Coronoia: Weißkittel in Braunhemden

Es ist schon gut einen Monat her, da hatte ich in >b’s weblog einen sehr interessanten Ausschnitt aus einer alten Ausgabe des Scheibenwischers entdeckt. Dieter Hildebrandt und Urban Priol (noch ohne Steckdosen-Frisur) unterhalten sich darüber, was eigentlich nach dem Krieg aus einigen Medizinern und Eugenikern wurde? Wer glaubt, sie wären im Zuge der Nürnberger Prozesse zum Tode verurteilt worden, der irrt. Sehr viele machten in der Nachkriegszeit weiter Karriere. Unter dem Titel „Weißkittel in Braunhemden – Legende oder Wirklichkeit?“ zeigen die beiden begnadeten Polit-Kabarettisten auf, dass es in Deutschland nach dem Krieg eben keine konsequente „Entnazifizierung“ gab.

Genannt werden die folgenden Namen:

  • Robert Koch.
  • Ferdinand Sauerbruch, Stadtrat. Wikipedia: Wandte sich später deutlich gegen Alexander Mitscherlichs Aufruf zur Aufarbeitung der Beteiligung deutscher Ärzte an nationalsozialistischen Verbrechen.
  • Josef Mengele, erst 1979 beim Baden ersoffen.
  • Otmar von Verschuer, bekam 1945 den Lehrstuhl für Humangenetik in Münster.
  • Hans Joachim Sewering, wurde Kassenarzt in Dachau, verstorben 2010.
  • Ernst Fromm, Präsident der Bundesärztekammer, 1959 bis 1973.
  • Siegfried Koller, forderte 1941 die „Sonderbehandlung der Gemeinschaftsunfähigen im Rahmen der rassenhygienischen Maßnahmen“, Sterilisierung und Asylierung. Träger des Bundesverdienstkreuzes.
  • Anton Kiesselbach, Assistent von August Hirt, der Besitzer einer Skelettsammlung „jüdisch-bolschewistischer Untermenschen“ war. Wurde 1962 Rektor der Universität Düsseldorf.
  • Hermann Voss, Anatomieprofessor, stellte sein Institut zur Verfügung, um von der SS erschossene Polen zu verbrennen. Schrieb: „Wenn man doch nur die ganze polnische Gesellschaft so veraschen könnte.“ Wurde Ordinarius an der Universität Jena. Bekam von der DDR den Titel „Hervorragender Wissenschaftler des Volkes“ verliehen.
  • Konrad Lorenz, forderte „die schärfere und härtere Ausmerzung ethisch Minderwertiger.“ Bekam den Nobelpreis für Medizin verliehen.
  • Johannes Heinrich Schultz, „Gutachter für Erbgesundheit und homosexuelles Verhalten.“ Erfinder des autogenen Trainings.
  • Hans-Joachim Rauch, sezierte Gehirne vergaster Kinder, der „Hirnrinden-Fanatiker“. Wurde Ordinarius in Heidelberg und Gerichtspsychiater im Stammheim-Prozess.

Priol: Was heißt denn hier „schmutzig“? Es war doch wohl nicht die Schuld der Medizin, dass im Dritten Reich ideale Bedingungen für die medizinische Forschung geherrscht haben, oder?

Hildebrandt: Richtig, Herr Kollege! Richtig! Es war eine schöne Zeit, man konnte schöne Experimente machen.

Priol: Ja, mit der Juristerei musste man sich auch nicht rumschlagen.

Hildebrandt: Weil das KZ, wie wir ja alle gesagt haben, ein „rechtsfreier Raum“ war.

Priol: Da musste man als forschender Mediziner doch einfach zupacken, nicht?

Hildebrandt: Schnell, Schnell. Man wusste ja nie, wie lange das noch geht.

(…)

Priol: (…) Medizinische Forschung im Dritten Reich war oftmals humaner als heute.

Hildebrandt: Wie? Ja, meinen Sie?

Priol: Ja aber natürlich. Überlegen Sie doch mal! Keine Tierversuche!

Wir sollten diesen unverzeihlichen Fehler in Form einer ausbleibenden Ent-Coronazifizierung nicht noch einmal wiederholen!


Siehe auch

  • Weißkittel mit finsteren Plänen | Von Kathrin Schmidt | KenFM.

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