machbarkeitsstudien… vergiß es. Hier bei mir versuchen sie gerade was ähnliches, vollmundig mit Bürgerbeteiligung etc. pp. Die zweite Runde wurde schon mal nach online verlegt, und für die wirklich guten Ideen fand man auf der ersten Veranstaltung nicht wirklich Ansprechpartner. Da hätte ich dann einen Brief an die örtliche Verwaltung schreiben müssen und bin mir sicher, die Antwort wäre gewesen: »Bitte wenden Sie sich an die Gesellschaft So&So, die das Projekt »Bürgerbeteiligung« durchführt.« Und ja: habe ich mir gleich geschenkt, von einem zum nächsten und wieder zurück geschickt zu werden. L*** m***.
Gutes Stichwort. Das hier hat auch nur denen was gebracht, die damit beauftragt wurden. Dazu gab es (muss mal überprüfen, ob die überhaupt einen eingestellt haben) dann noch einen „Radverkehrsbeauftragten„, der gem. meiner letzten Auskunft 1/5 seiner Halbtagsstelle dem Thema Radverkehr widmen soll. Also 40/2/5 = 4 Stunden in der Woche.
Hab‘ mir die Ergebnisse von »das hier« mal angeschaut, und ja: so oder ähnlich war es hier auch. Pünktchen kleben, womit man gekommen war, scheint der neue (?) heiße Scheiß zu sein.
Der Rest kam mir, vom Ablauf her, Pi mal Daumen vergleichbar vor. Und ich erwarte mittlerweile auch gar keine nennenswerten Ergebnisse mehr. Außer Blabla halt, das kenne ich bei sogenannten »Bürgerbeteiligungsveranstaltungen« aber schon zur Genüge aus den letzten 20 Jahren.