Waldweg für Radfahrer „gesperrt“?

Vor ein paar Tagen sorgte eine Pressemeldung der Polizeiinspektion Edenkoben in der IBC für Aufregung unter den pfälzischen Mountainbikern. Im Bereich des Kesselberges (des zweithöchsten Berges des Pfälzerwaldes) hatte jemand einen Draht gespannt, um Mountainbiker unsanft von ihrem Rad zu holen. Die Konflikte im Bereich der Haardt nehmen laut der Berichte im Forum seit einem Jahr zu; dies liegt vor allem daran, dass viele Menschen aus den Städten und Orten in der dicht besiedelten Rheinebene in den Pfälzerwald flüchten. Sonst ist ja quasi nix mehr erlaubt. Im Forum bemüht man sich natürlich, das Thema „Corona“ als Ursache komplett auszublenden. Meiner Meinung nach trägt auch die tendenziöse und rechtlich fragwürdige Presseberichterstattung der Polizei dazu bei, dass manch einer sich ermächtigt fühlt, Selbstjustiz auszuüben.

Die Pressemeldung ist mit „Drahtsperre auf Wanderweg“ überschrieben. Ein Wanderweg ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und hat m. E. vor allem in einer zur strengen Objektivität verpflichteten Polizeipressemeldung schon einmal gar nichts verloren.

Rhodt u. Rietburg (ots)

Am 18.04.2021 gegen 13:00 Uhr fanden Wanderer eine Drahtsperre auf dem „Dr. Sprater-Pfad“ im Pfälzer Wald. Der Waldweg ist für Radfahrer gesperrt. Vermutlich spannten Unbekannte den Draht um ein Befahren des Waldweges durch Mountainbiker zu verhindern. Der Draht war 2mm dick und in einer Höhe von ca. 1,20m zwischen zwei Bäumen gespannt. Sollte ein Radfahrer in eine solche „Falle“ fahren, kann dies lebensgefährlich sein.

Die Polizei hat ein Strafverfahren eingeleitet.

Zeugenhinweise nimmt die Polizei Edenkoben unter 06323 955-0 oder per Mail an piedenkoben@polizei.rlp.de entgegen.

Ich entgegnete der PI Edenkoben, dass deren rechtliche Sichtweise in mehrerer Hinsicht fragwürdig sei. Siehe hierzu auch die beiden umfangreicheren Beiträge zum Thema Grauzonenbiking und Zeichen 250 vor Waldwegen.


(…) ich hätte als Betreiber eines Blogs, u. a. zum Thema Radverkehr eine Rückfrage zur PM über die gespannte „Drahtsperre“.

Sie schreiben in Ihrer Meldung, dass der Waldweg für Radfahrer gesperrt sei.

Nach der VwV zu § 1 StVO, Rn. 3 i. V. m. der ständigen Rechtsprechung (bspw. BGH, 4 StR 377/03 vom 04.03.2004) gilt auch auf Waldwegen grundsätzlich die StVO, da hier (im Pfälzerwald) nachweislich öffentlicher Verkehr (zu Fuß, per Pkw, Lkw, Motorrad, Pferd oder eben auch per Rad) stattfindet.

Landesrecht über den Straßenverkehr ist unzulässig (vgl. Artikel 72 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 74 Nr. 22 des Grundgesetzes). Für örtliche Verkehrsregeln bleibt nur im Rahmen der StVO Raum.

Nach Artikel 31 Grundgesetz bricht zudem Bundesrecht (StVO) grundsätzlich Landesrecht (LWaldG).

Da mir nicht bekannt ist, dass der besagte Waldweg – welcher sowieso nach § 22 (3) S. 1 LWaldG ausdrücklich mit Rädern befahren werden darf – per Zeichen 239, 254 oder 250 StVO beschildert ist, wie kommt dann die PI Edenkoben zur Behauptung, dieser Weg sei „gesperrt“? Eine „Sperrung“ setzt nach meinem juristischen Verständnis stets einen konkreten, ein grundsätzlich bestehendes Recht einschränkenden Verwaltungsakt (wie bspw. ein StVO-Verkehrszeichen) voraus.

Darf ich außerdem fragen, ob in diesem Fall auch wegen eines möglichen Verstoßes nach § 315b StGB ermittelt wird?


Bei jener Polizeiinspektion habe ich mich in der Vergangenheit bereits mehrfach wegen derer vollkommen unsachlicher und tendenziöser Berichterstattung zum Thema „Fahrradhelm“ beschwert. Ohne, dass dies jemals zur Kenntnis genommen worden wäre. Diese behauptet auch weiterhin bei jeder sich bietenden Gelegenheit einen Nutzen und eine Notwendigkeit, sich diese lächerliche Styroporschüssel auf den Kopf zu setzen; diese waren die Vorgänger des Gesslermaulkorbs. Jedenfalls interessiert man sich auch nicht für von der herrschenden Meinung abweichende juristische Argumente, wie deren Antwort beweist:

(…) Wegen dem laufenden Strafverfahren bitte ich Sie, Ihre Anfrage an die Staatsanwaltschaft Landau zu richten.

