Coronoia: De-Urbanisierung

Dieser Blog existiert ja eigentlich nur, weil ich um 2016 herum damit begonnen hatte, mich am mich durchgekaut und ausgespuckt habenden bürokratischen System zu rächen, indem ich zunehmend auf rechtlicher Ebene gegen den Radverkehr benachteiligende straßenverkehrsrechtliche Regelungen vorging – und dieses ganze Elend dokumentieren wollte, damit der Rest der Welt auch etwas davon hat. Im Nachhinein wundert es mich allerdings auch nicht, dass ich von Seiten der bis dahin „etablierten“ Radfahrer-Vertretungen wenig bis überhaupt keine Unterstützung bekam. Denn ich hatte mit diesen Leuten vor allem politisch wenig gemein, diese schienen mir auf einer vorwiegend grün, also ökologisch motivierten „Mission“ zu sein.

Es ging ihnen darum, zu zeigen, dass sie die besseren Menschen sind; Weltenretter. Auch hier stellte ich fest, dass man sich lieber an Symptomen abarbeitet, als Grundlegendes infrage zu stellen. Wie z. B. auch die Frage, ob es wirklich human ist, Hunderttausende oder Millionen von Menschen in immer größeren Städten zu konzentrieren? Und sie in regelrechten Legebatterien in immer größeren und höheren Wohnkomplexen zu stapeln?

Diese radverkehrspolitische „Szene“ ist fast ausschließlich in Großstädten heimisch – prägt jedoch quasi die gesamte Radverkehrspolitik. Bevor der Corona-Wahnsinn begann, war ich noch im Radverkehrsforum aktiv. Dort hatte ich mich eine ganze Weile selbstzensiert, indem ich mir immer wieder verkniffen hatte, auf allzu „radikalen“, oft umweltpolitisch motivierten, rein ideologisch basierten, autofeindlichen Blödsinn (bspw. Tempo 60 außerorts) entsprechend zu reagieren. Da ich aber auch dort wegen meiner – ja, auch radikalen – Ablehnung von „Radwegen“ mit der Zeit immer mehr in Ungnade fiel, äußerte ich mich dann irgendwann auch zum Thema „Klimawandel“, Kapitalismus – und eben auch zur Urbanisierung. Und wurde natürlich entsprechend geshitstormt. Gerade die Diskussion über den letzten Punkt war dann auch der Grund, warum ich mich dazu entschloss, diesem Forum endgültig den Rücken zu kehren.

Grüne Großstadt-Bessermenschen

Grüne, mit dem (schweineteuren, auch nicht wirklich ökologisch effizienten) Lastenrad zum Biomarkt fahrende Woke-Großstädter sind – und ich schreibe das als Landei aus der pfälzischen Provinz – seltsame Menschen. Sie regen sich über das alltägliche Verkehrschaos auf und rufen (zur vermeintlichen Lösung) nach „Radwegen“, ohne die immer stärker zunehmende Urbanisierung an sich zu hinterfragen. Sie sehen keine Zusammenhänge zwischen Wirtschaftssystem, ländlicher Infrastruktur, Bevölkerungsdichte und Verkehrsproblemen (vor allem in Ballungszentren). Im Gegenteil; auch hier kommt der „Feind“ in erster Linie von außen. Wie Heuschrecken fallen tagtäglich diese bösen Pendler, die sich ggf. ein kleines Eigenheim im „Speckgürtel“ oder auf dem Land leisten können, mit ihren stinkenden Autos in die Städte ein – und zerstören so das süße Leben in der ansonsten doch so liebenswerten Großstadt.

Hier ist man sich auch nicht zu schade, sich unheimlich dämlicher Argumente zu bedienen. Die Pendlerpauschale darf hier natürlich niemals fehlen, die gehöre abgeschafft, weil der Steuerzahler nicht das „Häuschen im Grünen“ zu subventionieren hätte. Das ist natürlich – wie so Vieles – absoluter Nonsens. Die „Pendlerpauschale“ ist ein Tröpfchen auf einen heißen Stein; sie entlastet den Pendler minimal bei der Einkommensteuer, wenn er überhaupt über den Werbungskosten-Pauschbetrag – oder bei manch Geringverdienern, über den steuerlichen Grundfreibetrag hinauskommt. Mit den paar Euros kann man sich kein Häuschen im Grünen kaufen, das reicht meist noch nicht einmal für die Kompensation der Kfz-Steuer. Interessanterweise wird von den gleichen Leuten die steuerliche Geltendmachung der Absetzbarkeit aller Kosten im gewerblichen Bereich nie kritisiert. Ebensowenig die wesentlich teureren Dienstwagen-Regelungen.

Grün ja – aber links?

Dass diese Szene in den Augen vieler eingefleischter Kfz-Fanatiker „linksgrün“ erscheinen mag, zeugt von einem eingeschränkten, nicht minder ideologischen Denken. Denn dieser Begriff hat mit der Realität nichts zu tun. Wie zu Beginn meines Textes angemerkt, fand ein wirklich links (also vor allem wirtschafts- und sozialpolitisch) orientierter Mensch wie ich dort wenig bis überhaupt keine Gleichgesinnten! Nichts Grundlegendes wurde infrage gestellt, weder die marktradikale EU, die menschenfeindliche Wirtschafts-, Steuer und Sozialpolitik der letzten Bundesregierungen seit Schröder, vor allem in Gestalt der neoliberalen „Reformen“ während der letzten > 30 Jahre. Vielmehr stieß ich eben auf eine äußerst bürgerliche, wohlhabende Klientel, bei der ich den Eindruck hatte, dass es ihnen in erster Linie gar nicht um Verkehrspolitik ging, sondern eben einzig und allein darum, sich – distinktivals besserer Mensch darzustellen. Man wollte – in einem dicht besiedelten Gebiet – sich von der großen Masse der Autofahrer abgrenzen, „die Guten“ sein. Im Grunde das Pendant zu den maskurbierenden Zeugen Coronas.

Mein „Problem“ ist, dass ich das Radfahren an sich liebe; vor allem, weil ich es eben für eine unheimlich effiziente und gesunde Art der Fortbewegung halte. Ein sehr günstiges Verkehrsmittel, welches selbst armen Schluckern wie mir größere Mobilitätsradien erlaubt. Ich nutze das Thema auch ausdrücklich nicht, um damit irgendwelche anderen politischen Hintergedanken durchzudrücken. Und ich bediene mich auch nicht irgendwelcher Argumente, von denen ich selber gar nicht überzeugt bin.

Mich – jemand, den schon als Kleinkind nichts mehr auf die Palme brachte, als Ungerechtigkeit – regt eben vor allem die gewaltige rechtliche und somit diskriminierende Ungleichbehandlung auf, die sich vor allem exemplarisch anhand eines m. E. gewaltigen bundesverkehrspolitischen Skandals offenbart, wie der Radverkehr im Zuge einer der bedeutendsten Bundesstraßen im südwestdeutschen Raum seit Jahren behandelt wird. Wie unzählige Behörden mir einen I-Stempel und ein „Fuck You!“ nach dem anderen reindrücken. Interessanterweise interessierten sich gerade die Leute, für die die Förderung des Radverkehrs in den Großstädten angeblich so wichtig ist, für dieses Thema ebenfalls in keinster Weise; egal, wo ich dieses Thema unterbrachte – die Reaktionen waren (wie leider auch hier im Blog) quasi nicht vorhanden.

Was auch zeigt, dass jene den Radverkehr auf dem Land selber nicht ernst nehmen; es interessiert jene Leute nur, den Kfz-Verkehr vor ihrer Haustür zurückzudrängen, indem sie ihm „Raum“ wegnehmen. Ohne zu merken, dass sie (durch benutzungspflichtige Mistwege) diesen sogar bevorteilen (exklusive Fahrbahn) und – wie das schon die Nazis damals taten, als sie die Benutzungspflicht einführten – beschleunigen.