Für Sie zur Information:

Im Landeswaldgesetz von Rheinland-Pfalz ist folgendes geregelt:

§ 3

(7) Waldwege im Sinne dieses Gesetzes sind nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmete, dauerhaft angelegte oder naturfeste forstliche Wirtschaftswege; Maschinenwege, Rückeschneisen, Gliederungslinien der Betriebsplanung sowie Fußwege und -pfade sind keine Waldwege.

§22

Jeder darf Wald zum Zwecke der Erholung betreten. Das Betreten erfolgt auf eigene Gefahr. Neue Sorgfaltspflichten oder Verkehrssicherungspflichten der Waldbesitzenden werden hierdurch nicht begründet. Das Fahren mit Rollstühlen steht dem Betreten gleich.

(2) Die Lebensgemeinschaft Wald und die Bewirtschaftung des Waldes dürfen nicht gestört werden. Auf die Walderholung sowie auf Nutzungsrechte anderer am Wald ist gegenseitige Rücksicht zu nehmen.

(3) Radfahren und Reiten sind im Wald nur auf Straßen und Waldwegen erlaubt; darüber hinausgehende Reit- und Befahrensmöglichkeiten können die Waldbesitzenden gestatten, soweit dadurch nicht die Wirkungen des Waldes und sonstige Rechtsgüter beeinträchtigt werden. Die untere Forstbehörde kann auf Antrag der Waldbesitzenden Straßen und Waldwege sperren, wenn besondere Schäden einzutreten drohen oder bereits eingetreten sind. Nicht erlaubt ist das Reiten im Wald auf Straßen und Waldwegen mit besonderer Zweckbestimmung. Die Waldbesitzenden machen die Zweckbestimmung durch Schilder kenntlich. Die Markierung von Straßen und Waldwegen als Wanderwege oder Fahrradwege ist keine besondere Zweckbestimmung im Sinne des Satzes 3.

Man kopierte mir einfach die Inhalte von zwei Paragraphen in die e-mail, die ich selber kenne und die ich in meiner Anfrage selber erwähnt hatte, ohne inhaltlich in irgendeiner Weise darauf einzugehen, dass das Bundesrecht (StVO) nicht durch Landesrecht ausgehebelt werden kann. Man dokumentierte also die vollkommene juristische Hilflosigkeit, auf meine rechtliche Argumentation auch nur im Geringsten einzugehen. Es wäre natürlich in diesem Kontext vollkommen peinlich, zuzugeben, dass man hier (sehr wahrscheinlich) wegen eines „gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“ ermittelt. So schrieb ich dem Leiter der PI dann noch eine folgende e-mail.


(…) Es geht mir in erster Linie um die m. E. fehlerhaften oder zumindest rechtlich uneindeutigen Inhalte der Pressemeldung.

Sie sind meinen Fragen leider komplett aus dem Weg gegangen. Warum die §§ im LWaldG, die mir bekannt sind, nicht anwendbar sind, habe ich Ihnen erläutert. So oder so ist der genannte Weg nicht in irgendeiner Weise „gesperrt“ – und darf gem. Artikel 31 GG, wegen eines fehlenden, diesen konkreten Weg (auf dem öffentlicher Verkehr stattfindet) sperrenden Verkehrszeichens, völlig legal mit Rädern befahren werden. Ich würde es daher begrüßen, wenn sie die fehlerhafte Meldung korrigieren würden.

Hilfsweise würde ich eine genauere Herleitung begrüßen, woran die PI es konkret festmacht, dass der besagte „Waldweg“ überhaupt die Tatbestandsmerkmale der § 3, 22 LWaldG erfüllt? Woher weiß die PI, dass der Waldbesitzende (bspw. durch jahrelange Duldung) das Befahren nicht gestattet?

Falls noch nicht klar sein sollte, worauf ich mit meiner Kritik hinaus will: Solche tendenziösen Pressemeldungen, in denen rechtlich diskutierbare, bislang nicht eindeutig geklärte Ansichten jedoch als Fakten / Tatsachen dargestellt werden, spornen gerade solche Verrückten an, derartige Fallen einzurichten. Ich würde es daher begrüßen, wenn die PI allgemein zukünftig etwas zurückhaltender wäre, was derartige Formulierungen in Pressemeldungen, vor allem zum Thema MTB, betrifft.


Natürlich antwortete mir die PI darauf nicht mehr. Die Auswirkungen von Bundesrecht, welches nach Art. 31 GG Landesrecht bricht, wird gerade angesichts der „Bundesnotbremse“ noch einmal in erheblich umfangreicheren Maße sehr viele rechtliche Fragen aufwerfen. Siehe hierzu auch diesen Artikel von Kay E. Winkler.

So oder so: „Rechtsstaat“ kann man das nicht nennen, worin wir leben müssen.

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