Auto- gegen Fahrrad-Nazis

Dass ich vollkommen zwischen allen (vor allem den radikalen) Lagern stehe, zeigt bspw. auch dieser undifferenzierte Kommentar vom in Sachen Corona oftmals vernünftige Ansichten äußernde, aber ansonsten weiterhin in seinen neoliberalen Gedankenmustern twitternde @tomdabassman zum Thema „Freiheit“:

Karl und Jan modellieren schon mal unsere Zukunft. Sie wird sehr schön. Viren und Autos wird es dann nicht mehr geben.

Wähle auch du deshalb @spdbt oder @Die_Gruenen!

(Und verkaufe rechtzeitig all dein Eigentum um es in #Bitcoin zu investieren…)

Dieser zeigt, dass sehr Viele im „Widerstand“ einfach nur zurück nach Februar 2020 wollen. Eben nicht hinterfragen, ob das, was wir – vor allem in Sachen Konsumismus – über die Jahrzehnte als „Normalität“ betrachtet haben, nicht wenigstens partiell dämlich gewesen sein könnte? Die nicht hinterfragen, dass der eigentliche Anlass für all diesen Wahnsinn eben das im Sterben liegende kapitalistische System ist, welches in der realen Welt kaum noch neue Bereiche findet, welche sich für eine neue ursprüngliche Akkumulation eignen würden. Achja, letzte Woche bekam ich übrigens Post von der Sparda Südwest. Auch diese führt jetzt (wohl als eine der letzten) ab Juni monatliche Kontoführungsgebühren ein: Satte 6,- Euro im Monat. Warum die sich wohl dazu genötigt fühlen?

Derzeit geht es – es ist ja wieder Frühling – leider auch wieder los mit dem üblichen Radfahrer-Gebashe. Wo Auto- oder Lkw-Fahrer sich darüber aufregen, wenn ihnen Radfahrer den Mittelfinger zeigen, wenn sie gerade mal wieder abgebogen sind, ohne in den Rückspiegel zu schauen. Der ganz normale Krieg auf den Straßen, den es eben bereits vor Corona gab. Kleine Anekdote: Vor ca. 2 Wochen missachtete ich – auf dem Rennrad – einen blauen Scheinverwaltungsakt bei Contwig. Neben mir – ohne den vorgeschriebenen Abstand von 2 Metern – bemerkte ich ein langsamer werdendes Auto, mit geöffneter Seitenscheibe. Darin saß ein Fahrlehrer ohne Fahrschüler, dafür mit Gesichtswindel. Ich konnte in dem Moment einfach nur doof grinsen, denn sein unverständliches, gefiltertes Gebrabbel war wirklich nicht mal annähernd zu verstehen. Und die Sache mit den Scheinverwaltungsakten hätte ich ihm auf die Schnelle sicher auch nicht erklären können.

Falschparker und Corona-Sünder

Meinen „Kampf“ gegen die eines Rechtsstaates unwürdige, vor allem in Corona-Zeiten vollkommen widersprüchliche, gewohnheitsmäßige Tolerierung des Gehwegparkens in Pirmasens könnte in den Augen jener, die sich ein Leben ohne die finanzielle Eisenkugel „Auto“ am Bein nicht vorstellen können, als ideologisch motivierter Autohass missverstanden werden? Doch darum geht es mir gar nicht; ich will die Behörden eben anhand solcher Beispiele ihrer Widersprüchlichkeiten überführen. Ich nutze eben auch alle mir zur Verfügung stehenden Hebel, um die rechtliche Diskriminierung anderer Verkehrsarten zu minimieren.

Und dazu zählt eben auch, die Straßen ganzer Städte besinnungslos mit immer mehr fahrendem, aber vor allem auch stehendem, die Luft und auch meine Lungen vergiftenden, für viele Verkehrstote verantwortlichen, tonnenschweren Blech zuzumüllen. Meine Heimatstadt Pirmasens ist ein verkehrspolitisch in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts hängengebliebender Anachronismus. Überall stehen Autos, Autos, Autos. Selbst Wege unterhalb eines Kilometers werden im Auto zurückgelegt. Das Parken betreffend herrscht hier die totale, behördlich geförderte Anarchie. Überall behindern Blechkistenbesitzer Fußgänger und radfahrende Kinder. Und die Verwaltung schaut seit Jahrzehnten weg; unter Billigung der obersten Landesbehörde.

Hin und wieder werden sogar Demonstranten (die bezeichnenderweise gegen die Schließungen von Sparkassen-Filialen auf den Dörfern auf die Straße gingen) behindert – weil die Stadtverwaltung zu blöd (oder unwillens) ist, die korrekten Verkehrszeichen anzuordnen oder Urteile korrekt zu interpretieren.

Bevölkerungsdichte und Lebensqualität

Aber – und somit kommen wir wieder zum eigentlichen Thema Urbanisierung zurück – Pirmasens ist eine kleine Stadt, mit knapp 40.000 Einwohnern. Eine Stadt, deren Einwohnerzahl auch aufgrund ihrer „abgeschiedenen“ Lage seit Jahrzehnten schrumpft. Pirmasens hat – abgesehen vom Falschparken – keine wirklichen Verkehrsprobleme, die sich vor allem in ellenlangen Staus auf überbreiten Straßen visualisieren würden. Auch wenn auch hier die Zahl der Kraftfahrzeuge in den letzten Jahrzehnten zunahm – es ist kein Vergleich mit dem Verkehrskollaps, der in deutschen Großstädten tagtäglich vonstatten geht. Man kann in Pirmasens fantastisch gut radfahren – gerade weil es (fast) keine beschissenen „Radwege“ gibt.

Es liegt mir auch fern, Menschen, die sich in Großstädten wohlfühlen, abzuwerten. Aber ich sehe hier im Grunde eine totale Betriebsblindheit, die sich eben vor allem daraus ergibt, nicht in der Lage zu sein, die m. E. unmenschlichen Besiedlungszustände, in die man sehr oft hineingeboren wurde, zu hinterfragen. Ich persönlich, seit früher Kindheit in einem kleinen Vorort der kleinen Stadt Pirmasens lebend, könnte in einer Großstadt nicht leben; es würde mich umbringen. Vor allem nicht in diesen kranken Corona-Zeiten, wo überall die Ge(sundheits)StaPo patrouilliert. Östlich von Pirmasens liegt der Pfälzerwald – ein gewaltiger Flucht- und Rückszugsraum, in welchem man sogar während totaler Ausgangssperren seine Ruhe vor grenzdebilen Bütteln hat, die bspw. versuchen, hanebüchene „Verweilverbote“ oder „Maskenpflichten“ an der frischen Luft durchzusetzen.

Während sich in immer weniger, dafür immer größeren Städten die Infrastrukturen (nicht nur von Konzernen betriebene Krankenhäuser) konzentrieren, erleben wir, damit einhergehend, die Austrocknung der Infrastruktur auf dem Land. Dort gibt es nichts mehr; oftmals nicht mal mehr einen Bäcker oder eine Kneipe; von „Arbeitsplätzen“ ganz zu schweigen. Und daraus entsteht eben nun einmal ein entsprechender, in die Zentren strömender Verkehr. Das ist kein böser Wille, sondern die finale Konsequenz der Ausweitung des „Marktprinzips“. So hatte es sich bspw. für die gewinnorientierten Konzerne nicht gelohnt, unseren Vorort an ein schnelles Internetkabel anzuschließen. Es dauerte Jahre, ehe sich ein regional tätiges Unternehmen erbarmte, hier einen Funkturm aufzustellen. Ich trage zwar keinen Aluhut – aber mir wäre eine leitungsgebundene Lösung wesentlich lieber gewesen.

Doch auch in den Großstädten ist es eben nicht nur der böse Ausländer, pardon, der Außerstädische, der die Lebensqualität der städtischen Legebatteriebewohner zerstört, indem er jeden Tag wie ein Heuschreckenschwarm in das ansonsten ach so lebensfreundliche Moloch einfällt; eben vor allem mit seinen lauten, stinkenden und viel Platz beanspruchenden Penisverlängerungen. Nein – das erledigen die Großstadtbewohner zur Not selbst; allein schon durch die gewaltige Bevölkerungsdichte. Wenn ich Hunderttausende oder Millionen von Menschen auf einer sehr kleinen Fläche „stapele“, aber dann alle im Wesentlichen auf nur einer einzigen Ebene verkehren lasse, dann ist der Verkehrskollaps eben vorprogrammiert.

Wenn die ganzen Großstädter am Wochenende oder im Kurzurlaub das Land (mit ihren Autos) „fluten“ ist das natürlich auch immer was ganz anderes.

Legebatterienausbau

Interessanterweise sind es einmal mehr die sogenannten „Grünen“, die genau diese neoliberale Konzentrierung nicht nur von Infrastruktur, sondern auch Menschen zukünftig weiter ausbauen möchten, auf die eine („finanzielle Anreize“) oder andere (Verbote) Weise. Das passt jedoch wieder in genau das Bild, welches ich von den Usern im besagten Radverkehrsforum gewonnen hatte: Alles in Großstädten Lebende, streng systemgläubige, kapitalistische Prinzipien nicht hinterfragen wollende Systemopfer.

Die nahezu alles über den „Markt“, also den „Preis“; vor allem in Form von Menschen mit unterschiedlichen Einkommen unverhältnismäßig belastenden Steuern (vor allem auf Kraftstoffe), Gebühren (wie die sogenannte „City-Maut“) oder Strafen (z. B. horrenden Bußgeldern fürs Falschparken) regeln wollen. Was diesen gut situierten Leuten ebenfalls in ihrem Wahn nicht in den Sinn kommt, ist, dass das Verkehrsmittel Rad nicht nur ein (nicht selten sehr teures) Lifestyle-Statussymbol für (vermeintlich) progressive Öko-Hipster und Bessermenschen ist. Es ist auch eines der wenigen Verkehrsmittel, welches für wirklich arme Menschen (und von denen gibt es in Deutschland immer mehr) erschwinglich ist. Eine (wachsende) Gruppe, für die sich gerade während des Corona-Wahns ebenfalls wieder mal keiner interessiert.

Ich betrachte es im Nachhinein als große Auszeichnung, nie wirklich zu diesem Kreis gehört zu haben. Man bekämpft auch hier (systemkonform) Symptome, als (differentialdiagnostisch) nach der eigentlichen Krankheit zu suchen. Und die wird auch durch das, was man uns in den wundervollsten Farben als „Great Reset“ verkaufen will, auch nicht beseitigt. Außer, die „Impfung“ wirkt wie erhofft.

Ich glaube jedenfalls nicht, dass es den Menschen, die gegenwärtig freiwillig in Großstädten leben, besser ginge, wenn die Landflucht noch mehr Menschen in jene treiben wird. Und wohin werden die Massen denn strömen, wenn der große Zusammenbruch geschieht?

Wer das Wort »Gentrifizierung« kennt, ist Teil derselben.

Marc-Uwe Kling.

4 Gedanken zu „Coronoia: De-Urbanisierung“

  1. Lieber Dennis, ja das kenne ich sehr gut: Man hat ein Thema, das einen leidenschaftlich bewegt, hat Erkenntnisse, die andere nicht haben und dann geht man ins Internet (ich schon sehr viel früher als Du, denn ich bin seit 1984 im Internet unterwegs) und hofft dort Gleichgesinnte zu finden, denn vor der Türe warten die ja nicht auf „uns“ mit unserem Orchideenanliegen. Dann lässt man sich von der Bezeichnung des Vereins/der Plattform verzaubern und kaum ist man drin, hat sich engagiert, Zeit investiert, Herzblut vergossen entdeckt man, dass es sich oft genau umgekehrt verhält. Man befindet sich urplötzlich in einem Kosmos völlig verstockter Reaktionäre, die das exakte Gegenteil dessen, was sie sich auf die Fahne geschrieben haben, vertreten. Man ist schon wieder Außenseiter und noch dazu einer, der dann auch so richtig gehasst und gemobbt wird, weil man ja jetzt durchaus zurückargumentieren kann, hat man doch Einblick in deren innerste Verfassung erlangt und weiß sie verbal einzusetzen gegen paradoxeste Zumutungen. Nicht anders bei Corona. Sehr schön hat das Phänomen seinerzeit der Kiezneurotiker beschrieben, der aus diesem Grund seine Kommentarfunktion abgeschaltet hat und sich nie mehr auf Groupies, Fans & Co. eingelassen hat.

    Was für einen selbst bei solchen Irrwegen und Umwegen abfällt: Man hat Einblick in so vieles bekommen, was man ohne diese Teilnahme an solchen „Clubs“ niemals erfahren hätte und jeder dieser Kontakte stärkt das Immunsystem im Sinn von Noam Chomskys „Anleitung zur intellektuellen Selbtsverteidigung“, auf die es ankäme und die nur 5 % der Menschen tatsächlich auch wahrnehmen würde. Diese 5 % wären es aber, die verpflichtet wären – egal ob gegen Spendenquittung und frank-und-frei – die Wächterfunktion für alle anderen zu übernehmen. Mehr wären es nie, meint Chomsky, aber auf diese 5 % käme es an. Zähle Dich bitte dazu. Herzlichst und frohes Radeln weitab von allem. Josi

    1. Ich mache immer beides, Im Netz wie auch in meinem persönlichen Umfeld.
      Da, ich alle Facetten bedienen kann, ganz der früheren Agenda der damals noch echten Linken folgend, den Apparat zu infiltrieren und von innen auszuhöhlen, bin ich bis jetzt immer noch sehr gut informiert.
      Ich habe kürzlich mal nachgezählt und befinde mich mit ganz unterschiedlichen Pseudonymen in 101 Foren unterschiedlichster Coleur.
      Nur, leider verhallen meine Rufe im Nirvana!

  2. „Mit dem Einkaufswagen die Welt retten!“ – ja, das ist furchtbar bequem und dermaßen „grün“. Davon kenne ich auch so einige Leutchen. Nicht umsonst sind die Grünen-Wähler die Bestverdiener schlechthin. Das dockt auch gut an Corona an: Distinktion nach unten, zu den Maskenverweigerern, Covidioten und das ganze andere vermeintliche Gesocks. Man selbst ist eben ein Besser-Mensch-Esser-Consumer-Maskenträger. Hauptsache Abgrenzung und nichts groß hinterfragen. Im Grunde sind viele Grüne extreme Spießer. Deshalb sind die von der CDU auch gar nicht so weit entfernt wie sie sich selbst eingestehen würden. Diese Schnösel.

    Berlin ist übrigens für eine Großstadt ausgesprochen grün. Es gibt hier dermaßen viele Parks, Grünanlagen, Wälder und Seen, gerade auch in der Umgebung/Brandenburg – Du würdest Dich wundern. 😉 Paris, London oder auch Barcelona, wo ich schon war, haben 2-3 Parks und das wars. Da ist nur Beton und im Sommer Smog pur. Das sind wirklich Legebatterien. Als Berliner habe ich da erstmal einen Schock bekommen und fand das alles überhaupt nicht „erholsam“.

    1. Ich war ja mal in Berlin; im Oktober 2010 während der sogenannten Abschlussfahrt des Studiums. Hatte mir auch an einem Tag ein Rennrad ausgeliehen und bin rund 100 km überwiegend im westlichen Teil, inkl. Havelchaussee, Teufelsberg, Potsdam etc. herumgeradelt. Gibt sicher weniger grüne Städte als Berlin – aber diese große Masse von Menschen auf so kleinem Raum ist einfach nix für mich.

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